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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.07.2008
Aktenzeichen: I-15 Wx 120/08
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 46 Abs. 4
KostO § 130 Abs. 2
KostO § 147 Abs. 2
KostO § 147 Abs. 3
1) Nehmen die Beteiligten zunächst nur isoliert eine notarielle Beratung in Anspruch, so wird die dadurch gem. § 147 Abs. 2 KostO angefallene Gebühr nicht dadurch berührt, dass sie anschließend einen Auftrag zur Beurkundung des Rechtsgeschäfts erteilen, den sie später wieder zurücknehmen.

2) Erteilt der Notar einen Rat über die Errichtung eines Testaments, bestimmt sich entsprechend § 46 Abs. 4 KostO der Geschäftswert nach dem Wert des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten.

3) Der Geschäftswert für die notarielle Beratung im Zusammenhang mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht ist nach einem Bruchteil des Gesamtvermögens ohne Abzug von Verbindlichkeiten zu berechnen. Die Höhe des Bruchteils richtet sich nach dem Interesse des Auftraggebers und dem Umfang, der Verantwortung und der Schwierigkeit der notariellen Tätigkeit.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

I-15 Wx 120/08 OLG Hamm I-15 Wx 200/08 OLG Hamm

In der Notariatskostensache

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 15.07.2008 auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 09.04.2008 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 14.03.2008

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 894, 88 € festgesetzt.

Gründe:

I.

In der Vergangenheit beauftragte die Familie der Beteiligten zu 2) und 3) den Beteiligten zu 1) zu diversen notariellen Tätigkeiten.

Am 05.04.2007 ließen sich die Beteiligten zu 2) und 3) bezüglich der Errichtung eines Testaments sowie einer Vorsorgevollmacht von dem Beteiligten zu 1) beraten. Gegenstand des erbrechtlichen Teils der Beratung waren verschiedene Einzelfragen, wie die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, eine Teilungsanordnung und die Bestellung eines Pflegers für den minderjährigen Sohn.

Am Ende des Gesprächs baten die Beteiligten zu 1) um die Übersendung eines Entwurfs für ein gemeinschaftliches Testament.

Inwieweit inhaltlich über die Vorsorgevollmacht gesprochen wurde, ist unter den Beteiligten im Streit. Nach Darstellung des Beteiligten zu 1) erläuterte er die Bestandteile einer umfassenden Vorsorgevollmacht sowie die möglicherweise bei einer notariellen Beukundung entstehenden Kosten. Demgegenüber behaupten die Beteiligten zu 2) und 3), eine eigentliche Beratung habe gar nicht stattgefunden. Vielmehr habe der Beteiligte zu 1) lediglich angekündigt, die im Computer abgespeicherte Vorsorgevollmacht auszudrucken und zur Durchsicht an sie zu übersenden. Diesen Ausdruck hätten sie durch Streichung überflüssiger Passagen bearbeiten und zur Vorbereitung der Beurkundung zurücksenden sollen.

Am 10.04.2007 teilte der Beteiligte zu 2) dem Beteiligten zu 1) telefonisch mit, dass die Beurkundung des Testaments und der Vorsorgevollmacht vorerst nicht erfolgen solle. Die bisherige Tätigkeit könne als Beratung abgerechnet werden.

Mit Datum vom 11.04.2007 erstellte der Beteiligte zu 1) zwei inhaltlich übereinstimmende Kostenrechnungen für die Beratung hinsichtlich des Testaments und der Vorsorgevollmacht, die die Beteiligten zu 2) und 3) als gesamtschuldnerische Kostenschuldner ausweisen:

"Geschäftswert gemäß § 18 Abs. 1 KostO 480.800 €

 Beratungsgebühr gemäß § 147 KostO 396,-- €
19% Umsatzsteuer gemäß § 151a KostO 75,24 €
Endsumme: 471,24 €"

Dem ausgewiesenen Geschäftswert lag das erfragte Vermögen ohne Abzug bestehender Belastungen zugrunde.

In der Folgezeit weigerten sich die Beteiligten zu 2) und 3), den Rechnungsbetrag auszugleichen. Hierzu machten sie geltend, dass die Tätigkeit als anwaltliche Beratung nach dem RVG abzurechnen sei. Auch auf der Grundlage der KostO seien die Abrechnungen nicht ordnungsgemäß. Der Geschäftswert sei zu hoch festgesetzt worden, weil der Beteilgte zu 1) bestehende Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt habe.

Infolge der erfolgten Beanstandungen hat der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 31.05.2007 die Entscheidung des Landgerichts beantragt.

Der Präsident des Landgerichts Münster hat in seiner Stellungnahme vom 02.01.2008 im landgerichtlichen Verfahren darauf hingewiesen, dass die Abrechnungen schon den formalen Anforderungen nicht genügten, da nicht angegeben sei, welcher der mehreren Gebührentatbestände des § 147 KostO angewandt worden sei. Daraufhin hat der Beteiligte zu 1) mit Datum vom 22.02.2008 zwei neue Kostenrechnungen erstellt. Diese stimmen mit den zuvor erstellten überein mit der Änderung, dass nunmehr die §§ 32, 147 Abs. 2 KostO als Gebührentatbestand genannt sind.

Mit Beschluss vom 14.03.2008 hat das Landgericht die Kostenrechnungen dahin abgeändert, dass der Beteiligte zu 1) jeweils nur 23, 80 € geltend machen könne. Die Gebühren des Beteiligten zu 1) bestimmten sich nach der Rücknahme des Beurkundungsauftrages ausschließlich nach §§ 147 Abs. 3, 130 Abs. 2 KostO, so dass maximal 20 € zzgl. Umsatzsteuer angefallen seien.

Gegen diese Entscheidung hat sich der Beteiligte zu 1) mit der vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde vom 09.04.2008 gewandt.

II.

Die weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht nach den §§ 156 Abs. 2 KostO statthaft sowie form - und fristgerecht eingelegt.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO). Dies führt zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Beschwerdegericht.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einem gemäß § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO zulässigen Antrag des Beteiligten zu 1) auf Entscheidung des Landgerichts über die Kostenrechnungen vom 11.04.2007 ausgegangen. Diesen Antrag hat das Landgericht sachlich zu Recht im Weiteren als Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) behandelt (Vgl. LG Kleve JurBüro 2001, 378; Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, KostO, 17. Aufl., § 156 Rdnr 33).

Die beiden Kostenrechnungen genügen in der berichtigten Fassung vom 22.02.2008 in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO und können damit Gegenstand einer sachlichen Überpüfung im Beschwerdeverfahren nach § 156 KostO sein. Insbesondere enthalten die Kostenrechnungen über den verlangten Betrag hinaus die Kostenvorschriften, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Geschäftsgegenstandes und die Bezeichnung der angesetzten Auslagen. Die Berichtigung kann der Notar bis zum Abschluss des Erstbeschwerdeverfahrens vornehmen (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., § 156 Rdnr 3).

Die Sachentscheidung des Landgerichts hält jedoch hinsichtlich beider Rechnungen einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht stand.

1. Rechnung Nr. 146/08 (Testament)

Ohne rechtliche Beanstandung geht das Landgericht davon aus, dass der Beteiligte zu 1) seine Gebühren im Zusammenhang mit der Beratung über eine Testamentserrichtung nach den Vorschiften der KostO abrechnen konnte und nicht auf eine nach den Normen auf der RVG erstellte Rechnung zu verweisen ist, § 141 KostO. Denn wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, ist der Beteiligte zu 1) als Notar und nicht als Rechtsanwalt tätig geworden. Dem steht nicht entgegen, dass es den Beteiligten zu 2) und 3) nach dem übereinstimmenden Vortrag um eine Beratung ging. Nach § 24 Abs. 1 BNotO gehört zu dem Amt des Notars auch die "sonstige Betreuung" der Beteiligten auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege, insbesondere auch die Beratung der Beteiligten. Nimmt ein Notar, der zugleich Rechtsanwalt ist, Handlungen der in Abs. 1 bezeichneten Art vor, so ist anzunehmen, dass er als Notar tätig geworden ist, wenn die Handlung dazu bestimmt ist, Amtsgeschäfte der in §§ 20 - 23 BNotO bezeichneten Art vorzubereiten, § 24 Abs. 2 Satz 1 BNotO. Hierzu hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Beteiligten zu 2) und 3) den Beteiigten zu 1) aufsuchten, um über einer Testamentserrichtung beraten zu werden. Dabei stand bereits die Überlegung im Hintergrund, später ggf. das Testament notariell beurkunden lassen, auch wenn noch kein konkreter Auftrag dazu erteilt wurde.

Zutreffend hat das Landgericht ferner angenommen, dass durch die beratende Tätigkeit des Notars im Zusammenhang mit der beabsichtigten Errichtung des Testaments eine Gebühr in Höhe der Hälfte der vollen Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO nebst darauf entfallender Umsatzsteuer (§ 151a KostO) entstanden ist. Eine beratende Tätigkeit des Notars außerhalb eines Burkundungsauftrages wird von § 147 Abs. 2 KostO erfasst (OLG Düsseldorf DNotZ 1984, 119; Rohs/ Wedewer - Rohs, a.a.O., § 147 Rdnr 8; Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, a.a.O., § 130 Rdnr 30a). Das Landgericht hat hierzu rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die hier abgerechnete beratende Tätigkeit des Notars nicht im Zusammenhang mit einem bereits bestehenden Beurkundungsauftrag erfolgte, sondern vielmehr zunächst lediglich ein Beratungsauftrag erteilt wurde, der erst im Verlaufe der Beratung um die Vornahme der Beurkundung erweitert wurde. Dies entspricht dem übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten im Beschwerdeverfahren. Die telefonische Mitteilung des Beteiligten zu 2) vom 10.04.2007 an den Notar, er solle nur eine Beratung abrechnen, eine Beurkundung werde nicht gewünscht, spricht für die Richtigkeit der Feststellung, dass der Beteiligte zu 1) zunächst lediglich um eine Beratung ersucht worden ist.

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht der Auffassung des Landgerichts folgen, dass einer Abrechnung dieser Tätigkeit nach § 147 Abs. 2 KostO die Vorschrift des § 147 Abs. 3 KostO i.V.m. § 130 Abs. 2 KostO entgegensteht.

Zwar folgt aus § 147 Abs. 3 KostO, dass die Gebühren des § 147 Abs. 2 KostO dann nicht entstehen, wenn die grundsätzlich unter § 147 Abs. 2 KostO fallende Tätigkeit lediglich vorbereitender oder fördernder Natur ist und schon als Nebengeschäft durch eine dem Notar für das Hauptgeschäft oder für erfolglose Verhandlungen zustehende Gebühr abgegolten wird. Dies ist vorliegend nach den Feststellungen des Landgerichts aber nicht der Fall. Denn die Beratung der Beteiligten zu 2) und 3) erfolgte nicht als Nebengeschäft zu einer beabsichtigten Beurkundung. Vielmehr trafen die Eheleute erst nach der umfangreichen Beratung durch den Beteiligten zu 1) den Entschluss, nunmehr eine Beurkundung in Auftrag zu geben.

Nichts anderes ergibt sich auf der Grundlage der h.A. zum Verhältnis von § 147 Abs. 2 KostO zu §§ 147 Abs. 3, 141, 130 Abs. 2 KostO. Danach steht dem Ansatz einer halben Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO bei einer Rücknahme des von vornherein erteilten Beurkundungsauftrages § 147 Abs. 3 KostO i.V.m. § 130 Abs. 2 KostO entgegen. Nach dieser Auffassung kann der Notar in einer solchen Konstellation seine Tätigkeit lediglich nach §§ 141, 130 Abs. 2 KostO abrechnen, auch wenn der Wortlaut des § 147 Abs. 3 KostO einen ausdrücklichen Verweis auf § 130 Abs. 2 KostO nicht enthält (so KG DNotZ 1978, 753, 754; 1943, 157, 158; OLG Köln Rpfleger 1967, 123; Senat Rpfleger 1955, 258; Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, KostO, 16. Aufl., § 147 Rdnr 141; Hartmann, a.a.O., § 130 Rdnr 16; a.A. Korintenberg - Lappe, KostO, 17. Aufl., § 130 Rdnr 32; Korintenberg - Bengel/Tiedtke, KostO, 17. Aufl. § 147 Rdnr 47 unter ausdrücklicher Aufgabe der in der Vorauflage vertretenen Ansicht; Schmellenkamp RheinNotZ 2006, 55, 57, wonach angesichts des eindeutigen Wortlauts in keinem Fall eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO durch eine Gebühr nach § 130 Abs. 2 KostO gemäß § 147 Abs. 3 KostO abgegolten wird)

Lediglich vereinzelt wird auf der Basis dieser dargestellten Ansicht weitergehend in der Literatur die Auffassung vertreten, dass nicht nur im Falle der Rücknahme eines von vornherein erteilten Beurkundungsauftrages, sondern auch dann, wenn die Beteiligten zunächst nur um ein Beratungsgespräch gebeten haben, aus dem sich dann aber der später zurückgenommene Beurkundungsauftrag ergeben hat, die Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO nicht neben der Gebühr nach §§ 141, 130 Abs. 2 KostO erhoben werden kann (Rohs/ Wedewer - Waldner, KostO, Stand Dez. 2006, § 130 Rdnr 30; Bund JurBüro 2004, 519, 521).

Der Senat vermag sich dieser letztgenannten Ansicht nicht anzuschließen. Für die dem Beurkundungsauftrag vorangegangene Beratung kann jedenfalls dann die Betreuungsgebühr erhoben werden, wenn der Auftrag zunächst nur auf Raterteilung lautet und der Auftraggeber sich erst danach entschließt, die Beurkundung in Auftrag zu geben (LG Hannover JurBüro 2006, 544; Bund JurBüro 2006, 545, 546 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner zuvor vertretenen Ansicht in JurBüro 2004, 519, 521)

Ist die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO bereits aufgrund einer zuvor erforderten selbständigen Beratungstätigkeit angefallen, so hat eine später erfolgende Erweiterung des Auftrags im Hinblick auf eine Beurkundung keinen Einfluss auf die bereits entstandene Gebühr (LG Hannover JurBüro 2006, 544; Korintenberg - Lappe, a.a.O., § 130 Rdnr. 32). § 147 Abs. 3 KostO trifft keine Regelung zum Untergang oder der Anrechnung anderer Gebühren. Vielmehr schließt sie die Abrechnung einer grundsätzlich unter § 147 Abs. 2 KostO fallenden Tätigkeit lediglich dann aus, wenn die Tätigkeit - vorbereitender oder fördernder Natur - im Zusammenhang mit einem bereits bestehenden Notargeschäft steht. Sie muss als Vorbereitung der geschuldeten Haupttätigkeit dienen, also zum Kreise der im Rahmen der Haupttätigkeit erforderlichen Tätigkeiten gehören (Rohs - Wedewer/ Rohs, Stand Dezember 2007, § 147 Rdnr 27; Korintenberg - Bengel/Tiedtke, a.a.O., § 147 Rdnr 44; vgl. auch OLG München DNotZ 1937, 504). Ohne den Bezug zu einer Haupttätigkeit liegt rein begrifflich bereits keine vorbereitende Tätigkeit vor.

Die Auffassung des Landgerichts, im Sinne einer klaren Abgrenzung der Gebührentatbestände müsse eine Differenzierung zwischen einem bereits anfänglich erteilten Beurkundungsauftrag und einem solchen, der erst im Anschluss an eine alleinige Beratung erteilt wird, unterbleiben, weil eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung in der Praxis mit großen Schwierigkeiten verbunden sei, hält der Senat nicht für überzeugend. Jedem Rechtssuchenden muss klar sein, dass er für die Inanspruchnahme einer anspruchsvollen, juristischen Beratung eine angemessene Gebühr aufbringen muss, die in § 147 Abs. 2 KostO bestimmt ist. Der Ausschluss dieser Gebühr durch Einbeziehung in den Abgeltungsbereich einer anderen Gebühr bedarf einer besonderen gesetzlichen Rechtfertigung. Ist der Tatbestand einer Ausschlussnorm (hier: § 147 Abs. 3 KostO) nach Wortlaut und Sinn begrenzt, können etwaige Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung es nicht rechtfertigen, den Anwendungsbereich dieser Norm zum Nachteil des Notars in einer Art der Rechtsfortbildung zu erweitern. Hinzu kommt, dass es auf der Grundlage der Auffassung des Landgerichts in der Hand des Ratsuchenden läge, sich zunächst umfangreich beraten zu lassen, sodann einen Beurkundungstermin zu vereinbaren und diesen schließlich abzusagen, um der (höheren) Gebühr des § 147 Abs. 2 KostO zu entgehen und lediglich die Rücknahmegebühr des § 130 Abs. 2 KostO zahlen zu müssen (LG Hannover a.a.O.).

Die Entscheidung des Landgerichts kann daher im Hinbick auf diese Rechnung keinen Bestand haben.

Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, eine eigene Sachentscheidung zu treffen

Das Landgericht hat von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent bislang keine Feststellungen zur Höhe des Geschäftswertes getroffen.

Gemäß § 141 KostO ist der Geschäftswert der Gebühr, die nach § 147 Abs. 2 KostO zu erheben ist, nach dem ersten Teil der KostO zu berechnen. Betrifft daher die Tätigkeit des Notars ein Rechtsverhältnis, für das die Wertbestimmungen des allgemeinen Teils oder der speziellen Wertbestimmungen der §§ 39 - 42, 46 KostO gelten, so ist der Geschäftswert danach zu bemessen. Ein Rückgriff auf § 30 KostO kommt lediglich hilfsweise in Betracht. Das gilt im Bereich der Beratung zumindest dann, wenn es sich um eine spezielle Raterteilung handelt (OLG Braunschweig DNotZ 1963, 498; Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, a.a.O., § 147 Rdnr 185; im Rahmen des § 30 KostO sind die allgemeinen Regeln zu beachten: Rohs/ Wedewer - Rohs, a.a.O., § 147 Rdnr 8c). Nach den Vorschriften der ersten Teils der KostO bestimmt sich für eine Beratung über die Errichtung eines Testaments der Geschäftswert nicht nach § 18 Abs. 3 KostO, also dem Vermögen ohne Abzug der Verbindlichkeiten, sondern nach § 46 Abs. 4 KostO. Darin ist geregelt, dass der Wert des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten zu bestimmen ist (so auch im Ergebnis Rohs/ Wedewer - Rohs, a.a.O. § 147 Rdnr 8c).

Der Beteiligte zu 1) hat seiner Kostenberechnung aber das Vermögen ohne Abzug der Verbindlichkeiten zugrunde gelegt. Um die Höhe der bislang nicht konkret bezeichneten Verbindlichkeiten zu bestimmen, hat der Senat das Verfahren an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Eine eigene Ermittlung der Tatsachen nach § 12 FGG ist dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich.

2. Rechnung 148/08 (Vorsorgevollmacht)

In Bezug auf die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vorsorgevollmacht geht das Landgericht zunächst zu Recht davon aus, dass der Beteiligte zu 1) auch diese Tätigkeit nach der KostO und nicht nach dem RVG abrechnen kann, § 24 Abs. 1 und 2 BNotO. Denn auch hierzu hat die Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei festgestellt, dass bereits beim Aufsuchen des Notars die Überlegung bei den Beteiligten zu 2) und 3) im Hintergrund stand, später ggf. eine Vorsorgevollmachtsurkunde notariell beurkunden lassen, auch wenn noch kein konkreter Auftrag dazu erteilt wurde.

Rechtlich nicht tragfähig ist aber die Begründung des Landgerichts, mit der es die Geltendmachung einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO abgelehnt hat. Auch im Hinblick auf die Vorsorgevollmacht hat das Landgericht rechtfehlerfrei festgestellt, dass die Beteiligten zu 2) und 3) zunächst lediglich einen auf die Beratung beschränkten Auftrag erteilt und erst nach Tätigwerden des Notars diesen Auftrag erweitert haben. Wie aber bereits unter 1) ausgeführt kann für die dem Beurkundungsauftrag vorangegangene Beratung entgegen der Ansicht des Landgerichts jedenfalls dann die Betreuungsgebühr erhoben werden, wenn der Auftrag zunächst nur auf Raterteilung lautet und der Auftraggeber sich erst danach entschließt, die Beurkundung in Auftrag zu geben.

Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landgerichts lässt sich indes noch nicht abschließend beurteilen, ob tatsächlich die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO angefallen ist.

Voraussetzung für eine kostenpflichtige isolierte Beratungsgebühr nach § 147 Abs.2 KostO ist, dass es sich um Beratungen zu konkreten Sachverhalten handelt und nicht um allgemeine Informationen, zu denen der Notar kraft seiner besonderen Rechtsstellung auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege verpflichtet ist (Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, a.a.O., § 147 Rdnr 30a; Rohs/ Wedewer - Waldner, a.a.O., § 130 Rdr 30). Dementsprechend löst eine allgemeine Beratung über die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung und deren Kosten noch keine Gebühr aus. Nach dem Vortrag der Beteiligten zu 2) und 3) beschränkte sich die Tätigkeit des Notars auf das Inaussichtstellen der Übersendung eines mehrere Alternativen umfassenden Formulierungsmusters, das dann Gegenstand einer etwaigen Beurkundung sein könne. Das bildet aber noch keine die isolierte Beratungsgebühr auslösende Tätigkeit. Der Beteiligte zu 1) könnte lediglich nach §§ 141, 130 Abs. 2 KostO seine Tätigkeit abrechnen und zwar alleine aus dem Gesichtspunkt, dass der später erteilte Beurkundungsauftrag zurückgenommen wurde.

Demgegenüber behauptet der Beteiligte zu 1) ausführlich über die Bestandteile einer umfassenden Vorsorgevollmacht informiert zu haben. Eine solche Information geht über die allgemeine Informationspflicht hinaus, zu deren Erfüllung der Notar kraft seines Amtes ohnehin verplichtet ist. Dem Grunde nach wäre dann eine entsprechende Gebühr entstanden.

Allerdings wäre die Abrechnung des Beteiligten zu 1) auch dann nicht ordnungsgemäß, sollte tatsächlich die Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO entstanden sein. Die Festsetzung des Geschäftswertes auf 480.800 € ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beteiligten zu 1) fehlerhaft. Bei der Festsetzung des Geschäftswertes zur Berechnung einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Beratung im Zusammenhang mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht ist von folgendem auszugehen: Der Geschäftswert für eine allgemeinen Vollmacht - also zur Vornahme eines nicht näher umschriebenen Kreises von Geschäften - ist nach freiem Ermessen zu bestimmen, §§ 141, 41 Abs. 2 KostO. Bei einer umfassenden Generalvollmacht entspricht dies in der Regel dem Wert des Aktivvermögen ohne Abzug von Verbindlichkeiten (Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, a.a.O., § 41 Rdnr 9). Als ermessensfehlerfrei erweist sich aber eine entsprechende Festsetzung nur, wenn für die Festsetzung einer Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO lediglich ein Bruchteil des Gesamtvermögens angesetzt wird. Dieser wiederum richtet sich nach dem Interesse des Auftraggebers und dem Umfang, der Verwantwortung und der Schwierigkeit der notariellen Tätigkeit (Bund RNotZ 2004, 23, 30;Bengel/ Tiedtke DNotZ 2004, 258, 280, 281). Nach dem eigenen Vortrag des Beteiligten zu 1) waren Umfang und Schwierigkeit der Beratung gering. In einer solchen Situation überschreitet ein Notar sein Ermessen bei der Festsetzung des Geschäftswerts, wenn er diesen auf den vollen Betrag des Vermögens ohne Abzug der Schulden festsetzt. In diesem Fall kann das Landgericht als Beschwerdegericht eigenständig ein Ermessen anstelle des Notars ausüben (Vgl. OLG Düsseldorf FGPrax 1995, 246; OLG Köln MittRhNot 1991, 226, 227; Korintenberg - Bengel/ Tiedtke, a.a.O., § 147 Rdnr 187).

Um den Umfang der von dem Beteiligten zu 1) ausgeübten Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vorsorgevollmacht zu ermitteln (§ 12 FGG) und ggf. den Geschäftswert unter Ausübung eigenen Ermessens festzusetzen, hat der Senat das Verfahren an das Landgericht auch im Hiblick auf die Rechnung zur Vorsorgevollmacht zurückverwiesen.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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