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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.11.1999
Aktenzeichen: 8 U 31/99
Rechtsgebiete: BGB, Handwerksordnung


Vorschriften:

BGB § 134
Handwerksordnung § 1 Abs. 1
Handwerksordnung § 7 Abs. 4
Leitsatz

§ 134 BGB, §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 4 Handwerksordnung

Eine Gesellschaftsgründung, deren wesentlicher Zweck ist, dass ein Gesellschafter seinen Meistertitel gegen Beteiligung an der Gesellschaft zur Verfügung stellt, ohne selbst in der Gesellschaft für die technische Leitung insgesamt verantwortlich zu sein, ist nichtig.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 31/99 OLG Hamm 15 O 366/98 LG Münster

Verkündet am 10. November 1999

Krämer, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 10. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Frey und die Richter am Oberlandesgericht Horsthemke und Lehmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Dezember 1998 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert den Kläger mit weniger als 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Parteien waren vom 01.08.1987 bis zum 31.12.1995 gemeinsam Gesellschafter einer GbR, die im Rechtsverkehr unter der Bezeichnung "Sch und L Abschleppdienst Tag und Nacht, Pannendienst, AvD-Vertragswerkstatt" auftrat. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert nicht. Hintergrund der Gesellschaftsgründung war, daß der Beklagte, der zuvor schon unter der Bezeichnung "R L mobiler Nutzfahrzeugsservice L" einen Abschlepp- und Pannendienst betrieb, den Entschluß gefaßt hatte, zukünftig auch Kfz Reparaturen in geringfügigem Umfang durchzuführen. Hierfür benötigte er einen Kfz-Mechanikermeister. Deshalb sollte der Gesellschaftsbeitrag des Klägers allein darin bestehen, der Gesellschaft seinen Namen und seinen Meistertitel zur Verfügung zu stellen. Bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist es unstreitig gewesen, daß die gesamte Betriebsführung, insbesondere die Durchführung der Abschlepp-, Reparatur- und kaufmännischen Arbeiten allein dem Beklagten oblag. Er war alleiniger geschäftsführender Gesellschafter. Hinsichtlich der Gewinne und Verluste der Gesellschaft hatten die Parteien vereinbart, daß der Kläger hieran mit 10 % und der Beklagte mit 90 % beteiligt sein sollte. Tatsächlich war der Kläger, der von 1961 bis 1987 eine Tankstelle gepachtet hatte, schon seit 1984 nicht mehr in der Handwerksrolle eingetragen und hat auch nach der Gründung der Gesellschaft der Parteien seine Wiedereintragung nicht betrieben.

Mit der Klage hat er den ihm seiner Meinung nach zustehenden Gewinnanteil, den er mit 28.298,68 DM errechnet hat, geltend gemacht. Der Beklagte hat demgegenüber gemeint, daß die bis 1992 unstreitig angefallenen Gewinnanteile des Klägers durch Verluste in den Jahren 1993 bis 1995 vollständig aufgezehrt worden seien. Die für diese Jahre in den Bilanzen ausgewiesenen Gewinne beruhten auf einer fehlerhaften Buchführung, indem Gewinne der Einzelfirma des Beklagten, die neben der GbR fortbestanden habe, zu Unrecht als Gewinne der GbR verbucht worden seien.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil der Kläger den erhobenen Anspruch nicht selbständig geltend machen könne, es bedürfe einer Auseinandersetzungsrechnung.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger den Zahlungsanspruch aus erster Instanz unter Klageerweiterung auf 30.537,23 DM weiter und beantragt nunmehr hilfsweise festzustellen, daß der Anspruch auf nicht ausgezahlte Gewinnanteile aus dem Jahre 1987 bis 1995 in dieser Höhe als Abrechnungsposten in die Auseinandersetzungsrechnung aufzunehmen sei.

Er wiederholt unter Vorlage der Jahresabschlüsse der Gesellschaft seinen Vortrag zu den in den Jahren 1993 bis 1995 erwirtschafteten Gewinnen und behauptet, die entsprechenden Bilanzergebnisse seien jeweils verbindlich festgestellt worden. Er errechnet seinen Gewinnanteil nunmehr mit 30.537,23 DM und meint, daß dem Auszahlungsanspruch in dieser Höhe nicht entgegenstehe, daß die Gesellschaft beendet sei und eine Auseinandersetzung noch nicht stattgefunden habe. Denn es stehe bereits jetzt fest, daß in jedem Falle ein über den Gewinnanteil hinausgehendes Auseinandersetzungsguthaben zu seinen Gunsten verbleiben werde. Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 30.537,23 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02.05.1998 aus dem Vermögen der Schilling und L GbR zu zahlen,

hilfsweise,

festzustellen, daß in der Auseinandersetzungsrechnung betreffend der Auseinandersetzung der Sch und L GbR, zu seinen Gunsten ein Anspruch auf noch nicht ausgezahlte Gewinnanteile aus den Geschäftsjahren 1987 bis 1995 in Höhe von 30.537,23 DM als Abrechnungsposten aufzunehmen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er rügt eine unzulässige Klageerweiterung und nicht sachdienliche Klageänderung in der Berufungsinstanz. Ferner meint er, daß die Klage nur gegen die Gesamthand gerichtet werden könne, daß der erforderliche Gesellschafterbeschluß über die Gewinnverteilung fehle, und wiederholt sein Vorbringen, daß die Gesellschaft von 1993 bis 1995 nur Verluste eingefahren habe, die die zuvor erwirtschafteten Gewinne aufgezehrt hätten. Danach habe der Kläger sogar noch einen Verlustanteil in Höhe von 2.165,10 DM zu tragen. Die Bilanzergebnisse seien nicht von den Parteien als verbindlich festgestellt worden.

Des weiteren verteidigt er die Begründung des Landgerichts, daß etwaige Gewinnauszahlungsansprüche vorliegend auch nicht isoliert geltend gemacht werden könnten, sondern als unselbständige Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien. Schließlich beruft er sich - wie schon in erster Instanz - darauf, daß für den vom Kläger beanspruchten Gewinnverteilungsanspruch kein Raum sei, weil dieser seine Beitragspflicht nicht erfüllt und damit gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen habe, da er nicht in der Handwerksrolle eingetragen gewesen sei. Der Kläger habe ihm dies nicht offenbart und es pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen, für seine Wiedereintragung in die Handwerksrolle Sorge zu tragen.

Der Senat hat die Parteien gem. § 141 ZPO persönlich gehört. Dabei hat der Kläger erklärt, daß er auch teilweise die Reparaturarbeiten gemacht habe und zu diesem Zwecke etliche Male "mit rausgefahren" sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat schon deshalb keinen Anspruch auf Gewinnbeteiligung aus dem mündlich geschlossenen Gesellschaftsvertrag der Parteien, weil dieser gem. § 134 BGB nichtig ist. Denn er diente der Umgehung eines gesetzlichen Verbots. Nach den Abreden der Parteien war es der wesentliche Zweck der Gesellschaftsgründung, daß der Kläger nach außen "seinen Meistertitel zur Verfügung stellen" und hierfür mit 10 % an der Gesellschaft beteiligt sein sollte, obwohl Arbeit und Betriebsführung beim Beklagten liegen sollten. Dies beinhaltet einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Handwerksordnung, nach der der selbständige Betrieb eines Handwerks nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet ist. Dafür ist es auch nicht von Bedeutung, ob der Kläger, wie von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, einige Reparaturarbeiten gemacht hat und etliche Male "mit rausgefahren" ist. Denn die Eintragung der GbR in die Handwerksrolle hätte nach § 7 Abs. 4 Satz 2 Handwerksordnung nur erfolgen dürfen, wenn der Beklagte in der Gesellschaft insgesamt für die technische Leitung verantwortlich gewesen wäre. Das ist noch nicht der Fall, wenn er in "etlichen Fällen" mit tätig geworden ist. Daß er tatsächlich keine Leitungsaufgaben in dem Unternehmen übernehmen sollte, ist unstreitig geblieben. Deshalb kann die Absprache, wonach er "seinen Meistertitel zur Verfügung stellen" sollte, nur dahingehend verstanden werden, daß damit gegenüber der Handwerkskammer und dem Rechtsverkehr der Eindruck erweckt werden sollte, die Voraussetzungen der §§ 1, 7 Abs. 4 Satz 2 Handwerksordnung seien erfüllt. Da somit die Gesetzesumgehung den Hauptzweck der Gesellschaftsgründung darstellte, ist der Gesellschaftsvertrag als nichtig zu behandeln, § 134 BGB.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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