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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 8 U 29/07
Rechtsgebiete: HGB, EGHGB


Vorschriften:

HGB § 128
HGB § 160
EGHGB Art. 35
1. Der Wechsel eines persönlich haftenden Gesellschafters in eine Kommanditistenstellung lässt seine Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft auch aus Dauerschuldverhältnissen grundsätzlich unberührt.

2. Die bei Einführung des § 160 HGB durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz vom 18. März 1994 geschaffene Übergangsregelung des Art. 35 EGHGB hat auch nach der Modifizierung des § 160 HGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 weiterhin Geltung.

3. Soweit die Regelung des Art. 35 EGHGB zu einer Anwendung des vor dem 26. März 1994 geltenden Rechts führt, finden die vom Bundesgerichtshof hierzu entwickelten Grundsätze zur Nachhaftungsbegrenzung weiterhin Anwendung. Die Haftungsbegrenzung von 5 Jahren, die einem ausgeschiedenen Gesellschafter für Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen zugute kommen kann, die erst nach seinem Ausscheiden fällig werden, gilt danach nicht für den ehemalig persönlich haftenden Gesellschafter, der als Kommanditist in der Gesellschaft verbleibt und die Geschäfte der KG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH weiterführt.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 29/07 OLG Hamm

Verkündet am 24. Oktober 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Januar 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlungen in Anspruch, die aus Zusagen der T & Co. OHG (im Folgenden: OHG) gegenüber dem inzwischen verstorbenen Ehemann der Klägerin und früheren geschäftsführenden Gesellschafter der OHG, T2, vom 18. Oktober 1961 und 31. Dezember 1983 resultieren.

Die Beklagten waren persönlich haftende Gesellschafter der OHG. Mit notarieller Vereinbarung vom 23. April 2001 trat die von den Beklagten gegründete T & Co. Verwaltungs-GmbH (im Folgenden: Komplementär-GmbH) der OHG als persönlich haftende Gesellschafterin bei, gleichzeitig wechselten die Beklagten in die Stellung als Kommanditisten mit einem Kommanditanteil von jeweils 5.000,- €. Diese Änderungen sowie die Änderung der Firma in T & Co. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) wurden am 28. Juni 2001 in das Handelsregister eingetragen. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH waren die Beklagten, ausweislich des von der Klägerin zu den Akten gereichten Handelsregisterauszugs vom 14. Januar 2004 (Anlage zum Schriftsatz vom 06. Juni 2007, Bl. 132 der Gerichtsakten) jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt.

In den Jahren 2004 und 2005 erwirkte die Klägerin gegen die KG und die Komplementär-GmbH zwei rechtskräftige Titel, mit denen diese zur Zahlung von "Unterhaltsgeld" von monatlich 1.763,96 €, beginnend mit dem 15. Oktober 2003 bis zum Tod der Klägerin, verurteilt wurden. Zur Sicherung der titulierten Forderungen wurde eine Zwangshypothek auf ein Grundstück der Gesellschaft in das Grundbuch eingetragen. Nach Eintragung der Zwangshypothek ist eine Tochter des Beklagten zu 1, Frau S, als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden.

Mit ihrer am 11. Januar 2006 beim Landgericht Münster eingegangenen Klage hat die Klägerin die Beklagten persönlich auf Zahlung des "Unterhaltsgeldes" in Anspruch genommen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagten hafteten als ehemalige Gesellschafter der OHG für die vor der Formumwandlung begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten. Ferner hat sie die Erbringung der Kommanditeinlagen durch die Beklagten bestritten und gemeint, die Beklagten hafteten vor diesem Hintergrund auch in ihrer Eigenschaft als Kommanditisten persönlich.

Ursprünglich hat die Klägerin beantragt, die Beklagten zum Ausgleich eines Forderungsrückstands aus den erwirkten Titeln gegen die KG per 31. Dezember 2005 in Höhe von 47.048,23 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. Januar 2006 sowie zur Zahlung von monatlich 1.763,96 €, beginnend mit dem 01. Januar 2006 bis zum Tode der Klägerin, zu verurteilen. Nachdem Frau S am 16. Januar 2006 den Betrag von 47.048,23 € ausgeglichen hat, hat die Klägerin noch vor Zustellung der Klage ihren Zahlungsantrag in dieser Höhe zurückgenommen. Ferner hat sie ihren Antrag auf künftige Zahlungen auf längstens bis zum 18. Dezember 2010 begrenzt.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und sich auf eine Enthaftung nach § 160 HGB berufen. Ferner haben sie die Einrede der Verjährung erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten hafteten für die Klageforderung nach §§ 128, 159 HGB a.F. persönlich. Gemäß Art. 35 S. 2 EGHGB sei für die noch streitgegenständlichen Zahlungen ab Januar 2006 das bis zur Einführung des § 160 HGB geltende alte Recht anwendbar, nach welchem die Beklagten als ehemalige Gesellschafter der OHG ohne zeitliche Einschränkung für die von der OHG begründeten Zusagen hafteten. Die Forderungen der Klägerin seien auch nicht verjährt, da durch die Klageerhebung die nach Art. 35 EGHGB geltende Verjährungsfrist von einem Jahr, die jeweils erst mit der Fälligkeit der einzelnen Raten zu laufen beginne, gemäß § 204 Nr. 1 BGB gehemmt sei. Für die noch offene Zinsforderung in Höhe von 113,10 € hafteten die Beklagten ebenfalls persönlich, und zwar soweit die Zinsen ab Juli 2005 entstanden seien ebenfalls nach §§ 128, 159 HGB a.F. und im Übrigen nach § 171 Abs. 1 HGB, da sie die Erbringung ihrer Kommanditeinlagen nicht nachgewiesen hätten. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch den zurückgenommenen Teil der Klage verursachten Kosten hätten die Beklagten zu tragen, da insoweit der Grund für die ursprünglich begründete Klage durch die Zahlung der Frau S entfallen sei.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgen. Sie rügen, das Landgericht habe zu Unrecht eine Enthaftung nach § 160 HGB verneint. Diese Vorschrift sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auch für die streitgegenständlichen Forderungen anwendbar. Die bei Einführung des § 160 HGB geschaffene Übergangsregelung des Art. 35 EGHGB habe seit der Neufassung des § 160 HGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz keine Bedeutung mehr. Im Übrigen seien die Forderungen der Klägerin auch bei Anwendung alten Rechts nach Maßgabe des Art. 35 EGHGB verjährt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts dürfe nämlich für den Beginn der nach Art. 35 S. 2 EGHGB geltenden einjährigen Verjährungsfrist nicht an die Fälligkeit der einzelnen Forderungen aus dem Dauerschuldverhältnis angeknüpft werden, da man so zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Endloshaftung der ausgeschiedenen Gesellschafter gelange. Schließlich hätten die Kosten für den zurückgenommenen Teil der Klage nicht den Beklagten auferlegt werden dürfen, da die Klage insoweit von Anfang an unbegründet gewesen sei und da Frau S nicht auf die Klageforderung, sondern nur zur Tilgung der das von ihr erworbene Grundstück belastenden Hypothekenforderung gezahlt habe.

Die Beklagten beantragen,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufungsangriffe der Beklagten rechtfertigen keine andere Beurteilung.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten "Unterhaltsgelder" von monatlich 1.763,96 € vom 01. Januar 2006 bis zum Tode der Klägerin aus § 128 Satz 1 HGB in Verbindung mit §§ 241, 311 BGB.

Nach § 128 Satz 1 HGB haften die Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner persönlich.

1.

Die Beklagten waren bis zu ihrem Wechsel in die Kommanditistenstellung durch notariellen Vertrag vom 23. April 2001 und dem damit einhergehenden Formwechsel Gesellschafter der T & Co. OHG.

2.

Die mit den Verträgen vom 18. Oktober 1961 und 31. Dezember 1983 begründete Verpflichtung der OHG zur Zahlung von monatlich 1.763,96 € an die Klägerin steht dem Grunde und der Höhe nach außer Streit. Für diese Gesellschaftsverbindlichkeit haften die Beklagten seit ihrem Eintritt in die Gesellschaft (§ 130 Abs. 1 HGB) persönlich.

3.

Die Haftung der Beklagten ist durch die Formumwandlung der Gesellschaft im April 2001 nicht erloschen. Denn das Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters oder sein Wechsel in eine Kommanditistenstellung beseitigt seine Haftung für Altverbindlichkeiten der Gesellschaft, das heißt für Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrund noch vor seinem Ausscheiden oder seiner Haftungsbegrenzung gelegt ist, grundsätzlich nicht (vgl. Baumbach/Hopt, 32. Aufl., § 128 HGB Rn. 28 f. m.w.N.). Bei Dauerschuldverhältnissen ist die Rechtsgrundlage bereits im Vertrag angelegt, so dass die während ihrer Laufzeit entstehenden Leistungsverpflichtungen sämtlich Altschulden darstellen, gleich ob sie vor oder nach dem Ausscheiden des Gesellschafters entstanden sind (vgl. MüKo/K. T2, 2. Aufl., § 128 HGB Rn. 53).

4.

Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf eine Begrenzung ihrer Nachhaftung nach § 160 Abs. 1 und 3 HGB berufen. Denn diese durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz vom 18. März 1994 (NHBG) in das Handelsgesetzbuch eingefügte und durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (SMG) modifizierte Enthaftungsregelung findet nach ihrem zeitlichen Geltungsbereich auf die hier streitgegenständlichen Ansprüche keine Anwendung. Dies folgt, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat, aus der einschlägigen Übergangsregelung des Art. 35 EGHGB.

a)

Die bei Einführung des § 160 HGB durch das NHGB geschaffene Übergangsregelung des Art. 35 EGHGB hat entgegen der Ansicht der Beklagten auch nach der Modifizierung des § 160 HGB durch das SMG weiterhin Geltung. Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers, der bei der Modifizierung des § 160 HGB die Schaffung einer neuen Übergangsregelung für entbehrlich gehalten hat, weil die Änderungen durch das SMG rein technischer Natur sind, so dass die neue Regelung materiell zu identischen Ergebnissen führt. Dies gilt auch insoweit, als anstelle der den Einwand der Enthaftung bewirkenden "gerichtlichen Geltendmachung" nunmehr die rechtskräftige Titulierung gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB getreten ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten führt diese Regelung nämlich nicht zu einer Erweiterung der Enthaftungsregelung in dem Sinne, dass der Gläubiger nach der neuen Regelung um den Zeitraum zwischen gerichtlicher Geltendmachung und Titulierung gebracht wäre. Vielmehr ist die Enthaftung aufgrund der in § 160 Abs. 1 S. 3 HGB n.F. enthaltenen Verweisung auf eine entsprechende Anwendung der Verjährungsvorschriften der §§ 204, 209 BGB ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung gehemmt. (vgl. zum Ganzen: Seibert in Ebenroth/Boujong/Joost, Aktualisierungsband 2003, § 160 HGB Rn. 1 und 3 ff., unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf).

b)

Gemäß Art. 35 S. 1 EGHGB ist § 160 HGB auf vor dem 26. März 1994 entstandene Verbindlichkeiten nur dann anzuwenden, wenn das Ausscheiden des Gesellschafters oder sein Wechsel in die Rechtsstellung eines Kommanditisten nach dem 26. März 1994 in das Handelsregister eingetragen wird und die Verbindlichkeiten nicht später als vier Jahre nach der Eintragung fällig werden. Demnach findet die Enthaftungsregelung des § 160 HGB hier keine Anwendung. Der Wechsel der Beklagten in die Kommanditistenstellung ist zwar am 28. Juni 2001 in das Handelsregister eingetragen worden. Die streitgegenständlichen Unterhaltsforderungen sind jedoch erst ab dem Januar 2006 und in den Folgemonaten, also sämtlich später als vier Jahre nach der Eintragung, fällig geworden bzw. werden noch fällig.

5.

Die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verjährt. Gemäß Art. 35 S. 2 EGHGB findet auf nach dem 26. März 1994 fällig werdende Verbindlichkeiten das bisher geltende Recht mit der Maßgabe Anwendung, dass die Verjährungsfrist im Sinne des § 159 HGB a.F. lediglich ein Jahr beträgt. Nach § 159 Abs. 2 HGB a.F. beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ende des Tages, an welchem das Ausscheiden des Gesellschafters in das Handelsregister eingetragen wird. Spätere Fälligkeit schiebt allerdings gemäß § 159 Abs. 3 HGB a.F. den Fristbeginn hinaus. Wie schon das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ist die Verjährung der streitgegenständlichen Forderungen, die erst ab Januar 2006 und in den Folgemonaten fällig geworden sind bzw. fällig werden, durch die Klageerhebung gemäß § 204 Nr. 1 BGB gehemmt.

6.

Eine Begrenzung der Nachhaftung der Beklagten folgt schließlich auch nicht aus den von der Rechtsprechung bereits zum alten, bis zum 26. März 1994 geltenden Recht entwickelten Grundsätzen zur Haftungsbeschränkung. Deren Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof noch unter der Geltung des alten Rechts entschieden, es könne nicht im Sinne des Gesetzes liegen, dass ein ausgeschiedener Gesellschafter wegen der in § 159 Abs. 3 HGB a.F. getroffenen Verjährungsregelung für Dauerverbindlichkeiten seiner früheren Gesellschaft in jedem Fall zeitlich so gut wie unbegrenzt haftbar gemacht werde. Zu berücksichtigen sei, dass er mit seinem Ausscheiden alle gesellschaftsrechtlichen Einfluss- und Kontrollrechte verloren habe und die Verwaltung des Gesellschaftsvermögens in keiner Weise mehr beeinflussen und deshalb geschäftliche Fehlentwicklungen nicht verhindern könne. Unter solchen Voraussetzungen wäre dem ausgeschiedenen Gesellschafter, wenn es bei der Anwendung des § 159 Abs. 3 HGB a.F. sein Bewenden hätte, ein nicht mehr überschaubares und unzumutbares Risiko aufgebürdet. Für Dauerschuldverhältnisse, bei denen die Gesellschaft nach dem Ausscheiden des Gesellschafters auf lange, vielleicht unabsehbare Zeit hinaus laufende Leistungen zu erbringen hat, biete die Vorschrift keinen angemessenen Lösungsweg. Die Lücke, die das Gesetz somit enthalte, könne sinnvoll nur in der Weise gefüllt werden, dass die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters in Fällen dieser Art - unabhängig von den Verjährungsfristen des § 159 HGB - zeitlich in vernünftiger Weise begrenzt werde. Dazu sei es erforderlich, das berechtigte Interesse des jeweiligen Gesellschaftsgläubigers gegen das des ausscheidenden Gesellschafters sorgfältig abzuwägen, um zu einer für alle Beteiligten tragfähigen Lösung zu kommen (vgl. zum Ganzen die richtungweisende Entscheidung BGH Z 87, 286, 290 ff.).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden, dass ein ausgeschiedener Gesellschafter von der persönlichen Haftung für Betriebsrentenansprüche gegen die Gesellschaft, die später als fünf Jahre nach Eintragung seines Ausscheidens im Handelsregister fällig werden, befreit sei (vgl. BGH Z 87, 286, 292 f.; BGH NJW 1983, 2941, 2942; BGH NJW 1983, 2943). Hierbei hat der Bundesgerichtshof allerdings ausdrücklich betont, dass diese Lösung nur deshalb mit den an und für sich höher zu bewertenden Interessen der Betriebsrentenempfänger zu vereinbaren sei, weil diese für den Fall der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft der Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters gar nicht bedürften, da dann die Voraussetzungen für einen Anspruch gegen den Pensionssicherungsverein gemäß § 7 Abs. 1 und 2 BetrAVG erfüllt seien.

Schon vor diesem Hintergrund hat der Senat erhebliche Zweifel, ob die dargestellte Nachhaftungsbegrenzung im hier zu entscheidenden Fall greifen kann. Denn angesichts des Umstandes, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin, von dem sie ihre Pensionsgeldansprüche ableitet, in seiner aktiven Zeit selbst geschäftsführender Gesellschafter der OHG war, dürften Ansprüche der Klägerin nach § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 7 BetrAVG ausscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind nämlich vom Schutz des BetrAVG solche Personen ausgenommen, die ein Unternehmen leiten, das sie aufgrund ihrer vermögensmäßigen Beteiligung und ihres Einflusses als ihr eigenes betrachten können (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 746). Dies gilt zum einen für Mehrheitsgesellschafter, aber auch für Gesellschafter, die zwar nicht die Mehrheit an einem Unternehmen besitzen, diese aber zusammen mit anderen zur Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern erreichen (vgl.etwa die Nachweise bei Erfurter Kommentar / Steinmeyer, 7. Aufl., § 17 BetrAVG Rn. 13).

Eine abschließende Klärung dieser Frage ist allerdings hier entbehrlich, da die von der Rechtsprechung entwickelte Nachhaftungsbegrenzung hier aus einem weiteren Grund keine Anwendung findet. Der Bundesgerichtshof hat nämlich entschieden, dass diese dann nicht eingreift, wenn ein persönlich haftender Gesellschafter nicht aus der Gesellschaft ausscheidet, sondern Kommanditist wird und die Geschäfte der Kommanditgesellschaft als deren Geschäftsführer weiterführt. In Fällen dieser Art greife der dargestellte Schutzgedanke zugunsten des Gesellschafters nicht ein, da er seine Einflussmöglichkeiten auf die Geschicke des Gesellschaftsvermögens nicht verloren habe (vgl. BGH, NJW 1983, 2256, 2258; NJW 1983, 2943).

Die Voraussetzungen für diese Ausnahme von der Nachhaftungsbegrenzung, die der Senat wie der Bundesgerichtshof für richtig hält, liegen hier vor.

Die Beklagten waren ausweislich des von der Klägerin zu den Akten gereichten Handelsregisterauszugs vom 14. Januar 2004, dessen Richtigkeit die Beklagten nicht bestritten haben, jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt Kommanditisten der KG und gleichzeitig jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Inwieweit die KG in dieser Zeit noch operativ tätig war, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Beklagten als Geschäftsführer hatten die Gestaltung der Aktivitäten der KG jedenfalls in ihrer Hand. Die Beklagten können schließlich auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die aufgezeigte Rechtsprechung mit Einführung des § 160 Abs. 3 Satz 2 HGB überholt sei. Denn die gesetzliche Regelung des § 160 HGB findet, wie gezeigt, bezüglich der streitgegenständlichen Forderungen gerade keine Anwendung. Es gilt vielmehr die durch die frühere Rechtsprechung geprägte alte Rechtslage.

II.

Der Klägerin steht auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Tageszinsen vom 01. Januar 2006 bis zum 16. Januar 2006 in Höhe von 113,10 € zu. Der Anspruch folgt aus § 128 HGB i.V.m. §§ 241, 311, 286 BGB.

Bei dem Zinsanspruch auf die Pensionsforderungen handelt es sich um eine Gesellschaftsverbindlichkeit, für die die Beklagten als ehemalige persönlich haftende Gesellschafter der OHG grundsätzlich auch nach ihrem Wechsel in die Kommanditistenstellung nach § 128 HGB haften.

Eine Enthaftung nach § 160 HGB kann nicht angenommen werden:

Für die Zinsen auf die von Juli 2005 bis Dezember 2005 geschuldeten Pensionszahlungen ist § 160 HGB nach der Übergangsvorschrift des § 35 EGHGB nicht anwendbar. Eine Enthaftung nach den dargestellten Grundsätzen der Rechtsprechung zum alten Recht ist auch insoweit nicht anzunehmen. Die Forderungen sind auch unter Anwendung der auf ein Jahr verkürzten Frist des § 35 S. 2 EGHGB noch nicht verjährt, da die Verjährung durch Erhebung der Klage nach § 204 BGB gehemmt wurde.

Für die Zinsen aus den von Oktober 2003 bis Juni 2005 geschuldeten Pensionszahlungen ist § 160 HGB nach der Übergangsregelung des § 35 EGHGB anwendbar. Die Nachhaftung der Beklagten bleibt allerdings auch nach dieser Vorschrift bestehen, da die hier interessierenden Ansprüche vor Ablauf von fünf Jahren nach Eintragung des Kommanditistenwechsels fällig geworden sind und der Ablauf der Ausschlussfrist durch die rechtzeitige Erhebung der Klage gemäß § 160 Abs. 1 S. 3 HGB i.V.m. § 204 BGB gehemmt worden ist.

III.

Das Landgericht hat schließlich auch zu Recht den Beklagten die Kosten bezüglich des zurückgenommenen Teils der Hauptforderung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO auferlegt.

Der Anlass zur Einreichung der Klage ist insoweit noch vor Rechtshängigkeit durch die Zahlung der Frau S auf die Zwangshypothek weggefallen. Denn durch diese Zahlung ist die zugrunde liegende Gesellschaftsverbindlichkeit, für die die Beklagten persönlich in Anspruch genommen worden sind, durch Erfüllung erloschen. Die Klägerin hat daraufhin die Klage insoweit unverzüglich zurückgenommen. Unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes entspricht die Auferlegung der durch den zurückgenommenen Teil der Klage verursachten Kosten auf die Beklagten billigem Ermessen, da die Beklagten auch insofern im Rechtsstreit unterlegen wären. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen zu Ziff. II. Bezug genommen, die nicht nur für die Zinsansprüche, sondern auch für die jeweiligen Hauptforderungen auf monatliche Pensionszahlung gelten.

IV.

Der ergänzende Sachvortrag der Parteien in den nach Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 23. August 2007 und vom 03. September 2007 war nach § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Ein Anlass für einen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung ist nach der Auffassung des Senats nicht gegeben.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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