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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 30.04.2003
Aktenzeichen: 8 U 92/02
Rechtsgebiete: BGB, HaustürWG, AktG, HGB


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 138
BGB § 291
BGB § 812 Abs. 1
HaustürWG § 1 Abs. 1
HaustürWG § 2 Abs. 1 S. 2
HaustürWG § 3
AktG §§ 292 f.
HGB § 236 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.01.2002 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Das Versäumnisurteil der Kammer vom 05. Oktober 2001 wird aufgehoben, soweit festgestellt wird, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag-Beitritts-Antrag vom 09.08.1999 nichtig ist und die Beklagte hieraus keine Rechte herleiten kann. Die Klage wird insoweit abgewiesen.

Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, auf den zuerkannten Betrag 4 % Zinsen seit dem 31.03.2003 zu zahlen.

Die Kosten der ersten Instanz trägt die Beklagte in Höhe von 12 %, die Klägerin in Höhe von 88 %, die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Gegenseite Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung einer von ihr als atypische stille Gesellschafterin geleisteten Einlage. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf die Entscheidung des Landgerichts Dortmund vom 11.01.2002 verwiesen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe ihren Beitritt zur Beklagten wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Die Täuschung sei in dem Versprechen einer Mindestverzinsung von 6 % zu sehen. Diese sei aus der Sicht der Klägerin als Garantiezusage zu bewerten gewesen, die von der Beklagten in jedem Falle erfüllt werde und nicht als eine von der Geschäftsentwicklung letztlich doch abhängige Prognose.

Zudem liege auch ein wirksamer Widerruf des Beitrittsantrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz vor.

Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft stünden der Anwendung des Anfechtungsrechtes und des Haustürgeschäftewiderrufsgesetztes hier nicht entgegen, da die Gefahr einer Gläubigerschädigung wegen eines erfolgreichen Verlaufes des Beteiligungsmodells nicht bestehe. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls zulässig und begründet.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie trägt hierzu vor:

Es fehle an einer Täuschung im Sinne des § 123 BGB. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handele es sich bei der Mindestverzinsung nicht um eine von der wirtschaftlichen Entwicklung unabhängige Garantiezusage, sondern, für den verständigen Anleger erkennbar, um eine schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten. Diese sei derzeit realisierbar. Allein die Möglichkeit, daß die Beklagte irgendwann in Zahlungsschwierigkeiten geraten könne, rechtfertige nicht die Annahme einer Täuschung.

Die Klägerin sei auch über die wirtschaftlichen Risiken der Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter aufgeklärt worden. Im Emissionsprospekt befänden sich Erläuterungen, daß der atypische stille Gesellschafter sowohl am Gewinn als auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt sei und daß das Risiko des Totalverlustes bestehe. Die Beklagte habe nicht arglistig gehandelt, da die vertraglich zugesicherte Mindestverzinsung auf einer begründeten Geschäftserwartung beruhe.

Es sei auch kein wirksamer Widerruf nach dem HaustürWG gegeben. Die Widerrufsbelehrung sei nicht zu beanstanden, sie falle sofort ins Auge und sei ohne weiteres lesbar.

Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft seien anwendbar.

Aus der von ihr vorgelegten Abschichtungsbilanz ergebe sich ein negatives Abschichtungsergebnis des Klägerin in Höhe von 628,85 EUR.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt vor, eine Täuschung im Sinne des § 123 BGB sei darin zu sehen, daß die Beklagte eine Mindestverzinsung von 6% zugesagt habe, gleichzeitig aber darauf hingewiesen habe, dass es zu einem Totalverlust der Einlage kommen könne. Damit fehle der Mindestverzinsung jedoch die Grundlage.

Es liege auch ein wirksamer Widerruf nach dem HaustürWG vor. Selbst wenn die Klägerin lediglich eine Abschichtungsbilanz fordern könne, würde diese ergeben, dass das Guthaben der Klägerin 2.400 DM betrage.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie hat hinsichtlich des Feststellungsantrages und der Zinsen teilweise Erfolg.

Die Klägerin kann nicht Rückzahlung der Einlage verlangen. Sie hat aber Anspruch auf Zahlung des sich per 26.07.2000 zu ihren Gunsten stellenden Auseinandersetzungsguthabens in Höhe von 2400 DM (1227,10 Euro).

1.

Zu Recht wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des Landgerichts, ein Rückgewähranspruch bezüglich der Einlage sei gemäß § 3 HaustürWG gegeben. Die Klägerin hat ihre Beitrittserklärung nicht innerhalb der Wochenfrist des § 1 Abs. 1 HaustürWG widerrufen. Die Frist begann am 09.08.1999 zu laufen, da die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 2 Abs. 1 S. 2 HaustürWG genügte. Sie entsprach insbesondere dem Deutlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 S. 2 HaustürWG. Die Widerrufsbelehrung hob sich in unübersehbarer Weise von dem übrigen Text ab, die zu leistende Unterschrift bezog sich gerade auf die Belehrung. Die Belehrung war eingerahmt, farblich unterlegt und vollständig in Fettdruck gehalten. Der Effekt des Hervorhebens wurde in dem Antragsformular auch nicht dadurch zunichte gemacht, daß sich die Beklagte der Elemente des Fettdrucks oder der farblichen Unterlegung zum Teil auch an anderer Stelle des Formulars bediente. Dadurch, daß die Widerrufsbelehrung farblich unterlegt und als einziger vollständiger Absatz fettgedruckt war, zog sich der Blick geradezu auf sie. Die Belehrung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Sie weist darauf hin, daß die Frist erst mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung beginnt, aber auch darauf, daß das der Beitritts-Antrag binnen einer Woche nach Unterzeichnung schriftlich widerrufen werden kann. Diese Formulierung ist nicht zu beanstanden.

2.

Der Senat läßt offen, ob sich ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der geleisteten Einlage aus § 812 Abs. 1 BGB ergibt. Für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten gemäß § 138 BGB, das zur Nichtigkeit des Vertrages führen könnte, sind bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte vorhanden. Es kann auch dahinstehen, ob die Beklagte die Kläger arglistig getäuscht hat, indem sie ihnen eine Mindestverzinsung in Höhe von 6 % jahresdurchschnittlich zusagte, schließlich auch, ob der Vertrag der Kläger wegen fehlender Eintragung in das Handelsregister gem. §§ 292 f. AktG unwirksam und insoweit ein Anspruch der Kläger gegeben war (vgl. hierzu OLG Hamm, NZG 2003, S.229 f.)

Denn ein Anspruch auf Rückzahlung der Einlage ist jedenfalls nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ausgeschlossen. Danach wird ein fehlerhafter Beitritt eines Gesellschafters in eine Gesellschaft zum Schutze der übrigen Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger als wirksam angesehen und läßt sich nicht mit Wirkung ex tunc beseitigen. Diese Grundsätze gelten nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch für alle Formen der stillen Gesellschaft (vgl. BGH, NJW 1993, S. 2107).

Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind hier anwendbar, da die Gesellschaft durch die Zahlung der Beiträge seitens der Klägerin im Verhältnis zwischen den Parteien in Vollzug gesetzt worden ist.

Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft beanspruchen selbst bei einem durch arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB motivierten Beitritt Geltung. Es stehen grundsätzlich keine überwiegenden Interessen anderer entgegen. Es muß nicht entschieden werden, ob diese Rechtsfigur bei besonders schwerwiegenden Fällen und Folgen arglistiger Täuschung nicht eingreift (dies offenlassend: BGH, NJW-RR 1988, Seite 1379). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da nicht ersichtlich ist, daß die Beklagte die Klägerin in besonders verwerflicher Form arglistig getäuscht hat, und da den Interessen der Klägerin dadurch Genüge getan werden kann, daß eventuelle Schadensersatzsansprüche bei einer Auseinandersetzungsrechnung berücksichtigt werden können.

Von der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kann auch nicht ausnahmsweise wegen fehlenden Schutzbedürfnisses der Mitgesellschafter oder Gesellschaftsgläubiger abgesehen werden.

3.

Der fehlerhaft zu einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft Beigetretene hat jedoch ein Kündigungsrecht und kann seine Mitgliedschaft durch einen ex nunc wirkenden Austritt beenden (vgl. BGH, NJW 2001, S. 2718, 2720; 1971, S. 375, 377).

Der Klägerin steht daher, worauf sie sich jedenfalls in der Berufungbegründung auch gestützt hat, Auszahlung des sich aus einer Auseinandersetzungsrechnung ergebenden Auseinandersetzungsguthabens zu, das sich in Korrektur der von der Beklagten erstellten Auseinandersetzungsrechnung jedenfalls in Höhe der eingeklagten Forderung als berechtigt erweist.

a.

Die Klägerin ist aus der Gesellschaft ausgeschieden. Sie hat den mit der Beklagten geschlossenen Vertrag durch Schreiben vom 26.07.2000 wirksam aus wichtigem Grunde gekündigt.

Ein wichtiger Grund für eine Kündigung lag vor, da die Beklagte bei Abschluß des Vertrages ihre Aufklärungspflichten gegenüber der Klägerin in erheblichem Maße verletzt hat.

aa.

Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, die Klägerin richtig und vollständig über diejenigen tatsächlichen Umstände zu informieren, die für den Anlageentschluß von besonderer Bedeutung waren (BGH, NJW 1981, S. 1449; NJW 1992, S. 228, 230) und die den Anleger in die Lage versetzen, das Risiko seiner Kapitalbeteiligung korrekt einzuschätzen. Dabei richteen sich die Art und der Umfang der Informationen nach dem entsprechenden Adressatenkreis. Adressat der Beklagten waren hier Kleinanleger, die mit entsprechenden Investitionen keine Erfahrungen hatten.

Die Pflichten des Anlagevermittlers gelten auch für die Beklagte selbst, die den Anlagevermittler mit der Akquisition für ihr Projekt beauftragt hat. Gerade in Anlagen des nicht gesetzlich regulierten "grauen" Kapitalmarktes ist der Investierende auf die richtige und vollständige Information über das Anlageprojekt besonders angewiesen (vgl. Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 7 Rndr. 61 f.)

bb.

Eine hinreichende Information der Klägerin über die Risiken der bei der Beklagten getätigten Kapitalanlage ist nicht erfolgt. Selbst wenn, was streitig ist, die Klägerin das Emmissionsprospekt erhalten haben sollte, hätte sich aus dem Inhalt des Prospektes keine hinreichende Information der Klägerin ergeben. Dass mündlich eine weitergehende Information erfolgt ist, behauptet die Beklagte selbst nicht.

Die Aufklärungspflicht erstreckt sich auch auf solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden werden (vgl. BGH, NJW 1992, S. 228). Danach war hier ein klarer und unmissverständlicher Hinweis auf das Risiko erforderlich, das sich insbesondere aus dem extremen Missverhältnis zwischen Grundkapital und stillen Einlagen ergibt und auf die hieraus entstehende Gefahr, daß die verbindlich zugesicherte Mindestverzinsung von 6 % nicht erfüllt werden.

Soweit die Beklagte ergebnisunabhängig die zugesagten 6 % Mindestverzinsung nicht erwirtschaftet, müßte sie die zugesagte Verpflichtung aus ihrem eigenen Vermögen erfüllen. Dies wäre jedoch letztlich nur das bestehende Grundkapital in Höhe von 100.000,00 DM. Soweit die von der Beklagten in ihrem Prospekt angeführten Planzahlen zugrundegelegt würden, würde sich dass stille Kapital im Jahre 2010 auf 27 Mio. DM belaufen. Für den Fall, dass diese Zahlen erreicht werden, würde die Beklagte ihren stillen Gesellschaftern pro Jahr allein 1.620.000 DM schulden, also einen Betrag, der in keiner Weise durch das Vermögen der Gesellschaft gedeckt ist. Selbst, wenn nur die Hälfte der geplanten Einlagen erreicht würden und das Ergebnis eines Jahres 1 Prozentpunkt hinter der Zusicherung zurückbliebe (5 % statt 6%), so würde die Beklagte den stillen Gesellschaftern 135.000 DM schulden, also wiederum einen Betrag, der ihr haftendes Grundkapital übersteigt.

Für die Anleger besteht somit das ganz erhebliche Risiko, daß die Beklagte aufgrund des Mißverhältnisses von Eigen- und Fremdkapital nicht in der Lage sein wird, den zugesagten Anspruch auf ergebnisunabhängige Verzinsung zu erfüllen, wenn die Erträge ergebnisabhängig nicht erwirtschaftet werden. Das Risiko steigert sich gravierend dadurch, daß nur eine jahresdurchschnittliche Verzinsung für die Vertragslaufzeit zugesagt ist, weshalb eine Inanspruchnahme aus diesem Versprechen erst nach vielen Jahren in Frage kommen kann, wenn definitiv feststeht, daß diese Durchschnittsverzinsung nicht mehr erreicht werden kann. Das wird bei der Vertragslaufzeit von 30 Jahren allenfalls nach 15 bis 20 Jahren der Fall sein. In dieser Zeit hat die Beklagte nach ihrer Unternehmensplanung aber so viele stille Beteiligungen eingeworben, daß ihr Eigenkapital dann in weitaus höherem Maße unzureichend sein kann als oben dargelegt. Auf dieses spezifische Risiko ist von der Beklagten auch nach eigenem Vortrag an keiner Stelle hingewiesen worden. Zwar hat die Beklagte in ihrem Prospekt darauf hingewiesen, daß sich mit einer Kapitalanlage generell das Risiko des Teil- oder sogar des Totalverlustes der Einlage und der Gewinnansprüche ergibt. Der allgemeine Hinweis auf das generelle Risiko des Teil- oder Totalverlustes der Einlage bei unerwartet negativem Verlauf der Investitionen oder einer Insolvenz der Beklagten ist jedoch nicht ausreichend, weil die Beklagte ja gerade für den Fall des nicht planmäßigen Verlaufes die Zusicherung einer Mindestverzinsung gibt und diese mit werbendem und anpreisendem Charakter deutlich herausstellt. Sie muß insoweit auch über die spezifischen Risiken belehren, die diesem Garantieversprechen im Hinblick auf die Zusammensetzung ihrer Kapitalausstattung anhaften. Insbesondere kann sie, bei dem von ihr angesprochenen Anlegerkreis, nicht erwarten, daß die Anleger über ausreichende wirtschaftliche Kenntnis verfügen und einen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge haben, um diese Gefahren selbst aus den Zahlen der Unternehmensplanung auf Seite 6 des Emissionsprospektes zu erkennen.

Die Beklagte hat zudem nicht hinreichend darauf hingewiesen, daß die von ihr zugesagte 6 %ige ergebnisunabhängige Mindestverzinsung während der Laufzeit des Vertrages nicht ausgezahlt wird und insoweit kein Entnahmerecht besteht. Eine Auszahlung der Gewinnanteile erfolgt danach erst am Vertragsende der langfristig geschlossenen Verträge. Darüber hinaus hat die Beklagte nicht hinreichend darüber aufgeklärt, daß die Anleger das Verlust- und Insolvenzrisiko hinsichtlich der noch nicht gezahlten Raten tragen. Die Zeichnungssumme ist in der Regel erst nach 15 bis 30 Jahren erreicht. Bei früherer Insolvenz wären die Anleger gemäß § 236 Abs. 2 HGB eventuell verpflichtet, noch den gesamten Rest der Einlage zu zahlen. Zwar wird in dem Prospekt der Beklagten § 236 Abs. 2 HGB erwähnt, für den von der Beklagten angesprochenen Anlegerkreis ist jedoch das sich aus dieser Regelung ergebende Risiko in keiner Weise ersichtlich. Die im Vertrag vereinbarte Dynamisierungsklausel, nach der die Ratenbeiträge der stillen Gesellschafter, die sich als Rateneinleger beteiligen, nach dem ersten vollen Beteiligungsjahr um jährlich 5 % angehoben und somit dynamisiert werden, erhöht dieses vorstehende Risiko noch.

b.

Die Klägerin hat sich nicht nur auf die Rückzahlung der Einlage berufen, sondern ausdrücklich auch die Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens geltend gemacht. Sie hat insoweit vorgetragen, daß ein Auseinandersetzungsguthaben jedenfalls in Höhe der Einlage vorhanden ist.

Nach ihrem Prozessverhalten stützt die Klägerin diesen Vortrag auf die von der Beklagten erstellte Auseinandersetzungsrechnung. Diese stellt zwar nicht auf den konkreten Zeitpunkt des Ausscheidens zum 26.07.2000 ab, berücksichtigt vielmehr den Stand per 31.12.1999. Jedoch behauptet die Klägerin keine konkrete Änderung für den Zeitraum bis zum 26.07.2000.

Die Berechnung der Beklagten weist ein Auseinandersetzungsguthaben nicht aus. Sie kann in dieser Form nicht der Auseinandersetzung zugrunde gelegt werden und bedarf der Korrektur. Die Beklagte hat ihrer Berechnung die vertraglichen Regelungen zugrunde gelegt. Dies läßt jedoch unberücksichtigt, dass der Beklagten ein pflichtwidriges Verhaltens zur Last fällt, das der Klägerin zur Forderung auf Schadensersatz und zur fristlosen Kündigung Rechtfertigung gibt. In diesem Fall sind in die Auseinandersetzungsrechnung zu Gunsten der Klägerin Schadensersatzansprüche einzustellen (BGH, NJW 1971 S.377).

Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte die Klägerin, die eine sichere Anlageform wählen wollte, den fraglichen Vertrag nicht abgeschlossen. Ein Schaden ist der Klägerin somit jedenfalls in Höhe der von ihr aufgrund des Vertragsschlusses geleisteten Agio-Zahlungen entstanden.

Diese sind im Rahmen der Auseinandersetzungsbilanz nach Auffassung des Senats als Schadensposition anzusehen und daher nicht in Abzug zu bringen. Darüber hinaus hat sich die Beklagte bei der Erstellung ihrer Auseinandersetzungsbilanz darauf berufen, dass die Klägerin aufgrund ihres vorzeitigen Ausscheidens nicht an dem Vermögen, den stillen Reserven und dem Geschäftswert des Inhaber-Unternehmens beteiligt sind. Der Klägerin stand hier jedoch aufgrund der unzureichenden Aufklärung durch die Beklagte jedenfalls ein Grund für eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses zu. Die Beklagte kann sich nach Treu und Glauben bei der Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz nicht auf eine vertragliche Regelung berufen, die für den Fall des grundlosen vorzeitigen Ausscheidens in den Vertrag aufgenommen wurde.

Geht man von dem eigenen Vortrag der Beklagten aus, nach dem es sich bei ihr um ein zwar noch in der Verlustphase befindliches, aber durchaus prosperierendes Unternehmen mit künftiger Gewinnerwartung handelt, ist zur Überzeugung des Senats nicht davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung des Vermögens, der stillen Reserven und des Geschäftswerts noch der von der Beklagten im Übrigen nicht nachvollziehbar dargestellte Verlust in Höhe von 1022,55 Euro verbliebe. Die Klägerin hat daher unter Berücksichtigung des ihr entstandenen Schadens und der von der Beklagten erstellten Auseinandersetzungsbilanz, einen Auseinandersetzungsanspruch in Höhe jedenfalls der von ihr geleisteten Einlage.

4.

Der Zinsanspruch der Klägerin rechtfertigt sich nach § 291 BGB. Mit dem Anspruch auf Zahlung des Abfindungsguthabens ist die Beklagte nicht schon durch das Mahnschreiben in Verzug geraten. Die Beklagte schuldet nur Rechtshängigkeitszinsen, diese auch nicht vor dem Zeitpunkt, zu dem eine nachvollziehbare Abrechnung Seitens der Klägerin vorgelegt wurde. Dies war nicht vor dem 31.1.2001 der Fall, dem Tag der Vorlage der Abrechnung seitens der Beklagten.

5.

Der von der Klägerin geltend gemachte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses war aus den oben unter Ziff. 1 und 2 dargelegten Gründen zurückzuweisen, das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch die Kündigung ex nunc, nicht ex tunc beendet.

6.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO. Soweit der Klägerin die Kosten der Berufungsinstanz in voller Höhe auferlegt wurden, hat sie ihren Anspruch erstmals in der Berufungsinstanz mit dem Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens begründet. Eine nachvollziehbare Berechnung dieses Guthabens lag in erster Instanz auch nicht vor, sondern erfolgte erst mit der von der Beklagten selbst in zweiter Instanz vorgelegten Abschichtungsbilanz. Da das Erstellen einer entsprechenden Bilanz von der Klägerin vor Erhebung der Zahlungsklage hätte geltend gemacht werden können, sind ihr gem. § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzulegen.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil der Senat die Frage, inwieweit Schadensersatzansprüche, die aufgrund fehlerhafter Aufklärung der Anleger entstanden sind, im Rahmen der Abschichtungsbilanz zu berücksichtigen sind, für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet.

Ende der Entscheidung

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