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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.01.2001
Aktenzeichen: 11 U 59/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 556
BGB § 558 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 59/00 9 O 549/98 LG Aachen

Anlage zum Terminsprotokoll vom 24.01.2001

Verkündet am 24.01.2001

Reisenauer, J.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pastor, den Richter am Oberlandesgericht Zoll und den Richter am Landgericht Frohn

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 10.03.2000 verkündete Teilurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 549/98 - aufgehoben, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen worden ist;

auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das genannte Urteil ferner aufgehoben, soweit die Beklagte zu 2) verurteilt worden ist.

Soweit der Beklagte zu 1) auf sein Anerkenntnis hin verurteilt worden ist und soweit die Klage gegen die Beklagte zu 3) abgewiesen worden ist sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) den Klägerinnen auferlegt worden sind, hat das Urteil des Landgerichts Bestand. Hinsichtlich der weiter gehenden Kostenentscheidung betreffend die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) wird das Urteil aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerinnen haben von den Beklagten Räumung und Herausgabe eines Tankstellengrundstücks nebst Entfernung der Auf- und Einbauten sowie die Entsorgung und Wiederherstellung kontaminierten Erdreichs verlangt.

Mit Vertrag vom 28.08.1963/10.03.1965 vermietete die damalige Eigentümerin des im nachfolgend dargestellten Klageantrag näher bezeichneten Grundstücks, Frau E. H., dieses zum Betrieb einer Tankstelle an die F.-Tankstellenorganisation GmbH & Co. In § 8 des Vertrages heißt es:

"Mieter. ist zur Untervermietung berechtigt. Falls Mieter diesen Vertrag ganz oder teilweise auf einen Dritten überträgt oder falls ein Dritter an Stelle des Mieters in diesen Vertrag eintritt, so bleibt die Wirksamkeit des Vertrages hiervon unberührt."

Nach § 2 einer Zusatzvereinbarung ist der Mieter verpflichtet, die Ein- und Aufbauten nach Vertragsablauf zu entfernen. Eine weitere Parzelle vermieteten die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann an die genannte Mieterin. Auf den Inhalt der Verträge nebst Zusatzvereinbarungen wird im einzelnen bezug genommen (Bl. 38 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 22.04.1965 (Bl. 47 d.A.) unterrichtete die Mieterin die Vermieterin darüber, dass sie von ihrem Recht aus § 8 des Mietvertrages Gebrauch mache und den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung auf die U.-Treibstoff GmbH übertrage. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um die Beklagte zu 2), die inzwischen wie aus dem Rubrum ersichtlich firmiert. Sie meldete sich in der Folge bei der Vermieterin als neue Mieterin und kündigte den kurzfristigen Beginn der Bauarbeiten für die Tankstelle an (Bl. 48 d.A.). Eine entsprechende Information erhielten die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann, mit deren Parzelle ersichtlich ebenso verfahren wurde (Bl. 49 d.A.). In der Folge wurde die Tankstelle betrieben.

Mit Schreiben vom 22.03.1982 (Bl. 19 d.A.) unterrichtete die Beklagte zu 2) die Vermieterin darüber, dass sie von ihrem Recht aus § 8 des Mietvertrages Gebrauch mache und den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung auf den Beklagten zu 1) übertrage. Dem lag ein Vertrag zwischen den genannten Beklagten vom 31.12.1981/19.03.1982 zu Grunde, wegen dessen Inhalt auf Bl. 126 ff. (= Bl. 161 ff.) d.A. Bezug genommen wird. In § 6 dieses Vertrages verpflichtet sich der Beklagte zu 1), die Mietgrundstücke nur zum Betrieb einer Reparatur-Werkstatt zu nutzen; der Betrieb und die Unterhaltung einer Tankstelle sind ausdrücklich untersagt.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.06.1982 (Bl. 105 ff. d.A.) widersprachen die Klägerinnen der Übertragung des Mietvertrages auf den Beklagten zu 1), u.a. wegen der vorgesehenen Zweckänderung des Grundstücks. Die Klägerinnen hatten Frau H., die inzwischen verstorben war, beerbt. Tatsächlich nutzte der Beklagte zu 1) das Grundstück in der Folge und zahlte die Miete auf der Grundlage des ursprünglichen Mietvertrages. Unter dem 21.12.1993 sprachen die Klägerinnen in einem an den Beklagten zu 1) gerichteten Schreiben (Bl. 141 d.A.) die Kündigung des Mietvertrages "vom 10.3.1965" aus. Tatsächlich ist das Mietverhältnis zwischen den Genannten unstreitig seit dem 30.06.1998 beendet. Gegenüber den Beklagten zu 2) und zu 3) sprachen die Klägerinnen unter dem 15.10.1999 eine fristlose Kündigung aus.

Die Klägerinnen haben den Grundbesitz durch Erbteilsübertragungsverträge auf ihre inzwischen als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragenen Kinder übertragen (vgl. Bl. 15 d.A.); ihnen steht indes der Nießbrauch zu, zudem sind sie von den Eigentümerinnen zur Klage ermächtigt.

Die Klägerinnen haben neben dem Beklagten zu 1) auch die Beklagten zu 2) und 3) für verpflichtet gehalten, das Grundstück zu räumen, und geltend gemacht, die Beklagte zu 2) habe sich nicht wirksam von dem Mietvertrag gelöst. Unter Bezugnahme auf gutachtliche Stellungnahmen haben sie behauptet, das Grundstück weise von den Beklagten zu verantwortende Kontaminierungen auf, die eine Geländesanierung erforderlich machten.

Der Klägerinnen haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger das in Grundbuch des Amtsgerichts E.; Grundbuch von D., Blatt-Nr. ..., eingetragene Tankstellengrundstück J. Straße 152, Gemarkung D., Flur 13, Flustück 278, 279, 489, 128, - näher konkretisiert durch den Lageplan zum Mietvertrag vom. 28.8.1963/10.3.1965-, zwischen Frau E. H. und F.-Tankstellenorganisation GmbH & Co, V. (dort die rotumrandeten Flächen), geräumt an die Klägerinnen herauszugeben, insbesondere die sich auf dem vorgenannten Grundstück befindlichen Aufbauten Pflegehalle I, Pflegehalle II, Lager, Tankwartraum, die darüber befindlichen Wohnräume, die ehemaligen Tanksäulen mit dem darüber befindlichen Dach, die Tankstellenzufahrten und die geteerten Flächen sowie die sich auf dem Tankstellengelände befindlichen Oel- und Benzintanks, voraussichtlich ein 4.000-l-Tank, 12.000-l-Tank, 23.000-l-Tank sowie ein 7.000-l-Tank, alle Zu- und Ableitungen der Tankstelle mit Nebenanlage ordnungsgemäß vom Grundstück zu entfernen, sowie kontaminierte Erdreichflächen zu entsorgen und wieder herzustellen.

Der Beklagte zu 1) hat diesen Antrag mit Ausnahme des letzten Zusatzes "sowie kontaminierte Erdreichflächen zu entsorgen und wieder herzustellen" unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt und im übrigen beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 2) und zu 3) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) hat eine von ihm zu verantwortende Kontaminierung bestritten und geltend gemacht, er habe keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Die Beklagten zu 2) und 3) haben geltend gemacht, die Beklagte zu 2) sei durch die Vertragsübergabe an den Beklagten zu 1) aus dem Mietverhältnis ausgeschieden. Im Übrigen haben sie die behauptete Kontaminierung und die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen bestritten.

Durch das angefochtene Teilurteil hat das Landgericht die Beklagten zu 1) und 2) zur Räumung nebst Entfernung der Auf- und Einbauten verurteilt. Soweit die Klägerinnen beantragt haben, den Beklagten zu 1) zur Entsorgung und Herstellung kontaminierter Flächen zu verurteilen, hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, soweit sich dieser Antrag gegen die Beklagte zu 2) richte, sei der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif, da die Beklagte zu 2) grundsätzlich hafte und über das Vorhandensein von Kontaminierungen und die notwendigen Beseitigungsmaßnahmen Beweis zu erheben sei; insoweit hat das Landgericht einen Beweisbeschluss erlassen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der Ausführungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung nebst Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 16.06.2000 (Bl. 257 d.A.) Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts haben die Klägerinnen und die Beklagte zu 2) jeweils selbständige Berufungen in zulässiger Weise eingelegt und diese in zulässiger Weise begründet.

Mit ihrer Berufung erstreben die Klägerinnen die Verurteilung des Beklagten zu 1) zur Entsorgung des Erdreichs, weil er in den Mietvertrag eingetreten sei und die Kontaminierung mitverursacht habe. Die zunächst auch wegen der Klageabweisung betreffend die Beklagte zu 3) eingelegte Berufung haben die Klägerinnen zurück genommen.

Sie beantragen,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu 1) auch zu verurteilen, das auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindliche kontaminierte Erdreich zu entsorgen und die betroffenen Flächen wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen, ferner, die Berufung der Beklagten zu 2) zurückzuweisen und Sicherheit durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen und Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu gestatten.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die gegen sie gerichtete Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuändern.

Der Beklagte zu 1) bestreitet eine von ihm verursachte Kontaminierung; er erhebt die Einrede der Verjährung, da das Grundstück am 31.03.1998 an die Vermieter zurück gegeben worden sei (Vertragsende 30.06.1998; Klageeingang am 30.11.1998).

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte zu 2) vollständige Klageabweisung, weil sie 1982 aus dem Mietverhältnis ausgeschieden sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze und die überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Berufungen führen zu einem vorläufigen Erfolg der Berufungskläger. Das angefochtene Urteil ist in dem unten noch näher bezeichneten Umfang aufzuheben.

I.

Das Landgericht hat, worauf der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, durch unzulässiges Teilurteil entschieden.

1.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es einen quantitativen, zahlenmäßig oder sonst bestimmten Teil eines teilbaren Streitgegenstandes unabhängig von der Entscheidung über den Rest des Anspruchs abschließend so bescheidet, dass die Gefahr widerstreitender Entscheidungen, auch durch das Rechtsmittelgericht, ausgeschlossen ist (vgl. etwa BGHZ 107, 236, 242, 244; 120, 376, 380; BGH, BauR 1999, 736, 737; NJW 1999, 1638; 2000, 1405; WM 2000, 725). Für die Annahme einer den Erlass eines Teilurteils ausschließenden Divergenzgefahr genügt die Möglichkeit abweichender Entscheidungen im Instanzenzug (BGHZ 107, 236, 242; 120, 376, 380). Besteht die Gefahr widerstreitender Entscheidungen, ist auch die Entscheidung über die gegen mehrere Streitgenossen gerichtete Klage durch Teilurteil betreffend einen der Streitgenossen unzulässig (vgl. etwa BGHZ 120, 376, 380; BGH NJW 1999, 1035 f.; OLG Köln OLGR 2000, 98 f.).

2.

Die Gefahr widerstreitender Entscheidungen besteht im Streitfall schon deshalb, weil es für den Teil des Rechtsstreits, über den das Landgericht Beweis erheben will, auf die Klärung der streitigen Frage ankommt, ob die Beklagte zu 2) überhaupt noch aus dem Mietverhältnis haftet oder ob jegliche Haftung wegen einer Vertragsübernahme durch den Beklagten zu 1) ausgeschlossen ist; dazu können in den Instanzen (auch - etwa bei veränderter Besetzung - durch das Landgericht oder den Senat später bei der Entscheidung über den jetzt noch beim Landgericht anhängigen Teil des Rechtsstreits) unterschiedliche Ansichten vertreten werden. Hinzu kommt Folgendes: Das Landgericht will hinsichtlich der Haftung der Beklagten zu 2) Beweis zu den Bodenverunreinigungen erheben. Soweit der Senat - oder, bei abweichender Bewertung der Beschwer, das Revisionsgericht - eine Haftung beider Beklagten bejaht, kommt es gleichermaßen auf den Umfang der Kontaminierung und hinsichtlich deren Ursache auch darauf an, ob und inwieweit sie von der Beklagten zu 2) oder dem Beklagten zu 1) verursacht wurde (vgl. dazu unten II. 2).

II.

Im Hinblick auf die danach gebotene Aufhebung des angefochtenen Urteils (dazu unten III.) weist der Senat für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:

1.

Dem Berufungsvortrag der Beklagten zu 2) kann der Senat in der Sache nicht folgen. Sie haftet für die aus der - jetzt erst erfolgten - Beendigung des Mietverhältnisses sich ergebenden Mieterpflichten.

a)

Die Beklagte zu 2) ist aus dem Mietverhältnis mit den Klägerinnen - als Rechtsnachfolgerinnen der Frau H. - nicht auf Grund der Übernahme des Vertrages durch den Beklagten zu 1) ausgeschieden.

aa)

Eine Vertragsübernahme liegt schon begrifflich nicht vor. Sie setzt voraus, dass der Vertrag in seiner Identität erhalten bleibt und lediglich ein Wechsel in der Person der Vertragsparteien eintritt (BGH NJW 1985,2526, 2531 = BGHZ 95, 88 ff.), d.h. eine der Parteien ihre gesamte Rechtsstellung auf einen Dritten überträgt (Heile in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II Rn. 806 ff.). Hier hat zwar die Beklagte zu 2) nach dem Wortlaut des § 2 des Vertrages vom 19.03.1982 (Bl. 127 d.A.) eine Übertragung aller Rechte und Pflichten auf den Beklagten zu 1) vorgenommen. Zugleich hat sie aber den mit Frau H. geschlossenen Mietvertrag in einem wesentlichen Punkt geändert. Sie hat das Grundstück zur Errichtung und zum Betrieb einer Tankstelle angemietet. Der Beklagte zu 1) sollte aber nur eine Kfz-Reparaturwerkstatt betreiben und durfte das Grundstück auch nach § 6 des Vertrages mit der Beklagten zu 2) nicht anders nutzen. Da die vereinbarte Nutzungsart wesentliches Element eines Mietvertrages ist, liegt keine Vertragsübernahme vor. Vielmehr hat die Beklagte zu 2) versucht, zwischen der Vermieterin und dem Beklagten zu 1) einen Vertrag mit anderem Inhalt zu begründen.

bb)

Die drei Beteiligten haben sich nicht darauf geeinigt, dass Frau H. oder die Klägerinnen in das von der Beklagten zu 2) umgestaltete Mietverhältnis eintrat (zur notwendigen Mitwirkung der Beteiligten vgl. BGH a.a.O. S. 2530; NJW 1986, 918 = BGHZ 96, 302 ff.). Die Beklagten als Erben der Frau H. haben der von der Beklagten mit Schreiben vom 22.03.1982 (Bl. 19 d.A.) mitgeteilten Übertragung des Vertrages auf den Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 08.06.1982 (Bl. 105 ff. d.A.) widersprochen. Sie haben dann zwar das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1) tatsächlich durchgeführt. Eine Zustimmung der Klägerinnen zur Auswechselung des Vertragspartners mit der Folge einer Entlassung der Beklagten zu 2) aus dem Vertragsverhältnis liegt darin aber nicht. Sie lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die Klägerinnen in dem Kündigungsschreiben vom 21.12.1993 offenbar von einer Identität zwischen dem mit dem Beklagten zu 1) bestehenden Mietverhältnis und dem durch Vertrag vom 10.03.1965 begründeten Mietverhältnis ausgingen (vgl. Bl. 141 d.A.).

cc)

Eine Zustimmung der Vermieterseite zur Auswechselung des Vertragspartners lässt sich auch nicht aus § 8 des Mietvertrages herleiten. Der Klausel ist schon nicht zu entnehmen, dass dem Mieter vorab gestattet sein soll, vorbehaltlos eine Übertragung des Vertrages mit der Wirkung vorzunehmen, dass er von allen Vertragspflichten entbunden ist; sollte sie so auszulegen sein, wäre sie wegen der erheblichen Folgen einer solchen Auswechselung der Vertragspartei im umweltgefährdenden Tankstellengeschäft jedenfalls als Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 242 BGB unwirksam (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 1993, 319 zu dem 1965 noch nicht geltenden § 9 AGBG). Insbesondere lässt sich der Klausel aber auch nicht entnehmen, dass der Mieter die Übertragung auch in der Weise soll vornehmen dürfen, dass der Nutzungszweck geändert und das solvente Ölunternehmen nicht durch ein anderes Ölunternehmen, sondern durch eine Kfz-Werkstatt ausgetauscht wird. Eine solche Nutzungsänderung lag hier vor und gerade dieser Änderung des Nutzungszwecks haben die Klägerinnen widersprochen.

dd)

Gegen ein vollständiges Ausscheiden der Beklagten zu 2) aus den mietvertraglichen Verpflichtungen spricht auch, dass trotz der "Vertragsübernahme" die zu Gunsten der Beklagten zu 2) eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit bis zum Vertragsablauf bestehen bleiben und dem Beklagten zu 1) lediglich zur Ausübung überlassen werden sollte (Vertrag vom 19.03.1982, § 4 und Schreiben der Beklagten zu 2 an Frau H. vom 22.03.1982, Bl. 128, 19 d.A.).

ee)

Die tatsächliche Durchführung des Mietverhältnisses ausschließlich mit dem Beklagten zu 1) über 16 Jahre hinweg rechtfertigt nicht den Schluss, dass die Klägerinnen auf die Beteiligung der Beklagten zu 2) keinen Wert mehr legten und sie deshalb letztlich stillschweigend aus sämtlichen Vertragspflichten entließen. Sie haben sich lediglich der von der Beklagten vorgegebenen Situation gebeugt. Solange der Beklagte zu 1) die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis erfüllte, bestand in der Folge kein Anlass, an die Beklagte zu 2) heranzutreten. Die weiter bestehende Verpflichtung der Beklagten zu 2) wurde erst akut, als es um die Räumung und Dekontaminierung des Grundstücks ging. Ein Interesse der Klägerinnen, die Beklagte zu 2) als haftenden Partner im Hintergrund zu wissen, bestand gerade auch im Hinblick auf das mögliche Sanierungsinteresse nach Vertragsbeendigung. Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass die Beklagte zu 2) auf eine Entlassung aus dem Vertragsverhältnis trotz nicht erklärter Zustimmung zur Vertragsübernahme und trotz des Widerspruchs der Klägerinnen hat vertrauen dürfen, sind nicht ersichtlich. Dem gemäß hat sie bei ihrer Argumentation auch im Wesentlichen auf § 8 des Mietvertrages abgestellt.

b)

Folge der nicht erfolgten Beendigung des Mietvertrages zwischen Klägerinnen und Beklagter zu 2 ist die fortbestehende Mithaftung für die dem Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Rückgabe zustehenden Ansprüche.

2.

Dem Berufungsvortrag der Klägerinnen ist nach Ansicht des Senats teilweise zu folgen.

a)

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte zu 1) zumindest auf Grund tatsächlicher Durchführung des Mietverhältnisses von 1982 bis 1998 Mieter war. Der Beklagte zu 1) hat sich dem gemäß durch Anerkenntnisurteil zur Herausgabe des Grundstücks nebst Wegnahme der Ein- und Aufbauten verurteilen lassen. Streitig ist nur, ob er zur Beseitigung kontaminierten Erdreichs verpflichtet ist.

aa)

Mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass sich eine Verpflichtung des Mieters zur Dekontaminierung weder aus § 556 BGB noch aus den vertraglichen Vereinbarungen ergibt, soweit geringe Verunreinigungen im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs nicht zu vermeiden sind (vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 712 f.).

bb)

Für übermäßige vermeidbare Verunreinigungen, die durch wirksame Schutzmaßnahmen verhindert werden können und müssen, haftet der Mieter indes aus positiver Vertragsverletzung (vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1488 f.). Die Klägerinnen behaupten, es lägen derartige Verunreinigungen vor, für die (auch) der Beklagte zu 1) verantwortlich sei. Zu Unrecht geht das Landgericht (Urteil Seite 9 f.) davon aus, eine Haftung des Beklagten zu 1) scheide schon nach dem Vortrag der Klägerinnen aus, weil im Bereich der Pflegehalle keine übermäßigen Belastungen festgestellt worden seien. Das von den Klägerinnen vorgelegte Gutachten besagt das Gegenteil (Bl. 171, 172 d.A.). Im Übrigen kann ein ausführliches Gutachten durchaus zu abweichenden Feststellungen führen; der Privatgutachter empfiehlt vor der Pflegehalle eine tiefenspezifische Einzelanalytik (Bl. 172 d.A.). Die Ausführungen des Privatgutachters (Bl. 196 d.A.), die Bodenverunreinigungen seien eindeutig auf den Tankstellenbetrieb zurück zu führen, besagt offensichtlich nicht, dass eine Verunreinigung durch mineralölbezogene Tätigkeiten im Werkstattbetrieb des Beklagten zu 1) ausgeschlossen ist.

Dem Vortrag der Klägerinnen ist durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen. Ob sie beweisen können, dass bestimmte Verunreinigungen gerade von dem Beklagten zu 1) verursacht wurden, kann aber ohne sachverständige Hilfe nicht beurteilt werden.

cc)

Fraglich ist, ob der Beklagte zu 1) auch für Verunreinigungen haftet, die ausschließlich durch den Betrieb der Tankstelle durch die Beklagte zu 2) verursacht wurden. Dies hängt davon ab, ob eine Vertragsübernahme stattgefunden hat mit der Wirkung, dass der Beklagte zu 1) im Verhältnis zu den Klägerinnen in alle Rechte und Pflichten der Beklagten zu 2) eingetreten ist. Dies ist in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen zur Haftung der Beklagten zu 2) zu verneinen.

(1)

Zwar liegt im Verhältnis zwischen den Beklagten nach dem Wortlaut des § 2 des Vertrages vom 19.03.1982 (Bl. 127 d.A.) eine Übertragung aller Rechte und Pflichten auf den Beklagten zu 1) vor. Dies besagt indes nur etwas über das Verhältnis der Beklagten.

(2)

Im Verhältnis zwischen den Klägerinnen und dem Beklagten zu 1) scheidet dessen Haftung für ausschließlich von der Beklagten zu 2) verursachte Bodenverunreinigungen aus, weil mangels Zustimmung der Klägerinnen eben keine Vertragsübertragung stattgefunden hat, sondern die Klägerinnen sich auf das von der Beklagten zu 2) untergeschobene Mietverhältnis betreffend den Betrieb einer Kfz-Werkstatt - bei weiter bestehender Haftung der Beklagten zu 2) - eingelassen haben. Die Klägerinnen wussten im übrigen, dass sie sich nun auf den Vertrag mit einem Mieter einließen, der ein anderes Gewerbe betrieb und von der finanziellen Kapazität her kaum in der Lage sein würde, für die Beseitigung etwa größerer von der Beklagten zu 2) verursachter Umweltschäden einzustehen.

b)

Danach kommt es für die Haftung des Beklagten zu 1) nur darauf an, ob von ihm selbst verursachte nicht vertragsgemäße Verunreinigungen vorliegen. Dem ist durch Beweiserhebung nachzugehen. Ein dadurch ausgelöster Anspruch ist nicht verjährt. Zwar gilt die kurze Verjährungsfrist des § 558 Abs. 2 BGB auch für Ansprüche des Vermieters wegen Bodenverunreinigungen (OLG Hamm OLGR 1995, 25). Der Vortrag des Beklagten zu 1) zur Verjährung ist indes unerheblich. Es kann unterstellt werden, dass das Grundstück am 31.03.1998 an die Klägerinnen zurück gegeben wurde. Jedenfalls endete das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1) erst am 30.06.1998. Erst zu diesem Zeitpunkt entstanden die Ansprüche der Klägerinnen auf Räumung und Beseitigung der Anlagen und wurden fällig. Vor diesem Zeitpunkt konnte aber die Verjährung nicht beginnen (vgl. BGH NJW 1991, 2416, 2417; KG NJW-RR 1997, 392 ff.). Dabei ist im Streitfall davon auszugehen, dass auch der Anspruch auf Beseitigung von nicht vertragsgemäßen Bodenverunreinigungen erst bei Beendigung des Mietverhältnisses fällig wurde. Im Übrigen lässt die Behauptung, das Grundstück sei den Klägerinnen zurück gegeben worden, ihnen sei der unmittelbare Besitz eingeräumt und der ungehinderte Zutritt ermöglicht worden, nicht ausreichend konkret erkennen, auf welche Art und Weise dies erfolgt ist und inwieweit die Klägerinnen vor Ablauf der Mietzeit trotz Vorhandenseins der nach dem Anerkenntnis des Beklagten zu 1) von ihm noch zu beseitigenden Baulichkeiten Anlass zur Prüfung der Mietsache gehabt haben sollen.

III.

Da der Erlass eines unzulässigen Teilurteils einen wesentlichen Verfahrensfehler (§ 539 ZPO) darstellt, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, und zwar auf die Berufung der Klägerinnen, soweit die Klage gegen den Beklagten zu 1 abgewiesen worden ist, und auf die Berufung der Beklagten zu 2, soweit sie verurteilt worden ist. Das Teilurteil hat also nur hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zu 1) auf sein Anerkenntnis hin und hinsichtlich der Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 3) Bestand. Soweit die Beklagte zu 2) nach Ansicht des Senats haftet und deshalb zur Räumung verurteilt werden muss, darf die Berufung nicht zurückgewiesen werden, weil dann die Gefahr widerstreitender Entscheidungen bestünde.

Eine eigene Sachentscheidung des Senats (§ 540 ZPO) ist nicht angezeigt, da der Rechtsstreit zum Teil noch in erster Instanz anhängig ist und insgesamt noch Beweis erhoben werden muss.

Aufzuheben ist das angefochtene Urteil auch, soweit über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) entschieden worden ist; auch soweit diese Kosten auf Grund des durch Anerkenntnisurteil erledigten Teils des Rechtsstreits entstanden sind, können sie nicht Gegenstand einer isolierten Kostenentscheidung sein. Dagegen hat das angefochtene Urteil Bestand, soweit die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) den Klägerinnen auferlegt worden sind; über diese Kosten kann isoliert entschieden werden, weil die Beklagte zu 3) endgültig aus dem Verfahren ausgeschieden ist, feststeht, dass die insoweit unterlegenen Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten zu tragen haben, und die insoweit getroffene Entscheidung von der Entscheidung über die übrigen Kosten unabhängig ist.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren ist der Entscheidung des Landgerichts vorzubehalten, da nicht fest steht, inwieweit die Parteien endgültig obsiegen und unterliegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer keiner Partei übersteigt 60.000,00 DM.

Berufungsstreitwert: 55.000,00 DM (gemäß Senatsbeschluss vom 11.09.2000, Bl. 331 d.A.; die Parteien haben auf die dortige Aufforderung, zu einem eventuell höheren Streitwert, insbesondere zu den Kosten einer evtl. Dekontaminierung konkret vorzutragen, nicht reagiert und dazu auch in der mündlichen Verhandlung keine konkreten Angaben machen können).



Ende der Entscheidung

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