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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.08.2004
Aktenzeichen: 8 U 15/04
Rechtsgebiete: HTWG, VerbrKrG, HGB, BGB


Vorschriften:

HTWG § 1 Abs. 1
HTWG § 2 Abs. 1 S. 4
VerbrKrG § 7 Abs. 2 S. 3
HGB § 105 Abs. 3
HGB § 161 Abs. 2
BGB § 738
1. Der Beitritt zu einer Gesellschaft ist ein Geschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 HTWG, wenn er in einer Verhandlungssituation des § 1 HTWG erfolgt. Dies gilt auch für den Beitritt zu Anlagegesellschaften wie Immobilienfonds.

2. Im Falle eines Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds erschöpfen sich die Leistungspflichten nicht in der Zahlung der Einlage und dem Beitritt.

3. Der Widerruf führt zur Anwendung der Regeln über den fehlerhaften Beitritt mit der Folge einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung; dem Kläger steht das Auseinandersetzungsguthaben zu (Fortführung des Urteils des Senats vom 20.11.2002, 8 U 68/02)


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 15/04 OLG Hamm

Verkündet am 30. August 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 2. August 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 12.12.2003 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner auf den Tag des Ausscheidens des Klägers als Kommanditist der Beklagten zu 1), nämlich auf den 17.04.2003, eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen.

Hinsichtlich der Hilfsanträge des Klägers zu Ziffern 2) und 3) wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des vorliegenden Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Kostenbetrages und - hinsichtlich der Vollstreckung in der Hauptsache - durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweiliger Höhe leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger erstrebt die Rückabwicklung seiner Beteiligung an der Beklagten zu 1) als Kommanditist mit einer Einlage von 50.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio (insgesamt 52.500,00 DM (= 26.842,82 €)), die er am 24.09.1999 erklärte und am 17.04.2003 widerrief.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die Zahlung der Einlage und die Abtretung der Gesellschaftsanteile im Jahre 1999 seien die Leistungen beiderseits vollständig erbracht und deshalb das Widerrufsrecht nach § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung erloschen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Er begründet seine Berufung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 20.11.2002 (8 U 68/02; Revision: BGH II ZR 352/02) wie folgt:

Das Widerrufsrecht sei nicht ausgeschlossen, weil die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß und deshalb das Widerrufsrecht nicht befristet sei.

Zudem lägen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG nicht vor, da keine beiderseits vollständige Erbringung der Leistungen gegeben sei. Dieses Erfordernis sei nicht nur auf Hauptleistungspflichten beschränkt. Mit der Begründung von Gesellschafterstellungen seien weitergehende kontinuierliche Leistungen verbunden. Ein lückenloser Leistungsaustausch habe danach allein mit der Zahlung der Einlage nicht stattgefunden. Im übrigen seien die nationalen Rechtsvorschriften so weit wie möglich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der einschlägigen EU-Richtlinien über das Widerrufsrecht auszulegen. Dies habe das Landgericht verkannt. Die Auslegung habe so zu erfolgen, wie sie auch der Senat in dem oben genannten Vorprozeß vorgenommen habe.

Rechtsfolge des Widerrufs sei, daß die geleistete Einlage zurückzuzahlen sei. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft mit der Folge, daß ihm - dem Kläger - lediglich das Auseinandersetzungsguthaben zustehe, sei nicht anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Klägers wird Bezug genommen auf den Inhalt seiner Berufungsbegründung.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen (Hauptanträge und Hilfsanträge) zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung und in der getrennten Belehrung sei ausreichend gewesen.

Das Landgericht habe zutreffend ausgeführt, das Widerrufsrecht des Klägers sei wegen beiderseits vollständiger Erbringung der Leistungen i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG erloschen, nachdem er die Einlage gezahlt und sie - die Beklagte zu 1) - ihm die Gesellschaftsanteile abgetreten habe.

Zumindest seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden. Das Auseinandersetzungsguthaben betrage überschlägig weniger als 70 % der Einlage des Klägers. Es sei zur Zahlung nicht fällig, weil eine Auseinandersetzungsbilanz noch nicht erstellt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf den Inhalt ihrer Berufungserwiderung.

B.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht zwar kein Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage in Höhe von 26.842,82 € zu, allerdings kann er entsprechend seinem Hilfsantrag die Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz durch die Beklagten verlangen (Hilfsantrag zu 1)). Die Hilfsanträge zu 2) und 3) (eidesstattliche Versicherung und Auszahlung des sich aus der Auseinandersetzungsbilanz ergebenden Guthabens) sind zur Zeit noch nicht entscheidungsreif, insoweit war die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

1.

Der Kläger stützt die geltend gemachten Ansprüche nur auf das Verbraucherschutzrecht, er macht keine Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung oder wegen fehlerhafter Aufklärung geltend. Anspruchsgrundlage sind daher die Vorschriften der §§ 3 Abs. 1 S. 1, 4 HaustürWG in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung (§ 9 Abs. 3 HaustürWG).

2.

Der Beitritt zu einer Gesellschaft ist zwar kein auf eine entgeltliche Leistung gerichtetes Geschäft, allerdings ist der Beitritt zu einer Anlagegesellschaft mit Rücksicht auf den mit der Beteiligung verfolgten wirtschaftlichen Zweck und die Schutzbedürftigkeit des Anlegers einem Vertrag über eine entgeltliche Leistung gleichzustellen; er ist deshalb ein Geschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 HaustürWG, wenn er in einer Verhandlungssituation im Sinne dieser Vorschrift geschlossen wird (BGH NJW 1996, 3414; WM 2001, 1464; Urteile vom 14.06.2004, II ZR 392/01 und 395/01, letzteres abgedruckt in DB 2004, 1660 ff und ZIP 2004, 1402 ff; OLG Stuttgart OLGR 1999, 430; Senat im Urteil vom 20.11.2002, 8 U 68/02, OLGR 2003, 100 ff - jeweils m.w.N. -). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen erfüllt; dies hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.

3.

Das Widerrufsrecht ist nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 HaustürWG ausgeschlossen. Dafür wäre erforderlich, daß die auf den Vertragsschluß gerichtete Willenserklärung von einem Notar beurkundet worden ist. Hier ist lediglich die Unterschrift des Klägers für eine notwendige Handelsregistervollmacht beglaubigt und nicht der Beitritt beurkundet worden.

4.

Die Widerrufsbelehrung war nicht ordnungsgemäß.

Dies hat der Senat für einen parallelen Fonds mit identischer Beitrittserklärung und Widerrufsbelehrung in der Sache 8 U 68/02 entschieden und insoweit ausgeführt:

"Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGH NJW 1993, 64, 67; siehe zuletzt BB 2002, 2148; ZIP 2002 1730, 1731) haben die Regelungen in den Verbraucherschutzgesetzen, die eine Widerrufsmöglichkeit und eine zu unterzeichnende Belehrung über dieses Recht vorsehen, den Zweck, die erhöhte Aufmerksamkeit des Kunden zu erreichen und ihm so Inhalt und Tragweite der Belehrung klar vor Augen zu führen. Das erfordert eine Widerrufsbelehrung, die drucktechnisch deutlich ausgestaltet sein muß. Die Unterschrift darf sich nur auf die Widerrufsbelehrung beziehen und nicht noch weitere Vertragsbedingungen abdecken.

Im Streitfall ist die Belehrung in der schriftlichen Beitrittserklärung vom 01.09.1997 nicht anforderungsgerecht, denn sie ist ohne besondere Abhebung im laufenden Text enthalten. Die Unterschrift deckt die gesamten vertraglichen Erklärungen ab. Die Kläger haben unter dem 01.09.1997 eine weitere Erklärung unterzeichnet, die als "Belehrung nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften" überschrieben ist und als Anlage zur Beitrittserklärung bezeichnet wird. Sie enthält den Gesetzestext des § 1 HaustürWG und in § 2 mit der Überschrift "Ausübung der Widerrufsrechte" den Text "Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs." und "Widerrufsempfänger ist ...". Enthalten ist indes keine Belehrung zum Fristbeginn, jedenfalls keine mit der gebotenen Deutlichkeit und Eindeutigkeit (dazu BGH ZIP 2002, 1730, 1732 = DB 2002, 2042), wenn auf sie in der Unterschriftszeile mit "Ort, Datum (Beginn der Widerrufsfrist)" vor der zu leistenden Unterschrift hingewiesen wird. Deutlich hervorgehoben ist der Hinweis ebenfalls nicht. Die schriftliche Urkunde vermischt Gesetzestext und Belehrung. ... Die Unterschrift des Klägers am Ende der Urkunde deckt lediglich ab, daß er die Durchschrift dieser Widerrufsbelehrung erhalten hat und kann nicht als Bestätigung des darüber stehenden Belehrungstextes gelten (vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 1995, 114).

Dessen ungeachtet steht einer dem Schutzzweck des Gesetzes gerecht werdenden Belehrung entgegen, daß die Beklagten dies in zwei selbständigen Urkunden und dann noch mit unterschiedlichen Texten niedergeschrieben haben. In dieser Form und Ausgestaltung kann eine geeignete Aufklärung des Kunden nicht erreicht werden."

Die vorstehende Begründung trifft auf den hier vorliegenden Fall ebenfalls zu.

5.

Die unzureichende Belehrung hat die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Das Widerrufsrecht ist auch nicht durch Zeitablauf erloschen.

Der Senat verbleibt auch nach erneuter Prüfung bei seiner im Urteil vom 20. November 2002 (8 U 68/02) ausgeführten Rechtsauffassung:

"a) Nach § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG ist der Widerruf nicht ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung erlischt das Widerrufsrecht in den Fällen der unterbliebenen und der nicht ordnungsgemäßen Belehrung einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung. Im Streitfall sind die Leistungen noch nicht vollständig erbracht worden.

Der Senat stimmt der Auffassung der Kläger zu, die darauf verweisen, daß sich im Falle eines Beitritts zu einem geschlossenen Fonds die Leistungspflichten nicht in der Zahlung der Einlage und des Beitritts erschöpfen. Die Beitragszahlung steht mit einer evtl. Gewinnausschüttung zwar nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Die Beitragszahlung ist hier aber mit der Gewinnausschüttung verknüpft, weil es den Klägern in erster Linie darauf ankam; sie waren rein kapitalistisch beteiligt. Der Gesellschaftsbeitritt ist dann wegen der erhofften jährlichen Gewinnausschüttungen als Schuldverhältnis, das auf einen einheitlichen Gesamterfolg ausgerichtet ist, anzusehen, dessen Leistungen erst bei Beendigung vollständig erbracht sind (s. Fischer/Machunsky, Haustürwiderrufsgesetz, 2. Aufl., § 2 Rdn. 61). Der Fall, daß ein Geschäft lückenlos und abschließend erfüllt ist, liegt deshalb nicht vor. Hierfür spricht auch, daß der Gesellschaftsanteil nur schwer verwertbar ist, weil es keinen Markt hierfür gibt. Das Interesse des Anlegers besteht also in Erträgnissen.

b) Die analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG, also Ausschluß des Widerrufsrechts nach Ablauf eines Jahres, ist nicht gerechtfertigt.

Dies folgt aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13.12.2001 (WM 2001, 2434). Mit dieser Vorabentscheidung auf den Vorlagebeschluß des BGH vom 29.11.1999 (WM 2000, 26) ist entschieden, daß die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen dahingehend auszulegen ist, daß sie auf einen Realkreditvertrag anwendbar ist, so daß der Verbraucher, der einen derartigen Vertrag in einem der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Fälle geschlossen hat, über das Widerrufsrecht nach Art. 5 der Richtlinie verfügt und der nationale Gesetzgeber durch die Richtlinie 85/577/EWG daran gehindert ist, das Widerrufsrecht nach Art. 5 dieser Richtlinie für den Fall, daß der Verbraucher nicht gem. Art. 4 dieser Richtlinie belehrt wurde, auf ein Jahr nach Vertragsschluß zu befristen. Der Bundesgerichtshof (WM 2002, 1181, 1182) hat unter Beachtung des Gebots richtlinienkonformer Auslegung der zur Durchführung einer europäischen Richtlinie erlassenen Gesetzes § 5 Abs. 2 HaustürWG dahin ausgelegt, daß auch im Fall eines Realkreditvertrages dem Verbraucher, der im Rahmen einer Haustürsituation den Vertrag geschlossen hat und dem die gebotene Widerrufsbelehrung nicht in ordnungsgemäßer Form erteilt wurde, das Widerrufsrecht nach § 1 HaustürWG unbefristet zusteht. Im Lichte dieser Entscheidung kann eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG nicht stattfinden. Dies gilt um so mehr, als der Gerichtshof mit der Entscheidung zur 2. Vorlagefrage zudem die Unvereinbarkeit des befristeten Widerrufsrechts nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 HaustürWG festgestellt haben dürfte und eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Bestimmung gleichfalls zu einem unbefristeten Widerrufsrecht für Verträge, die in einer Haustürsituation geschlossen wurden, gelangen müßte.

Wie der Bundesgerichtshof ferner dargelegt hat, kommt eine "gespaltene Auslegung" nicht in Betracht. Es macht keinen Unterschied, ob der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen, wie die Richtlinie 85/577/EWG formuliert, oder aufgrund einer Haustürsituation angebahnt und dann in den Geschäftsräumen geschlossen wurde, wie es dem Sinn und Zweck des § 1 HaustürWG entspricht (BGH, a.a.O., S. 1185)."

6.

Aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs der Beitrittserklärung kann der Kläger allerdings nicht die Rückzahlung seiner Einlage verlangen, sondern lediglich die gesellschaftsvertragliche Auseinandersetzung bzw. nachfolgend das Auseinandersetzungsguthaben beanspruchen. Da der Kläger - im Gegensatz zu dem Rechtsstreit 8 U 68/02 - nicht behauptet hat, daß sich diese Auseinandersetzungsforderung zum Zeitpunkt seines Widerrufs der Höhe nach zumindest auf den geleisteten Beitrag zum Beitritt beziffert, war seiner (Stufen-) Klage entsprechend dem Hilfsantrag zu 1) auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz zum Zeitpunkt seines Ausscheidens am 17.04.2003 begründet.

a)

Wenn ein Kommanditist wegen eines zulässigen und begründeten Widerrufs ausscheidet, besteht ebenso wie bei einer Anfechtung der Beitrittserklärung ein Recht zum sofortigen Ausscheiden (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., Anh. zu § 177 a, Rdn. 58).

Der Widerruf führt zur Anwendung der Regeln über den fehlerhaften Beitritt mit der Folge einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung; dem Kläger steht das Auseinandersetzungsguthaben zu (BGH NJW 2001, 2718, 2720; NJW 2003, 2821, 2823; OLG Dresden, ZIP 2002, 1292, 1293; OLG Braunschweig, ZIP 2004, 28 f.; OLG Frankfurt, ZIP 2004, 32, 35; Senat, Urteil vom 20.11.2002, 8 U 68/02, OLGR 2003, 100, 103 - jeweils m.w.N. -). Von dieser Rechtsprechung ist der 2. Zivilsenat des BGH auch in seinen Urteilen vom 14.06.2004 nicht abgewichen. Er hat vielmehr in den beiden Urteilen unter dem Az. II ZR 392/01 und II ZR 395/01 ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die Grundsätze des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts auch dann anzuwenden sind, wenn der Gesellschafter seine Beitrittserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen hat, oder ob dann nach dem Schutzzweck dieses Gesetzes eine Ausnahme von den Grundsätzen des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts geboten ist.

b)

Der Senat vertritt die Auffassung, daß es bei den bisherigen Grundsätzen verbleibt und keine derartige Ausnahme für den vorliegenden Fall zu machen ist. Die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft findet nach bisheriger Rechtsprechung nur dort ihre Grenzen, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner Personen entgegenstehen. Fälle dieser Art können evtl. der Gesetzesverstoß, eine besonders grobe Sittenwidrigkeit sowie der Umstand bilden, daß sich ein Gesellschafter durch Drohung oder Täuschung einen besonders günstigen Gewinn oder Liquidationsanteil zugestehen läßt (vgl. dazu BGH ZIP 2003, 165, 168; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Braunschweig, a.a.O. - jeweils mit ausführlichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung -). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Der Kläger beruft sich vorliegend lediglich auf einen Vorrang des Schutzes durch das Haustürwiderrufsgesetz. Seine Argumentation gibt dem Senat allerdings keinen Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen (vgl. die bereits oben zitierten Entscheidungen; a.A. und i.S.d. Klägers OLG Stuttgart, OLGR 1999, 430; OLG Rostock ZIP 2001, 1009). Die Auffassung des Klägers würde dazu führen, daß in einem Immobilienfonds wie dem vorliegenden, der darauf ausgerichtet ist, eine Vielzahl von Anlegern zu werben und dies auch getan hat, und in dem der Gedanke der Risikogemeinschaft der Anleger besonders ausgeprägt ist, einzelne Gesellschafter zu Lasten der anderen vom Anlagerisiko freigestellt würden. Weiterhin ist nicht zu rechtfertigen, weshalb ein Anleger, der seine Beteiligung über ein Darlehen finanziert, gegenüber demjenigen privilegiert werden soll, der die Einlage aus eigenen Mitteln zahlt. Da nicht selten nahezu sämtliche Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft als Verbraucher ihre Beteiligung kreditfinanziert haben, würde man mit der Zulassung einer Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ein "Windhundrennen" auslösen, das dazu führen kann, dass die Gesellschafter, die von ihrem Widerrufsrecht nicht oder mit Verzögerung Gebrauch machen, letztlich das Anlagerisiko tragen. Die Besserstellung einzelner Verbraucher würde zu Nachteilen bei anderen Verbrauchern führen; dies widerspräche dem Gedanken des Verbraucherschutzes. Auch besteht die Gefahr, daß durch den Entzug von Kapital im Grund gesunde Gesellschaften in die Liquidation gezwungen werden (so Lehnenbach, Verbraucherschutzrechtliche Rückabwicklung eines kreditfinanzierten, fehlerhaften Beitritts zu einer Publikumspersonengesellschaft, WM 2004, 501, 503).

7.

Hinsichtlich der Hilfsanträge zu 2) und 3) (eidesstattliche Versicherung und Zahlung des Abfindungsguthabens) war der Rechtsstreit auf den Antrag des Klägers in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen.

8.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

9.

Im Hinblick auf die Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes auf den Beitritt zu einem Immobilienfonds, insbesondere die Anwendung des § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG, und die Tragweite der Entscheidung des EuGH und deren Bedeutung über den hier entscheidenden Fall hinaus sowie wegen der Frage, ob nach dem Widerruf der Beitrittserklärung eines Gesellschafters nach dem Haustürwiderrufsgesetz die Grundsätze des fehlerhaften Gesellschaftsbeitritts Anwendung finden, ist die Revision zugelassen worden.



Ende der Entscheidung

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