Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 27.04.2001
Aktenzeichen: 10 UF 60/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 140
ZPO § 341 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 577
ZPO § 340 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 694 Abs. 2
ZPO § 700 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 114
GKG § 17 Abs. 1
GKG § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

10 UF 60/01 + 10 WF 41/01 6 F 160/00 AG Monschau

In der Familiensache

pp.

hat der 10. Zivilsenat - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Köln

am 27. April 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde und die einfache Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Monschau vom 23.02.2001 - 6 F 160/00 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde werden dem Beklagten auferlegt.

Gründe

Die Klägerin hat gegen den Beklagten, ihren getrenntlebenden Ehemann, nach Prozesskostenhilfe-Bewilligung eine Klage auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt erhoben. Das Amtsgericht hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet und dem Beklagten aufgegeben, binnen einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht anzugeben, ob er sich gegen die Klage verteidigen wolle, und für diesen Fall innerhalb einer weiteren Frist von zwei Wochen auf die Klagebegründung zu erwidern. Die Zustellung wurde am 02.11.2000 durch Niederlegung bei der Post bewirkt. Am 28.12.2000 ist dem Beklagten dann noch ein reduzierter Klageantrag zugestellt worden. Nachdem der Beklagte keine Reaktion zeigte, ist am 15.01.2001 ein Versäumnisurteil zu Gunsten der Klägerin ergangen, das dem Beklagten mit Rechtsmittelbelehrung am 25.01.2001 persönlich zugestellt worden ist. Am 08.02.2001 ist sodann ein Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 05.02.2001 eingegangen, der die Anwaltsbestellung, den Klageabweisungsantrag nebst Klageerwiderung und ein Prozesskostenhilfegesuch enthielt. Am 20.02.2001 erörterte die Abteilungsrichterin mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Prozesslage im Hinblick auf das bereits vorliegende Versäumnisurteil. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten per Telefax unter dem 20.02.2001 mit, er habe zur Kenntnis genommen, dass dem Beklagten am 25.01.2001 ein Versäumnisurteil zugestellt worden sei. Er verwies darauf, dass sein Schriftsatz vom 05.02.2001 noch innerhalb der Einspruchsfrist eingegangen und im Wege der Umdeutung als Einspruch gegen das Versäumnisurteil anzusehen sei.

Durch Beschluss vom 23.02.2000 hat das Amtsgericht dem Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe verweigert und den "Einspruch gegen das Versäumnisurteil" als unzulässig verworfen. Eine Umdeutung des noch in der Einspruchsfrist eingegangenen Schriftsatzes des Beklagten vom 05.02.2001 in einen Einspruch hat es abgelehnt, weil dem Schriftsatz und dem Klageabweisungsantrag kein Hinweis auf das dem Beklagten bereits persönlich zugestellte Versäumnisurteil zu entnehmen sei.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigtem des Beklagten am 07.03.2001 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts hat der Beklagte durch anwaltlichen Schriftsatz vom 13.03.2001, eingegangen beim Amtsgericht am 15.03.2001, sofortige Beschwerde wegen Verwerfung des Einspruchs und Beschwerde gegen die verweigerte Prozesskostenhilfe eingelegt.

1)

Die gemäß den §§ 341 Abs. 2 Satz 2, 577 ZPO zulässige - insbesondere form- und fristgerecht eingelegte - sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die Verwerfung seines Einspruchs als unzulässig ist in der Sache unbegründet.

Der Schriftsatz des Beklagten vom 20.02.2001, mit dem er seinen Willen bekundet hat, Einspruch gegen das am 25.01.2001 ergangene Versäumnisurteil einlegen zu wollen, kann im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufene zweiwöchige Einspruchsfrist nicht als fristgemäß eingegangene Einspruchsschrift angesehen werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch der am 08.02.2001, also noch innerhalb der Einspruchsfrist eingegangene Schriftsatz des Beklagten vom 05.02.2001 nicht in einen rechtzeitigen Einspruch umgedeutet werden, da die Voraussetzungen einer zulässigen Umdeutung nicht vorliegen. Denn dieser Schriftsatz enthält keinerlei Hinweis auf das dem Beklagten bereits persönlich zugestellte Versäumnisurteil, von dessen Existenz der Prozessbevollmächtigte des Beklagten offenbar bei Abfassung seines Schriftsatzes auch noch keine Kenntnis hatte. Diese erhielt er erst nach Ablauf der Einspruchsfrist durch das Telefonat mit der Abteilungsrichterin. Gegen eine Umdeutung spricht schon, dass sich aus dem Inhalt des Schriftsatzes mangels Kenntnis des Verfassers von dem Versäumnisurteil keinerlei Hinweis auf das konkrete Versäumnisurteil ergibt. Damit fehlt diesem Schriftsatz bereits die nach § 340 Abs. 2 Nr. 1 ZPO notwendige zweifelsfreie Bezeichnung des konkret angegriffenen Urteils (vgl. MünchKomm/Prütting, ZPO, 2. Aufl., § 340 Rn. 7). Davon abgesehen kann aber auch bei Unkenntnis von einem bereits ergangenen Versäumnisurteil aus einer Klageerwiderung und aus einem Klageabweisungsantrag nicht geschlossen werden, dass sich die Partei auch gegen jede richterliche Entscheidung wenden werde (LG Leipzig MDR 1986, 418). Der Fall ist insoweit anders gelagert als z.B. bei einer schon eingelegten selbständigen Berufung, die bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist in der Regel in eine unselbständige Anschlussberufung umgedeutet werden kann (vgl. BGHZ 100, 387 (388)). Demgegenüber wendet sich die beklagte Partei mit einer Klageerwiderung und einem Klageabweisungsantrag inhaltlich nur gegen die Forderung des Klägers, nicht aber erkennbar gegen deren Beurteilung durch das Gericht. Der Partei bzw. dem sie vertretenden Prozessbevollmächtigten kann nicht unterstellt werden, man wende sich damit auch gegen eine richterliche Entscheidung, wenn man diese noch nicht kennt, und wolle sozusagen "auf Verdacht" jede ungünstige Entscheidung des Gerichts bekämpfen. Diese Unterstellung geht auch aus Kostengründen zu weit (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 340 Rn. 6, so im Ergebnis auch Zöller-Herget, ZPO, 22. Aufl., § 340 Rn. 4). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Klageerwiderung hier mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden war, sodass gerade die Kostenfrage ein besonderes Problem der Partei darstellte.

Die vorherigen Ausführungen gelten auch und gerade bei einer anwaltlich vertretenen Partei (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O.). Insoweit ist desweiteren zu bedenken, dass ein anwaltlicher Vertreter gerade hier den zwischenzeitlichen Prozessverlauf hätte mutmaßen und erforschen und sodann rechtzeitig hätte Einspruch einlegen können. Anderenfalls hätte - wenn ein unbedingter Wille vorhanden gewesen wäre, sich jedenfalls auch gegen ein etwa schon ergangenes Versäumnisurteil zu wenden, - bereits ein "vorsorglicher" Einspruch in dem Klageerwiderungsschriftsatz vom 05.02.2001 formuliert werden können.

Aus den aufgezeigten Gründen vermag sich der Senat nicht der zum gegenteiligen Ergebnis gelangenden Entscheidung des OLG Braunschweig in FamRZ 1995, 235 anzuschließen. Auch eine Gleichbehandlung des vorliegenden Falles mit einem verspäteten Widerspruch gegen einen Mahnbescheid, der gemäß § 694 Abs. 2 ZPO als Einspruch gegen einen bereits ergangenen Vollstreckungsbescheid zu behandeln ist (so Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., Anm. A II a 2), scheidet aus. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für eine bestimmte Konstellation eine spezielle gesetzliche Regelung getroffen, die zudem noch durch § 700 Abs. 3 ZPO abgefedert ist (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 694 Rn. 3). Eine Analogie zu dieser ganz speziellen Gesetzesregelung kommt nicht in Betracht. Die Existenz des § 694 Abs. 2 ZPO kann vielmehr auch als Indiz dafür gewertet werden, dass das vom Gesetzgeber mit dieser Vorschrift angestrebte Ziel nicht schon durch eine Umdeutung entsprechend § 140 BGB erreichbar gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2)

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde des Beklagten gegen den oben genannten Beschluss, soweit das Amtsgericht dem Beklagten dadurch für das Einspruchsverfahren Prozesskostenhilfe verweigert hat, ist unbegründet.

Die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Beklagten bietet nicht die gemäß § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht. Das ergibt sich bereits aus den Ausführungen zu 1) betreffend die Unzulässigkeit des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil. Für eine Kostenentscheidung besteht insoweit keine Veranlassung (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Gegenstandswert zu 1) gemäß § 17 Abs. 1 und 4 GKG: 21.646,00 DM (laufender Unterhalt: 12 x (1.305,00 DM zzgl. 280,00 DM) = 19.020,00 DM zzgl. rückständiger Unterhalt von 2.133,10 DM und 492,90 DM).

Ende der Entscheidung

Zurück