Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 7 U 22/07
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB, BKleingG


Vorschriften:

ZPO § 313a Abs. 1 S. 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 544
EGZPO § 26 Nr. 8
BGB § 541
BGB § 581 Abs. 2
BKleingG § 3 Abs. 2
BKleingG § 18 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt,

1. die Grundfläche der Gartenlaube, die auf der Gartenparzelle Nr. 14 der Kleingartenanlage des Klägers, T-Str., ####1 D aufsteht, so zu verkleinern, dass sie einschließlich überdachten Freisitz nicht mehr als 24 m² beträgt,

2. die Höhe der Gartenlaube so zu verändern, dass die Traufhöhe nicht mehr als 2,25 m und die Firsthöhe nicht mehr als 3,55 m beträgt.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs.1 S.1 und § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg, die der Beklagten hingegen ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 541 BGB Beseitigung der vorgenommenen Umbauten an der Gartenlaube im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen.

I.

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen nicht. Soweit es nach § 24 der klägerischen Satzung, deren Regelungen in den zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrag einbezogen wurden, zunächst der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bedarf, ist ein solches erfolglos durchgeführt worden, wie sich bereits aus dem zur Akte gereichten vorprozessualen Schriftwechsel ergibt.

II.

Das klägerische Verlangen nach Rückbau der Laube auf die pachtvertraglich und nach dem BKleingG zulässige Größe und Höhe ist gemäß § 541 BGB, der über § 581 Abs. 2 BGB anwendbar ist, gerechtfertigt. § 541 BGB gibt dem Vermieter einen Unterlassungsanspruch, wenn der Mieter den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt.

1.

Die Beklagte nutzt die Pachtsache im Sinne des § 541 BGB vertragswidrig.

a.

Welche Laubengröße und -höhe vertragsgemäß ist, ergibt sich aus den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Der Kläger hat der Beklagten bei Abschluss des Pachtvertrages die Satzung des Vereins und die sog. Gartenordnung ausgehändigt und damit für die Beklagte ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass sich die vertragliche Nutzung der Parzelle nach diesen Bestimmungen bemisst und in deren Rahmen zu erfolgen hat. Dieses Angebot hat die Beklagte angenommen; anderes ist nicht erkennbar. Gem. § 29 Nr. 1 der Satzung richtet sich die Art und der Umfang der Nutzung nach dem geltenden Bundeskleingartengesetz sowie den örtlichen Bebauungsplänen. Inhalt der vertraglichen Nutzung ist damit die gesetzliche Vorgabe, an die sich der Kläger als Kleingartenverein zu halten hat und für den Pächter auch erkennbar halten will. Das bedeutet konkret, dass sich der Pächter nur dann im Rahmen der vertraglichen Nutzung hält, wenn er nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt.

Soweit die konkrete Laube vor dem Umbau durch die Beklagte über die Vorgaben des § 3 Abs. 2 BKleingG hinaus ging, lag hierin keine vertragswidrige Nutzung. Denn durch den allgemeinen Verweis auf das Kleingartengesetz innerhalb der vertraglichen Regelung wird gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass auch die Regelung zum Bestandschutz den vertraglichen Gebrauch bestimmt. Soweit sich ein Pächter berechtigterweise auf Bestandsschutz berufen kann, handelt er nicht vertragswidrig. Das ändert sich nach Maßgabe der vertraglichen Regelungen aber dann, wenn der Pächter diesen Bestandsschutz verliert. In diesem Fall richtet sich der Umfang der vertraglichen Nutzung ohne Berücksichtigung von Bestandsschutz nach dem Pachtvertrag in Verbindung mit der - aktuellen - Gesetzeslage.

b.

Die Beklagte verhält sich vertragswidrig, nachdem sie die bebaute Grundfläche und die Höhe der auf der gepachteten Gartenparzelle vorhandenen Laube unzulässig vergrößert bzw. verändert hat. Dadurch hat sie den zu ihren Gunsten bestehenden Bestandsschutz verloren.

Gemäß § 29 der klägerischen Satzung und gemäß den Regelungen der Gartenordnung zur "Gartenlaube", die beide in den Pachtvertrag einbezogen wurden, dürfen Lauben einschließlich überdachten Freisitzes grundsätzlich nur eine Grundfläche von max. 24 qm haben. Das entspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 3 Abs. 2 BKleingG.

Die bebaute Grundfläche der streitgegenständlichen Laube überschreitet diese vertraglich vereinbarte Größe nach Umbau mit einer bebauten Grundfläche von einschließlich Wärmedämmung 39,51 qm bzw. ohne Einbeziehung der Wärmedämmung 36,79 qm erheblich, so dass auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen in Verbindung mit der aktuellen Gesetzeslage ein vertragswidriger Gebrauch der Pachtsache gegeben ist.

aa.

Zwar entsprach schon die vorhandene Laube vor dem Umbau durch die Beklagte nicht den pachtvertraglichen Vereinbarungen der Parteien über den vertragsgemäßen Zustand. Diese vorhandene Laube genoss ausnahmsweise wegen ihrer größeren Grundfläche Bestandsschutz gemäß § 18 Abs. 1 BKleingG und hielt sich damit innerhalb der vertraglich gewährten Nutzung. Denn nach § 18 Abs. 1 BKleingG können vor Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes rechtmäßig errichtete Lauben unverändert genutzt werden, auch wenn sie die Größe von 24 qm überschreiten. Die Laube war daher im vorhandenen Zustand als vertragsgemäß zu qualifizieren.

Die von der Beklagten vorgenommenen Umbauarbeiten werden von diesem einfachgesetzlich vermittelten Bestandsschutz nicht mehr erfasst. Dadurch ist der Bestandsschutz entfallen mit der Folge, dass sich die aktuelle Nutzung als vertragswidrige darstellt.

Bestandsschutz meint lediglich Schutz der Bestandsnutzung in dem Sinne, dass das Gebäude weiter so unterhalten und genutzt werden darf, wie es seinerzeit errichtet wurde. Es dürfen daher nur solche Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, die das Gebäude vor seinem vorzeitigen Verfall oder vor dem Eintritt der Unbenutzbarkeit vor dem Ablauf der Lebensdauer in seiner Substanz schützen (so auch Mainczyk, Kommentar zum BKleingG, 9. Aufl. 2006, § 18 RN 1).

Die von der Beklagten vorgenommenen Umbauarbeiten haben keinen solchen reinen Instandhaltungscharakter: Nach dem Umbau hat die Laube der Beklagten, die auch eine Wärmedämmung erhalten hat, nunmehr keinen Freisitz mehr. Dieser wurde in die Laube integriert über den Dachausbau, so dass sich dort jetzt ein Abstellraum befindet. Die Grundfläche beträgt einschließlich Wärmedämmung nunmehr 39,51 qm bzw. ohne Einbeziehung der Wärmedämmung 36,79 qm, wie der erstinstanzlich bestellte Sachverständige nachvollziehbar festgestellt hat. Selbst wenn man die Wärmedämmung bei der Berechnung der bebauten Grundfläche unberücksichtigt lässt, ergibt sich also eine, wenn auch nur geringfügige Vergrößerung um 0,54 qm, die nicht unter Instandhaltungsaspekten zu rechtfertigen ist. Entscheidend ist es aus Sicht des Senats aber letztlich, dass die Beklagte keine typischen Instandsetzungsarbeiten durchgeführt, sondern die Laube grundlegend verändert hat, indem sie den Freisitz beseitigt und stattdessen einen Abstellraum angebaut hat. Das ist mit dem Bestandsschutzgedanken nicht vereinbar.

bb.

Darüber hinaus hat die Beklagte auch vertragswidrige Veränderungen des Daches, konkret der Trauf- und Firsthöhe vorgenommen, für die sie ebenfalls keinen Bestandsschutz nach § 18 Abs. 1 BKleingG geltend machen kann.

Wie hoch Lauben sein dürfen, ergibt sich weder explizit aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch aus dem BKleingG. Höhenbegrenzungen ergeben sich allgemein jedoch aus der kleingärtnerischen Funktion der Laube, die sowohl in der Gartenordnung des Klägers, die in den Pachtvertrag einbezogen wurde, als auch im BKleingG ihren Niederschlag gefunden hat. Danach sind Lauben nur in einfacher Ausführung - ohne Keller - zulässig und dürfen nach ihrer Beschaffenheit nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein. Daher dürfen sie auch keine Höhe haben, die sie nach landesrechtlichen Vorschriften dazu geeignet macht, den Dachraum als eigenes Geschoss auszubauen, um ihn als Aufenthaltsraum zu nutzen. Lauben dürfen nur eingeschossig sein.

Wie auf den bei der Gerichtsakte befindlichen Lichtbildern (Bl. 135 GA) deutlich zu erkennen ist, wurde das Dach der streitgegenständlichen Laube, das ursprünglich eine Höhe von max. 5,09 m hatte (so das Ergebnis des erstinstanzlichen Sachverständigengutachtens), durch Einfügen von 3 Reihen Steinen erhöht. Infolgedessen hat es jetzt nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Höhe von 5,62 m im Mittelmaß. Dadurch wurde die Nutzung des Dachgeschosses als Schlafraum möglich. Als solchen nutzt die Beklagte ihn offensichtlich auch; denn er ist zweckentsprechend mit zwei Betten möbliert, wie sich den Lichtbildern aus dem Sachverständigengutachten entnehmen lässt. Diese Veränderungen halten sich, da sie über Instandsetzungsarbeiten und über die kleingärtnerische Funktion einer Laube hinausgehen, ebenfalls nicht innerhalb des vertraglichen Gebrauchs.

2.

Unstreitig wurde die Beklagte bereits während der Umbauarbeiten zur Unterlassung aufgefordert. Spätestens erfolgte die erforderliche Abmahnung mit der schriftlichen Beseitigungsaufforderung vom 28.07.2005.

3.

Folglich kann der Kläger von der Beklagten gemäß § 541 BGB Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs der Pachtsache verlangen. Das bedeutet nach dem Gesagten nichts anderes, als dass die Beklagte den Zustand, der durch den vertragswidrigen Aus- bzw. Umbau der Laube entstanden ist, zu beseitigen hat. Sie schuldet Beseitigung in Form des Rückbaus und nach Wegfall des Bestandsschutzes die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands nach Maßgabe der aktuellen gesetzlichen Vorgaben. Danach ist lediglich die Errichtung einer zum dauernden Wohnen ungeeigneten Laube in einfacher Ausführung mit einer Grundfläche von maximal 24 qm zulässig.

Dementsprechend ist die Beklagte zur Verkleinerung der bebauten Grundfläche auf maximal 24 qm verpflichtet. Zudem hat sie den Dachaufbau entsprechend der örtlichen Genehmigungspraxis so zurückzuführen, dass die Laube wieder eingeschossig wird. Dementsprechend hat sie die Höhe der Laube so zu verändern, dass eine Traufhöhe von 2,25 m und eine Firsthöhe von 3,50 m nicht überschritten werden. Das entspricht einer Höhe, die die weitere Errichtung von Räumen im Dachgeschoss ausschließt (vgl. hierzu auch BVerwG, NJW 1984, 1576, 1577; Mainczyk, BKleingG, § 18 RN 7). Zum anderen handelt es sich hierbei um die Höhe, die nach der gegenwärtigen Rechtslage von der Stadt D im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens maximal genehmigt wird.

4.

Der Durchsetzung dieses Rückbauanspruchs steht keine Duldungspflicht des Klägers aufgrund des sog. vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes entgegen.

Hinsichtlich der Veränderungen der Grundfläche wurde dies bereits im der Beklagten Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss des Senats vom 23.08.2007, auf den Bezug genommen wird, mangels hinreichender Substantiierung verneint.

Wegen der unzulässigen Erhöhung des Gebäudes kann die Beklagte nach Ansicht des Senats keine Gleichbehandlung mit dem Pächter C beanspruchen. Abgesehen davon, dass dessen bereits in 1990 errichtete Laube zwar mit ca. 4 m höher als 3,55 m ist, hat die neue Laube der Beklagten eine Höhe von 5,62 m im Mittelmaß, ist also wesentlich höher. Zudem fehlt es an der Vergleichbarkeit: Die Laube C wurde bereits 10 Jahre vor dem Umbau durch die Beklagte errichtet und ist unstreitig nur eingeschossig. Die Tatsache, dass in den 90iger Jahren auch höhere als 3,55 m hohe Lauben genehmigt wurden, rechtfertigt es auch nicht, dass nach Änderung der Genehmigungspraxis jeder Gartenpächter unter Berufung auf den vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz seine Laube nach Belieben auf eine Höhe ausbauen und aufstocken kann, die in der Vergangenheit im Verhältnis zu einem anderen Pächter vertragsgemäß war. Der vereinsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet den Kläger vielmehr nur, die Beklagte so zu behandeln wie die anderen Pächter mit überdimensionalen Lauben. Das aber hat er getan, indem er ihren Bestandsschutz geachtet hat. Erst als die Beklagte den den Charakter der vorhandenen eingeschossigen Laube verändernden Umbau vorgenommen hat, hat er Unterlassung bzw. Rückbau auf den vertragsgemäßen Zustand verlangt.

Das Rückbauverlangen stellt sich auch nicht deshalb als unzulässige Rechtsausübung dar, weil der Umbau bereits in 2002/2003 erfolgte, während die allein aktenkundige Beseitigungsaufforderung vom 28.07.2005 datiert. Abgesehen davon, dass ein Baustopp bereits während des Umbaus verlangt wurde, hat es zuvor auch das Schlichtungsverfahren gegeben, so dass ein Vertrauenstatbestand im Hinblick auf eine Duldung nicht anzunehmen ist.

III.

Die Voraussetzungen der Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 ZPO.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück