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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.03.2008
Aktenzeichen: 8 U 190/06
Rechtsgebiete: ZPO, GmbHG, BGB, HGB


Vorschriften:

ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 263
ZPO § 308 Abs. 1
ZPO § 524
ZPO § 524 Abs. 2 S. 2
ZPO § 533
GmbHG § 16
GmbHG § 16 Abs. 1
AktG § 248
AktG § 249 Abs. 1
BGB § 184 Abs. 1
BGB § 242
HGB § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. Juli 2006 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Mit dem notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag vom 28.08.2003 übertrugen die Kläger ihre Geschäftsanteile an der Beklagten auf die TGmbH, fochten diese Verträge allerdings im Juli 2004 wegen angeblicher arglistiger Täuschung an. Über die Wirksamkeit der Geschäftsanteilsübertragungen schweben Rechtsstreite vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf. Mit in einer Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.01.2006 gefassten Beschlüssen wurden vorsorglich die Geschäftsanteile der Kläger eingezogen und Abfindungsentgelte festgesetzt. Dagegen haben sich die Kläger mit ihrer Klage gewandt, wobei jeder Kläger alle Beschlüsse - auch soweit sie die jeweils anderen Kläger betreffen - angreift.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse festgestellt. Es hat die Anfechtungsbefugnis der Kläger dahinstehen lassen, da jedenfalls eine allgemeine Feststellungsklage zulässig gewesen sei. Die am 14.01.2006 gefassten Beschlüsse seien nichtig. Es komme nicht darauf an, ob die Kläger zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen Gesellschafter gewesen seien. Es sei mit dem Wesen einer GmbH unvereinbar, Anteile von Betroffenen einzuziehen, die nicht Gesellschafter seien; zudem sei in diesem Fall die Einladung zur Gesellschafterversammlung mangelhaft gewesen, weil die TGmbH nicht geladen worden sei. Hätten die Kläger den Vertrag über die Übertragung der Geschäftsanteile wirksam angefochten und wären sie Gesellschafter der Beklagten geblieben, hätte die TGmbH ebenfalls zur Gesellschafterversammlung eingeladen werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter verfolgt.

Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht hätte wegen des Umfanges der Rechtskraftwirkung des Urteils (Wirkung inter omnes oder inter partes) entscheiden müssen, ob es der Nichtigkeitsklage oder einer allgemeinen Feststellungsklage stattgibt. Mit dem Urteil habe es - unter Verstoß gegen § 308 I ZPO - den Klägern etwas zugesprochen, was nicht beantragt worden sei.

Die Nichtigkeitsklage und die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage hätten nur Erfolg, wenn die Kläger Gesellschafter seien. Sie seien jedoch unzulässig. Es komme nicht darauf an, dass sie den Vertrag über die Geschäftsanteilsübertragung nicht wirksam angefochten hätten und seit August 2003 nicht mehr Gesellschafter seien. Vielmehr sei die formelle Rechtslage nach erfolgter Anmeldung der TGmbH als Gesellschafterin gemäß § 16 GmbHG entscheidend.

Selbst wenn eine allgemeine Feststellungsklage von den Kläger erhoben worden wäre, so fehle ihnen bei unterstelltem Fortbestehen ihrer Gesellschafterstellung das Feststellungsinteresse; die Nichtigkeitsklage sei vorrangig. Ihnen fehle aber auch das Feststellungsinteresse, sofern sie nicht mehr Gesellschafter gewesen seien; denn die Beschlüsse vom 14.01.2006 hätten ihre Rechtsstellung dann weder verbessert noch verschlechtert.

Eine allgemeine Feststellungsklage in 2. Instanz sei unzulässig, da die Kläger diese nicht im Rahmen einer fristgerechten Anschlussberufung erhoben hätten. Sie, die Beklagte, willige in eine entsprechende Klageänderung nicht ein, sie sei auch nicht sachdienlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Beklagten wird Bezug genommen auf ihre in 2. Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise (im Sinne des § 256 ZPO) festzustellen, dass die in dem als Anlage K 1 beigefügten Protokoll der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 14.01.2006 unter den Ziffern 3, 4, 5, 6, 7 und 8 aufgeführten Gesellschafterbeschlüsse betr. die Einziehung von Geschäftsanteilen und die Festsetzung des Abfindungsentgeltes nichtig sind.

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Sie bleiben bei ihrer Auffassung, nach wie vor Gesellschafter der Beklagten zu sein. Sie hätten den Vertrag vom 28.08.2003 wirksam angefochten. Zudem verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, wenn sie sie - die Kläger - im Rahmen der Einladung und der Gesellschafterversammlung als Gesellschafter behandele, ansonsten aber die gegenteilige Auffassung vertrete.

Die TGmbH sei nicht wirksam als Gesellschafterin der Beklagten angemeldet worden.

Auch die weiteren Versuche der Beklagten und der TGmbH, die Geschäftsanteile in der Gesellschafterversammlung vom 29.5.2007 und in einer für den 04.12.2007 geplanten Gesellschafterversammlung einzuziehen, seien erfolglos geblieben.

Zumindest die hilfsweise erhobene allgemeine Feststellungsklage sei zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger wird auf den Inhalt ihrer Berufungsschriftsätze verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.

Die erhobenen Nichtigkeits- und (hilfsweise) Anfechtungsklagen sind unbegründet, weil den Klägern die Anfechtungsbefugnis und damit die Aktivlegitimation fehlt. Die in 2. Instanz hilfsweise erhobene allgemeine Feststellungsklage ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist zur Einlegung der Anschlussberufung eingegangen ist.

I. Nichtigkeits- und Anfechtungsklage

In erster Instanz haben die Kläger - nach dem Wortlaut der Anträge und der Klagebegründung - als Hauptantrag (zu 1.) eine Nichtigkeitsklage - analog §§ 249 I, 248 AktG - erhoben ("...festzustellen,... Gesellschafterbeschlüsse...nichtig sind") und als Hilfsantrag (zu 2.) begehrt, die Gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären (= Anfechtungsklage analog § 246 AktG). Diese Klagen, deren Rechtsschutzziel identisch ist (vgl. Hüffer, AktG, 7. Auflage, § 246, Rn. 14 m.w.N.), haben sie vor dem Hintergrund erhoben, dass sie von ihrer fortbestehenden Gesellschafterstellung ausgegangen sind.

Den Klägern fehlt für diese Klagen allerdings die Anfechtungsbefugnis und damit die Aktivlegitimation.

1.

Die Beklagte und die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen in einem Parallelverfahren der Kläger zu 1. und 2. gegen die Beklagte (Urt. v. 09.01.2008, 44 O 76/07) weisen zutreffend darauf hin, dass - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nur Gesellschafter diese Klage erheben können (vgl. BGH, NJW 1969, 133 für die Anfechtungsklage; Senat, Urt. v. 17.10.2007, 8 U 28/07 für die Anfechtungsklage; Senat, NZG 2000, 938; OLG Schleswig, NZG 2005, 81, 82; Goette, Die GmbH, 2. Auflage, § 5 Rn. 29 und § 7 Rn. 94; Baumbach/Hueck/ Zöllner, GmbhG, 18. Auflage, Anh. § 47, Rn. 69 und 136; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Auflage, Anh. § 47, Rn. 32; Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Auflage, § 47, Rn. 112; Saenger, Minderheitenschutz und innergesellschaftliche Klagen bei der GmbH, GmbHR 1997, 112, 114).

2.

Die Kläger waren zwar bis Herbst 2003 angemeldete Gesellschafter der Beklagten i. S. v. § 16 I GmbHG. In der Zeit danach war allerdings die TGmbH angemeldet; daran ändern auch die Anfechtungen der Anteilsübertragungsverträge durch die Kläger zu 1. und 2. mit Schreiben vom 30.7.2004 und des Klägers zu 3. mit Schreiben vom 28.7.2004 wegen arglistiger Täuschung nichts.

Die Voraussetzungen für eine wirksame Anmeldung nach § 16 I GmbHG liegen vor.

a.

Die Kläger weisen zutreffend darauf hin, dass die Kenntnis der Gesellschaft von der Anteilsübertragung nicht ausreicht, eine wirksame Anmeldung vielmehr einen entsprechenden Gestaltungsakt des Veräußerers oder Erwerbers gegenüber der Geschäftsführung der Gesellschaft erfordert (BGH DStR 1991, 952 = NJW-RR 1991, 96 = GmbHR 1991, 311, 312; DStR 2001, 631 = NJW 2001, 1647; Baumbach/ Hueck/Fastrich, § 16, Rn. 3 m. w. N.).

aa.

Ob die Beteiligung des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers an dem Übertragungsvorgang eine Anmeldung entbehrlich macht und die durch die Mitwirkung an der Übertragung vermittelte sichere Kenntnis der Vorgänge ausreicht, beurteilt der BGH (anders als noch das RG) - unter Berücksichtigung des gestaltenden Charakters der Anmeldung, die von dem Willen des Anmeldenden getragen sein muss, die Legitimationswirkung gegenüber der Gesellschaft herbeizuführen - nach den Umständen des Einzelfalles. Es ist eine Frage der Auslegung des Verhaltens der Beteiligten, ob darin eine - stillschweigende - Anmeldung zu sehen ist. Die sichere Kenntnis allein genügt also nicht ohne weiteres. Ein auf eine stillschweigende Anmeldung deutendes Verständnis hat der BGH für denkbar erachtet, wenn die "sofortige dingliche Wirkung der Übertragung" vereinbart worden ist und der übertragende Geschäftsführer seinem Mitgeschäftsführer Mitteilung davon gemacht hat, dass der Anteil abgetreten wurde (vgl. BGH a.a.O.; Goette, § 5 Rn. 30; Baumbach/ Hueck/Fastrich, a.a.O.).

bb.

Hier weist die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 25.02.2008 (S. 5 f.) zutreffend darauf hin, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. Die dingliche Wirksamkeit der Anteilsübertragung nach dem notariellen Vertrag trat sofort ein und in einer gleichzeitig im Zusammenhang mit der Beurkundung abgehaltenen Gesellschafterversammlung ist der Anteilsübertragung von den Gesellschaftern zugestimmt worden (so auch LG Essen, Urt. v. 9.1.2008, 44 O 76/07, S. 15 UA). Ferner haben die Kläger und die Beklagte, vertreten durch ihren Geschäftsführer, in der Folgezeit über eine Rückübertragung korrespondiert. Weiterhin hat die Beklagte die TGmbH auch als Gesellschafterin behandelt, z. B. in den Jahresabschlüssen.

cc.

Soweit die Kläger einwenden, der Geschäftsführer der Beklagten habe bei Abschluss des notariellen Übertragungsvertrages am 28.8.2003 als Vertreter ohne Vertretungsmacht für den Steuerberater J gehandelt, kommt es darauf nicht an. Dessen Genehmigung vom 29.10.2003, die im Senatstermin am 12.03.2008 von der Beklagten zur Akte gereicht worden und unstreitig geblieben ist, wirkt nach § 184 I BGB auf den Vertragsschluss zurück.

Der neue Sachvortrag der Parteien ist im Berufungsverfahren auch zuzulassen, weil dieser Gesichtspunkt vom Landgericht in dem angefochtenen Urteil übersehen worden ist (§ 531 II 1 Nr. 1 ZPO) und die zugrunde liegenden Tatsachen zudem unstreitig sind.

Hinzu kommt, dass die Anmeldung eines - für die Gesellschaft erkennbar - aufschiebend bedingten Erwerbs zwar erst mit Bedingungseintritt wirksam wird (BGH, NJW-RR 1991, 926, 928; Hachenburg/Zutt, GmbHG, § 16, Rn. 12). Entsprechend der einhelligen Auffassung, die bei der Anmeldung eines unbedingten Erwerbs für die wirksame Anmeldung ausreichen lässt, dass die Gesellschaft sich mit einer unbelegten Anmeldung begnügt und auf einen Nachweis verzichten kann (BGH, NJW-RR 1991, 926, 927), kann sich aber auch im Falle eines bedingten Erwerbs die Gesellschaft, vertreten durch ihre Geschäftsführung, mit der Mitteilung begnügen, die Bedingung sei eingetreten. Behandelt die Gesellschaft in der Folge den Erwerber und nicht mehr den Veräußerer als Gesellschafter, so ist auch in diesem Fall die Anwendung des § 16 GmbHG auf das Verhältnis zum Erwerber geboten (Senat, NZG 2000, 938). So liegt der Fall auch hier.

dd.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist es auch unerheblich, dass die TGmbH zum Zeitpunkt der Veräußerung der Geschäftsanteile unter dieser Bezeichnung noch nicht firmierte und ob Rechtsanwalt Dr. Q schon Erwerber, entscheidungsbefugter Gesellschafter und Geschäftsführer war, ob insbesondere die in den Urkunden vom 27.08.2003 (UR-Nr. #####/####und #####/####des Notars Dr. S in L) beurkundeten Willenserklärungen des Rechtsanwalts Dr. Q bereits wirksam waren. Dies hat das Landgericht Essen in dem den Parteien bekannten Urteil vom 09.01.2008 (44 O 76/07), S. 14 f. UA, zutreffend ausgeführt, hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Hinzu kommt, dass für die Beklagte nicht erkennbar war, dass Dr. Q möglicherweise zunächst ohne Vertretungsmacht gehandelt hat; dies ist für die Anmeldung durch die Veräußerer, die Kläger, ohnehin bedeutungslos.

Aus den vorgenannten Gründen können sich die Kläger in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 15 HGB berufen.

b.

Entgegen der Meinung der Kläger ist der Nachweis der Anmeldung auch erbracht. Ob dieser geführt ist, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Geschäftsführers, dessen Ausübung gerichtlich überprüfbar ist (BGH DStR 1991, 952; Baumbach/Hueck/ Fastrick, § 16, Rn. 6 m. w. N.). Da der Geschäftsführer T1 der Beklagten selbst an der Beurkundung beteiligt und ihm die notarielle Urkunde bekannt war und vorlag (zu diesen Kriterien Senat, GmbHR 1993, 660; Baumbach/Hueck/Fastrick, a.a.O. mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung), besteht an dem Vorliegen dieser Wirksamkeitsvoraussetzung für die Anmeldung kein Zweifel.

c.

Zwar kann die Anmeldung gem. § 16 GmbHG grundsätzlich auch durch eine Anfechtung - wenn auch nur mit Wirkung ex nunc - beseitigt werden (Baumbach/ Hueck/ Fastrich, § 16 Rdn. 4; Senat, NZG 2000, 938). Allerdings haben die Kläger diese gegenüber der Beklagten nicht erklärt.

Auch ein Widerruf der Anmeldung, der unter Umständen für zulässig gehalten wird (vgl. Senat, NZG 2000, 938; Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O. m. w. N.), scheidet mangels entsprechender Erklärung der Kläger aus.

Im Übrigen berühren Mängel der Abtretung (hier evtl. aufgrund der Anfechtung der Kläger wegen arglistiger Täuschung) grundsätzlich die Anmeldung nicht (vgl. nur Baumbach/Hueck/Fastrich, § 16, Rn. 4 m. w. N.).

Zwar wird der Widerruf der Anmeldung unter Nachweis der Unwirksamkeit der Übertragung mit Wirkung ex nunc teilweise für möglich gehalten (vgl. Baumbach/Hueck/ Fastrich, a.a.O. m. w. N.). Die Beklagte weist allerdings zutreffend darauf hin, dass ein hinreichender Nachweis für die (angebliche) Unwirksamkeit der Anteilsübertragung wegen der Anfechtungen mit Schreiben der Kläger vom 28. und 30.07.2004 gegenüber der TGmbH fehlt (siehe S. 7 des Schriftsatzes v. 25.02.2008). Die Beklagte hat die gerichtliche Klärung zwischen den Klägern und der TGmbH in den vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf anhängigen Rechtsstreiten abzuwarten (Baumbach/Hueck/Fastrich, a.a.O. m. w. N.).

d.

Hinsichtlich des ehemaligen Gesellschafters Dr. L hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem Urteil vom 04.04.2006 zwar festgestellt, dass die Übertragung des Gesellschaftsanteils vom 28.08.2003 an die TGmbH nichtig ist. Abgesehen davon, dass dort nicht die Kläger des vorliegenden Rechtsstreits beteiligt waren und das Urteil nicht auch zu ihren Gunsten wirkt, hat Dr. L aber danach vor dem Landgericht Essen mit der Beklagten und der TGmbH den Vergleich vom 24.04.2006 in der Sache 44 O 36/06 geschlossen. Dort ist unter anderem vereinbart, dass er zum 31.12.2005 als Gesellschafter ausgeschieden ist und für die Zeit bis dahin ergangene Gesellschafterbeschlüsse der Beklagten nicht mit der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage angreifen kann; mit dem Vergleich wurden sämtliche Ansprüche der Vergleichsparteien ereldigt. Deshalb können die Kläger damit ihre Rechtsauffassung nicht stützen.

3.

Eine Anfechtungsbefugnis der Kläger trotz ihrer fehlenden Anmeldung kann auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleitet werden.

Die Beklagte (Schriftsatz vom 06.03.2008) und das Landgericht Essen (Urteil v. 09.01.2008, 44 O 76/07, S. 17 f. UA) haben zutreffend ausgeführt, dass die Berufung auf § 16 I GmbHG nicht deshalb rechtsmissbräuchlich ist, weil die Kläger in den angefochtenen Beschlüssen als Gesellschafter behandelt worden sind, und auch die Sicherstellung effektiven Rechtsschutzes keine andere Beurteilung rechtfertigt.

Die Kläger verkennen bei ihrer Argumentation, dass die Beklagte selbst ausdrücklich bei den Einladungen zur Gesellschafterversammlung und den Beschlussfassungen davon ausgegangen ist, sie seien aufgrund der Anteilsübertragungen nicht mehr ihre Gesellschafter und die Anfechtungen wegen arglistiger Täuschung seien nicht gerechtfertigt.

Im Rahmen des Rechtsschutzsystems sind sie als nicht angemeldete Gesellschafter ausreichend durch die allgemeine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geschützt, soweit deren Voraussetzungen vorliegen. Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen stehen nur angemeldeten Gesellschaftern zu. Diese anerkannten und eindeutigen Regeln, die eine Verwicklung der Gesellschaft in Auseinandersetzungen über die Gesellschafterstellung vermeiden sollen, schließen es aus, über die Generalklausel des § 242 BGB die von den Klägern befürwortete Ausnahme zuzulassen. Weder kann die Nichtigkeitsklage eines Gesellschafters in entsprechender Anwendung des § 249 I AktG als gewöhnliche Feststellungsklage behandelt werden (vgl. für die AG Hüffer, § 249, Rn. 2 und 12 m. w. N.; Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. § 47, Rn. 71; Roth/ Altmeppen, § 47, Rn. 113) noch kann umgekehrt die allgemeine Feststellungsklage eines Nicht- (angemeldeten) Gesellschafters als Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage behandelt werden (vgl. dazu ergänzend die nachfolgenden Ausführungen und Nachweise unter Gliederungspunkt II. 1. a.).

II. Allgemeine Nichtigkeitsfeststellungsklage gem. § 256 I ZPO

Der in 2. Instanz von den Klägern gestellte Hilfsantrag, bei dem es sich um eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 I ZPO handelt, ist unzulässig.

1.

Zutreffend hat die Beklagte ausgeführt, der Hilfsantrag sei als Klageänderung unzulässig, weil die Kläger nicht - innerhalb der Frist des § 524 II 2 ZPO - Anschlussberufung eingelegt hätten.

Die mit dem Hilfsantrag eingeführte allgemeine Feststellungsklage stellt die Veränderung des Klageantrags durch die Kläger in der Berufungsinstanz nach §§ 263, 533 ZPO dar, die diese als Berufungsbeklagte nur im Rahmen einer zulässigen Anschlussberufung gem. § 524 ZPO hätte verfolgen können (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2007, V ZR 210/06, BeckRS 2008, 02186; OLG Hamm, Urteil vom 19.09.2003 - 19 U 56/02 -, NJW-RR 2003, 1720; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.09.2005 - 6 U 75/05 -, LRE 52, 347 m.w.N.).

a.

Die Beklagte hat zunächst zutreffend (im Zusammenhang mit ihren Ausführungen zum Verstoß gegen die Vorschrift des § 308 I ZPO) begründet, dass die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 I ZPO gegenüber der Nichtigkeitsklage analog § 249 I AktG ein "aliud" (so ausdrücklich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, S. 862) und einen anderen Streitgegenstand darstellt (Wirkung inter partes - inter omnes, keine Gestaltungswirkung der allgemeinen Feststellungsklage und Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses nach § 256 I ZPO; vgl. dazu auch K. Schmidt, a.a.O., S. 446). Es liegt - unter Zugrundelegung des sog. zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs - zwar ein einheitlicher Sachverhalt vor, allerdings ist der Klageantrag -selbst bei seinem Wortlaut nach mit dem Hauptantrag der Kläger in der Klageschrift identischer Formulierung - unterschiedlich. Dieser bezeichnet nämlich sowohl die Rechtsschutzform wie die Rechtsfolge, die die klagende Partei für sich in Anspruch nimmt (dazu BGH WM 1987, 367: "Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auch der Senat folgt, wird der Streitgegenstand im Zivilprozeß bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die konkret in Anspruch genommene Rechtsfolge, die sich aus dem Antrag ergeben, sowie den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die Rechtsfolge hergeleitet wird (vgl. BGHZ 7, 268, 271; 9, 22, 27; BGH, Urteile v. 12. Juli 1961 - VIII ZR 34/61, LM ZPO § 322 Nr. 30; v. 12. Dezember 1975 - IV ZR 101/74, LM ZPO § 322 Nr. 79; v. 31. Mai 1978 - VIII ZR 93/77, LM ZPO § 322 Nr. 82; v. 22. Mai 1981 - V ZR 111/80, LM ZPO § 322 Nr. 90"; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Auflage, Einl. II, Rn. 15).

Die allgemeine Feststellungsklage (§ 256 I ZPO) eines "Dritten" verfolgt jedenfalls unter Berücksichtigung der Rechtsfolge (Wirkung inter partes) ein anderes Ziel als die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage (Wirkung inter omnes), nur letztere haben einen identischen Streitgegenstand (vgl. Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. § 47, Rn. 70; für die AG: BGH NJW 1997, 1510 und NJW 2002, 3465; Wagner, Klagefrist und Streitgegenstand bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage, DStR 2003, 468 ff.; Hüffer, § 246, Rn. 13 f. und Rn. 41 sowie ders. in MüKo, AktG, 2. Auflage, § 246, Rn. 75 m. w. N.). Die allgemeine Feststellungsklage fällt daher nicht unter die Vorschrift des § 264 ZPO, es liegt vielmehr eine Klageänderung i. S. v. §§ 533, 263 ZPO vor.

b.

Will der Berufungsbeklagte - hier also die Kläger - die vor dem erstinstanzlichen Gericht erfolgreiche Klage in der Berufungsinstanz auf eine andere Grundlage stellen, muss er eine Anschlussberufung einlegen (BGH, Urteil vom 07.12.2007, V ZR 210/06, BeckRS 2008, 02186; OLG München OLGR 1997, 191, 192; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1720, 1721; Ahrens in Eichele/Hirtz/Oberheim, Handbuch - Berufung im Zivilprozess, Teil XIII Rn. 43; Doukoff, Die zivilrechtliche Berufung, 3. Aufl., Rn. 333; Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 7. Aufl., Rn. 367). Ein Anschluss an die fremde Berufung ist erforderlich, wenn der Berufungsbeklagte das erstinstanzliche Urteil nicht nur verteidigen, sondern die von ihm im ersten Rechtszug gestellten Anträge erweitern oder - wie hier - einen neuen, in erster Instanz nicht vorgebrachten Anspruch geltend machen will (BGH, a.a.O.; BGHZ 4, 229, 234; Urt. v. 13. Okt. 1954, VI ZR 49/54, LM ZPO § 521 Nr. 4; Urt. v. 24. November 1977, VII ZR 160/76, ZZP 91 [1978], 314, 316).

Eine Anschlussberufung haben die Kläger hier nicht eingelegt, jedenfalls nicht innerhalb der mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 20.08.2007 gesetzten Frist von zwei Monaten vor dem Senatstermin für die Berufungserwiderung. Diese lief im Januar 2008 ab. Der Schriftsatz der Kläger vom 29.02.2008, mit dem sie den Hilfsantrag erstmals gestellt haben, ist aber erst nach Ablauf dieser für die Einlegung der Anschlussberufung gem. § 524 II 2 ZPO maßgeblichen Frist eingegangen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage vertretener und anerkannter Auffassung in der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, und der Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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