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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 8 U 32/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713

Entscheidung wurde am 06.08.2004 korrigiert: die Vorschriften wurden geändert, der Entscheidung wurde ein amtlicher Leitsatz und der Tatbestand hinzugefügt
1.

Die Verpflichtung zur Zahlung der Reststammeinlage einer GmbH wird durch die Überweisung auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft nicht erfüllt, wenn zwar im Anschluss an die Überweisung Buchungen - Lastschriften und Scheckeinlösungen -erfolgen, diese aber am jeweils nächsten Buchungstag storniert werden.

2.

Der Insolvenzverwalter einer GmbH ist nach Treu und Glauben gehindert, die Zahlung der Reststammeinlage zu fordern, wenn er die Überweisung der Stammeinlage auf das debitorische Konto der GmbH erfolgreich angefochten hat.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 32/03 OLG Hamm

Verkündet am 14. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 29. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. T. GmbH. Er nimmt den Beklagten als Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin auf Zahlung restlicher Stammeinlage in Höhe von 11.504,07 € (22.500 DM) in Anspruch.

Der Beklagte hatte eine Stammeinlage in Höhe von 45.000 DM übernommen und darauf im Jahre 1995 einen Teilbetrag von 22.500 DM gezahlt. Durch Überweisung vom 26. 1. 2000 auf das bei der Kreissparkasse C. geführte Konto der Insolvenzschuldnerin, das mit ca. 563.000 DM im Soll geführt wurde, leistete er einen weiteren Betrag von 22.500 DM auf die Stammeinlageverpflichtung. Zwischen dem 26. und 31 I. 2000 buchte die Kreissparkasse zu Lasten dieses Kontos noch verschiedene Lastschriften und eine Scheckeinreichung in Höhe von insgesamt ca. 8.500 DM, welche in den Folgetagen wieder zurückgebucht wurden. Am 31. 1. 2000 beantragte der Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Kläger hat in der Folgezeit die von der Kreissparkasse C. vorgenommene Verrechnung der vom Beklagten gezahlten 22.500 DM mit dem Kontokorrentsaldo angefochten, worauf die Kreissparkasse den Betrag an die Masse ausgekehrt hat.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Überweisung des Betrages von 22.500 DM am 26. 1. 2000 auf das debitorisch geführte Konto der Insolvenzschuldnerin stelle keine ordnungsgemäße Erbringung der geschuldeten restlichen Stammeinlage dar. Der Beklagte sei deshalb noch zur Zahlung verpflichtet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist jedenfalls auf Grund der erfolgreich gegen die Kreissparkasse C durchgeführten Insolvenzanfechtung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, von dem Beklagten die Einzahlung der restlichen Stammeinlage in Höhe von 11.504,07 € zu verlangen. Das beruht auf folgenden Erwägungen:

Die ordnungsgemäße Aufbringung des Stammkapitals ist eine für das Recht der GmbH wesentliche Voraussetzung. Sie stellt das notwendige Korrektiv zur beschränkten Haftung der Personen dar, die sich der Rechtsform der GmbH bedienen. Das Stammkapital muß deshalb so geleistet werden, daß es dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegt. Ein solcher Zugriff ist im Fall der Überweisung der Reststammeinlage auf ein debitorisches Konto zu verneinen, wenn das Kreditinstitut keine neuen Verfügungen zuläßt, d.h. die Überweisung nur der Schuldentilgung dient, ohne der Gesellschaft ein neues Kreditvolumen zu erschließen. Auf Grund der zwischen den Parteien unstreitigen Umsatzübersicht für den Zeitraum ab 26.01.2000 ist es deshalb sehr fraglich, ob der Beklagte mit der Überweisung der Reststammeinlage auf das Konto der GmbH bei der Kreissparkasse C seine Verpflichtung erfüllt hat. Denn Lastschriften und Scheckeinlösungen sind von der Kreissparkasse C am jeweils nachfolgenden Buchungstag storniert worden. Das entspricht Nr. 9 Abs. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen in der seit 1993 gültigen Fassung. Danach erfolgt bei Lastschriften und Schecks die Einlösung erst, wenn nicht spätestens am zweiten Buchungstag nach der Belastungsbuchung eine Stornierung erfolgt.

Ob der Beklagte seine Verpflichtung zur Zahlung der Reststammeinlage erfüllt hat, kann jedoch dahingestellt bleiben. Durch die erfolgreiche Insolvenzanfechtung des Klägers gegenüber der Kreissparkasse C ist nämlich die Reststammeinlage in Höhe von 11.504,07 € zur Masse und damit zur freien Verfügbarkeit der Gläubiger gelangt. Damit ist der Zweck der hohen Anforderungen an die ordnungsgemäße Aufbringung des Stammkapitals erfüllt. Könnte der Kläger gleichwohl die (nochmalige) Zahlung der Reststammeinlage verlangen, würde der Masse mehr zustehen, als wenn der Kläger kurz vor Insolvenz der GmbH keinen Rettungsversuch mehr unternommen und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Reststammeinlage geleistet hätte.

Gegen diese Argumentation hat der Kläger zu bedenken gegeben, daß damit in jedem Fall die Nachforderung der Reststammeinlage abhängig sei von der Durchführung eines Insolvenzanfechtunsverfahrens. Dem ist zuzustimmen, wenn - wie hier - die Insolvenzanfechtung rechtlich und tatsächlich einfach durchzuführen ist. Ob darüber hinaus ein Insolvenzverwalter in jedem Fall, z.B. bei fehlender Solvenz des Anfechtungsgegners, das Anfechtungsverfahren durchzuführen hat, bedarf keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit erging gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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