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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.06.2009
Aktenzeichen: 9 U 150/08
Rechtsgebiete: BGB, StVG, PflVG, SGB X, KHG, KHEntG,


Vorschriften:

BGB § 249
BGB § 823
StVG § 7
StVG § 17
PflVG § 3
SGB X § 116 Abs. 1
KHG § 17 b Abs. 1
KHEntG § 1
KHEntG § 4 Abs. 7
KHEntG § 8 Abs. 1
KHEntG § 9 Abs. 1
KHEntG § 11
FPV 2006 § 1
1. Dem Krankenhaus ist eine Abrechnung seiner Leistungen nach dem allgemeinen DRG-Fallpauschalenkatalog 2006 verwehrt, wenn die mit dem Krankenhaus gemäß § 11 KHEntgG vereinbarten Fallpauschalen die dem Patienten gegenüber erbrachte Leistung vollständig erfassen und also keine Regelungslücke vorliegt, die durch die Anwendung des allgemeinen Fallpauschalenkatalogs zu schließen wäre.

2. Dem gemäß § 116 SGB X in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherer aus §§ 823, 249 BGB, 7, 17 StVG, 3 PflVersG a.F. steht gegenüber dem Krankenversicherer der Einwand offen, dass der zu erstattende Rechnungsbetrag im Verhältnis des Krankenversicherers zum Krankenhaus nach den insoweit geltenden Vereinbarungen nicht geschuldet war.

Dagegen sind dem Haftpflichtversicherer alle Einwendungen abgeschnitten, die sich gegen die Höhe der Zahlungspflicht aus den Vereinbarungen zwischen den am System der Krankenhausfinanzierung beteiligten Leistungsträgern richten, etwa der Einwand, der Betrag für die abgerechnete Krankenhausleistung sei unangemessen hoch und nicht sachgerecht.


Tenor:

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 1.750,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 30. Januar 2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 72% und die Beklagten zu 28%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.362,84 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Erstattung ihrer an das N-Krankenhaus in X geleisteten Zahlungen für die Krankenhausbehandlung des Versicherungsnehmers Q I, die mit einer Fallpauschale nebst Zuschlägen abgerechnet worden ist.

Q I war am 16. November 2006 als Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall verletzt worden. Unfallgegner war der Beklagte zu 1), dessen Fahrzeug bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war. Der Verletzte wurde kurz nach dem Unfall um 16:26 Uhr im N-Krankenhaus eingeliefert. In der Sterbeurkunde ist der 16. November, 16:45 Uhr als Zeitpunkt des Todes angegeben.

Die Beklagte zu 2) hatte die Haftung für die Unfallfolgen dem Grunde nach anerkannt. Das N-Krankenhaus rechnete unter dem 11. Januar 2007 gegenüber der Klägerin als Krankenversicherung des Unfallopfers auf Grundlage eines Basisfallwertes von 3.706,80 Euro und einer "DRG-relevanten Verweildauer" von 1 die DRG-Fallpauschale "W60Z: Polytrauma, verstorben <5 Tage nach Aufnahme" mit 6.342,33 Euro ab. Darüber hinaus wurden Zuschläge (Zuschlag für Ausbildung, Qualitätssicherungspauschale, Zuschlag für Abschaffung AIP und Arbeitszeitverbesserung, Systemzuschlag (GBA) sowie DRG-Systemzuschlag stationär) in Höhe von insgesamt 23,05 Euro abgerechnet. Daraus ergab sich ein Rechnungsbetrag von 6.365,38 Euro.

Darauf zahlte die Klägerin nach Abzug eines Betrages von 2,54 Euro gemäß § 140 d SGB V an das Krankenhaus 6.362,84 Euro. Mit Schreiben vom 26. Januar 2007 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2) zur Erstattung des gezahlten Betrages bis zum 23. Februar 2007 auf.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Abrechung auf Basis einer Fallpauschale nach § 17 b KHG bzw. der Fallpauschalenvereinbarung 2006 (FPV 2006) vom 13. September 2005 zulässig und geboten gewesen sei. Es handele sich um die einzig gesetzlich vorgesehene Abrechnungsmethode. Der Verstorbene sei bis zu seinem Tod entsprechend den medizinischen Notwendigkeiten behandelt worden. Deshalb sei die Abrechnung einer Fallpauschale W60Z zutreffend gewesen.

Eine Ermäßigung der abgerechneten Fallpauschale wegen der geringen Behandlungsdauer sei nicht angezeigt. Ebenso wenig könne nach anderen Grundsätzen abgerechnet werden. Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Pauschalierung sei zu berücksichtigen, dass dies zu einer "Mischkalkulation" führe, die sich im einen Fall zu Gunsten des Schädigers auswirken könne und im anderen Fall zu seinen Lasten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 6.362,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 30. Januar 2007 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass eine Fallpauschale nicht hätte abgerechnet werden dürfen. Die Fallpauschalen seien nur im Verhältnis der Krankenkasse zu den Krankenhäusern vereinbart. Das Fallpauschalensystem könne nicht dazu führen, die an dieser Vereinbarung Unbeteiligten unangemessen zu benachteiligen. Es liege damit ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter vor. Die gesetzliche Regelung der Fallpauschalen sei vor diesem Hintergrund auch nicht abschließend, sondern lasse Raum für eine Korrektur im Einzelfall, ggf. unter Anwendung der §§ 242, 315 BGB.

Die abgerechnete Fallpauschale sei auch gar nicht einschlägig. Der Verstorbene sei im Krankenhaus nicht mehr behandelt worden. Es sei lediglich der Umfang der Verletzungen und der Tod festgestellt worden. Es werde daher mit Nichtwissen bestritten, dass der Geschädigte noch gelebt habe, als er in das Krankenhaus eingeliefert worden sei. Der Basisfallwert sei nicht nachvollziehbar. Bei den in der Rechnung aufgeführten Zuschlägen handele es sich nicht um eine kongruente Leistung zum Schadensersatzanspruch des Verstorbenen; deshalb sei kein Anspruchsübergang in diesem Umfang gegeben.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf Grund der in der Klinik durchgeführten Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen sei von einer stationären Behandlung auszugehen. Damit sei § 1 Abs. 1 KHEntgG einschlägig. Die Abrechnung sei durch den Gesetzgeber bewusst auf ein pauschaliertes System umgestellt worden, das jeweils zwischen den Krankenkassen und der E Krankenhausgesellschaft ausgehandelt werde. Von diesem System könne nicht etwa wegen der geringen Behandlungszeit abgewichen werden. Die §§ 242, 315 BGB ermöglichten nicht, in Widerspruch zu diesem System eine individuell leistungsbezogene Abrechnung vorzunehmen. Ungleichbehandlungen seien in Kauf zu nehmen und glichen sich statistisch betrachtet aus. Die Ermittlung der Pauschale sei nachvollziehbar dargelegt. Ein kongruenter Schaden i.S.d. § 116 SGB X sei in voller Höhe anzunehmen. Die Zinsforderung sei begründet, da die Klägerin die Beklagte zur Zahlung bis zum 23. Januar 2007 aufgefordert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Das Landgericht habe ohne Berücksichtigung ihres Vortrags unterstellt, dass der Verletzte noch gelebt habe, als er in das Krankenhaus eingeliefert worden sei. Dass dies nicht unstreitig gewesen sei, sei bereits mit dem Tatbestandsberichtigungsantrag vom 30. Mai 2008 geltend gemacht worden.

Es habe weder eine voll- noch eine teilstationäre Behandlung stattgefunden; von einer stationären Aufnahme könne bei dem kurzen Aufenthalt des Verstorbenen in der Notaufnahme nicht die Rede sein. Dort seien - allenfalls für 19 Minuten - nur minimale Befunderhebungsmaßnahmen durchgeführt worden, keine Behandlungen im eigentlichen Sinne. Dafür ein Entgelt von fast 6.400,- Euro in Rechnung zu stellen, sei mit Treu und Glauben nicht in Einklang zu bringen. Beim vorliegenden Fall handele es sich um einen "eklatanten Kostenausreißer nach unten", der nicht nach Pauschalen abgerechnet werden könne. Das Fallpauschalensystem enthalte für Abrechnungen unter Krankenhäusern (in Verlegungsfällen) genaue Modalitäten, um Leistungsgerechtigkeit herbeizuführen. Darüber hinaus könne auch gem. § 1 Abs. 2 FPV 2006 über Zusatzleistungen taggenau abgerechnet werden, wie es angemessen gewesen wäre. Die Abrechenbarkeit von Pauschalen stehe unter der Bedingung, dass eine leistungsgerechte Vergütung erfolge.

Die von der Klägerin abgerechnete Fallpauschale sei auch nicht abrechnungsfähig, weil sie nicht - was unstreitig ist - Gegenstand der krankenhausindividuellen Vereinbarung gemäß § 11 KHEntgG vom 13. Oktober 2006 geworden sei. Wenn überhaupt eine Abrechnung nach Fallpauschalen in Frage gekommen wäre, so hätte die Fallpauschale "W61Z" aus dem Fallpauschalenkatalog 2006 abgerechnet werden müssen, die einen Abschlag bei Nichterreichen der sog. unteren Grenzverweildauer zulasse und so zu einer angemessenen taggenauen Abrechnung führe. Ein Rückgriff auf die nicht vereinbarte Fallpauschale W60Z, die nach ihrer Beschreibung im Fallpauschalenkatalog keine Abschläge zulasse, sei nicht zulässig, auch wenn es sich um eine Notfallbehandlung gehandelt habe.

Die Beklagten beantragen,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die gewählte Pauschale sei nach dem geltenden Abrechnungssystem einschlägig. Auf eine krankenhausindividuelle Vereinbarung komme es nicht an. Die Behandlung des Patienten I sei vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses gedeckt und außerhalb der Vereinbarung mit dem Krankenhaus als Notfall mit der Fallpauschale W60Z zwingend abzurechnen gewesen. Das ergebe sich aus § 8 Abs. 1 S. 3, 2. HS KHEntgG. In der Budgetvereinbarung seien nicht alle Fallpauschalen enthalten. Wenn eine Notfallbehandlung vorliege, könnten aber dennoch nicht vereinbarte Fallpauschalen abgerechnet werden. Welche Fallpauschale einschlägig sei, werde durch die Abrechnungsregeln vorgegeben, die eindeutig das Verhältnis der Fallpauschalen zueinander definierten. Die Definitionen seien in dem vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (J) mit Sitz in T herausgegebenen Definitionshandbuch enthalten und durch zertifizierte Abrechungsprogramme (sog. Grouper), mit denen auch die streitgegenständliche Abrechnung erstellt sei, umgesetzt worden. Bei Berücksichtigung der durchgeführten Behandlungen und Prozeduren steuere das Programm zwangsläufig und ohne Beurteilungsspielraum für die Klägerin bzw. das Krankenhaus im vorliegenden Fall die Fallpauschale W60Z aus, was zusammen mit den abgerechneten Zuschlägen zu dem geltend gemachten Rechnungsbetrag habe führen müssen.

II.

Die Berufung ist überwiegend erfolgreich. Das Landgericht hat der Klägerin zu Unrecht die volle Klageforderung auf Grundlage der geltend gemachten Abrechnung nach der Fallpauschale W60Z des Fallpauschalenkatalogs 2006 zugesprochen. Der Klägerin steht lediglich ein Entgelt in Höhe von 1.750,42 Euro zu, das sich bei Anwendung der Fallpauschale W61Z zuzüglich der anzusetzenden Zuschläge ergibt. Nur in dieser Höhe ist der dem Grunde nach anerkannte und zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits unstreitige Anspruch des Verletzten gegen die Beklagten aus §§ 823 ff., 249 BGB; 7, 17 StVG; 3 PflVersG a.F. nach § 116 Abs. 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen. Da die weitergehende Klage unbegründet ist, hat die Berufung insoweit Erfolg.

1. Zu Recht ist das Landgericht den Einwänden der Beklagten gegen die Abrechenbarkeit des Aufenthalts des Patienten I nach dem sog. Fallpauschalensystem nicht gefolgt. Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, dass der Patient im Krankenhaus nicht stationär behandelt worden sei. Eine solche Aufnahme entweder zur vollstationären oder teilstationären Behandlung ist allerdingsVoraussetzung für die Abrechenbarkeit von Fallpauschalen nach dem DRG-System. Das folgt aus §§ 17b Abs. 1 S. 3 KHG und 1 KHEntgG und spiegelt sich auch im Text der von der Klägern zur Begründung ihres Anspruchs herangezogenen Fallpauschale W60Z wider, in der es heißt: " ... verstorben <5 Tage nach Aufnahme".

Die Beklagten können zunächst nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Patient nicht mehr lebend im Krankenhaus angekommen und behandelt worden sei. Denn die Beklagten haben unstreitig gestellt, dass der Patient um 16:26 Uhr im Krankenhaus eingeliefert worden ist. Dass er zu diesem Zeitpunkt noch gelebt hat, ergibt sich aus der von der Klägerin in Kopie vorgelegten Sterbeurkunde, in der als Todeszeitpunkt der 16. November 2006 um 16:45 Uhr aufgeführt ist. Dem Inhalt dieser öffentlichen Urkunde sind die Beklagten nicht mit substantiierten Angriffen entgegengetreten (vgl. §§ 418 ZPO, 54, 55 PStG). So wird in der Berufung auch nicht mehr ausdrücklich in Abrede gestellt, dass der Patient noch 19 Minuten lang nach Ankunft im Krankenhaus gelebt hat, sondern darauf abgestellt, dass in diesen wenigen Minuten keine stationäre Aufnahme und Behandlung mehr habe erfolgen können. Wann ein Patient stationär aufgenommen worden ist, ergibt sich aus den vom Bundessozialgericht in seiner neueren Rechtsprechung zur Abrechnung von Krankenhausleistungen entwickelten Grundsätzen, denen sich der Senat auch für den vorliegenden Fall anschließt (vgl. BSG NZS 2007, 657; VersR 2004, 1189). Danach ist eine vollstationäre Behandlung im Sinne einer physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses jedenfalls dann gegeben, wenn sie sich nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes in der Vorausschau zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt (BSG NZS 2007, 657). Entscheidender Bedeutung für diese Abgrenzung kommt danach dem Behandlungsplan zu, der im Regelfall bei Beginn der Behandlung festgelegt wird. Bei der hier vorliegenden Notfallbehandlung kann nicht allein auf die tatsächliche Behandlungsdauer abgestellt werden, sondern es kommt entscheidend darauf an, in welchem Umfang der Patient die Infrastruktur des Krankenhauses nach dem Behandlungsplan in Anspruch nehmen sollte. Jedenfalls bei intensivmedizinischer Notfallbehandlung ist danach eine stationäre Aufnahme gegeben, und zwar gleichgültig, wie lange der Patient tatsächlich behandelt wird und wann er seinen schweren Verletzungen erliegt.

Nach diesen Grundsätzen ist eine stationäre Aufnahme mit Ankunft des Patienten I im Krankenhaus anzunehmen. Denn der Verletzte war notfallmäßig mit dem Krankenwagen eingeliefert worden und hatte derart schwerwiegende Verletzungen erlitten, dass er bereits im Krankenwagen reanimiert werden musste und sich bei Einlieferung im Schockzustand befand. In dieser Situation konnte der Behandlungsplan nur eine intensive medizinische Betreuung vorsehen, deren Beginn mit der künstlichen Beatmung und Überwachung der Vitalfunktionen eingeleitet worden ist. Dass die Behandlung wegen des kurz darauf eingetretenen Todes nicht weiter fortgesetzt werden konnte, steht einer stationären Aufnahme nicht entgegen. Denn bei der Beurteilung, welche Aufenthaltsdauer entsprechend dem Behandlungsplan vorgesehen war, ist nicht der tatsächliche Verlauf der Behandlung maßgeblich, sondern der Behandlungsplan bei unterstellter erfolgreicher Behandlung. Dass der Patient dann noch in der gleichen Nacht nicht hätte entlassen werden können, steht vollkommen außer Frage.

2. Damit ist der Anwendungsbereich für die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem pauschalierenden Entgeltsystem des § 17 b KHG eröffnet. Die bestehenden Ansprüche sind auch auf die Klägerin übergegangen, da sie durch die erfolgte Behandlung im Krankenhaus Sozialleistungen als Sachleistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht hat (§§ 2, 27, 115 ff. SGB V). Die Tatsache, dass die von der Klägerin zunächst aufzubringenden Kosten für die Krankenhausbehandlung auf einer Vereinbarung zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer beruht, steht der Durchsetzung des Regressanspruchs nicht entgegen. Denn die Vereinbarung stellt nicht - wie die Beklagten meinen - einen unzulässigen und grundsätzlich unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter dar (vgl. BGH VersR 2004, 1189). Richtig ist zwar, dass der Schädiger und dessen Versicherung an der Vereinbarung zur Höhe der Entgeltforderung nicht beteiligt waren und nunmehr zur Erstattung dieses Betrages verpflichtet sind. Bei dieser Folge handelt es sich aber nicht um eine zu Lasten Dritter vereinbarte Rechtswirkung, sondern um einen rechtlich unbeachtlichen Reflex, der sich aus den beabsichtigten Folgen des gesetzlichen Forderungsübergangs ergibt.

Dem Beklagten sind aus diesem Grund von vornherein alle Einwendungen abgeschnitten, die sich gegen die Höhe der aus der Vereinbarung zwischen den am System der Krankenhausfinanzierung folgenden Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber dem Krankenhaus ergeben, etwa weil diese Vereinbarung im Einzelfall unangemessen oder nicht sachgerecht sein könnte (vgl. BGH VersR 2004, 1189). Die genehmigte Entgeltvereinbarung zwischen den Vertragsparteien des Fallpauschalensystems hat vielmehr privatrechtsgestaltende Wirkung, die sich als Reflex auch auf den in Anspruch genommenen Schädiger erstreckt. Die Beklagten können daher nicht mit ihren Einwänden zur Höhe der Zahllungen an das Krankenhaus gehört werden. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der von dem Krankenhaus zu Grunde gelegte Basisfallwert zutreffend und wirtschaftlich nachvollziehbar ermittelt worden ist. Dagegen gerichtete Bedenken sind im Übrigen durch Vorlage der Genehmigungsbescheide der Bezirksregierung B vom 14. November 2006 betreffend die Vergütungs- und Pflegesatzvereinbarung 2006 für das Krankenhaus N in X wirksam entkräftet worden. Daraus ergibt sich ein krankenhausindividueller Basisfallwert gemäß § 4 Abs. 7 KHEntgG von 3.706,80 Euro, der auch in der Abrechnung zu Grunde gelegt worden ist.

Den Beklagten steht dagegen der Einwand offen, dass der zu erstattende Rechnungsbetrag auch im Verhältnis der Klägerin zum Leistungserbringer, also dem Krankenhaus, nicht geschuldet war, sondern sich aus den zu Grunde liegenden und sowohl vom Krankenhaus als Leistungserbringer als auch der Klägerin als Sozialversicherungsträger einzuhaltenden Vereinbarungen nur eine geringere Forderung des Krankenhauses ergeben hat. Das Einhalten dieser Vereinbarungen und sie bestimmenden gesetzlichen Vorgaben ist Anspruchsvoraussetzung auch im Verhältnis des Sozialversicherungsträgers zum Schädiger bzw. zu dessen Versicherung. Denn § 116 Abs. 1 SGB X sieht einen Anspruchsübergang nur vor, "soweit" der Sozialversicherungsträger Sozialleistungen zu erbringen verpflichtet war. Bei Geltung des Sachleistungsprinzips wird der zu erstattende Gegenwert der Sozialleistung und damit der Umfang der Regressforderung durch die Höhe der Zahlungspflicht gegenüber dem Leistungserbringer bestimmt. Die Beklagten haben bereits in erster Instanz bestritten, dass die Behandlung des Verletzten vom Krankenhaus zutreffend abgerechnet worden sei. Auch in der Berufung hat die insoweit darlegungspflichtige Klägerin lediglich die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch in Höhe von 1.750,42 Euro vorgetragen. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus der Anwendung der einschlägigen Fallpauschale W61Z: "Polytrauma ohne signifikante Eingriffe", die unter Berücksichtigung der vorgesehenen Abschläge für die kurze Verweildauer des Verletzten hätte abgerechnet werden müssen. Hinzu kommen die von der Klägerin angesetzten Zuschläge. Die Abrechnung der Fallpauschale W60Z: "Polytrauma, verstorben <5 Tage nach Aufnahme" kam dagegen im Streitfall nicht in Betracht.

a) Die nach der Aufnahme des Verletzten in das Krankenhaus erfolgten Behandlungen und durchgeführten Prozeduren werden sachgerecht von der Fallpauschale W61Z erfasst. Dass das Verletzungsmuster bei dem Patienten ein Polytrauma dargestellt hat, wird auch von den Beklagten nicht ernsthaft in Abrede gestellt und durch die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen gestützt. Der Patient war als Opfer eines schweren Verkehrsunfalls an mehreren Körperregionen bzw. Organen verletzt. Die Verletzungen waren auch lebensbedrohend, wie sich aus dem kurze Zeit nach Einlieferung eingetretenen Exitus ergibt. Es haben während der Behandlung im Krankenhaus keine spezifischen Eingriffe mehr stattgefunden. Der Patient ist lediglich künstlich beatmet und an die Überwachungssysteme der Vitalfunktionen angeschlossen worden. Im Gegensatz zu spezifischen, also für eine bestimmte Erkrankung bzw. Verletzung charakteristischen Eingriffen, handelt es sich dabei lediglich um allgemeine Vorbereitungsmaßnahmen. Dass spezifische Eingriffe durchgeführt worden sind, wird auch von der Klägerin nicht vorgetragen.

b) Die Klägerin gelangt allein wegen des Kriteriums des eingetretenen Todes innerhalb der in der Fallpauschale W60Z vorgegebenen Zeit von weniger als 5 Tagen zur Anwendbarkeit dieser Fallpauschale. Dieses Spezialitätsverhältnis lässt sich allerdings dem nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KHEntgG von den Vertragsparteien auf Bundesebene vereinbarten Fallpauschalenkatalog 2006 nicht entnehmen. Es setzt nämlich voraus, dass die Fallpauschale W61Z nur als "Auffangtatbestand" anzusetzen ist, wenn keine andere Fallpauschale in der Partition "Polytrauma" einschlägig ist. Ausgehend von den Fallpauschalenbezeichnungen ist aber ebenso gut vertretbar, dass bei einer Behandlungsdauer von weniger als 5 Tagen die Fallpauschale W61Z gegenüber W60Z vorrangig ist, wenn während der Behandlung keine spezifischen Eingriffe durchgeführt worden sind, bis der Patient verstarb.

Es kann allerdings offenbleiben, ob der von der Klägerin zu Grunde gelegte Vorrang schon deshalb nicht besteht, weil er gerade bei kurzfristigen Behandlungen ohne Durchführung umfangreicher und kostenträchtiger Maßnahmen zu unbilligen Ergebnissen führt oder ob der Vorrang durch eine wirksame Vereinbarung der am Fallpauschalensystem beteiligten Vertragsparteien vereinbart worden ist, weil nicht nur die Fallpauschalen und ihre Bezeichnungen Gegenstand der Fallpauschalenvereinbarung 2006 (FPV) geworden sind, sondern nach § 1 Abs. 1 FPV 2006 auch die "dazu gehörenden Abrechnungsregeln". Ob die von der J GmbH entworfenen und im sog. Definitionshandbuch niedergelegten Algorithmen mit einem Umfang von über 3.000 Seiten über diese pauschale Verweisung ihrem vollen Inhalt nach wirksam zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden sind, kann ebenfalls dahinstehen.

c) Denn die Fallpauschale W61Z war schon deshalb nicht vorrangig vor der Fallpauschale W60Z anzuwenden, weil erstere in der Vereinbarung gemäß § 11 KHEntgG für das Krankenhaus N in X für das Jahr 2006 gar nicht enthalten war, wohl aber die nicht von der Klägerin bzw. dem Krankenhausträger angewendete Fallpauschale W60Z. Die mit dem Krankenhaus getroffene Vergügungsvereinbarung (Abschn. I.1) führt die "vereinbarten Fallpauschalen" abschließend auf. Sie sind in der in Bezug genommenen "Anlage I.1" zu der Vereinbarung aufgezählt. Durch diese Regelungen über die krankenhausspezifischen Vergütung und das danach bemessene Erlösbudget (§§ 3 Nr. 1, 4 KHEntgG) werden die vom Krankenhaus in erster Linie abzurechnenden Fallpauschalen vorgegeben. Welche Fallpauschalen auf Krankenhausebene vereinbart werden, wird bestimmt durch den für das jeweilige Krankenhaus geltenden Versorgungsauftrag (§ 8 Abs. 1 S. 4 KHEntgG). Die Vereinbarung der abzurechnenden Fallpauschalen als Ausschnitt aus dem bundesweit vereinbarten Katalog ist demnach nicht zufällig und beispielhaft, sondern Grundlage für diejenigen Pauschalen, die von dem jeweiligen Krankenhaus für die Abrechnung zu Grunde zu legen sind. Damit hätte das Krankenhaus zunächst prüfen müssen, ob die gegenüber dem Patienten erbrachten Leistungen von einer Fallpauschale erfasst werden, die in der für dieses Krankenhaus geschlossenen Vereinbarung nach § 11 KHEntgG enthalten ist. Denn die Vertragsparteien sind nach § 4 Abs. 11 KHEntgG an das Erlösbudget gebunden. Bei dieser Prüfung wäre die Pauschale W61Z abgerechnet worden. Die Frage des Vorrangs der Pauschale W60Z hätte sich nicht gestellt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 8 Abs. 1 S. 3 KHEntgG, der lediglich einen äußeren Rahmen für die Abrechenbarkeit von Entgelten regelt, aber keinen Rückgriff auf alle im bundesweit vereinbarten Fallpauschalenkatalog enthaltenen Pauschalen ermöglicht, solange eine Abrechnung im Rahmen der Entgeltvereinbarung für das einzelne Krankenhaus möglich ist. Denn andernfalls wäre der Zweck der Vereinbarung eines Erlösbudgets nach § 11 KHEntgG gefährdet. Auch die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 1 KHEntgG durchbricht nicht den Vorrang der Vereinbarung auf Krankenhausebene, sondern bestimmt lediglich, dass Behandlungsfälle, die vom Fallpauschalen-Katalog erfasst werden, zwingend mit einer Pauschale abzurechnen sind.

Demgegenüber kann die Klägerin auch nicht mit dem Argument gehört werden, dass nach § 8 Abs. 1 S. 3, 2. HS KHEntgG die Berücksichtigung des Versorgungsauftrages nicht bei der Behandlung von Notfallpatienten gilt. Denn auch diese Regelung ist nicht so zu verstehen, dass das Krankenhaus bei Notfällen nicht an die Entgeltvereinbarung nach § 11 KHEntgG gebunden und völlig frei auf den kompletten Katalog des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KHEntgG zurückgreifen kann. Auch die Vorschrift des § 8 Abs. 1 S. 3 KHEntgG steht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt, dass überhaupt ein Bedürfnis für den Rückgriff auf nicht vereinbarte Fallpauschalen besteht, also ohne den Rückgriff keine einschlägige und vereinbarte Pauschale im Rahmen des Versorgungsauftrages zur Versorgung des notfallmäßig aufgenommenen Patienten vorhanden wäre. Das ist aber in der hier vorliegenden Konstellation gerade nicht der Fall, da die Fallpauschale W61Z die Behandlung des Patienten I, wie oben ausgeführt, abdeckt.

Schließlich enthält die Vergütungsvereinbarung des Krankenhauses N in X keine allgemeine Öffnungsklausel, die einen Rückgriff auf die Fallpauschale W60Z zugelassen hätte. Abschn. I.1.3 der Vereinbarung verweist zwar auf den "Grundsatz", dass nicht vereinbarte Entgelte abrechnungsfähig sind, sofern sie dem Versorgungsauftrag entsprechen oder im Rahmen eines Notfalls erbracht werden. Dieser Grundsatz soll aber nur "im Übrigen" gelten, also dann, wenn keine der vereinbarten Fallpauschalen einschlägig ist.

3. Die Höhe der auf die Klägerin übergegangenen Forderung ergibt sich aus der Anwendung der Fallpauschale W60Z und den in § 1 FPV 2006 auf Bundesebene festgelegten Abrechnungsmodalitäten. Im Gegensatz zur Fallpauschale W60Z sieht W61Z eine untere Grenzverweildauer (3 Tage) vor, weshalb bei einer kürzeren Verweildauer ein Abschlag nach § 1 Abs. 3 FPV 2006 vorzunehmen ist. Die Höhe des Entgelts auf Grundlage der Fallpauschale W61Z berechnet sich nach der in § 1 Abs. 3 FVP 2006 vorgegebenen Formel wie folgt:

Erster Tag mit Abschlag (= 3) + 1 = 4

./. Belegungstage insgesamt nach § 1 Abs. 7 FPV 2006= - 1

Zahl der Abschlagstage: 3

Höhe des Abschlags:

Bewertungsrelation/Tag = 0,412

x Basisfallwert: 3.706,80

Abschlag pro Tag = 1.527,20 Euro

x Abschlagstage 3

Abschlag gesamt: 4.581,60 Euro

Fallpauschale:

Basisfallwert W61Z: 3.706,80

x Bewertungsrelation 1,702

6.308,97 Euro

./. Abschlag - 4.581,60 Euro

Entgelt: 1.727,37 Euro

Hinzuzurechnen sind die Zuschläge gem. der Abrechnung des Krankenhauses in Höhe von insgesamt 23,05 Euro. Auch diese Zuschläge stellen Entgelte für die Heilbehandlung und damit kongruente Leistungen i.S.d. § 116 Abs. 1 SGB X dar. Das ergibt sich aus den gesetzlichen Vorgaben der §§ 3, 5, 7 KHEntgG, 17b KHG. Danach sind auch die Zuschläge Teil der für die Krankenhausleistungen zu erbringenden Vergütung und damit kongruente Heilbehandlungskosten.

4. Diese Abrechnung ermöglicht auch auf Grundlage des Fallpauschalensystems eine taggenaue Abrechnung. Eine weitere Reduzierung der Pauschale wegen der geringen Aufenthaltsdauer von rund 19 Minuten ist nach der gesetzlichen Regelung weder vorgesehen noch erforderlich und würde dem System der Abrechnung nach Fallpauschalen widersprechen. Da auch die Beklagten selbst eine taggenaue Abrechnung fordern und keine Gründe für eine darüber hinausgehende minutengenaue Abrechnung anführen, bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen.

5. Die Zinsforderung beruht auf §§ 286, 288 BGB. Der vom Landgericht angenommene Verzugsbeginn am 30. Januar 2007 wird auch in der Berufung nicht angegriffen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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