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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.07.2005
Aktenzeichen: 11 U 96/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 633 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 96/04

Anlage zum Protokoll vom 20. Juli 2005

Verkündet am 20.07.2005

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Caesar sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Küpper und Borzutzki-Pasing auf die mündliche Verhandlung vom 22.06.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.01.2004 (21 O 101/02) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger beauftragte den Beklagten im Jahre 2000 mit der Durchführung von Parkett- und Laminatverlegearbeiten in seinem Haus. Bei der Verlegung hielt der Beklagte die Verlegevorschriften des Herstellers hinsichtlich des Stirnversatzes nicht ein. Der Kläger meint, die Nichteinhaltung des Stirnversatzes entsprechend den Verlegevorschriften stelle einen Mangel des Laminat- und Parkettbodens dar. Dieser Mangel sei nur durch eine komplette Neuverlegung des Laminat- und Parkettfußbodens zu beheben.

Das Landgericht hat nach Einholung von Sachverständigengutachten die Klage abgewiesen. Der Parkettboden sei fehlerfrei verlegt; wegen der festgestellten Mängel am Laminatboden stehe dem Kläger ein Minderungs- oder Schadensersatzanspruch nicht zu, da er dem Beklagten nicht die erforderliche Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt habe.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag lediglich in Bezug auf den geltend gemachten Schadenersatz in Höhe von 8.776,37 € nebst Zinsen weiter. Er rügt, die erstinstanzliche Beweisaufnahme sei verfahrensfehlerhaft. Das Landgericht habe das Gutachten des entpflichteten Sachverständigen C nicht verwerten dürfen. Der anschließend beauftragte Sachverständige M habe ohne eigene Feststellungen vor Ort ein rein theoretisches Gutachten erstattet. In der Sache seien beide Gutachten falsch. Der vom Hersteller in seiner Verlegeanleitung vorgeschriebene Versatz von mindestens 50 cm sei als Stand der Technik einzuhalten. Insoweit beruft sich der Kläger wiederum auf eine Stellungnahme des Privatsachverständigen A. Zudem sei dies auch deshalb erforderlich, weil der Hersteller seine 30-jährige Garantie an die Einhaltung der Verlegeanleitung geknüpft habe.

Der Senat hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27.10.2004 ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen L vom 21.02.2005 (Bl. 353 ff. d.A.) und seine ergänzende Stellungnahme vom 05.04.2005 (Bl. 402 f. d.A.) verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil das Landgerichts, die Schriftsätze der Parteien sowie die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Im Hinblick auf den Parkettboden steht dem Kläger ein Minderungs- oder Schadensersatzanspruch nach §§ 634, 635 BGB a.F. nicht zu; die Parkettverlegung leidet nicht an einem Sachmangel im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F.. Der Sachverständige L hat die Einschätzung der beiden vom Landgericht beauftragten Sachverständigen bestätigt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass die Abweichung der stirnseitigen Versätze von den Herstellerrichtlinien keinen Mangel begründen. Ein allgemein gültiges Kriterium für den Stand der Technik und die Regeln des Faches könne nicht in Zahlen definiert werden. Die sachverständige Beurteilung der Parkettfläche richte sich insoweit überwiegend nach den Kriterien der Stabilität, Fugenbildung und des optischen Gesamteindrucks. Es sei zweifelsfrei, dass der Parkettboden mangelfrei verlegt sei. Insbesondere unter Beachtung der Tatsache, dass der Parkettboden bereits seit etwa vier Jahren mangelfrei liege, sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch zukünftig nicht mit einem Mangel infolge der Unterschreitung des vom Hersteller empfohlenen Mindestversatzes zu rechnen. Daran hat er in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.04.2005 festgehalten.

Aufgrund dieser überzeugenden Ausführungen ist ein Werkmangel am Parkettboden zu verneinen. Der Werkunternehmer schuldet ein auf Dauer mangelfreies, zweckgerechtes Werk, das den Regeln der Technik entspricht (vgl. Senat BauR 2005, 389 = OLGR 2004, 424; Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rdn. 1454 jew. m.w.N.). Das ist hier nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen zu bejahen. Allein in der Abweichung von den Herstellerrichtlinien ist ein Mangel nicht zu sehen. Seine abweichende Ansicht will der Kläger mit dem Hinweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig vom 12.08.2004 stützen (BauR 2004, 1946 = OLGR 2004, 498 mit kritischer Anmerkung von Schulze-Hagen IBR 2004, 683). In dieser Entscheidung wird in der Einhaltung der Herstellervorschriften eine zugesicherte Eigenschaft bzw. in ihrer Missachtung ein Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. gesehen (so auch OLG C ZfBR 2001, 111, 112). Das kann der Berufung aber nicht zum Erfolg verhelfen. Ein Sachmangel wird nicht durch die bloße Abweichung von Herstellerrichtlinien begründet, sondern ist nur dann anzunehmen, wenn - insbesondere als Folge unbestimmter Regeln der Technik - eine Ungewissheit über die Risiken des Gebrauches besteht (vgl. Senat BauR 2005, 389 = OLGR 2004, 424; Pastor a.a.O. Rdn. 1466 jew. m.w.N.). In diesem Falle liegt der Mangel auch nicht in dem Verstoß gegen die Richtlinien als solchem, sondern in der Risikoungewissheit. Diese war in den Fällen, die den Urteilen des OLG Schleswig und des OLG Brandenburg zugrunde lagen, gegeben, so dass diese Entscheidungen auf den vorliegenden Fall nicht zutreffen; hier haben alle gerichtlichen Sachverständigen das Risiko eines zukünftigen Schadenseintrittes ausgeschlossen.

Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Zusicherung einer Eigenschaft begründet. Der Kläger meint, der Beklagte habe im Hinblick auf die Garantiezusage des Herstellers zugesichert, die Herstellerrichtlinien einzuhalten. Das trifft nicht zu. Eine Eigenschaftszusicherung lässt sich nur dann annehmen, wenn besondere, über das Bestehen von Herstellerrichtlinien hinausgehende Anhaltspunkte für einen Zusicherungswillen des Werkunternehmers bestehen (vgl. Schulze-Hagen a.a.O.; Palandt-Sprau, BGB, 61. Aufl., § 633 Rdn. 3 m.w.N.). Eine zugesicherte Eigenschaft könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn die Garantiezusage des Herstellers an die Einhaltung seiner Verlegerichtlinien geknüpft und dies für den Beklagten erkennbar gewesen wäre. Hier fehlt es bereits an dem ersteren Erfordernis. Die Herstellergarantie hängt nicht von der Einhaltung der Verlegeanleitung ab. Die entsprechende Formulierung in der Garantie ist insoweit nicht eindeutig. Sie lautet: "Bitte lesen Sie vor der Verlegung sorgfältig und genau unsere Verlegeanleitung..." Drei Sätze weiter heißt es: "Bei unsachgemäßer Verlegung wird diese Hersteller-Garantie nicht gewährt." Es handelt sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Herstellers. Als solche ist sie ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (ständige Rechtsprechung, Nachweise bei Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 305 c Rdn. 16). Dabei gehen etwaige Zweifel nach § 5 AGBG (jetzt § 305 c Abs. 2 BGB) zu Lasten des Verwenders. Bei einer Auslegung nach diesen Maßstäben hängt die Garantie nicht von der Einhaltung der Verlegeanleitung, sondern nur von der sachgemäßen Verlegung ab. Eine sachgemäße Verlegung ist jedoch - wie oben ausgeführt - erfolgt.

Soweit die Berufung erneut eine mangelhafte Verleimung der Parkettdielen im Nut- und Federbereich behauptet, dringt sie ebenfalls nicht durch. Der Sachverständige C hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.02.2003 darauf hingewiesen, dass die Leimüberprüfung an Ort und Stelle keinen Hinweis auf eine nicht ordnungsgemäße feste Verbindung ergeben habe. Der Senat hat den Sachverständigen L beauftragt hat, die Verlegung des Parketts hinsichtlich der Verleimung zu überprüfen; der Kläger hat dem Sachverständigen die Durchführung von Prüfmaßnahmen durch den Sachverständigen indes untersagt (Gutachten des Sachverständigen vom 21.02.2005, Seite 21 unten/24 oben). Damit ist er für seine Behauptung beweisfällig geblieben.

2.

In Bezug auf den Laminatboden im Flur des Untergeschosses hat das Landgericht die Klage zutreffend wegen fehlender Fristsetzung abgewiesen. In dem von der Berufung angeführten Schreiben des Klägers vom 24.11.2001 hat er zwar eine Frist gesetzt, aber ohne die nach § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. erforderliche Ablehnungsandrohung. Diese ist auch nicht in dem anwaltlichen Schreiben vom 17.12.2001 enthalten; der dort eingeforderte Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. ist nicht Gegenstand der Klage. Die Fristsetzung war nicht entbehrlich. Der Beklagte hat die Beseitigung des vom Sachverständigen C später festgestellten Mangel nicht endgültig verweigert, sondern seine Mängelbeseitigungspflicht im Verfahren anerkannt.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht gegeben sind.

Berufungsstreitwert: 8.776,37 €.

Ende der Entscheidung

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