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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: 5 UF 130/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 1376
ZPO § 1378 Abs. 1
ZPO § 286
ZPO § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. September 2006 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Hagen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere (über das Teilanerkenntnisurteil vom 28.7.2006 in der berichtigten Fassung vom 14.9.2006 hinaus) 28.109,09 € nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.12.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsmittelzuges trägt die Beklagte.

Im übrigen verbleibt es bei der Kostenaufhebung für die erste Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien sind geschiedene Ehegatten. Sie hatten am xxx die Ehe miteinander geschlossen. Sie lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Der Scheidungsantrag des Antragstellers (im folgenden entsprechend dem angefochtenen Urteil als Kläger bezeichnet ) ist der Antragsgegnerin (im folgenden entsprechend angefochtenem Urteil als Beklagte bezeichnet ) am 21.09.2001 zugestellt worden.

Als Folgesachen wurden der Zugewinnausgleich, Sorgerecht für die beiden, - bei Verfahrensbeginn noch minderjährigen - gemeinsamen Kinder K, geb. am xxx und K2 O, geb. am xxx, und nachehelicher Unterhalt geltend gemacht.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit über den nachehelichen Unterhalt übereinstimmend für erledigt erklärt haben, da sie in dem am selben Tage verhandelten Trennungsunterhaltsverfahren eine vergleichsweise Regelung getroffen hatten, und sie hinsichtlich des Sorgerechts für die -zu diesem Zeitpunkt allein noch minderjährige- Tochter K2 O eine Vereinbarung getroffen haben, die familiengerichtlich genehmigt worden ist (siehe Protokoll der mdl. Verhandlung vor dem Familiengericht v. 05.11.2004, Bl. 431 f. d.A.), hat das Familiengericht durch Urteil vom 05.11.2004 die Ehe geschieden (Bl. 436 f. d.A.) und durch Beschluss vom selben Tage den Versorgungsausgleich durchgeführt (Bl. 434 f. d.A.).

Das Scheidungsurteil ist durch beiderseitigen Rechtsmittelverzicht am Tage der Verkündung, dem 05.11.2004, rechtskräftig geworden.

Die Parteien haben sich mit einer Abtrennung des Verfahrens über den Zugewinn einverstanden erklärt. Einen förmlichen Beschluss über die Abtrennung hat das Familiengericht nicht erlassen, das Verfahren über den Zugewinnausgleich aber getrennt weiter geführt.

Auf das teilweise Anerkenntnis der Beklagten hat das Familiengericht am 28.07.2006 ein Teilanerkenntnisurteil (Bl. 598 f. d.A.) erlassen, durch welches die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 6.201,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2004 zu zahlen.

Durch Schlussurteil vom 08.09.2006 (Bl. 617 ff. d.A.) hat das Familiengericht die Beklagte verurteilt über das Teilanerkenntnis hinaus weitere 17.402,24 € nebst 5 % Zinsen seit dem 03.12.2004 zu zahlen.

Es hat entsprechend der Berechnung und des Antrages des Klägers einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 34.310,62 € angenommen, diesen jedoch gem. § 1378 II BGB auf das zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes, der Rechtskraft der Scheidung (05.11.2004), vorhandene Vermögen der Beklagten begrenzt.

Es hat dabei den Wert des Vermögen der Beklagten zum Stichtag 05.11.2004 mit 23.603,77 € bewertet. Dabei hat es folgende Einzelwerte in Ansatz gebracht:

 a) Guthaben Girokonto 1.119,85 €
b) PKW Audi A3 10.000,00 €
c) Guthaben M 1.019,50 €
d) Erlös aus Versteigerung des gemeinsamen Hausgrundstücks 11.464,42 €
 23.603,77 €

Ansprüche auf Unterhaltsrückstände seien nicht zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung verstoße gegen Treu und Glauben.

Dagegen wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Diese richten sich nicht gegen die Annahme der Höhe des Zugewinnausgleichsanspruchs, sondern lediglich gegen die Begrenzung des Anspruchs bzw. die Annahme der Höhe des zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes noch vorhandenen Vermögens der Beklagten.

Der Kläger behauptet einen Wert des PKW Audi A3 von 11.500,00 €, hinsichtlich des Guthabens M seien 1.378,08 € zu berücksichtigen. Zudem hätten Unterhaltsansprüche der Beklagten gegen den Kläger in Höhe von 14.400,00 € bestanden, die zu berücksichtigen seien. Zudem sei das Guthaben auf dem Konto des Sohnes T in Höhe von 532,65 € der Beklagten zuzurechnen.

Er beantragt,

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Zugewinn in Höhe von 28.109,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat zunächst - vor Rücknahme des Rechtsmittels im Senatstermin beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte über einen Betrag in Höhe von 11.2402,24 € hinaus verurteilt worden ist.

Er behauptet, der PKW Audi A3 habe zum 05.11.2004 lediglich einen Wert von 3.000,00 - 4.000,00 € gehabt.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist in vollem Umfange begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gem. § 1378 I ZPO ein Anspruch auf Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns in Höhe von 34.310,62 € zu. Abzüglich des bereits durch Teilurteil titulierten Betrages von 6.201,53 € ergibt sich der hier zu titulierende Anspruch von 28.109,09 €.

Dieser Anspruch ist nicht gem. § 1378 II BGB auf den Wert des bei Beendigung des Güterstandes noch vorhandenen Vermögens zu begrenzen, da zu diesem Zeitpunkt das Vermögen der Beklagten nicht geringer war als der Zugewinnausgleichsbetrag.

Deshalb kann es hier dahinstehen, ob hinsichtlich des Geschäfts der Beklagten mit der M GmbH Zurechnungen zum maßgeblichen Vermögen vorzunehmen sind. Für die M GmbH sind auf dem Miteigentumsanteil der Beklagten an dem im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehenden Hausgrundstück W-Straße in I, nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages zwei Grundschulden von jeweils 40.000,00 € eingetragen worden. Von der M GmbH sind der Beklagten nach der Zwangsversteigerung des Grundstücks lediglich 11.464,42 € ausgezahlt worden. Die genauen Hintergründe vermochte die Beklagte auch im Senatstermin vom 28.02.2007 nicht nachvollziehbar aufzuklären. Sie gab an, von der M GmbH seien Verbindlichkeiten der Beklagten bei ihren Schwiegereltern beglichen worden.

Es kommt im Ergebnis aber nicht darauf an, ob hier weitere Vermögenswerte vorhanden waren oder ob gem. § 242 BGB wegen Verschleuderung von Vermögenswerten Zurechnungen vorzunehmen sind.

Das zum Stichtag 05.11.2005 vorhandene Vermögen reichte nämlich aus, um den Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers in Höhe von 34.310,62 € erfüllen zu können.

Das Vermögen setzte sich zu diesem Zeitpunkt wie folgt zusammen:

a) Girokontoguthaben 1.119,85 €

Diese Position ist zwischen den Parteien unstreitig.

b) PKW Audi A3 10.000,00 €

Das Familiengericht hat den PKW zutreffend mit mindestens 10.000,00 € bewertet.

Es handelte sich um einen Audi A3 1.8, Erstzulassung Juli 2000, mit einer Gesamtlaufleistung zum Stichtag von ca. 50.000,00 km. Das Fahrzeug hatte die Beklagte im Februar 2001 als Gebrauchtwagen mit einem KM-Stand von 14.600 zum Preis von 33.500,00 DM gekauft.

Anhand der "Schwackeliste" hat das Familiengericht einen Wert von ca. 10.000,00 - 11.000,00 € zum November 2004 ermittelt und den unteren Wert angenommen, um damit den vorgetragenen Schäden Rechnung zu tragen.

Die Beklagte hat nicht substantiiert Beschädigungen des Fahrzeuges vorgetragen, die eine weitere Reduzierung des Wertes rechtfertigen könnten.

Sie hat lediglich folgende Mängel vorgetragen:

Karosserieschaden am Kotflügel rechts; mehrere Streiflackschäden an der Fahrertür; defekter Fensterheber Fahrerseite und Stottern des Motors.

Genauere Angaben dazu werden nicht gemacht. Insbesondere werden die angeblichen Schäden nicht näher beschrieben oder etwa Lichtbilder vorgelegt. Aus den pauschalen Angaben kann nicht gefolgert werden, dass Schäden von solchem Ausmaß vorgelegen haben, die eine weitere Wertreduzierung angemessen erscheinen lassen würden. Insofern war auch dem Beweisangebot der Beklagten nicht nachzugehen, zu den Wertminderungen ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass ausweislich der Rechung der Firma M2 vom 04.03.2004 (Bl. 590 f. d.A.) an diesem Tag der Motor des Fahrzeuges umfangreich repariert worden ist. Für eine Rechnungssumme von 2.385,88 € wurde sowohl der Zylinderkopf als auch die Wasserpumpe und der Motorzahnriemen erneuert. Dadurch dürfte das Fahrzeug eine nicht unerhebliche Wertverbesserung erfahren haben.

c) Guthaben M 1.378,08 €

Der Anteil an dem Guthaben der Parteien bei der M betrug zum Stichtag 05.11.2004 zunächst unstreitig 1.891,20 €. Der Kläger hat der Beklagten später jedoch lediglich einen Betrag von 1.019,50 € zur Auszahlung gebracht.

Dem lagen Gegenforderungen des Klägers gegen die Beklagte aus einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Hagen (Az. 17 C 550/04) zu Grunde. Dort war die Beklagte am 15.02.2005 antragsgemäß verurteilt worden, an den Kläger 507,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2004 zu zahlen. Es ging um einen Ausgleich gem. § 426 hinsichtlich einer Wohngebäudeversicherung (siehe Urteil des AG Hagen vom 15.02.2007, Bl. 606 ff. d.A.).

Der Einbehalt des Klägers in Höhe von insgesamt 871,70 € resultierte daraus, dass nach dem Urteil neben der Hauptforderung Zinsen zu leisten waren und ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus dem Urteil resultierte (siehe Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30.03.2005, Bl. 613 f. d.A.).

Zum Stichtag bestand aber lediglich die Hauptforderung und der Zinsanspruch bis zum 05.11.2004. Der Kostenerstattungsanspruch und auch im wesentlichen der Zinsanspruch ist erst nach dem Stichtag 05.11.2004 entstanden.

Deshalb kann von der Forderung in Höhe von 1.891,20 € nur die Hauptforderung aus dem Verfahren 17 C 550/04 - AG Hagen in Höhe von 507,67 € sowie für die Zeit vom 02.09.2004 bis 05.11.2004 ein Zinsanteil von 5,45 € in Abzug gebracht werden. Es ergibt sich somit eine relevante Forderung von 1.378,08 €.

d) Überschuss Versteigerungserlös, Guthaben RA-Anderkonto 8.361,65 €

Diesbezüglich gibt der mit S.s. v. 12.12.2006 überreichte Fremdgeldkontoauszug der Rechtsanwälte L (Bl. 696 d.A.) genauen Aufschluss.

Die Anwälte haben dem Guthaben der Beklagten in Höhe von insgesamt 11.866,82 € Gebühren von Rechtsanwälten und Steuerberatern gegengerechnet. Es mag zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die Forderungen bereits zum Stichtag bestanden.

Nach dem Fremdgeldkontoauszug sind der Beklagten von dem ursprünglich vorhandenen Gutachten nach dem maßgeblichen Stichtag nicht nur Beträge von 6.000,00 € und 950,68 € ausgezahlt worden. Es verblieb darüber hinaus ein Guthaben von 1.410,97 €.

Zum Stichtag 05.11.2004 sind deshalb aus dem Versteigerungserlös (3.305,13 € + 8.159,29 €) und einen Guthaben bei der Gerichtskasse (402,40 €) abzüglich der Kosten der Rechtsanwälte, Steuerberater und Gerichtskosten dem Vermögen der Beklagten 8.361,65 € zuzurechnen.

e) Unterhaltsforderungen 13.655,00 €

Die Parteien haben sich am 05.11.2004, also am Tage der Rechtskraft der Ehescheidung, in dem vorausgegangen Gerichtstermin zum Trennungsunterhalt auf einen Ausgleichsbetrag von 22.000,00 € verglichen. Davon betraf ein Betrag von 14.400,00 € rückständigen Unterhalt. In dem Vergleich wurde ein Abschlag von dem rückständigen Unterhaltsansprüchen von 745,00 € vereinbart, so dass auf rückständigen Unterhalt 13.655,00 € entfielen.

Zumindest diese Forderung hinsichtlich des rückständigen Unterhalts ist dem Vermögen der Beklagten zuzurechnen.

Die Grundsätze der Vermögensbewertung des § 1378 II BGB entsprechen denen des § 1376 BGB (Palandt-Brudermüller, BGB, 66.Aufl., § 1378 BGB Rdnr. 9).

Danach sind auch rückständige Unterhaltsforderungen zu berücksichtigen. Es handelt sich um Forderungen, die das Vermögen des Berechtigten mehren. Es besteht kein Anlass, gem. § 242 BGB diese Forderungen nach Treu und Glauben unberücksichtigt zu lassen.

Der Unterhaltsverpflichtete und Ausgleichsberechtigte hat keinen wirtschaftlichen Vorteil aus der, gegebenenfalls zu späten, Zahlung des Unterhaltes. Wäre er den Zahlungsverpflichtungen vor dem Stichtag nachgekommen, wäre das Vermögen der Beklagten durch die gezahlten Beträge erhöht.

Die Beklagte hätte zum Bestreiten ihres Unterhaltes insofern nicht ihr Vermögen teilweise aufbrauchen müssen. Dieses wäre in selbiger Höhe somit zum Stichtag noch vorhanden gewesen (OLG Hamm, FamRZ 1992, 679).

e) Guthaben Konto T H

Dieses stellt kein Vermögen der Beklagten dar. Kontoinhaber ist der volljährige Sohn der Parteien. Auf das Konto ist der dem Sohn zustehende Unterhalt geflossen.

Die Beklagte verfügte zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung somit zumindest über ein Vermögen in folgender Höhe:

 a) Girokonto 1.119,85 €
b) PKW Audi A3 10.000,00 €
c) M 1.378,08 €
d) Überschuss Versteigerungserlös 8.361,65 €
e) Unterhaltsrückstand 13.655,00 €
 34.514,58 €

Der Zugewinnausgleichanspruch betrug jedoch lediglich 34.310,62 € und ist damit nicht gem. § 1378 II BGB zu begrenzen.

Die Entscheidung über die Zinsen resultiert aus §§ 286,288 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 93 a, 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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