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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.11.2009
Aktenzeichen: I-15 Wx 15/09
Rechtsgebiete: WEG, BGB, ZPO


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 6
WEG § 22
BGB § 1004
ZPO § 265
ZPO § 325
1) Die Eigentümergemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss die Verfolgung eines sog. gemeinschaftsbezogenen Anspruchs an sich ziehen. Durch einen solchen Beschluss wird dem einzelnen Miteigentümer die Verfahrensführungsbefugnis entzogen (entgegen OLG München NZM 2008, 76 und OLG Hamburg ZMR 2009, 306).

2) Hat der einzelne Anspruchsinhaber seinen Individualanspruch vor einem entsprechenden Mehrheitsbeschluss bereits rechtshängig gemacht, so kann er das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 265, 326 ZPO fortsetzen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

I-15 Wx 15/09 OLG Hamm

In der Wohnungseigentumssache

betreffend die Wohnungseigentümergemeinschaft

hat der 15.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05.11.2009 auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 29.12.2008 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 08.12.2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 2) tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde und die der Beteiligten zu 1) insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.)

Die Beteiligten sind die Miteigentümer der o.a. Wohnungseigentumsanlage. Die Beteiligte zu 1) nimmt die Beteiligte zu 2), soweit noch von Interesse, auf Beseitigung einer von diesen errichteten Zaunanlage, welche deren Sondernutzungsfläche eingrenzt, insoweit in Anspruch, als diese über einen Sichtschutzzaun zur Sondernutzungsfläche der Wohnung Nr.2 hinausgeht. Das Amtsgericht hat diesem Antrag stattgegeben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das Landgericht zurückgewiesen. Auf ihre sofortige weitere Beschwerde hat der Senat die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Landgericht zurückverwiesen. Nach Beiziehung der städtischen Bauakten, Vernehmung mehrerer Zeugen und Anhörung der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht die sofortige Beschwerde wiederum zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 2) erneut mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Senatsbeschluss vom 17.04.2008 sowie die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II.)

Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 45 Abs.1, 43 Abs.1 WEG a.F., 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde wiederum ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die sofortige weitere Beschwerde unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 Abs.1 FGG.

1)

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht nicht ausdrücklich darauf eingegangen, ob die Verfahrensführungsbefugnis der Beteiligten zu 1) fortbesteht, obwohl durch den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 8 der Eigentümerversammlung vom 24.04.2008 eine Regelung dahin getroffen worden ist, dass die Eigentümergemeinschaft den Rückbau der streitgegenständlichen Zaunanlage "auch im Klageverfahren unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts" fordert. Dieser Mehrheitsbeschluss ist, wie der Senat durch Nachfrage bei dem Landgericht Dortmund in Erfahrung gebracht hat, nunmehr bestandskräftig. Gleichwohl ist die Verfahrensführungsbefugnis der Beteiligten zu 1) durch diesen Eigentümerbeschluss nicht entfallen, und zwar aufgrund der folgenden Erwägungen:

Der hier geltend gemachte Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB ist als Ausfluss des (Mit-) Eigentums ein Individualrecht, das jeder Miteigentümer grundsätzlich allein und ohne eine besondere Ermächtigung durch die Eigentümermehrheit geltend machen kann (vgl. BGH NJW 1992, 978). Hieran hat sich durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit des Wohnungseigentümerverbandes nichts geändert (vgl. BT-Drs. 16/887 S.62).

Allerdings ist dem Wohnungseigentümerverband durch § 10 Abs.6 S.3 WEG n.F. -entsprechend dem bisherigen Stand der Rechtsprechung (vgl. etwa BGH NZM 2007, 403ff) - die Möglichkeit eröffnet, die Ausübung sog. gemeinschaftsbezogener Ansprüche durch Mehrbeschluss an sich zu ziehen. In diesem Sinne muss der genannte Eigentümerbeschluss vom 24.04.2008 verstanden werden, zumal der Beschlussinhalt die gerichtliche Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs durch die Eigentümergemeinschaft vorsieht. Insbesondere seit der Novellierung des WEG ist insoweit jedoch streitig geworden, welche Auswirkungen ein derartiger Beschluss auf die individuelle Befugnis (insbes. hinsichtlich eines Anspruchs aus § 1004 BGB) hat. Das Oberlandesgericht München (NZM 2008, 76) und das Oberlandesgericht Hamburg (ZMR 2009, 306) gehen davon aus, dass ein Mehrheitsbeschluss, einen bestimmten Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch durch den Wohnungseigentümerverband verfolgen zu lassen, den einzelnen Miteigentümer nicht hindert, den nämlichen Anspruch auch (weiterhin) individuell geltend zu machen. Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Insbesondere Wenzel (NZM NZM 2008, 74ff; zust. Jennißen NJW 2008, 2004, 2005; BeckOK-BGB/Hügel, Stand 2009, § 10 WEG Rdn.50.) hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit einer gemeinschaftlichen Anspruchsverfolgung bei einem Beseitigungsanspruch hinsichtlich von Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums nicht anders zu beurteilen ist als bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen den Bauträger. Hier wie dort ist nämlich in der Regel nicht nur über das Ob der Anspruchsdurchsetzung, sondern auch über das Wie und damit über die Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu entscheiden. Zu bemerken ist allerdings, dass im Einzelfall Konstellationen denkbar sind, in denen nach der Sachlage und/oder den Regelungen der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung die individuelle Anspruchsverfolgung die Gemeinschaftsinteressen unter dem Gesichtspunkt der Gestaltung des Gemeinschaftseigentums nicht tangiert (vgl. etwa Kniffka/Koeble, Kompendium d. Baurechts, 3.Aufl. Rdn.284), weshalb eine Überleitung der Verfahrensführungsbefugnis durch Beschluss in diesen Fällen unzulässig wäre. Ob dies hier nach der baulichen Gestaltung der Zaunanlage und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das (gärtnerische) Gestaltungsrecht (nach Entfernung der Zaunanlage) den Antragsgegnern zusteht, der Fall ist, kann vorliegend jedoch ebenso dahinstehen, wie der o.a. Meinungsstreit hinsichtlich der Folgen eines Mehrheitsbeschlusses über die Anspruchsverfolgung durch den Verband.

Auch wenn man nämlich davon ausgeht, dass ein derartiger Eigentümerbeschluss dem einzelnen Miteigentümer zwar nicht den Anspruch als solchen, wohl aber die sog. Verfahrensführungsbefugnis entzieht, wozu der Senat neigt, bleibt die Frage, wie zu verfahren ist, wenn ein einzelner Miteigentümer seinen Anspruch bereits rechtshängig gemacht hat. Der Gesetzgeber hat dieses Problem nicht gesehen. Die Gesetzgebungsvorlage (vgl. BT-DRs. 16/887 S.61) geht einerseits von einer uneingeschränkten Anspruchskonkurrenz aus, meinte damit aber ausdrücklich an eine gefestigte Rechtsprechung anzuknüpfen, die jedoch tatsächlich das genaue Gegenteil besagt (vgl. Wenzel a.a.O.). Zur Regelung verfahrensrechtlicher Folgefragen konnte der Gesetzgeber so nicht gelangen.

Die danach bestehende Gesetzeslücke ist nach Auffassung des Senats in Anlehnung an die Rechtsprechung zu anderen Fällen, in denen dem Kläger nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Prozessführungsbefugnis entzogen wird, durch eine analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO auszufüllen. In der Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa NJW 1983, 886; 1986, 3206) ist anerkannt, dass diese Vorschriften über ihren Wortlaut hinaus auch auf den Fall eines Verlustes der Prozessführungsbefugnis durch Pfändung und Überweisung des streitbefangenen Anspruchs anwendbar ist. Der Zweck des Gesetzes, einerseits die Auswirkungen nachträglicher materieller Veränderungen auf einen bereits anhängigen Rechtsstreit im Interesse der Prozessökonomie zu minimieren und andererseits die betroffenen Interessen in ein Gleichgewicht zu bringen, lässt sich nach Auffassung des Senats auch die vorliegend in Frage stehende Problemlage übertragen.

Auch hier erscheint es als Gebot der Prozessökonomie, dass die Ergebnisse eines bereits anhängigen Verfahrens nicht verloren gehen, sondern tatsächlich zu einer streitbeendenden Entscheidung führen. Der "Beseitigungsschuldner" hat bei objektiver Betrachtung ein erhebliches (Kosten-)Interesse, nur einmal in Anspruch genommen und im Falle einer möglichen Zwangsvollstreckung nicht durch einen Wettlauf der Titelgläubiger (mit möglicherweise unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich des herzustellenden Zustandes) beeinträchtigt zu werden. Der einzelne Anspruchsteller und der Wohnungseigentümerverband schließlich müssen ein Interesse haben, möglichst schnell zu einer gerichtlichen Klärung der Beseitigungspflicht zu kommen. Durch eine entsprechende Anwendung des § 325 Abs.1 ZPO kann zudem die Gefahr sich widersprechender gerichtlicher Entscheidungen vermieden werden.

Probleme bei der Zwangsvollstreckung einer stattgebenden Entscheidung können durch eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO vermieden werden. Zudem hat die Eigentümermehrheit die Möglichkeit den einzelnen Miteigentümer, welcher den Titel erstritten hat, zu seiner Durchsetzung zu ermächtigen. Soweit die Mehrheit hingegen Wert auf eine Durchsetzung durch den Verband legt, wird man den Titelinhaber auf der Grundlage des Eigentümerbeschlusses über die gemeinschaftliche Rechtsverfolgung als verpflichtet ansehen müssen, bei der Titelumschreibung mitzuwirken.

2)

In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung stand. Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Beseitigungsanspruch der Beteiligten zu 1) ergebe sich aus §§ 1004 BGB, 22 WEG. Die Zaunanlage stelle aufgrund ihrer massiven Einwirkung auf das optische Erscheinungsbild der Gesamtanlage eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung dar. Nach Auswertung der Bauakten und des Aufteilungsplans könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Zaunanlage eine Maßnahme der erstmaligen (ordnungsgemäßen) Herstellung sei. Aus der Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan ergebe sich nichts für die Errichtung eines Zauns in der hier in Frage stehenden Dimension. Die Kaufverträge sämtlicher Erwerber nähmen zwar u.a. auf die Baugenehmigung Bezug, auch diese bzw. die Genehmigungspläne sähen jedoch einen Zaun, wie er hier im Streit sei, nicht vor. Der von den Beteiligten zu 2) im ersten Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegte Plan, der einen umfänglichen Sichtschutz vorsieht, sei nicht Bestandteil der Baugenehmigung, sondern der Bauvoranfrage. In diesem Detail sei die Planung vor der Genehmigung jedoch geändert worden.

Weiter habe sich der amtierende Einzelrichter unter Berücksichtigung der massiven Erscheinung der Zaunanlage und der persönlichen Anhörung der Beteiligten zu 1) nicht mit der notwendigen Sicherheit davon überzeugen können, dass diese das Beseitigungsverlangen allein im Interesse des Bauträgers und in der Absicht verfolge, den Beteiligten zu 2) zu schaden. Die Voraussetzungen des § 226 BGB seien danach nicht feststellbar.

Diese Begründung ist frei von Rechtsfehlern. Dass das Landgericht die Voraussetzungen einer optisch nachteiligen und damit zustimmungsbedürftigen baulichen Veränderung anhand der vorliegenden Fotos rechtsfehlerfrei festgestellt hat, hat der Senat bereits in dem Beschluss vom 17.04.2008 ausgeführt. Soweit die Beteiligten zu 2) geltend gemacht haben, der Zaun sei von der Wohnung der Beteiligten zu 1) aus kaum zu sehen, kommt es hierauf nicht an. Maßgebend ist vielmehr, inwieweit die Veränderung auf den Gesamtcharakter der Anlage einwirkt. Ausreichend hierfür ist die Erkennbarkeit von der Straße oder von Gemeinschaftsflächen aus. Auch soweit die Beteiligten zu 2) darauf verweisen, dass mittlerweile auch andere Miteigentümer bauliche Veränderungen vorgenommen hätten, steht auch dies dem Beseitigungsanspruch nicht entgegen. Denn eine "Aufrechnung" baulicher Veränderungen ist nach allgemeiner Auffassung unzulässig (statt aller BayObLG NZM 2000, 433).

Auch die Auffassung des Landgerichts, dass die Zaunanlage, soweit ihre Beseitigung verlangt wird, nicht als Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes der Anlage gelten kann, ist frei von Rechtsfehlern. Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung geben für eine Zaunanlage der hier in Frage stehenden Größenordnung nichts her. Die von den Antragsgegnern angesprochene zeichnerische Darstellung einer etwa 90 cm hohen Abtrennung im Bereich der Geländeerhöhung lässt sich weder mit der Ausdehnung noch mit der Höhe der vorhandenen Anlage in Einklang bringen. Ebensowenig ist die Errichtung der konkreten Zaunanlage eine den Antragsgegnern nach der Teilungserklärung überlassene gärtnerische Gestaltung.

Auch aus der einheitlichen Fassung der Ersterwerberverträge lässt sich kein geplanter Erstzustand der Anlage herleiten, der den streitigen Zaun umfassen würde. Die Verträge nehmen auf die Baugenehmigungsplanung Bezug. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist ein hoher Sichtschutzzaun in dieser Planung jedoch nicht mehr enthalten. Auf den Inhalt der Pläne zur Bauvoranfrage kommt es dabei nicht an, da diese nicht Gegenstand der Ersterwerberverträge geworden sind. Soweit die Antragsgegner sich in diesem Zusammenhang wiederum auf den Inhalt ihrer Verhandlungen mit dem Bauträger beziehen, ist dies rechtlich unerheblich. Auch nach der Rechtsprechung des Senats sind die einzelnen Erwerberverträge und die vorhergehenden Verhandlungen für die wohnungseigentumsrechtliche Beurteilung irrelevant, da sie allein die schuldrechtliche Ebene zwischen Bauträger und Erwerber bestimmen. Erst dort, wo sich aus gleich lautenden Regelungen aller Erwerberverträge ein bestimmter Erstzustand der Anlage ergibt, ist es jedem Erwerber verwehrt, die Herstellung dieses Zustandes als wohnungseigentumsrechtlich unzulässig zu rügen.

Letztlich lässt sich die vorhandene Zaunanlage auch nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 32 NachbG-NW rechtfertigen. Die Regelungen über die Einfriedigung (§§ 32 ff NachbG) sind im Verhältnis von Wohnungseigentümern untereinander nicht entsprechend anwendbar. Die insoweit von den Beteiligten zu 2) vertretene Auffassung lässt sich nicht auf die angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 174, 20 ff.) stützen, die sich ausdrücklich nur auf die Vorschriften über Grenzabstände für Pflanzen (§§ 40 ff. NachbG NW) bezieht. Der Senat (NJW-RR 2003, 230) hat die entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften auf den Gedanken gestützt, dass im Rahmen des Rücksichtnahmegebots (§ 14 Nr. 1 WEG) in geeigneten Fällen die landesrechtlichen Vorschriften der Nachbarrechtsgesetze aufgrund ihrer Leitbildfunktion in die Abwägung der gegenseitigen Interessen einbezogen werden können, weil sie das Maß grenzüberschreitender Einwirkungen beschreiben, die im Verhältnis von Grundstücksnachbarn hingenommen werden müssen. Die Vorschriften über die Einfriedigungspflicht müssen demgegenüber auf das Rechtsverhältnis benachbarter Grundstückseigentümer beschränkt bleiben. Denn unter den weiteren Voraussetzungen der genannten Vorschriften wird eine Verpflichtung des Grundstückseigentümers zur Errichtung einer Einfriedigung als baulicher Anlage auf oder an der Grundstücksgrenze begründet. Demgegenüber muss es innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft der Regelung der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung) vorbehalten bleiben, ob und in welcher Weise Flächen, an denen Sondernutzungsrechte begründet worden sind, gegenüber anderen Flächen abzugrenzen sind. Eine andere Beurteilung würde zu dem untragbaren Ergebnis führen, dass bei einer - in der Praxis häufig anzutreffenden - Vielzahl von kleinflächigen Sondernutzungsrechten diese auch gegen den Willen des jeweiligen Nutzungsberechtigten durch einen mindestens 1,20 m hohen Zaun (§ 35 NachbG NW) abgegrenzt werden müssten und so die Gestaltung des gemeinschaftlichen Grundstücks durch eine Vielzahl von Zäunen dominiert würde. Es muss deshalb bei der in der Rechtsprechung einhellig anerkannten Auffassung bleiben, dass die Rechtmäßigkeit der Errichtung eines in der Teilungserklärung nicht vorgesehenen Zaunes auf einer Sondernutzungsfläche nach § 22 WEG zu beurteilen ist.

Auch soweit sich die streitige Zaunanlage auf der Grenze zum Nachbargrundstück befindet, hatte das Landgericht keinen Anlass, davon auszugehen, es könne sich um eine Einfriedigung im Sinne des § 32 NachbG NW handeln. Das NachbG schreibt sowohl ein bestimmtes Verfahren für das notwendige Zusammenwirken der Nachbarn als auch eine bestimmte Ausgestaltung der Einfriedigung vor. Hier ist jedoch nicht dargetan worden, dass diese Voraussetzungen tatsächlich eingehalten worden sind. Beteiligte des nachbarschaftsrechtlichen Verhältnisses sind zudem die Miteigentümer in ihrer Gesamtheit und nicht allein die Beteiligten zu 2).

Auch soweit das Landgericht die Voraussetzungen einer schikanösen Rechtsverfolgung (§ 226 BGB) nicht hat feststellen können, ist ein Rechtsfehler nicht ersichtlich. Die Rechtsausübung ist nach § 226 BGB nur dann unzulässig, wenn nach Lage des Einzelfalls auf Seiten des Gläubigers jeder andere Zweck als eine Schädigung des Schuldners ausscheidet. Hiervon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Ob dies der Fall ist, ist Tatfrage. Die Tatsachenwürdigung des Beschwerdegerichts kann im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens nur darauf überprüft werden, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG), sich mit allen wesentlichen Umständen auseinandergesetzt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen Denkgesetze und zwingende Erfahrungssätze oder den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat (Keidel/Meyer-Holz, FG, 15.Aufl. § 27 FGG Rdn.42 m.w.N.). Derartige Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Das Landgericht hat zutreffend auf eine Würdigung der objektiv möglichen Motivlage und auf den persönlichen Eindruck von der Beteiligten zu 1) abgestellt. Die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich und alleine deshalb für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend.

Da die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg bleibt, entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligten zu 2) die Gerichtskosten dieses Rechtsmittelverfahrens zu tragen haben (§ 47 S.1 WEG a.F.). Die Beteiligten zu 2) haben mit der sofortigen weiteren Beschwerde nunmehr keine Gesichtspunkte mehr vorgetragen, die die auf einer umfänglichen Sachaufklärung beruhende Entscheidung des Landgerichts ernstlich hätten in Frage stellen können. Bei dieser Sachlage entspricht es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Billigkeit, die Beschwerdeführer auch mit der Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegner für die dritte Instanz zu belasten (§ 47 S.2 WEG a.F.).

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 48 Abs.3 WEG a.F..

Ende der Entscheidung

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