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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.09.2008
Aktenzeichen: 5 Ws 275/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 111 k
Unmittelbar im Sinne des § 111k StPO bedeutet zumindest im Rahmen eines Leasingverhältnisses, dass der verletzten Leasinggeberin die bewegliche Sache unmittelbar durch die Straftat entzogen worden ist, ohne dass sie zuvor unmittelbare Besitzerin geworden sein muss mithin die streitgegenständliche Sache unmittelbar durch die Straftat in den (Eigen-) Besitz des Täters gelangt und der Schaden ohne weitere Zwischenschritte bei der Verletzten eingetreten ist.
Beschluss

Strafsache

gegen pp.

wegen Beihilfe zur Unterschlagung,

(hier: Beschwerde des Verurteilten gegen die Anordnung der Herausgabe von Gegenständen gemäß § 111 k StPO).

Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 15. Juli 2008 gegen den Beschluss der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg vom 27. Juni 2008 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 2. September 2008 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Verurteilten wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.

Gründe:

I.

Im Oktober 2000 kamen die anderweitig verurteilten Eheleute W trotz prekärer finanzieller Situation auf die Idee, einen hochwertigen Porsche Turbo im Wege eines Finanzierungsleasings zu erwerben, wobei ihnen von vornherein bewusst war, dass sie aus legal erworbenen oder erwirtschaften Mitteln die später anfallenden Raten nicht würden bezahlen können. Am 16. Oktober 2000 suchten beide das Porsche- Zentrum in D auf und entschieden sich dort für den streitbefangenen Porsche 911 Turbo. Auf den Kaufpreis von 132.000 DM sollten 20.000,- DM bar gezahlt werden; der Restbetrag sollte bei der jetzigen Antragstellerin, der Porsche Financial Services GmbH & Co. KG, finanziert werden. Noch am selben Tage wurde ein Leasingvertrag zwischen der Firma B-Dienst W und der Antragstellerin geschlossen, der eine 3 einmalige Sonderzahlung von 20.000 DM sowie 36 Monatsraten zu je 2216,76 DM vorsah.

Am 19. Oktober 2000 wurde das Fahrzeug seitens der Eheleute W übernommen, eine Anzahlung von 20.000 Deutsche Mark geleistet und das Fahrzeug amtlich zugelassen, wobei es das Kennzeichen HSK-.. erhielt. Der Fahrzeugbrief verblieb bei der Antragstellerin. Dem Tatplan entsprechend wurde von den anderweitig verfolgten Eheleuten W in der Folgezeit keine Raten mehr bezahlt. Im Zuge umfangreicher strafrechtlicher Ermittlungen gegen die Eheleute W flohen diese Anfang Januar 2001 unter Zurücklassung des streitbefangenen Fahrzeuges nach Rumänien. Auf welche Art und Weise das Fahrzeug in den Besitz des oben genannten Verurteilten (folgend Antragsgegner) gelangt ist, in dessen Besitz es in Spanien sichergestellt wurde, ist unklar.

Die anderweitig verfolgten Eheleute W wurden durch Urteil des Landgerichts Arnsberg vom Mai 2002 unter anderem wegen des Erwerbs des streitbefangenen Porsches rechtskräftig wegen Betruges verurteilt.

Eine Anklage der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen den Antragsgegner wegen des Vorwurfes der Hehlerei im Hinblick auf den streitbefangenen Porsche wurde nach Eröffnung des Verfahrens durch das Landgericht Arnsberg gemäß § 154 Abs.2 StPO in der Hauptverhandlung vom 9. Oktober 2002 im Hinblick auf die Verurteilung wegen Beihilfe zur Unterschlagung anderweitiger Gegenstände eingestellt.

Mit Schreiben der Antragstellerin vom 10. März 2008 an die Staatsanwaltschaft Arnsberg beantragte diese, das Fahrzeug an sie, als Verletzte gemäß § 111k StPO, zurückzugeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 10. März 2008 und 23. April 2008 sowie auf die diesbezüglichen Stellungnahmen des Antragsgegners vom 14. April 2008 und 29. Mai 2008 Bezug genommen.

Mit angegriffenem Beschluss der Strafkammer des Landgerichts Arnsberg vom 27. Juli 2008 ordnete diese die Herausgabe des Fahrzeugs an die Antragstellerin an.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner - näher begründeten - Beschwerde vom 15. Juli 2008.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Herausgabe des sichergestellten Fahrzeuges an die Verletzte ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig, in der Sache selbst aber nicht begründet.

Werden Gegenstände, die als Beweismittel im Strafverfahren von Bedeutung sein können, nach § 94 StPO sichergestellt oder förmlich beschlagnahmt, so sind sie in der Regel, sofern sie zum Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt werden, an den bisherigen Gewahrsamsinhaber - soweit es sich hierbei nicht um den Beschuldigten handelt - herausgegeben (BGH NJW 2000, 3218). § 111 k StPO macht jedoch für diejenigen Fälle eine Ausnahme, in denen ein in die Verfügungsgewalt der Behörde gekommener Gegenstand, dem durch die Straftat Verletzten entzogen worden ist.

Bei der Antragstellerin, der Firma Porsche Financial Services, handelt es sich um die Verletzte der streitgegenständlichen Sache. Durch die Betrugsstraftat der Eheleute W wurde die Porsche Financial Services unmittelbar geschädigt. Sofern teilweise in der Literatur vertreten wird, Verletzter im Sinne des § 111 k StPO sei nur derjenige, dem der unmittelbare Besitz an der Sache durch eine Straftat entzogen worden sei (Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., StPO, § 111 k, Rn.5, Pfeiffer, 4. Aufl., StPO, § 111 k, Rn.2, wohl auch Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 25. Aufl. § 111k Rn.8; KMR- Mayer StPO, § 111k, Rn.8 ), kann dem zumindest im Rahmen eines Leasingverhältnisses nicht zugestimmt werden, denn die Verletzte wird in der Regel weder aufgrund des Leasingvertrages zwischen ihr und dem Leasingnehmer, noch aufgrund des Kaufvertrages zwischen ihr und dem Lieferanten zu irgendeinem Zeit- punkt unmittelbare Besitzerin des Leasinggegenstandes, sondern erlangt nur mittel- baren (Eigen-) Besitz. Der Lieferant und unmittelbarer (Fremd-)Besitzer hat demgegenüber aufgrund des Kaufvertrages zwischen ihm und der Leasingsgeberin nach der Bezahlung des Kaufpreises durch die Leasinggeberin bei einer Unterschlagung oder Betrugsstraftat - wie hier - durch einen Leasingnehmer keinen Schaden. Die oben angeführte Auslegung des § 111 k StPO findet im Wortlaut der Vorschrift auch keine hinreichende Stütze. § 111k StPO verfolgt das Ziel der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes im Sinne eines zivilrechtlich gerechten Ausgleichs ( BGHZ 72, 302, 304). Die Rückgabe der Sache an den Täter oder einen anderen, auf den die Sache von diesem durch eine Straftat übergegangen ist, würde 6 demgegenüber dazu führen, dass der Staat sich an der der Aufrechterhaltung des durch die Tat entstandenen rechtswidrigen Zustandes beteiligt. Dies ist aber gerade nicht gewollt.

Unmittelbar im Sinne des § 111k StPO bedeutet daher zumindest im Rahmen eines Leasingverhältnisses, dass der verletzten Leasinggeberin die bewegliche Sache unmittelbar durch die Straftat entzogen worden ist (KK - Nack, StPO, 5. Auflage 2003, § 111 k, Rn.4, SK-Rudolphi, StPO, § 111 k, Rn.5, Heidelberger Kommentar zur StPO-Lemke, 3. Aufl., 2001, § 111k, Rn. 4), mithin die streitgegenständliche Sache unmittelbar durch die Straftat in den (Eigen-) Besitz des Täters gelangt und der Schaden ohne weitere Zwischenschritte bei der Verletzten eingetreten ist.

Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung der Eheleute W durch das Landgericht Arnsberg vom Mai 2002 steht auch hinreichend fest, dass der Verletzten der streitgegenständliche Porsche durch eine Straftat entzogen worden ist.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, hat das Landgericht Arnsberg auch Ansprüche des Antragsgegners, die der Herausgabe an die Verletzte entgegenstehen könnten, abgelehnt.

Zwar müssen Ansprüche Dritter bereits dann berücksichtigt werden, wenn sich aus den Ermittlungen entsprechende Anhaltspunkte ergeben (KMR-Mayer, aaO., § 111k Rn. 10). Die Begründetheit eines solchen Anspruchs braucht auch nicht festzustehen, vielmehr genügt es, dass die Rechtslage zweifelhaft ist und das bestehen eines Anspruchs nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (LR-Schäfer aaO, § 111k, Rn.18; Meyer-Goßner aaO., § 111 k, Rn.8; KMR-Mayer, aaO., § 111 k, Rn.10) . Vorliegend ist die Rechtslage aber noch nicht einmal zweifelhaft. Der Antragsgegner hat keinerlei Rechte am Fahrzeug. Ausweislich des in der Akte befindlichen - vermeintlichen - Kaufvertrages vom November 2000, Blatt 1043 der GA, hatte nicht der Antragsgegner das Fahrzeug erworben, sondern die Firma E International SRL., eine nach den Gesetzen Rumäniens rechtsfähige Gesellschaft mit eingetragenem Gesellschaftssitz in B. Woraus sich demgegenüber ein eigenes Recht des Antraggegners, welches dieser geltend macht, ergeben sollte, ist schon im Ansatz nicht erkennbar. 7 Die Verletzte ist darüber hinaus nach wie vor im Besitze des Kraftfahrzeugbriefes im Original. Soweit der Antragsgegner im Besitz eines Kraftfahrzeugbriefes war, handelte es sich hierbei um eine Fälschung. Schließlich hat der Verurteilte W ausweislich seiner polizeilichen Aussage vom . Mai 2001, Blatt 210 ff der GA, das Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt an den Antragsgegner veräußert, oder ihm sonst den Auftrag erteilt, dieses Fahrzeug zu verschieben, zu verkaufen oder sonst wie verschwinden zu lassen. Da er aber alleiniger Nutzer des Fahrzeuges war, hätte es auf der Hand gelegen, dass er bei einem etwaigen Verkauf des Fahrzeuges durch seine Ehefrau hierüber informiert worden wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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