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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.09.2007
Aktenzeichen: 8 U 52/07
Rechtsgebiete: InsO, GmbHG, BGB


Vorschriften:

InsO § 135
InsO § 143
GmbHG § 19 Abs. 2 S. 2
GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 31 Abs. 5
GmbHG § 32 a
GmbHG § 32 a Abs. 1
BGB § 242
BGB § 490 Abs. 1 n.F.
BGB § 812
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 30. November 2006 verkündete Urteil der III. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der im Jahre 1999 gegründeten U, die überwiegend Telefonmarketing in Callcentern betrieb. Er verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung der Klageforderung mit der Begründung, dieser Betrag sei ihm unter Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalerhaltung ausgezahlt worden. Der Beklagte war im März 2002 Geschäftsführer der Schuldnerin und einer ihrer Gesellschafter geworden. Bereits im Jahre 2000 hatte er neben anderen Gesellschaftern der Schuldnerin ein Darlehen gewährt. Im Mai 2002 beschlossen die Gesellschafter, Gesellschafterdarlehen zurückzuzahlen und eine Kapitalerhöhung vorzunehmen. Entsprechend erhielt der Beklagte am 18.06.2002 einen Betrag von 21.474,26 € als Darlehensrückzahlung ausgezahlt. Einen Tag später zahlte er an die Gesellschaft 21.000,00 €, um seiner Verpflichtung aus der beschlossenen Kapitalerhöhung nachzukommen. Die Kapitalerhöhung wurde nie ins Handelsregister eingetragen. Am 14.02.2003 wurde das am 30.10.2002 beantragte Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat gemeint, die Schuldnerin habe sich bereits vor Rückzahlung des Darlehens in der Krise befunden und sei überschuldet gewesen, so dass der Darlehensbetrag zurückzugewähren sei. Der Beklagte hat eine Überschuldung unter Hinweis auf stille Reserven bestritten, eine günstige Zukunftsprognose wegen der Erwartung zahlreicher Aufträge behauptet und jedenfalls fehlendes Verschulden eingewandt. Darüber hinaus hat er mit einem Anspruch auf Rückzahlung von 21.000,00 € aufgerechnet, den er darauf gestützt hat, dass die Kapitalerhöhung kurz nach der Beschlussfassung wieder einvernehmlich aufgehoben worden sei.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben. Es hat einen Anspruch aus §§ 143, 135 InsO, 32 a GmbHG mit der Begründung angenommen, der Beklagte habe ein kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen in der Krise stehen gelassen, so dass die Rückzahlung im Juni 2002 eine Erstattungspflicht begründet habe. Der bilanziellen Überschuldung der Schuldnerin, so das Landgericht, entspreche auch eine tatsächliche Überschuldung, da der Beklagte substantiiert keine stillen Reserven geltend gemacht habe. Die Aufrechnung sei unzulässig.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im Übrigen sowie der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Er meint, tatsächlich sei der Schuldnerin allenfalls die Differenz zwischen dem Auszahlungsbetrag und einem Betrag von 21.000,00 €, also 474,26 €, entzogen worden, weil in Höhe von 21.000,00 € unmittelbar wieder Haftkapital zugeführt worden sei, was zumindest nach § 242 BGB berücksichtigt werden müsse. Die Schuldnerin, so behauptet der Beklagte, habe sich zudem nicht in der Krise befunden. Die Kreissparkasse M1 habe entgegen der Auffassung des Landgerichts zu marktüblichen Bedingungen die Kreditlinie erhöht. Die Überschuldung der Insolvenzschuldnerin habe der Kläger nicht ausreichend dargelegt. Den Bilanzen sei zu entnehmen, dass in erheblichem Umfang werthaltiges Anlagevermögen vorhanden gewesen sei, das infolge der hohen Abschreibung bedeutende stille Reserven enthalten habe. Weiter sei eine Einlageforderung gegen den Gesellschafter Hagemann in Höhe von mehr als 125.000,00 € zu aktivieren gewesen. Er, der Beklagte, habe eine Krise der Gesellschaft jedenfalls nicht erkennen können. Schließlich meint er, wirksam mit einem Erstattungsanspruch aus § 812 BGB in Höhe von 21.000,00 € aufgerechnet zu haben. Diese Aufrechnung sei nicht unzulässig.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Dortmund die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die Klageforderung ist entsprechend §§ 30, 31 GmbHG begründet, weil es sich bei der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens in Höhe der Klageforderung am 18.06.2002 um die Zahlung auf ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen zum Zeitpunkt der Unterbilanz der Schuldnerin handelte.

a)

Der ausgezahlte Betrag zählte zu dem Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals der Schuldnerin erforderlich war, d.h. es bestand eine Unterbilanz. Diese liegt dann vor, wenn das bilanzielle Vermögen die Stammkapitalziffer nicht erreicht, d.h. wenn die Aktiva hinter der Summe von Stammkapital und echten Passiva zurückbleibt (vgl. z.B. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl. § 30 Rdn. 12).

Aus der vom Kläger als Anlage K 3 vorgelegten Bilanz, die das Druckdatum 25.11.2002 trägt, aber unstreitig zum Stichtag 31.03.2002 erstellt worden ist, folgt eine erhebliche Unterbilanz, wie im Folgenden darzustellen sein wird. Da sich die Vermögensverhältnisse der Schuldnerin bis zum Zeitpunkt der Zahlung nicht gebessert haben, ist es gerechtfertigt, von diesem Zeitpunkt auf die Situation zum Zeitpunkt der Zahlung an den Beklagten zu schließen.

Die vom Kläger vorgelegte Bilanz per 31.03.2002 weist Aktiva in Höhe von insgesamt 1.216.004,90 € aus. Dem stehen das Stammkapital in Höhe von 300.000,00 €, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten von 574.736,93 €, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 472.052,17 €, Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern in Höhe von 76.693,79 € und sonstige Verbindlichkeiten von 219.092,56 €, insgesamt 1.642.575,45 € auf der Passivseite gegenüber. Die Unterbilanz betrug danach 426.570,55 €. Da diese Betrachtung im Gegensatz zum Überschuldungsstatus von Buchwerten auszugehen hat, ist der Einwand des Beklagten unerheblich, es lägen erhebliche stille Reserven vor und die Fortführungsprognose sei seinerzeit positiv gewesen.

b)

Die Rückzahlung erfolgte auf ein eigenkapitalersetzendes Darlehen.

Durch Übernahme eines Geschäftsanteils von 30.000,00 € wurde der Beklagte im März 2002 Gesellschafter der Schuldnerin. Im April 2002 erhöhte sich seine Beteiligung durch die Übernahme von weiteren Geschäftsanteilen des früheren Gesellschafters M in Höhe von 50.000,00 € und 4.000,00 €, so dass er nunmehr ein Kapital von 84.000,00 € hielt.

Zwar lässt sich nicht feststellen, dass das von dem Beklagten an die spätere Insolvenzschuldnerin gewährte Darlehen bereits zum Zeitpunkt der Darlehenshingabe im Jahre 2000 kapitalersetzend war. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte auch noch gar nicht Gesellschafter der Schuldnerin. Das Landgericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass jedenfalls im März 2002, als der Beklagte bei der damaligen Kapitalerhöhung einen Geschäftsanteil übernahm, eine Krise der Gesellschaft vorlag, so dass jedenfalls zu dem Zeitpunkt das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter erhielt, als der Beklagte das Darlehen stehen ließ, statt es abzuziehen oder Eigenkapital zuzuführen.

Der Senat folgt dem Landgericht auch in der Einschätzung, dass sich die Schuldnerin in der Zeit zwischen Ende März 2002 und der Auszahlung im Juni 2002 in einer Krise i.S.d. § 32 a Abs. 1 GmbHG befand. Diese Situation ist schon vor Eintritt der Insolvenz gegeben, wenn die Gesellschaft kreditunwürdig ist, d.h. wenn sie ohne Hilfe der Gesellschafter liquidiert werden müsste und kein vernünftig handelnder, nicht an der Gesellschaft beteiligter Kreditgeber ihr ein Darlehen gewähren würde (vgl. BGHZ 76, 326, 330 f.). Eine solche Situation lag hier vor, als die Hausbank der Schuldnerin, die Kreissparkasse M1, eine Erhöhung des Kontokorrentkredits nur gegen Gesellschafterbürgschaften und die Zusage, das Kapital erhöhen zu wollen, akzeptiert hat. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass allein die Gestellung von persönlichen Sicherheiten der Gesellschafter einer GmbH noch keinen Schluss auf die Kreditunwürdigkeit zulasse, da die Gewährung derartiger Sicherheiten auch bei nicht kreditunwürdigen Gesellschaften wiederholt zu beobachten ist und als üblich angesehen werden kann (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, § 32 a Rdn. 48). Eine andere Beurteilung ist jedoch dann vorzunehmen, wenn ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Kreditgeber im konkreten Fall ohne eine solche Sicherheit den Kontokorrentkredit nicht aufgestockt hätte (BGH ZIP 2004, 1049). Eine derartige Entscheidung des Kreditgebers hängt weitgehend davon ab, ob die Schuldnerin in ausreichendem Maße eigene Sicherheiten zur Verfügung stellen kann und zudem eine aussichtsreiche Zukunftsperspektive bietet. Nach der dargelegten Vermögenssituation der Schuldnerin ist der Senat davon überzeugt, dass die Kreditgeberin ohne persönliche Sicherheiten der Gesellschafter die erforderliche Aufstockung des Kontokorrentkredits auf 715.000,00 € nicht bewilligt hätte.

Die in dem Kontokorrentkreditvertrag vom 25./28.06.2002 als Sicherheit der Schuldnerin vereinbarte Globalzession stellte eine ausreichende Sicherheit nicht dar. Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die an die Kreissparkasse M1 abzutreten waren, lagen regelmäßig deutlich unterhalb des gewährten Kontokorrentkredits von 715.000,00 €. So weist etwa die Bilanz per 31.03.2001 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 998.749,08 DM aus (Bl. 210 GA), während die Bilanz per 31.03.2002 insoweit einen Betrag von 457.507,00 € ausweist (Bl. 20 GA). Es verbleibt insgesamt eine Sicherheitenunterdeckung, die auch durch andere Vermögenswerte der Schuldnerin, die der Darlehensgeberin zur Sicherheit hätten übereignet werden können, nicht geschlossen werden konnte. Unabhängig davon, in welchem Umfang Gegenstände des Anlagevermögens der Schuldnerin zum Einsatz als Sicherungsmittel noch zur Verfügung standen, handelte es sich weitgehend um Anlagen und Ausstattungsgegenstände, die bei einer potentiellen Verwertung nur geringe Erlöse erwarten ließen und deshalb als Sicherheit nur von eingeschränktem Wert waren. Die technischen Anlagen und die Geschäftsausstattung, die in der Bilanz per 31.03.2002 mit einem Wert von zusammen 482.765,00 € angesetzt waren, bestanden im Wesentlichen aus EDV-Systemen und Büroausstattung. Insbesondere Computersysteme verlieren innerhalb kurzer Zeit in großem Maße an Wert. Dies gilt erst recht für gewerblich genutzte Anlagen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Schuldnerin abgestimmt waren. Auch sonstige Büroausstattung lässt sich bei der Veräußerung als Gebrauchtgegenstände nur unter Inkaufnahme ganz erheblicher Abschläge verwerten. Diese Wertentwicklungen sind dem Senat dem Grunde nach aus vielen ähnlich gelagerten Verfahren bekannt. Die vorstehende Beurteilung wird bestätigt durch die Bewertung, die der Kläger während des Insolvenzantragsverfahrens, also in der Zeit nach dem 30.10.2002 hat durchführen lassen. Ausweislich der Angaben in seinem Bericht vom 31.03.2003 (Bl. 35 GA), die vom Beklagten nicht bestritten werden, hat die von ihm beauftragte Firma J das seinerzeit vorgefundene Anlagevermögen mit 49.170,00 € bewertet. Selbst wenn die Werte in dem hier maßgeblichen Zeitraum März bis Juni 2002 noch günstiger anzunehmen wären, weil in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2002 Ersatzbeschaffungen nur noch in geringem Umfang erfolgt sein dürften, rechtfertigt die im Auftrag des Klägers vorgenommene Bewertung die Annahme, dass für die Eignung des vorgenannten Anlagevermögens als Sicherungsmittel die bilanziellen Buchwerte nur eine geringe Aussagekraft haben. Auch wenn man berücksichtigt, dass sich im Anlagevermögen zusätzlich Fahrzeuge mit einem aktivierten Wert von 62.483,00 € befanden, für die regelmäßig ein funktionierender Gebrauchtwagenmarkt existiert, hätte das restliche Anlagevermögen einen wirtschaftlich vernünftig handelnden Kreditgeber nicht veranlasst, den Kreditrahmen auf einen Betrag zu erhöhen, der den Nominalwert der Globalzession zum 31.03.2002 um mehr als 250.000,00 € überstieg. Dieses Ziel konnte unter den dargestellten Umständen nur durch zusätzliche Hilfen der Gesellschafter erreicht werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Schuldnerin in dem Geschäftsjahr 2001/2002 einen Verlust in Höhe von über 270.000,00 € hinnehmen musste, was einen Kreditgeber auch im Hinblick auf die künftigen Aussichten zu äußerster Vorsicht veranlassen musste und auf werthaltige Sicherheiten besonderen Wert legen ließ.

Da somit bereits eine Krise in dem maßgeblichen Zeitraum festzustellen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Schuldnerin auch überschuldet und damit insolvenzreif war.

Die Krise der Schuldnerin war für den Beklagten auch erkennbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen an die Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter keine hohen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr ist die Erkennbarkeit prinzipiell als gegeben anzusehen: Die grundsätzliche Verantwortlichkeit für eine seriöse Finanzierung der im Rechtsverkehr auftretenden GmbH folgt schon allein aus der Stellung eines Gesellschafters; um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss der Gesellschafter von sich aus sicherstellen, dass er laufend zuverlässig über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft, insbesondere den evtl. Eintritt der Krise, informiert wird (BGH ZIP 2004, 1049). Der Beklagte hätte bei seinem Eintritt als Gesellschafter in die Schuldnerin die wirtschaftliche Situation erkennen können und müssen, zumal er auch zum Geschäftsführer bestellt wurde. Der Finanzierungsverantwortung hätte es unter diesen Umständen entsprochen, entweder Eigenkapital zur Verfügung zu stellen oder das Darlehen zu kündigen und die Gesellschaft evtl. zu liquidieren. Ein Kündigungsrecht folgt aus § 490 Abs. 1 BGB n.F. Selbst wenn man dem Beklagten insoweit eine angemessene Überlegungsfrist einräumt, war diese vor dem 18.06.2002 jedenfalls verstrichen.

c)

Zu Unrecht beruft sich der Beklagte darauf, es habe sich tatsächlich nicht um eine Rückzahlung in Höhe von 21.474,26 € gehandelt, sondern allenfalls um 474,26 €, da vereinbarungsgemäß sofort ein Betrag von 21.000,00 € wieder an die Gesellschaft zurückgeflossen sei. Zwar trifft es zu, dass die Gesellschafterversammlung am 16.05.2002 nicht nur die Darlehensrückzahlung, sondern gleichzeitig eine Kapitalerhöhung in nahezu gleicher Höhe beschlossen hatte. Das ändert aber nichts daran, dass beide Transaktionen getrennt beurteilt werden müssen. Erst durch die Darlehensrückzahlung erlangte der Beklagte die notwendige Liquidität, mit der er die Schuld aus der Kapitalerhöhungsvereinbarung erfüllen konnte. Allein der Umstand, dass die Gesellschaft einen Tag nach der Rückzahlung wieder über etwa gleich hohe Liquidität verfügte, ist unerheblich, da zwei getrennte Akte vorlagen, die nicht als Einheit gesehen werden dürfen.

Eine andere Beurteilung folgt entgegen der von dem Beklagten im Senatstermin geäußerten Auffassung auch nicht aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2005 (II ZR 140/04) und vom 09.01.2006 (II ZR 72/05). Abgesehen davon, dass diese Entscheidungen die Kapitalaufbringung betreffen und nicht die hier in Rede stehende Kapitalerhaltung, sind auch die Fallgestaltungen im Übrigen und die daraus folgende Bewertung nicht vergleichbar. Beiden zitierten Entscheidungen des BGH lagen Fälle zugrunde, in denen nach Einzahlung des Gesellschafters auf die Kapitalerbringungsschuld gleich hohe Beträge wieder zurückgezahlt wurden, und zwar auf der Grundlage schuldrechtlicher Vereinbarungen (Darlehen, Treuhandvereinbarung). Die spätere erneute Zahlung der Gesellschafter auf die schuldrechtliche Vereinbarung hat der Bundesgerichtshof ungeachtet der jeweiligen Tilgungsbestimmung als Erfüllung der fortbestehenden Einlageverpflichtungen gesehen, da der zwischenzeitliche Darlehensvertrag bzw. das Treuhandverhältnis unwirksam waren. Ein solches unwirksames Schuldverhältnis liegt im Streitfall jedoch nicht vor, da das Gesellschafterdarlehen in keinem Zusammenhang mit der Kapitalerhöhungsverpflichtung begründet wurde. Soweit die Verpflichtung zur Einzahlung einer weiteren Stammeinlage auf die Kapitalerhöhung später weggefallen ist, wirkt sich das auf die unberechtigte Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens nicht aus, sondern führt allenfalls zu einem Erstattungsanspruch des Gesellschafters aus ungerechtfertigter Bereicherung. Eine andere Würdigung folgt auch nicht aus § 242 BGB, da die Durchsetzung der Kapitalerhaltungsvorschriften nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, selbst wenn der Gesellschafter gleichzeitig Leistungen auf eine beschlossene Kapitalerhöhung erbringt.

d)

Ob der Rückzahlungsanspruch des Klägers bereits deshalb begründet ist, weil sämtliche Gesellschafter, also auch der Beklagte, im Hinblick auf die Gesellschafterdarlehen einen Rangrücktritt erklärt hatten, wie den im Senatstermin erörterten Mitteilungen in den Jahresabschlüssen per 31.03.2000 und 31.03.2001 zu entnehmen ist, kann dahingestellt bleiben.

2.

Die Klageforderung ist nicht in Höhe von 21.000,00 € infolge Aufrechnung des Beklagten erloschen. Die Aufrechnung mit einem Bereicherungsanspruch in Höhe von 21.000,00 € gegen den Anspruch auf Erstattung von Zahlungen während einer Unterbilanz gem. § 31 GmbHG ist unzulässig. Dies folgt aus der analogen Anwendung des § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG. Der Bundesgerichtshof hat dieses Aufrechnungsverbot ausdrücklich herausgestellt und auf § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG analog gestützt (BGH NJW 2001, 830, 831). Dem folgt der Senat. Entgegen der Auffassung des Beklagten trifft die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs die vorliegende Fallgestaltung. Auch in jenem Fall ging es um einen Anspruch aus der Anwendung des § 31 GmbHG wegen Zahlungen an Gesellschafter trotz Unterbilanz. Der Gesellschafter hatte mit einem Bereicherungsanspruch aufrechnen wollen, der seine Grundlage in einer fehlgeschlagenen Zahlung auf die Stammeinlage hatte. Die Konstellation entspricht derjenigen im Streitfall.

3.

Die Klageforderung ist nicht verjährt. Nach § 31 Abs. 5 GmbHG in der bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung betrugt die Verjährungsfrist fünf Jahre, beginnend mit dem Tag der Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird. Vor Ablauf dieser Frist, die zudem durch die gesetzliche Neuregelung auf 10 Jahre verlängert wurde, ist durch die Einleitung des vorliegenden Verfahrens Hemmung eingetreten.

4.

Der Zinsanspruch ist in der vom Landgericht zuerkannten Höhe ebenfalls begründet. Durch das Schreiben des Klägers als vorläufigen Insolvenzverwalters vom 10.01.2003 ist der Beklagte zum 23.01.2003 in Verzug gesetzt worden und hat seit dem Zeitpunkt Zinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

5.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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