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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 8 U 190/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ZahnärzteZV, SGB V


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 722 Abs. 1
BGB § 723 Abs. 2 S. 2
BGB § 810
ZPO § 288
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
ZahnärzteZV § 32
SGB V § 106
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichtes Münster vom 03.09.2004 unter Zurückweisung der Berufung und Anschlussberufung im Übrigen teilweise ab geändert.

Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Kläger 26.282,37 € nebst Zinsen in Höhe von 9 % seit dem 10.04.2002 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass zugunsten der Kläger in die Schlussabrechnung mit dem Beklagten zu 2) ein Betrag von weiteren 1.645,00 € einzustellen ist.

Es wird festgestellt, dass die ehemals geltend gemachten Auskunftsansprüche gegen die Beklagten (Klageanträge zu 3 und 4) in der Hauptsache erledigt sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger werden verurteilt, der Beklagten zu 1) Einsicht in folgende Unterlagen bezüglich der vertragszahnärztlichen und privatzahnärztlichen Tätigkeit der Beklagten zu 1) zu gewähren:

- sämtliche zahnmedizinischen und wirtschaftlichen Aufzeichnungen;

- sämtliche Abrechnungsunterlagen bezüglich vertragszahnärztlichen, privatzahnärztlichen und sonstigen Kostenträgern;

- sämtliche Laborbelege, Bestellunterlagen und Abrechnungen in Bezug auf die von der Beklagten zu 1) behandelten Patienten;

- sämtliche weiteren schriftlichen und auf EDV gespeicherten Informationen in Bezug auf die Behandlungen durch die Beklagte zu 1).

Die Kläger werden weiter verurteilt, der Beklagten zu 1) Auskunft zu erteilten über sämtliche Zahlungen der von ihr behandelten Privatpatienten sowie über die vereinnahmten Eigenanteile der gesetzlich versicherten Patienten der Beklagten zu 1).

Die Kläger werden schließlich verurteilt, der Beklagten zu 1) Einsicht in sämtliche Geschäftsunterlagen der Praxisgemeinschaft zwischen ihr und den Klägern bezogen auf den Zeitraum vom 24.02.1999 bis zum 30.04.2001 zu gewähren. Insbesondere ist der Beklagten zu 1) Einsicht in

- sämtliche wirtschaftlichen Aufzeichnungen der Praxisgemeinschaft;

- sämtliche betriebswirtschaftlichen Unterlagen der Praxisgemeinschaft;

- sämtliche Unterlagen bezüglich der vertraglichen Beziehung der Praxisgemeinschaft zu Dritten;

- sämtliche Kostenbelege;

- sämtliche Laborbelege;

- sämtliche steuerlichen Unterlagen zu gewähren.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten tragen die Kläger zu 73%, die Beklagte zu 1 zu 2% und der Beklagte zu 2 zu 25%.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 tragen die Kläger zu 95%.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 tragen die Kläger zu 54%.

Die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen die Beklagte zu 1 zu 2% und der Beklagte zu 2 zu 25%.

Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die Parteien, Zahnärzte, machen gegenseitige Ansprüche auf Zahlung, Auskunft, Einsichtnahme und Herausgabe aufgrund einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Zeitraum von Februar 1999 bis April 2001 (Beklagte zu 1) bzw. Februar 2000 bis April 2001 (Beklagter zu 2) geltend. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf das angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten zu 2) zur Zahlung von 27.927,37€ verurteilt, den Auskunftsanspruch in bezug auf den Beklagten zu 2 für erledigt erklärt, die gegen die Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, im Übrigen die Klage abgewiesen und den Widerklageanträgen zu 1-3 stattgegeben.

Das Urteil wird im Wege der Berufung von den Beklagten und im Wege der Anschlussberufung von den Klägern angegriffen.

Die Beklagten streben mit der Berufung eine Abweisung der Klage und eine vollumfängliche Stattgabe der Widerklage an. Sie sind der Auffassung, dass die Vereinbarungen der Parteien unabhängig von der Feststellung ihres konkreten Inhaltes unwirksam seien. Die Vereinbarungen verletzten die einschlägigen Berufs- und vertragszahnarztrechtlichen Vorschriften und seien deshalb nach § 134 BGB nichtig. Das gelte auch, wenn ihrem Vortrag zu einer umsatzbezogenen Gewinnverteilungsabrede gefolgt werde. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 1) aufgrund der von ihr ausgesprochenen Kündigung bestünden nicht. Es fehle bereits an einer unzeitigen Kündigung. Zudem habe die Beklagte zu 1) das Recht gehabt, aufgrund der Vertragsverletzungen der Kläger aus wichtigem Grund zu kündigen. Hinsichtlich des Beklagten zu 2) leide das Urteil des Landgerichtes unter einer fehlerhaften Beweiswürdigung. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die von den Klägern behauptete Vereinbarung einer festen Tätigkeitsvergütung bewiesen sei. Der Beklagte zu 2) sei ebenfalls nicht verpflichtet Schadensersatz aufgrund der von ihm ausgesprochenen Kündigung zu leisten. Es fehle an einer wirksamen Vereinbarung, und der Beklagte zu 2) sei berechtigt gewesen, aus wichtigem Grund seine Zusammenarbeit mit den Klägern zu kündigen. Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht den Widerklageantrag zu 4) als unbegründet erachtet.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 03.09.2004 verkündeten Urteils des Landgerichtes Münster die Klage abzuweisen; auf die Widerklage die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihnen Einsicht in sämtliche Geschäftsunterlagen der Praxisgemeinschaft zwischen den Klägern und den Beklagten bezogen auf den Zeitraum vom 24.02.1999 bis zum 30.04.2001 für die Beklagte zu 1) und für den Zeitraum vom 23.02.2000 bis zum 30.04.2001 für den Beklagten zu 2) zu gewähren. Insbesondere ist dem Beklagten und Widerklägern Einsicht in - sämtliche wirtschaftlichen Aufzeichnungen der Praxisgemeinschaft, - sämtliche betriebswirtschaftlichen Unterlagen der Praxisgemeinschaft, - sämtliche Unterlagen bezüglich der vertraglichen Beziehungen der Praxisgemeinschaft, - sämtliche Kostenbelege, - sämtliche Laborbelege, - sämtliche steuerlichen Unterlagen der Praxisgemeinschaft zu gewähren.

Die Kläger beantragen,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung

die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils dahingehend abzuändern, dass die Abweisung des Klägerantrages zu Ziffer 1) nicht darauf gestützt wird, dass die Beklagte zu 1) zur Auszahlung der von ihr vereinnahmten kassenzahnärztlichen Leistungen nicht verpflichtet ist; festzustellen, dass der Rechtsstreit wegen des Klageanspruches zu Ziffer 3) in der Hauptsache erledigt ist, die Widerklage in vollem Umfang abzuweisen.

den Beklagten zu 2) - die Klage erweiternd - zu verurteilen, an die Kläger als Gesamthandsgläubiger 9 % Zinsen seit dem 10.04.2002 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass das Landgericht die Erledigung des Klageantrages zu 3) hätte feststellen müssen. Auch die Beklagte zu 1) sei verpflichtet gewesen, die Vergütungen der KZV an die Praxisgemeinschaft abzuführen. Zudem sei die Verurteilung zur Herausgabe sämtlicher Patientenunterlagen und sämtlicher Unterlagen in Bezug auf die vertragszahnärztlichen und privatzahnärztlichen Tätigkeiten der Beklagten rechtsfehlerhaft. Die bei den Klägern zurückgebliebenen Patientenunterlagen wie Dokumentationen, Karteikarten und Röntgenbilder beträfen Patienten der Praxisgemeinschaft. Beide Beklagten hätten keine Patienten, die sie ausschließlich behandelt hätten.

Hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zu 2) zur Zahlung von 27.927,37€ erweitern die Kläger die Klage in bezug auf die Zinsen und legen die Zinsbescheinigung der Bank N vom 04.05.2005, auf deren Inhalt verwiesen wird, vor.

Im Übrigen wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Der Senat hat die Parteien persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der persönlichen Anhörung der Parteien wird auf den Berichterstattervermerk zur mündlichen Verhandlung am 9. Mai 2005 verwiesen.

B.

Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Anschlussberufung der Kläger hat teilweise Erfolg.

I. Berufung der Beklagten

1. Verurteilung des Beklagten zu 2) zu 27.927,37 €

Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Beklagte zu 2) die von der KZV ihm für seine Tätigkeit in den Räumen der Kläger für 2001 gezahlten Beträge abführen muss (a). Diesem Zahlungsanspruch steht eine Durchsetzungssperre nicht deshalb entgegen, weil der Beklagte zu 2) nur Abschlagszahlungen erhielt und deshalb eine Abrechnung durch die Klägerin stattfinden müsste (b). Zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 2) besteht aber ein offener Anspruch, der eine Durchsetzungssperre im Umfang von 1.645,-€ begründet (c).

a)

Der Beklagte zu 2) hat die KZV-Beträge an die Kläger abzuführen, da eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien unstreitig ist und der Beklagte zu 2) dementsprechend im Jahr 2000 gehandelt hat. Diese Vereinbarung zwischen den Parteien ist nicht nach §§ 134, 138 BGB nichtig. Zur Begründung wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen.

b)

Dem Zahlungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten zu 2) könnte eine Durchsetzungssperre entgegenstehen, wenn sich aus einer ehemals zwischen den Parteien bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch Ansprüche des Beklagten im Rahmen der Auseinandersetzung ergeben können. Das wäre der Fall, wenn die dem Beklagten zu 2) monatlich zugeflossenen Beträge Abschlagszahlungen darstellten, die nach einem vereinbarten oder gesetzlichen Maßstab abzurechnen wären, und zwar unter Berücksichtigung der KZV-Beträge, der Privat-Liquidationen und der Kosten. Mit dem Landgericht ist der Senat aber der Auffassung, dass nach den Vereinbarungen die Zahlungen der Kläger an den Beklagten zu 2) fixe Zahlungen darstellen, die nicht mehr abgerechnet werden müssen (aa), und diese Vereinbarung nicht nach §§ 134, 138 BGB nichtig ist (bb).

aa)

Die Beweiswürdigung des Landgerichtes ist für den Senat bindend, da Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der festgestellten Tatsachen im Ergebnis nicht bestehen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO):

Zweifel könnten bestehen, weil die Kläger mit der Klageschrift vorgetragen haben, die Zahlungen an beide Beklagten stellten Abschläge dar. Darauf haben die Beklagten Bezug genommen. Darin liegt gleichwohl kein Geständnis i.S.v. § 288 ZPO, da die Kläger ihren Vortrag vor Eintritt in die mündliche Verhandlung korrigierten. Im Rahmen der Beweiswürdigung ist der ursprüngliche Vortrag der Kläger gleichwohl ein Indiz zugunsten des Beklagten zu 2).

Dieses Indiz vermag aber den Umstand nicht zu erschüttern, dass dem Beklagten zu 2) keine festen Beträge gezahlt wurden. Dazu hat der Zeuge B nachvollziehbar ausgesagt, die Unterschiede beruhten auf den monatlichen Umsatzzahlen des Beklagten. Je nach Ertrag seien die Zuschläge höher oder niedriger ausgefallen. Eine weitergehende Abrechnung habe deshalb nicht erfolgen sollen. Diesen Ausführungen konnte der Beklagte zu 2) eine plausible Alternative nicht gegenüberstellen.

Das so gefundene Ergebnis ist stimmig. Der Beklagte zu 2) war Berufsanfänger. Es war unklar, in welchem Umfang er Umsätze würde erwirtschaften können. Es liegt deshalb nahe, dass der Beklagte zu 2) zu seiner Absicherung einem Fixgehalt mit monatlichen Zuschlägen je nach Umsatz zustimmte.

bb)

Die als bewiesen anzusehende Vereinbarung zwischen dem Beklagten zu 2) und den Klägern ist weder nach § 134 BGB in Verbindung mit der Berufsordnung für Zahnärzte und § 32 ZahnärzteZV noch nach § 138 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen Eingriffs in Art. 12 GG nichtig:

Nach der Berufsordnung hat der Beklagte zu 2) als selbständiger Zahnarzt seine Tätigkeit als freien Beruf auszuüben und seine Aufgaben ausschließlich nach ärztlichen Maßstäben zu erfüllen. Mit dieser Verpflichtung sind Verträge unvereinbar, die eine Erfüllung ärztlicher Pflichten in Eigenverantwortung und unbeeinflusst von Weisungen Dritter nicht gestatten, sondern wirtschaftliche Interessen zum maßgeblichen Motiv ärztlichen Handelns machen (BGH NJW 1986, 2360, 2361; BayObLG MedR 2001, 206, 208). Das bedeutet aber nicht, dass der selbständige Arzt, der im Rahmen einer Gesellschaft tätig wird, dort eine gleichberechtigte Stellung haben muss. Gerade Berufsanfänger werden sich mit einem Minus an Mitspracherechten und finanziellen Beteiligungen abfinden müssen wie in anderen freien Berufen, deren Tätigkeit ebenso im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere der Anwaltschaft, auch (Quaas/Zuck, Medizinrecht 2005, S. 299).

Gegen die genannten Grundsätze verstößt die Vereinbarung der Kläger mit dem Beklagten zu 2) nicht. Durch das feste Grundgehalt wurde dem Beklagten zu 2) vielmehr die finanzielle Sicherheit eingeräumt, die ihm als Anfänger eine von Weisungen und Kostendruck unabhängige Behandlung der Patienten ermöglichte. Im Fall einer reinen Umsatzbeteiligung hätte wesentlich eher die Gefahr bestanden, das ärztliche Handeln nicht in erster Linie an Können und Nutzen auszurichten. In die so gegebene Unabhängigkeit haben die Beklagten nicht eingegriffen. Die Anregung, chirurgische Eingriffe nicht selbst durchzuführen, die der Beklagte zu 2) nach seinem Bekunden ohne Sanktion nicht beachtet hat, stellt keine unerlaubte Einschränkung ärztlicher Unabhängigkeit dar. Der Einwand des Beklagten zu 2), es liege ein unzulässiges Gewinnpooling vor, ist deshalb jedenfalls für diese Fallgestaltung nicht gerechtfertigt. Die bloß theoretische Möglichkeit des Gestaltungsmissbrauchs reicht für §§ 134, 138 BGB nicht.

Soweit schließlich der Beklagte zu 2) darauf abstellt, seine Tätigkeit könne nicht als freiberuflich bewertet werden, da er kein unternehmerisches Risiko getragen habe und die Höhe seiner Erträge nicht maßgeblich von seiner Arbeitskraft und Leistung abhängig gewesen sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Durch die Bonuszahlungen ist sein Einkommen auch an die von ihm erwirtschafteten Umsätze und damit das Ergebnis seiner persönlichen Leistung geknüpft worden. Auch trug er das Risiko wegen einer ärztlichen Falschbehandlung in Anspruch genommen zu werden.

c)

Eine Durchsetzungssperre besteht dagegen, soweit der Beklagte zu 2) ggf. einen Regress der Kassenzahnärztlichen Vereinigung aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung (§ 106 SGB V) in Höhe von 1.645,-€ zu erwarten hat. Das beruht auf folgenden Erwägungen:

Grundsätzlich können im Rahmen der Auseinandersetzung beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus der GbR Einzelansprüche nicht mehr isoliert geltend gemacht werden (Durchsetzungssperre). Etwas anderes gilt ausnahmsweise, soweit zugunsten eines (ehemaligen) Gesellschafters ein Betrag festgestellt werden kann, der ihm zumindest zusteht.

Zugunsten der Kläger kann ein Mindestbetrag von 26.282,37€ festgestellt werden:

- Zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 2) ist offen ein möglicher Regress der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gemäß § 106 SGB V in Höhe von 1.645,-€.

- Sollte über den Regress eine abschließende Entscheidung zu Lasten des Beklagten zu 2) ergehen, wirkte sich dies für den Beklagten zu 2) im Verhältnis zu den Klägern günstig aus. Denn der Beklagte zu 2) muss nur an die Kläger abführen, was ihm schlussendlich von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gezahlt wird.

- Zusätzliche Regressverfahren sind gegen den Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die zwischen den Parteien bestehende GbR nicht anhängig. Mit Regressverfahren muss zudem nicht mehr gerechnet werden. Nach der Rechtsprechung des BSG muss der die Wirtschaftlichkeitsprüfung abschließende Bescheid spätestens vier Jahre nach der vorläufigen Honorarrechnung (Quartalsabrechnung) durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung dem Kassenzahnarzt zugestellt werden (BSG NJW 1994, 285). Diese Frist ist für das zweite Quartal 2001 abgelaufen.

- Schließlich bestehen keine weiteren Ansprüche zwischen dem Beklagten zu 2) und den Klägern. Dies haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 09.05.2005 erklärt.

2. Erledigung des ursprünglichen Klageantrages zu 4)

Da der Beklagte zu 2) verpflichtet war, die Zahlung der KZV weiterzuleiten, bestand ein Auskunftsanspruch der Kläger aus § 242 BGB gegen den ehemaligen Mitgesellschafter. Dieser Anspruch hat sich während des Rechtsstreits durch Erfüllung erledigt.

3. Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2)

Für einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen den Beklagten zu 2) wegen einer Kündigung seiner Zusammenarbeit zur Unzeit aus § 723 Abs. 2 S. 2 BGB besteht jedenfalls nach den Erklärungen der Kläger vor dem Senat keine Grundlage mehr:

a)

Die Parteien waren in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden. Für die Dauer der Praxisgemeinschaft war eine Zeit nicht bestimmt. Der Beklagte zu 2) war deshalb grundsätzlich befugt, seine Beteiligung jederzeit zu kündigen (§ 723 Abs. 1 S. 1 BGB). Das hat er am 19.03.2001 getan, und zwar nach seinem Vortrag zum 30.04.2001. Tatsächlich tätig war er noch bis zum 20.04.2001.

b)

Gemäß der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht war der Beklagte zu 2) verpflichtet, seine Kündigung so zu gestalten, dass den Klägern keine vermeidbaren Nachteile entstanden. Der Beklagte zu 2) musste daher einen Abwicklungszeitraum wählen, der genügend Platz für notwendige organisatorische Maßnahmen der Kläger ließ. Das betrifft in erster Linie die Akquirierung eines Nachfolgers. Dazu hat der Beklagte zu 2) bereits in erster Instanz vorgetragen, unmittelbar nach seinem Ausscheiden zum 20.04.2001 hätten ein Herr Q und die Kläger seine Kapazitäten voll genutzt. Damit entfiele bereits der Vorwurf einer Pflichtverletzung, zumindest fehlte es an der haftungsbegründenden Kausalität. Für beides wären die Kläger beweispflichtig. Diese sind dem Vortrag des Beklagten zu 2) entgegengetreten und haben Beweis durch Vernehmung des Zeugen B angetreten. Der Beklagte beruft sich auf insgesamt sieben Gegenzeugen.

c)

Auf diese Beweisfrage kommt es jedoch aufgrund der Erklärungen des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr an. Der Kläger zu 1) hat vorgetragen, dass die Arbeitskraft des Beklagten zu 2) in der Folgezeit nicht ersetzt worden sei. Dies sei nicht gravierend gewesen, da der Beklagte zu 2) keine besonders gute Arbeit geleistet habe. Daraus folgt, dass die Kläger ohne weiteres mit ihrer eigenen Arbeitskraft den Ausfall des Beklagten zu 2) kompensierten und ihnen deshalb kein Schaden entstanden ist. Eine frühzeitigere Kündigung hätte sich im Ergebnis nicht ausgewirkt. Ein Grundurteil kommt deshalb nicht in Betracht.

4. Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1)

Für einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) wegen einer Kündigung ihrer Zusammenarbeit zur Unzeit aus § 723 Abs. 2 S. 2 BGB besteht jedenfalls nach den Erklärungen der Kläger vor dem Senat keine Grundlage mehr:

a)

Hinsichtlich einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1) wegen der von ihr ausgesprochenen Kündigung stellen sich grundsätzlich die tatsächlichen Bedenken, wie sie bereits zu einer Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 2) ausgeführt worden sind (s. B., I., 3.,b).

b)

Darauf kommt es aber nicht an. Die Beklagte zu 1) hat bereits in erster Instanz, bestätigt durch den Zeugen T, vorgetragen, der Kläger zu 1) habe am 03.04.2001 die sofortige Herausgabe der Schlüssel verlangt. Dies hat der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. In dieser Verhaltensweise des Klägers liegt eine fristlose Kündigung, die es der Beklagten zu 1) nicht mehr ermöglichte, weiterhin für die Gesellschaft tätig zu sein. Soweit das Landgericht dazu ausführt, die Beklagte zu 1) habe ohnehin nicht mehr tätig sein wollen, ergeben sich dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zwischen den Parteien war in erster Instanz unstreitig, dass die Beklagte zu 1) nach ihrer Kündigung durchgehend bis zum 03.04.2001 weiter tätig war. Es handelte sich demgemäß nicht um eine fristlose Kündigung. Es wurden vielmehr Verhandlungen darüber geführt, wie die Zusammenarbeit der Parteien sinnvoll beendet werden könnte. Gerade dazu diente das Gespräch am 03.04.2001. Es ist deshalb plausibel, wenn die Beklagte zu 1) vorträgt, bis zum 30.04.2001 ihre Mitarbeit angeboten zu haben. Wenn das nicht richtig sein soll, müssten die Kläger darlegen, welcher Zeitpunkt dann genannt wurde. Dazu fehlt es an einer DArlegung. Allein die dem erstinstanzlichen Vortrag widersprechende Behauptung des Klägers zu 1), die Beklagte zu 1) habe ab 20.03.2001 nicht mehr gearbeitet, reicht dafür nicht.

5. Widerklageantrag zu 4)

Hinsichtlich des Widerklageantrages zu 4) ist die Berufung der Beklagten zu 1) begründet, die des Beklagten zu 2) dagegen unbegründet:

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Beklagten ist § 810 BGB. § 810 BGB gewährt ausgeschiedenen Gesellschaftern ein Einsichtsrecht in Geschäftsunterlagen (Ulmer, GbR, 4. Aufl. 2004, § 716 Rz. 13 m.w.N.). Voraussetzung ist ein rechtliches Interesse. Ein solches ist für die Beklagte zu 1) zu bejahen und für den Beklagten zu 2) zu verneinen:

a)

Kein rechtliches Interesse besteht, soweit über die Vergütung der Beklagten keine Abrechnung mehr erfolgen muss. Dies ist für den Beklagten zu 2) der Fall.

b)

Hinsichtlich der Beklagten zu 1) hat das Landgericht ausgeführt, eine Vereinbarung wie von den Klägern behauptet sei nicht bewiesen. Zweifel an dieser Feststellung bestehen nicht (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im Unterschied zum weniger qualifizierten Beklagten zu 2) hat die Beklagte zu 1) feste Beträge ohne konkrete Beachtung ihrer Umsätze erhalten. Das ist nur nachvollziehbar, wenn noch eine Schlussrechnung erfolgen sollte.

Das Landgericht hat die Widerklage der Beklagten zu 1) gleichwohl abgewiesen, da die Beklagte zu 1) ihren Vortrag zu einer Beteiligung von 40 % an ihrem Umsatz nicht habe beweisen können. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Für den Erfolg des Widerklageantrages zu 4) ist nicht entscheidend, ob ein Beteiligungsverhältnis von 40 % fest vereinbart wurde. Für das Einsichtsrecht ist vielmehr die Verteilung von Gewinn und Verlust i.S.v. § 722 Abs. 1 BGB maßgeblich. Diese Regelung reicht aus, um ein berechtigtes Interesse der Beklagten zu 1) an einer Einsicht in Geschäftsunterlagen zu begründen. Wenn die Kläger meinen, eine andere Verteilung vereinbart zu haben, die das rechtliche Interesse entfallen lässt, sind sie dafür beweispflichtig.

II. Anschlussberufung der Kläger

Die Kläger haben die Anschlussberufung fristgerecht eingelegt. Der Senat hat den Klägern keine Berufungserwiderungsfrist gesetzt, so dass die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der Fassung ab 01.09.2004 (keine Übergangsfrist, s. § 29 EGZPO) nicht abgelaufen war, als die Anschlussberufung einging.

1. Abänderung der Entscheidungsgründe

Soweit die Kläger die Abänderung der Entscheidungsgründe begehren, ist dies mangels Beschwer unzulässig.

Es ist anerkannt, dass in den Entscheidungsgründen eine Beschwer liegen kann, wenn eine Klage als endgültig statt vorläufig unbegründet abgewiesen wird. Das folgt aus den unterschiedlichen Rechtskraftwirkungen. Darum geht es hier aber nicht. Die Kläger meinen nur, die Beklagte zu 1) könnte die Begründung zum Anlass nehmen, einen Zahlungsanspruch geltend zu machen. Das reicht nicht für eine Beschwer, da die Gründe des Urteils nicht in Rechtskraft erwachsen.

2. Feststellung der Erledigung des Klageantrages zu 3)

Insoweit hat die Anschlussberufung Erfolg, da auch die Beklagte zu 1) unstreitig verpflichtet war, die KZV-Erstattungen an die Kläger weiterzuleiten. Daraus folgte ein Auskunftsanspruch der Kläger aus § 242 BGB. Die Vereinbarungen der Kläger mit der Beklagten zu 1) sind wirksam. Insoweit wird auf die Ausführungen zu I., 1., b), bb) verwiesen.

3. Widerklage, soweit stattgegeben

Hinsichtlich der vom Landgericht zugesprochenen Widerklageanträge zu 1) - 3) hat die Anschlussberufung Erfolg:

Für die Frage, der Herausgabe von Patientenunterlagen, ist von entscheidender Bedeutung, von wem die Patienten nunmehr behandelt werden. Die Beklagten haben daher keinen generellen Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen von Patienten, die sie vor vier bis sechs Jahren einmal betreut haben. Diese Patienten haben die Beklagten im wesentlichen zurückgelassen. Die Patienten wurden in der Folgezeit entweder von den Klägern oder von anderen Zahnärzten weiter betreut. Es handelt sich also nicht mehr um aktuelle Patienten der Beklagten. Dementsprechend haben die Patientenunterlagen bei den Klägern zu verbleiben oder sind an die Zahnärzte herauszugeben, die nunmehr die Patienten betreuen.

Dem Beklagten kann daher nur ein Anspruch auf Unterlagen von Patienten zustehen, die weiterhin von ihnen betreut werden. Dies haben die Beklagten nicht konkretisiert.

4. Zinsen

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286 BGB. Auf der Grundlage der Bescheinigung der Bank N beträgt der Zinsschaden 9 % p.A.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a Abs. 1, 92, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit erging gem. § 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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