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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.06.2005
Aktenzeichen: 5 U 34/05
Rechtsgebiete: HwiG, BGB, ZPO, VerbrKrG


Vorschriften:

HwiG § 1 a.F.
HwiG § 1 Abs. 1 a.F.
HwiG § 2 Abs. 1 Satz 4 a.F.
HwiG § 3 Abs. 1 a.F.
HwiG § 3 Abs. 1 S. 1 a.F.
HwiG § 5 Abs. 2 a.F.
BGB § 123 Abs. 2
BGB § 139
BGB § 242
ZPO § 141
ZPO § 148
ZPO § 794 Abs. 1 S. 1 Nr. 5
VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2 a.F.
VerbrKrG § 7 Abs. 2 Satz 3 a.F.
VerbrKrG § 9 a.F.
VerbrKrG § 9 Abs. 3 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 13. Januar 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 13.01.2005 (Bl. 196 ff. d.A.).

Zweitinstanzlich wiederholen und vertiefen die Kläger ihren bisherigen Vortrag, insbesondere zum Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehens- sowie des Sicherungsvertrages gerichteten Willenserklärungen; u.a. legen sie im einzelnen ihre Bedenken gegen eine Einbeziehung der Sicherungsabrede in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 4 HwiG a.F. dar. Zur Abgabe sämtlicher von ihnen widerrufenen Willenserklärungen seien sie seinerzeit entscheidend durch den überraschenden Besuch des Zeugen C in ihrer Privatwohnung veranlasst worden. Dessen Verhalten wiederum müsse sich die Beklagte zurechnen lassen. Infolge des von ihnen erklärten Widerrufs stehe der Beklagten kein durch die Grundschuld nebst persönlicher Haftungsübernahme gesicherter Anspruch auf Rückzahlung des Darlehenskapitals zu; vielmehr könnten sie ihrerseits von der Beklagten die Rückzahlung der von ihnen gezahlten Zinsbeträge zurückverlangen. Die Kläger regen die Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine von ihnen zwischenzeitlich erhobene Leistungsklage vor dem Landgericht Arnsberg (4 O 668/04) sowie bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache C-229/04 an.

Die Kläger beantragen

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Arnsberg vom 13.01.2005, Az. 4 O 323/03 die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Notars T, I, vom 28.10.2005, UR-Nr. #####/####, für unzulässig zu erklären, soweit sie aus Ziffer V dieser Urkunde wegen der in Höhe der Grundschuld übernommenen persönlichen Haftung der Kläger betrieben wird.

Hilfsweise beantragen sie

das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 13.01.2005, Az. 4 O 323/03 aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Eine etwaige Haustürsituation sei ihr nicht zuzurechnen; insbesondere könne ihr kein Fahrlässigkeitsvorwurf im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB (analog) gemacht werden. Schon weil im Jahre 1993 für sie überhaupt kein Anlass bestanden habe, von der Anwendbarkeit des HWiG a.F. auszugehen, hätten die örtlichen Umstände des Vertragsschlusses aus ihrer Sicht seinerzeit keinerlei rechtliche Relevanz haben können. Vor allem aber könne ein eventueller Überraschungsbesuch des Zeugen C bei den Klägern nicht ursächlich für den Abschluss des Darlehensvertrages geworden sein, da die Klägerin zu 1) bereits im Rahmen des zuvor von der Fa. B veranstalteten "Mitarbeiterseminars" mit den in Rede stehenden Anlageformen vertraut gemacht worden sei; ein gleichwohl eingetretener Überrumpelungseffekt habe zudem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angesichts des bis dahin verstrichenen Zeitraumes und des zwischenzeitlich absolvierten Notartermins jedenfalls nicht mehr zum Tragen kommen können. Unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung schließlich scheide selbst im Falle eines wirksamen Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen ein "Abwicklungsdurchgriff" aus; vielmehr sicherten Grundschuld und persönliche Haftungsübernahme auch ihre in diesem Falle bestehenden Rückzahlungsansprüche aus § 3 Abs. 1 HWiG a.F. Die Sicherungsabrede sei von den abgegebenen Widerrufserklärungen unberührt geblieben. Sie habe auch später nicht wirksam widerrufen werden können: Zum einen seien die Voraussetzungen des § 1 HWiG a.F. schon nicht erfüllt. Zum anderen sei ein etwaiges Recht zum Widerruf der Sicherungsabrede bei dessen Ausübung im Jahre 2005 bereits erloschen gewesen, wie sich u.a. aus § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F. ergebe. Überdies sei vom Zustandekommen einer weiteren, anlässlich der Grundschuldbestellung stillschweigend getroffenen Sicherungsabrede auszugehen, die ihrerseits unwiderruflich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die überreichten Schriftsätze und die zu den Akten gelangten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde vom 28.10.1993 ist nicht unzulässig.

Die dort unter Ziff. V durch die Kläger erklärte Übernahme der persönlichen Haftung stellt ein abstraktes Schuldanerkenntnis dar, aus dem die Beklagte nach § 794 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 ZPO vollstrecken kann. Einwendungen gegen diesen titulierten Anspruch bestehen nicht.

1.

Die Kläger können der Vollstreckung nicht entgegensetzen, dass die Beklagte um das von ihnen abgegebene notarielle Schuldanerkenntnis ungerechtfertigt bereichert sei. Die in § 2 des Darlehensvertrages i.V.m. Ziff. 11 b) der diesem Vertrag beigefügten "Schuldurkunde" enthaltene Sicherungsabrede, die entsprechend der zur rechtlichen Funktion von Sicherungsabreden in Rechtsprechung und Literatur allgemein vertretenen Einschätzung (BGH NJW-RR 1996, 234, 235; Bassenge in: Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (64. Aufl.), Rn. 17 zu § 1191; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten (6. Aufl.), Rn. 49, 154) auch im vorliegenden Fall als die schuldrechtliche Grundlage der Sicherheitenverschaffung zu betrachten ist, ist wirksam.

a.

Der mit anwaltlichem Schreiben vom 15.04.2002 erklärte Widerruf der auf Abschluss des Vorausdarlehens gerichteten klägerischen Willenserklärungen konnte die Sicherungsabrede von vornherein nicht berühren. Insbesondere konnte eine etwaige Unwirksamkeit des Darlehensvertrages sich nicht nach § 139 BGB auf die Sicherungsabrede erstrecken. Vielmehr ist hier wie generell (vgl. BGH NJW 2004, 158, 159; NJW 2003, 885, 886) davon auszugehen, dass nach dem Parteiwillen die Sicherungsabrede gerade auch für den Fall getroffen worden ist, dass bei Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Darlehensvertrages gesetzliche Rückzahlungsansprüche der Sicherungsnehmerin bestehen (vgl. auch nachstehend, unter 2 c).

b.

Auch der erstmals mit Schriftsatz der klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 10.01.2005 ausdrücklich erklärte gesonderte Widerruf der Sicherungsabrede selbst konnte - ungeachtet der weiteren Frage nach dem Vorliegen der gesetzlichen Widerrufsvoraussetzungen - deren Wirksamkeit nicht berühren.

aa.

Zwar stellt sich die in der Erwartung von Vorteilen - namentlich der Gewährung eines Darlehens - erfolgende vertragliche Begründung der Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherungsgrundschuld als Vertrag über eine entgeltliche Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 HWiG a.F. dar (BGH NJW 1996, 55, 56; Senat WM 1999, 73, 74).

bb.

Indes erlosch das hiernach grds. in Betracht kommende Widerrufsrecht der Kläger gem. § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F spätestens einen Monat nach wirksamer Entstehung der Grundschuld in der Person der Beklagten; der erst im Jahre 2005 erklärte Widerruf ging daher ins Leere. Zu der in der genannten Vorschrift vorausgesetzten vollständigen beiderseitigen Erbringung der Leistung kam es vorliegend mit der Bestellung der vertraglich geschuldeten Sicherheit(en) durch die Kläger. Diese Sicherheitenbestellung war hier - wie in aller Regel (vgl. Bülow a.a.O., Rn. 63, 154) - Gegenstand der einzigen Hauptpflicht in der sog. Begründungsphase der durch die Sicherungsabrede begründeten Treuhandbeziehung. Gibt aber, wie vorstehend (unter aa)) dargelegt, gerade diese Bestellverpflichtung der Sicherungsabrede maßgeblich das Gepräge der für die Anwendung des HWiG a.F. entscheidenden "Entgeltlichkeit" der vertraglichen Leistungsbeziehung, so kann der Sicherungsabrede nicht auf der anderen Seite allein ihrer Natur als unvollkommen zweiseitigem Vertrag (Bülow, a.a.O.) wegen die Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG a.F. abgesprochen werden. Auch gibt der Wortlaut dieser Bestimmung nichts für die Annahme her, sie gelte überhaupt nur dort, wo beide Seiten vertraglich zur Leistung verpflichtet werden. Der vergleichende Blick auf den Leistungsbegriff des § 1 HWiG a.F. verdeutlicht ferner, dass es (auch) in § 2 Abs. 1 Satz 4 HwiG nicht um "Leistungen" gehen kann, zu denen die Parteien eines "entgeltlichen" und daher dem HWiG a.F. unterfallenden Sicherungsvertrages erst in der (Rück-) Abwicklungsphase einer Treuhandbeziehung (vgl. Bülow a.a.O. a.a.O.) verpflichtet sein können, noch weniger um bloße Nebenpflichten, die solch eine Treuhandbeziehung begleiten. Dieses Ergebnis steht auch nicht in Widerspruch zu der für § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG a.F. vertretenen Auffassung, wonach das dort betroffene Widerrufsrecht erst bei Rückzahlung des Kredites nebst Zinsen, Kosten und Gebühren durch den Verbraucher erlischt (Ulmer in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (3. Aufl.), Rn. 31 zu § 7 VerbrKrG), eben weil die Pflichten zur Gewährung und zur Rückzahlung des Darlehens aus dem Darlehensvertrag und nicht aus dem Sicherungsvertrag resultieren.

c.

Damit blieb die in § 2 des Darlehensvertrages i.V.m. Ziff. 11 b) der "Schuldurkunde" getroffene ausdrückliche Sicherungsabrede vorliegend bestimmend. Auf eine anlässlich der Grundschuldbestellung stillschweigend (erneut) getroffene Sicherungsabrede sowie deren späteren Widerruf durch die Kläger kommt es nicht an. Der Senat beschränkt sich daher hier auf die Anmerkung, dass er - mit dem 26. Senat des Kammergerichts (WM 2005, 596, 599 f.) - grundsätzlich keinen Raum für die Annahme sieht, die Parteien einer bereits zuvor ausdrücklich getroffenen Sicherungsabrede hätten bei Bestellung der Sicherheiten solch eine Abrede nochmals, diesmal stillschweigend, treffen wollen. Dies gilt, mit Rücksicht auf die diesbezügliche jahrzehntelange Kreditsicherungspraxis, i.d.R. auch hinsichtlich einer ergänzend erfolgenden Übernahme der persönlichen Haftung nebst diesbezüglicher Vollstreckungsunterwerfung, mag sie in der zuvor ausdrücklich getroffenen Sicherungsabrede neben der Grundschuldbestellung auch keine besondere Erwähnung gefunden haben.

2.

Die persönliche Haftungsübernahme teilt den Sicherungszweck der Grundschuld (BGH NJW 1992, 971, 972); dieser ergibt sich hier aus der in § 2 des Darlehensvertrages i.V.m. Ziff. 11 b) der "Schuldurkunde" getroffenen und, wie dargelegt, fortgeltenden Sicherungsabrede. Einreden aus dieser Sicherungsabrede können dem dinglichen Recht ebenso entgegen gesetzt werden wie dem Anspruch des Gläubigers aus dem zur Verstärkung der dinglichen Sicherheit abgegebenen notariellen Schuldanerkenntnis (vgl. Palandt-Bassenge, BGB, 64. Auflage 2005, § 1191 Rn. 2). Derlei Einreden stehen den Klägern indes nicht zu. Insbesondere ergeben sie sich nicht aus einem Wegfall der darlehensvertraglichen Ansprüche infolge eines Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen der Kläger.

a.

Zwar ist die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes auf Realkreditverträge durch Entscheidung des Bundesgerichtshofes (WM 2002, 1181 ff.) klargestellt; sie ergibt sich infolge richtlinienkonformer Auslegung von § 5 Abs. 2 HWiG a.F. unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 13.12.2001 (NJW 2001, 281).

b.

Indes haben sich die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechts zum Widerruf gem. § 1 Abs. 1 HWiG a.F. nicht feststellen lassen; dies geht zu Lasten der Kläger als der insoweit grds. darlegungs- und beweisbelasteten Partei (vgl. Putzo in: Palandt a.a.O. (59.), Rn. 6 zu § 1 HWiG). Die Kläger können durch den von ihnen behaupteten Überraschungsbesuch des Vermittlers C in ihrer Privatwohnung keinesfalls zum Abschluss des Darlehensvertrages i.S.d. § 1 Abs. 1 HWiG a.F. bestimmt worden sein. Die gebotene Würdigung des Einzelfalles (BGH NJW 2003, 1390, 1391 f.; NJW 2003, 2529, 2530; NJW 1996, 926, 929) durch den Senat führt vorliegend zu der Erkenntnis, dass sich die Kläger im Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses nicht - jedenfalls nicht mehr - in einer Lage befanden, in der sie in ihrer Entschließungsfreiheit durch eine vorangegangene Situation i.S.d. § 1 Abs. 1 HWiG a. F. beeinträchtigt waren. Angesichts des erheblichen zeitlichen Abstands, der zwischen der Kontaktaufnahme durch den Zeugen C und dem Darlehensvertragsschluss lag, kann eine solche (Mit-) Ursächlichkeit nicht mehr angenommen werden. Der Senat geht insoweit davon aus, dass es zu dem (behaupteten) Überraschungsbesuch C bei den Klägern noch vor dem 09.08.1993 kam, dem Tag, von dem die von den Klägern unterzeichnete "Selbstauskunft" (Anl. B 6 zur Klageerwiderung) datiert. Dass die Kläger einen solchen "Fragebogen" erst beim zweiten Besuch C in ihrer Wohnung unterschrieben, es bei dessen erstem Besuch hingegen zu noch keiner Unterschrift ihrerseits gekommen war, haben diese im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung gem. § 141 ZPO nämlich einhellig erklärt. Hingegen dürften sie sich in ihrer zeitlichen Einschätzung, zu jenem ersten Besuch dürfte es erst Ende August oder Anfang September gekommen sein, geirrt haben; hiervon jedenfalls ist nicht zuletzt angesichts der bereits am 25.08.1993 beurkundeten notariellen Vollmacht, der weiteren datierten Unterlagen (14. und 15.09.1993: Daten der Bausparurkunden Anl. K 4 a und K 4 b zur Klageschrift; 16.09.1993: beklagtenseitige Ausfertigung des Darlehensvertrages (Anlagen K 3 und B 1)) sowie der glaubhaften Versicherung des Zeugen C, er sei überhaupt nur bis zum Herbst 1993 für die Fa. AAB tätig gewesen, auszugehen. Des Weiteren geht der Senat zugunsten der Kläger davon aus, dass diese ihre - nicht gesondert datierten - Unterschriften unter den Darlehensvertrag am 16.09.1993 leisteten, dem Tag also, mit dessen Datum auch die für die Beklagte dort abgegebene Unterschrift versehen ist (tatsächlich allerdings erscheint es angesichts der dem Senat aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle bekannten tatsächlichen Übung im Kreditgeschäft bzgl. sog. Erwerbermodelle wesentlich wahrscheinlicher, dass die Kläger ihre Unterschriften erst Tage oder gar Wochen später leisteten, nachdem nämlich die von der Beklagten unter dem 16.09.1003 ausgefertigten Vertragsunterlagen der Vermittlerin zugesandt wurden und diese sie dann ihrerseits den Klägern vorlegen konnten). Dass und warum die Kläger trotz des auch bei für sie günstigster zeitlicher Abfolge noch erheblichen (Mindest-) Zeitraums von etwa 5 1/2 Wochen zwischen dem (behaupteten) Überraschungsbesuch C in ihrer Wohnung und der Leistung ihrer Unterschrift unter den Darlehensvertrag noch unter dem Eindruck jenes Besuchs gestanden haben sollen, haben sie nicht dargelegt. Auch die Vernehmung des Zeugen C, der sich an die mit den Klägern geführten Verhandlungen nicht mehr konkret zu erinnern vermocht hat, ist insoweit unergiebig geblieben. Vom tatsächlichen Fehlen jedweder Kausalität einer früheren Haustürsituation für den Darlehensvertragsschluss ist um so mehr auszugehen, als es zwischen dem 25.08.1993, als die Kläger ihre notarielle Vollmacht zum Kaufabschluss erteilten, und dem 16.09.1993 als frühestem Tag der Darlehensvertragsunterzeichnung zu keinerlei Kontakten zum Zeugen C oder anderen Mitarbeitern der Fa. B kam, die den überreichten Dokumenten oder (sonstigem) klägerischen Vortrag zu entnehmen wären. Jedenfalls angesichts dieser mehr als dreiwöchigen Unterbrechung inmitten der eingangs genannten, ca. 5 1/2-wöchigen Gesamtzeitspanne, entfällt jegliche Indizwirkung früherer Haustürsituationen (vgl. BGH a.a.O.) für deren (mit-) Ursächlichkeit für den Vertragsschluss. - Darauf, dass die behauptete Haustürsituation zumindest für die Klägerin zu 2), die ihren eigenen Angaben zufolge bereits am Rande der zuvor durchgeführten Veranstaltung der Fa. B ihr persönliches Interesse an solch einer Anlage bekundet hatte, ohnehin einen allenfalls geringen Überraschungseffekt haben konnte, kommt es daher nicht mehr an.

c.

Selbst ein wirksamer Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten klägerischen Willenserklärungen schließlich könnte der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Im Falle eines wirksamen Widerrufs trifft nach § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG a.F. nämlich jeden Vertragsteil die Verpflichtung, dem anderen die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Kläger müssten der Beklagten die ausgezahlten Nettokreditbeträge sowie deren marktübliche Verzinsung erstatten (vgl. BGH NJW 2003, 885). Dieser Anspruch der Beklagten wird durch die Grundschuld und die persönliche Haftungsübernahme mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung gesichert (BGH, Urteil vom 28.10.2003, NJW 2004, 158, 159; Urteil vom 26.10.2002, NJW 2003, 885). Nach Ziffer 11 b) der in der "Schuldurkunde" enthaltenen Darlehensbedingungen, die als Anlage dem Darlehensvertrag beigefügt waren, sollten alle bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche des Kreditgebers gesichert werden. Davon werden auch bereicherungsrechtliche Ansprüche für den Fall der Unwirksamkeit des Vertrages erfasst; eine Sicherungsabrede, die formlos und konkludent getroffen werden kann und die den Entschluss zum Abschluss des zu sichernden Vertrags entscheidend fördert, erfasst nämlich selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung regelmäßig nicht nur die eigentlichen Erfüllungsansprüche, sondern auch diejenigen, die als typische Folgeansprüche für den Fall einer sich im Laufe der Vertragsabwicklung herausstellenden Unwirksamkeit der Erfüllungsansprüche entstehen (BGH, NJW 2004, 158, 159; s. auch oben, unter 1 a)).

Die Kläger könnten eine Rückzahlung des Kapitals auch nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG a.F. verweigern. Der Widerruf des Kreditvertrages berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung nicht. § 9 VerbrKrG a.F. ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F. nicht anwendbar, da der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, ist § 9 VerbrKrG a.F. nicht auf Realkreditverträge anzuwenden (BGH a.a.O.; Urteil vom 15.7.2003, ZIP 2003, 1741; Urteil vom 21.1.2003, NJW 2003, 1390; Urteil vom 12.11.2002, NJW 2003, 442; Urteil vom 9.4.2002, NJW 2002, 1881). Wirtschaftliche Nachteile für den Anleger, die sich im Zusammenhang mit dessen Pflicht zur sofortigen Darlehensrückgewähr als Folge eines solchen Widerrufs im Einzelfall ergeben können, geben zu keiner anderen Bewertung Anlass, da das Haustürwiderrufsgesetz nicht dem Schutz vor solchen wirtschaftlichen Nachteilen dient, sondern lediglich darauf abzielt, dem in einer "Haustür"situation überrumpelten Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich von den dabei eingegangenen vertraglichen Bindungen zu lösen; ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist - unter Abwägung der im einen wie im anderen Fall hiermit für ihn verbundenen Folgen - von diesem dann eigenverantwortlich zu entscheiden (vgl. Bungeroth WM 2004, 1505 ff.). Die Haustürgeschäfterichtlinie steht der Nichtanwendung des § 9 VerbrKrG nicht entgegen, weil Art. 7 die Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs von Haustürgeschäften ausdrücklich dem einzelstaatlichen Recht überlässt (BGH NJW 2004, 158 159; NJW 2003, 422, 423; vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache C-350/03 vom 28.09.2004, insb. unter Ziff. 74 f.). Nach Auffassung des Senates steht die Klarheit und Eindeutigkeit, mit der die Richtlinie von gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs absieht (Schlussanträge des Generalanwalts a.a.O., Ziff. 81 - 95) nicht nur der Annahme entgegen, dass ein Widerruf eines Realkreditvertrages sich "in irgendeiner Form auf die Gültigkeit des Immobilienkaufvertrages auswirkt" (a.a.o., Ziff. 95), sondern denknotwendig zugleich derjenigen, das Fehlen solcher Auswirkungen nach dem Recht eines Mitgliedsstaates stelle eine mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare "Sanktionierung" der Ausübung des Widerrufsrechts dar.

Ein Realkredit im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F. liegt hier vor. Der für das den Klägern gewährte Darlehen zu zahlende anfängliche effektive Jahreszins von 8,18 % überschritt die Streubreite, die sich lt. Monatsbericht der Deutschen Bundesbank im September 1993 auf bis zu 8,04 % erstreckte, nur unwesentlich.

Ein Einwendungsdurchgriff ergäbe sich auch nicht aus § 242 BGB. Ein Rückgriff auf den von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung dieser Vorschrift für bestimmte Fallkonstellationen entwickelten Einwendungsdurchgriff kommt nicht in Betracht. Dem Gesetzgeber des § 9 VerbrKrG a.F. war diese Rechtsprechung bekannt. Mit dieser Norm sollte in Anlehnung an die vorerwähnte Rechtsprechung zum Einwendungsdurchgriff eine gesetzliche Regelung geschaffen werden. Dabei wurden die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Teil übernommen, zum Teil aber auch modifiziert. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des Gesetzgebers, Realkredite von der mit § 9 VerbrKrG geschaffenen Vorschrift über verbundene Geschäfte unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auszunehmen, als bewusst getroffene, abschließende Regelung anzusehen, die den Rückgriff auf den aus § 242 BGB hergeleiteten richterrechtlichen Einwendungsdurchgriff grundsätzlich ausschließt (vgl. BGH WM 2004, 620 ff., unter II. 3. b)). Dies gilt auch bei wirksamem Widerruf eines Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz, u.a. weil ansonsten das Risiko der Verwendung des empfangenen Darlehens zu Unrecht auf den Kreditgeber abgewälzt würde (BGH a.a.O., unter II. 3. c)).

Nach alledem kam eine Aussetzung der Verhandlung gem. § 148 ZPO im Hinblick auf das beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängige Verfahren in der Rechtssache C-229/04 von vornherein nicht in Betracht. Ungeachtet der weiteren Frage, ob die Entscheidung über die von den Klägern zwischenzeitlich angebrachte Leistungsklage überhaupt vorgreiflich i.S.d. § 148 ZPO wäre, hielte der Senat eine Aussetzung im Hinblick auf dieses Verfahren schon im Hinblick auf die kaum einschätzbaren Erfolgsaussichten der dortigen Klage einerseits sowie die schutzwürdigen Interessen der Parteien an einer nicht verzögerten Fortführung des hier in Rede stehenden Rechtsstreits für nicht angezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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