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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.05.2004
Aktenzeichen: 8 U 189/03
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 311 II
HGB § 230
HGB § 235
1.

Die Grundsätze über die in Vollzug gesetzte fehlerhafte Gesellschaft, die auch für die stille Gesellschaft gelten, hindern grds. einen durch Täuschung zum Beitritt veranlassten stillen Gesellschafter bis zu einer auf sofortige Abwicklung gerichteten außerordentlichen Kündigung an der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs mit dem Ziel, die Einlage zurückerstattet zu erhalten.

2.

Unabhängig von einer infolge der Kündigung grds. notwendigen Auseinandersetzungsrechnung kann unmittelbar auf Zahlung geklagt werden, wenn feststeht, dass dem klagenden Gesellschafter die geltend gemachte Forderung als Mindestbetrag im Rahmen der Auseinandersetzung zusteht.

3.

Kündigt ein stiller Gesellschafter wegen Täuschung bei Vertragsschluss das Gesellschaftsverhältnis, so kann der in die Auseinadersetzungsrechnung einzustellende Schadensersatzanspruch gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts zur Rückgewähr der Einlage führen.

Das gilt auch dann, wenn sich nach einem vom Geschäftsinhaber entwickelten Anlagekonzept eine Vielzahl von stillen Gesellschaftern beteiligt hat, sofern nicht zwischen den stillen Gesellschaftern gesellschaftsrechtliche Bindungen bestehen, die wegen des dann eingreifenden Gebots der Rücksichtnahme das isolierte Vorgehen eines Gesellschafters verbieten.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 189/03 OLG Hamm

Verkündet am 19. Mai 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 10. April 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, mit dem das Landgericht ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil aufrechterhalten hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe der Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage als stiller Gesellschafter in Höhe von 20.000,00 DM als Schadensersatz nach § 826 BGB zu. Die Beklagte habe ihn arglistig über Rückzahlungs- und Gewinngarantien getäuscht und durch den Vermittler, den Zeugen D, einen Verlust als ausgeschlossen dargestellt.

Das Urteil ist zunächst unter dem 30.05.2003 dem früheren Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, Rechtsanwalt T, zugestellt worden. Am 29.10.2003 ist die Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt N erfolgt, der am 12.11.2003 Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat. Rechtsanwalt T, so die Begründung, habe das Urteil nicht weitergeleitet, obwohl ihm bereits zuvor das Mandat entzogen gewesen sei.

In der Sache verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie stellt die sittenwidrige Schädigung des Klägers in Abrede. In dem Gesellschaftsvertrag sei ausdrücklich und in türkischer Sprache eine Verlustbeteiligung des Klägers vereinbart worden, so daß von einer Vertuschung der mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken keine Rede sein könne. Vom Kläger vorgelegte Tabellen über Jahresgewinne seien ihm erst nach Beitritt als stiller Gesellschafter zugegangen. Werbematerial, das angeblich eine Geldrückzahlungsgarantie enthalte, stamme nicht von ihr und sei ihr auch nicht bekannt gewesen. Der Werbezettel sei auch falsch übersetzt worden, denn er enthalte nicht den Begriff "Geldrückgabegarantie", sondern Garantie der Abrechnung des eingezahlten Anteils. Evtl. unzutreffende Erklärungen von Vermittlern habe sie weder veranlaßt noch gebilligt. Die Vermittler seien auch nicht bei ihr angestellt, sondern selbständige Unternehmer. Zu Unrecht sei das Landgericht auch davon ausgegangen, daß die Einlage nicht abgesichert sei. Sie, die Beklagte, sei an der K - Istanbul beteiligt, einem der 10 führenden Handelsunternehmen der Türkei, dessen wirtschaftlicher Wert nach einem Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft L aus dem Jahre 0000 umgerechnet ca. 547 Mio. Euro betragen habe. Die Beteiligung der Beklagten habe allein auf der Basis der Nennwerte der Aktien einen Wert von 20 Mio. Euro gehabt. Lediglich wegen unberechtigter steuerrechtlicher Verfahren in der Türkei könne derzeit kein Kapital ausgezahlt werden, was sich allerdings demnächst wieder ändern werde. Sofern ein Verlust vorliege, müsse der Kläger diesen mittragen und könne ihn nicht über den Umweg eines Schadensersatzanspruchs bei ihr geltend machen.

Die Beklagte beantragt,

das am 10.04.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund sowie das Versäumnisurteil vom 27.09.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil und meint, die jetzt vorgetragenen Einwände gegen die Richtigkeit der Übersetzung der Werbebroschüre und die Behauptung, die Broschüre sei von der Beklagten nicht gebilligt worden, seien als neues Vorbringen nicht zu berücksichtigen. Unzutreffend sei auch die Behauptung, der Zeuge D sei von der Beklagten unabhängig gewesen. Dieser habe in einem gegen ihn persönlich geführten Verfahren (25 U 107/03 OLG Hamm) eingeräumt, ihr Angestellter gewesen zu sein. Die wesentliche Begründung des Landgerichts, die Beklagte habe nicht auf eine Verlustbeteiligung hingewiesen, werde mit der Berufung nicht angegriffen. Darauf, ob die Einlagen abgesichert gewesen seien, komme es nicht an. Eine wirksame Absicherung sei aber auch nicht erfolgt. So habe die Beklagte 1999 einen Verlust von ca. 110 Mio. DM ausgewiesen. Bei einer anderen Tochtergesellschaft der türkischen K AG in M, über deren Vermögen inzwischen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, seien mehr als 350 Mio. Schweizer Franken von 16.000 Anlegern verschwunden. Es handele sich um ein von dem Gründer der Gesellschaften, dem in der Türkei inhaftierten Herrn B, initiiertes Schneeballsystem.

Der Anspruch, so meint der Kläger, folge auch aus c.i.c. wegen Pflichtverletzungen des Vermittlers D, die sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen müsse.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1.

Mit der am 12.11.2003 durch ihre Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwälte N und Partner eingelegten Berufung ist die Berufungsfrist von einem Monat gewahrt worden. Das angefochtene Urteil ist der Beklagten erstmals am 29.10.2003 zu Händen ihrer Prozeßbevollmächtigten wirksam zugestellt worden. Die zuvor erfolgte Zustellung des Urteils zu Händen des früheren Prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt T am 30.05.2003 war unwirksam, da Rechtsanwalt T zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestellter Prozeßbevollmächtigter der Beklagten war, § 172 ZPO. Die Prozeßvollmacht von Rechtsanwalt T war zuvor erloschen, da sich mit Rechtsanwälte N und Partner mit Schriftsatz vom 10. Februar 2003 neue Prozeßbevollmächtigte bestellt hatten und diese den Widerruf der Vollmacht des früheren Prozeßbevollmächtigten angezeigt hatten. Am 24.02.2003 hatte Rechtsanwalt N dem Kammervorsitzenden telefonisch mitgeteilt, daß dem früheren Bevollmächtigten Rechtsanwalt T das Mandat entzogen worden sei, was in einem Aktenvermerk niedergelegt wurde. Unabhängig davon, daß diese Erklärung nur dem Gericht und nicht dem Prozeßgegner gegenüber abgegeben wurde, war die Prozeßvollmacht des früheren Prozeßbevollmächtigten damit erloschen mit der Folge, daß Zustellungen wirksam nur noch an den nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten wirksam vorgenommen werden konnten.

2.

Das Landgericht hat in der Sache zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückzahlung der Einlage in Höhe von 20.000,00 DM (10.225,34 €) unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes bejaht. Die mit der Berufung gegen ihre Schadensersatzpflicht erhobenen Einwendungen der Beklagten bleiben erfolglos. Auch wenn nach den hier anwendbaren Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft eine Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft vorzunehmen ist, steht dem Kläger ein Auseinandersetzungsguthaben mindestens in Höhe seiner Einlage zu, so daß der Zahlungsanspruch begründet ist.

a)

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ist der Kläger als Anleger durch entsprechendes Werbematerial der Beklagten darüber getäuscht worden, daß die von ihm vorgenommene Kapitalanlage keineswegs völlig sicher ist, sondern auch ein Verlustrisiko beinhaltet. Ob darin, wie das Landgericht meint, eine sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB liegt, kann dahingestellt bleiben, da es sich jedenfalls um eine Pflichtverletzung bei Vertragsschluß (culpa in contrahendo) handelt, die ebenfalls die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten zur Folge hat.

aa)

Das dem Kläger vor Eingehung der stillen Gesellschaft und Zahlung der Einlage von 20.000,00 DM vorgelegte Werbematerial vermittelt einen unrichtigen Eindruck und ist geeignet, bei ihm als Privatanleger den Eindruck zu erwecken, die Anlage sei gänzlich risikolos. So heißt es etwa in der Broschüre der Beklagten "K I" (Bl. 69 GA, Übersetzung Bl. 67 GA)

"Rückgewährgarantie für den Gesellschafter hinsichtlich seines angelegten Geldes."

Der Adressat dieser Aussage mußte dadurch den Eindruck gewinnen, daß die Beklagte oder die hinter ihr stehende Konzern-Holding sich nicht nur rechtlich zur Rückzahlung zumindest der Einlage verpflichtete, sondern daß diese auch sichergestellt war, also nicht durch Unternehmensverluste oder Liquiditätsprobleme in Frage gestellt war. Daß diese Garantie unzutreffend war, ist unstreitig. Nach dem von dem Kläger später abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag trug er auch das Verlustrisiko bis zur Höhe seiner Einlage.

Ohne Erfolg bestreitet die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren, daß die Werbebroschüre überhaupt eine Rückzahlungsgarantie enthalte. Die vom Kläger vorgelegte Übersetzung, so die Beklagte, sei unzutreffend, da lediglich die Abrechnung des eingezahlten Anteils garantiert worden sei. Dieses Vorbringen kann nach § 531 Abs. 2 ZPO im Berufungsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden. Es handelt sich um neue Tatsachen, die bereits in erster Instanz hätten vorgetragen werden können. Die in türkischer Sprache abgefaßte Urkunde ist von dem Kläger einschließlich der Übersetzung erstinstanzlich vorgelegt worden, ohne daß die Beklagte, die sich inhaltlich mit dem Text der Werbebroschüre auseinandergesetzt hat, eine unzutreffende Übersetzung gerügt hat.

Ebenfalls neues Vorbringen stellt die Behauptung der Beklagten dar, das Werbematerial habe der Vermittler D ohne ihr Wissen und ihre Billigung verwendet; sie kenne es gar nicht. Dies hat die Beklagte im ersten Rechtszug nicht vorgetragen, sondern im Gegenteil darauf verwiesen, daß dem Kläger durch sie Prospekte vorgelegt worden seien (z.B. Schriftsatz vom 22.09.2000, Bl. 107, 108 GA). Die Berufung enthält auch keine Ausführungen dazu, warum die nunmehr vorgenommene Distanzierung von den Werbeunterlagen erstmals in zweiter Instanz erfolgt.

bb)

Die in der dargelegten Werbeaussage enthaltene Täuschung des Klägers ist noch dadurch verstärkt worden, daß der Vermittler D auf der Grundlage des von der Beklagten übergebenen Werbematerials die Risikolosigkeit des Geschäfts noch betont und entsprechende Gewinnzusicherungen und Rückzahlungsgarantien abgegeben hat. Die fehlerhaften Erklärungen des Zeugen D hat das Landgericht der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme entnommen, ohne daß die Beklagte hiergegen Einwendungen erhebt. Die unzutreffenden Zusicherungen des Vermittlers muß sich die Beklagte auch gem. § 278 BGB zurechnen lassen, da sie sich im Rahmen der Vertragsanbahnung des Zeugen D als Erfüllungsgehilfen bedient hatte. Aus den zwischen den Parteien unstreitigen Umständen steht zur Überzeugung des Senats fest, daß D mit dem Willen der Beklagten für diese die Vermittlung von Kapitalanlagen vornahm und deshalb Erfüllungsgehilfe war. Ob er auch als Arbeitnehmer bei der Beklagten angestellt war, kann insoweit dahinstehen. Er trat nach außen für die Beklagte auf, indem er nicht nur stille Gesellschafter warb, sondern hierzu Werbematerial der Beklagten benutzte und Visitenkarten präsentierte, die ihn als "Gruppenkoordinator" der Beklagten auswiesen. Daß all dies ohne Wissen und gegen den Willen der Beklagten geschehen sein sollte, hat diese nicht hinreichend dargelegt. Hinzu kommt, daß der Vermittler D auch für die Beklagte die Einlagebeträge entgegennahm, was eine entsprechenden Empfangsvollmacht der Beklagten voraussetzte.

cc)

Die dargestellte Täuschung über die Risiken und Konsequenzen der beabsichtigten Kapitalanlage ist nicht etwa deshalb ohne Auswirkung geblieben, weil die von dem Kläger unterzeichnete Vertragsurkunde über den Gesellschaftsvertrag z.B. unter lit. E und H auch auf die Beteiligung an Verlusten hinwies. Maßgeblich für die Anlageentscheidung waren die vorangegangenen Gespräche und Erklärungen, aufgrund derer der Kläger auch sofort seine Einlage von 20.000,00 DM in bar zahlte, während ihm der Vertragstext erst später zugesandt wurde. Es ist nachvollziehbar, daß dem Kläger die Widersprüche zu den vorangegangenen Zusicherungen nicht sofort auffielen, zumal er damit rechnen durfte, daß der Vertragsinhalt in Übereinstimmung mit den ihm zuvor gegebenen Zusicherungen stand.

dd)

Ohne Erfolg verweist die Beklagte schließlich darauf, daß sie nach einer im Jahr 1999 vorgenommenen Bewertung über erhebliches Eigenkapital verfügt habe und es sich bei der K in der Türkei, ihrem Mutterunternehmen, um ein krisenfestes und solides Unternehmen gehandelt habe, das einen erheblichen wirtschaftlichen Wert dargestellt habe. Selbst wenn das Vermögen der K in der vorgetragenen Höhe bestanden haben sollte, ändert dies nichts daran, daß die stillen Gesellschafter nicht nur theoretisch am Verlust beteiligt waren, sondern sich diese Regelung auch praktisch auswirken konnte, wenn es, wie die Praxis gezeigt hat, zu Liquiditätsproblemen der Muttergesellschaft kam. Darüber ist der Kläger als Kapitalanleger nicht informiert worden.

b)

Der Durchsetzung des auf Rückgewähr der Einlage gerichteten Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden stehen nicht die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft entgegen. Zwar kann nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH eine in Vollzug gesetzte Gesellschaft nicht wegen Fehler oder Willensmängel bei der Gründung rückabgewickelt werden, sondern die allgemeinen Rechte treten hinter die gesellschaftsrechtliche Regelung zurück. Der Gesellschafter, der etwa Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages oder Anfechtbarkeit geltend macht, hat nur einen Anspruch auf Kündigung und Auseinandersetzung ex nunc (z.B. BGH NJW 2000, 3558, 3559; NJW 2001, 2718, 2720; NJW 2003, 1252, 1254). Dieser Grundsatz gilt auch für die stille Gesellschaft (BGHZ 55, 5, 8 f.; BGH NJW 1993, 2107) und hindert auch einen Gesellschafter bis zu einer auf sofortige Abwicklung gerichteten außerordentlichen Kündigung an der Durchsetzung eines auf Rückgewähr der Einlage gerichteten Schadensersatzanspruchs (BGH NJW 1993, 2107; NJW 2000, 3558, 3560).

Die in Vollzug gesetzte stille Gesellschaft zwischen den Parteien ist von dem Kläger gekündigt worden. Das Schreiben des Klägers vom 10.02.2000, mit dem er um Auflösung seines Kontos bei der Beklagten bat und diese zur Rückzahlung aufforderte, ist als Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zu werten.

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung muß sich der Kläger aber nicht darauf verweisen lassen, daß zunächst eine Auseinandersetzungsrechnung vorzunehmen ist und anschließend erst ein sich daraus evtl. ergebendes Guthaben geltend gemacht werden kann. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob in Fällen, in denen ein Gesellschafter durch Drohung oder Täuschung in besonderem Maße nachteilige Vereinbarungen akzeptiert hat, eine Ausnahme von dem Grundsatz der fehlerhaften Gesellschaft gegeben sein kann (erwogen von BGHZ 13, 320, 323; BGHZ 55, 5, 9; in Frage gestellt angesichts der im Schrifttum geäußerten Kritik von BGH NJW-RR 1988, 1379, 1380). Unabhängig von einer grundsätzlich notwendigen Auseinandersetzungsrechnung kann unmittelbar auf Zahlung geklagt werden, wenn feststeht, daß dem klagenden Gesellschafter die geltend gemachte Forderung als Mindestbetrag im Rahmen der Auseinandersetzung zusteht (vgl. BGH NJW 2001, 2718, 2720). Dieser Fall ist hier gegeben. Der in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellende Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Täuschung bei Vertragsschluß führt ungeachtet der Beteiligung des Klägers an zwischenzeitlichen Verlusten dazu, daß ein positives Guthaben zumindest in Höhe seiner Einlage besteht. Als Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs hat die Beklagte den Kläger so zu stellen, wie er stände, wenn er die Anlage nicht getätigt hätte. Die Differenz zwischen der erbrachten Einlage und einem möglicherweise geringeren Auseinandersetzungsguthaben wäre im Wege des Schadensersatzes zu ersetzen (vgl. Bayer/ Riedel, NJW 2003, 2567, 2571), so daß sich als Mindestbetrag der gegen die Beklagte gerichteten Forderung die Einlage in Höhe von 20.000,00 DM ergibt.

Das vorgenannte Ergebnis steht jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation nicht in Widerspruch zu den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Zwar wird die Anerkennung einer fehlerhaften in Vollzug gesetzten Gesellschaft mit der Folge einer lediglich ex nunc möglichen Kündigung und Auseinandersetzung u.a. damit begründet, daß dies eine Gleichbehandlung aller Mitgesellschafter gewährleiste (vgl. BGH NJW 2001, 2718, 2720). Deshalb könnte man auch hier erwägen, daß die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im oben dargestellten Umfang den Kläger im Verhältnis zu anderen stillen Gesellschaftern, die möglicherweise in ähnlicher Form getäuscht und bisher keine Ansprüche geltend gemacht oder Ansprüche noch nicht durchgesetzt haben, ungerechtfertigt bevorteilt. Das ist indes hier nicht der Fall, weil durch die konkrete Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien nur eine zweigliedrige stille Gesellschaft besteht und der Kläger mit anderen stillen Gesellschaftern nicht rechtlich oder tatsächlich verbunden ist. Selbst wenn sich mehrere stille Gesellschafter still an demselben Unternehmen beteiligen, liegen grundsätzlich so viele stille Gesellschaften vor wie stille Beteiligungen vorhanden sind; unter den einzelnen stillen Gesellschaftern gibt es grundsätzlich keine Sonderrechtsverhältnisse (Schlegelberger-K. Schmidt, HGB, 5. Aufl. § 335 (§ 230 n.F.) Rdn. 73; Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft 5. Aufl., Rdn. 225). Anders könnte die Situation beurteilt werden, wenn nach der vertraglichen Gestaltung nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern besteht, die untereinander verbunden sind (vgl. etwa Fallgestaltung bei BGH BB 1980, 958). Für eine derartige rechtliche Verbundenheit der stillen Gesellschafter gibt es im Streitfall keine Anhaltspunkte. Dann aber ist der Kläger nicht gehindert, seine Interessen ohne Rücksicht auf weitere stille Gesellschafter, die ihm zudem nicht einmal bekannt sind, zu verfolgen.

Soweit z.T. die Auffassung vertreten wird, bei einer Fallgestaltung, die nach dem Anlagekonzept eine Vielzahl von stillen Beteiligungen vorsieht, dürfe zum Schutz der übrigen Gesellschafter wie etwa bei einer Publikums-KG kein Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsinhaber in die Auseinandersetzungsabrechnung eingestellt werden (Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189, 198; Wälzholz, DStR 2003, 1533, 1535) kann der Senat dem nicht folgen. Allein der Umstand, dass sich die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eines stillen Gesellschafters im Rahmen der Auseinandersetzung im Ergebnis zu Lasten anderer stiller Gesellschafter auswirken kann, rechtfertigt es nicht, dem Gesellschafter Rücksichtnahmepflichten aufzuerlegen, für die eine rechtliche Grundlage fehlt. Die Qualifizierung als vom Geschäftsinhaber veranlasste koordinierte Beteiligungen (so Armbrüster/Joos, a.a.O. S. 192, 198) ersetzt nicht das Bestehen von Rechtsbeziehungen zwischen den stillen Gesellschaftern, die etwa die Anwendung der Regeln der Publikums-KG erforderten.

Auch faktisch ist die Berücksichtigung der Interessen anderer stiller Gesellschafter bei der hier gegebenen Fallgestaltung problematisch, da der Kläger weder über deren Zahl noch über deren Identität informiert ist.

Naheliegender ist deshalb eine Parallele zu anderen (Darlehens-) Gläubigern des Geschäftsinhabers, die außerhalb insolvenzrechtlicher Vorschriften ihre eigenen Interessen verfolgen können (Bayer/Riedel, NJW 2003, S. 2571 f.).

Diese Auffassung steht auch im Einklang mit der Begründung des Bundesgerichtshofs für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auf typische stille Gesellschaften. Als maßgebend wird insoweit angesehen, daß zwischen den Partnern eine Risikogemeinschaft bestehe, die es als unbillig erscheinen lasse, in schlechten Zeiten den Geschäftsinhaber auf den Verlusten sitzen zu lassen und in guten Zeiten dem Stillen die Teilhabe an den auch mit seiner Einlage erwirtschafteten Gewinnen vorzuenthalten (vgl. BGHZ 55, 5, 8 f.). Bei der stillen Gesellschaft geht es also neben dem Bestandsschutz der Gesellschaft als solchem in erster Linie um die Interessen der beiden Gesellschafter, die bei Anwendung der allgemeinen Regeln nicht hinreichend gewahrt werden. Evtl. weitere stille Gesellschafter müssen es ebenso wie Drittgläubiger des Geschäftsinhabers hinnehmen, daß dieser Schadensersatzansprüchen ausgesetzt ist, die nach Kündigung der stillen Gesellschaft zu Zahlungspflichten führen.

Nach alledem ist der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Einlage unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Pflichtverletzung bei Vertragsschluß begründet.

III.

Die Zinsforderung wird mit der Berufung nicht angegriffen.

IV.

Die Berufung war somit mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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