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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: 11 W 13/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

11 W 13/04

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pastor sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Küpper und Wurm am 12.3.2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Streitwertbeschwerde der Kläger vom 17.2.2004 wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 4.2.2004 - 17 O 109/02 - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde dahin abgeändert, dass der Streitwert für die Streitverkündung auf 9.324,37 € festgesetzt wird.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde, mit der sich die Kläger gegen die Festsetzung des Streitwertes für die Streithilfe wenden, ist nach § 25 Abs. 3 GKG zulässig. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels bestehen insbesondere nicht unter dem Gesichtpunkt, dass durch die angestrebte Änderung des Streitwertes die bereits rechtskräftige Kostenentscheidung in dem Urteil des Landgerichts unrichtig werden könnte. Das Landgericht hat lediglich über die Kosten des Rechtstreits entschieden. Ob darin eine von der angegriffenen Streitwertfestsetzung abhängige Entscheidung über die Kosten der Streithilfe zu sehen ist, erscheint zumindest fraglich (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 101 Rdn. 5). Das kann allerdings dahinstehen; denn die Änderung des festgesetzten Streitwertes ist nicht deshalb unzulässig, weil durch sie ein Widerspruch zu der schon rechtskräftigen Kostenentscheidung entsteht (OLG Köln - 7. Zivilsenat - FamRZ 1994, 56 = Jur. Büro 1993, 741; Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 11. Aufl., Rdn. 4160 m.w.N.).

In der Sache hat das Rechtmittel überwiegend Erfolg. Der Streitwert für die Streitverkündung bemisst sich nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Streithelfers am Obsiegen der von ihr unterstützten Partei. Dieses Interesse kann hinter dem der Hauptpartei zurückbleiben. Zwar wird verbreitet die auch vom Landgericht geteilte Auffassung vertreten, der Streitwert einer durchgeführten Streitverkündung oder Nebenintervention stimme dann, wenn der Streithelfer oder Nebenintervenient - wie hier - denselben Antrag stellt wie die von ihm unterstützte Partei, mit dem Streitwert der Hauptsache überein (BGHZ 31, 144; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., Anh. § 3 Rdn. 10 Stichwort "Streithilfe"; für alle Fälle, in denen kein einschränkender Antrag gestellt wird OLG Karlsruhe OLGR 2002, 458 = NJW-RR 2003, 1007 = MDR 2003, 357 jew. m.w.N). Dem ist mit der in Rechtsprechung und Schrifttum wohl überwiegenden Ansicht nicht zu folgen (vgl. Senat OLGR 1992, 306 = JMBl. NW 1992, 283 = VersR 1993, 80; OLG Köln - 13. Zivilsenat - MDR 1974, 53; OLG Köln - 7. Zivilsenat - MDR 1990, 251; OLG Stuttgart OLGR 2002, 55; KG IBR 2002, 650; Schneider/Herget Rdn. 3358; Zöller-Herget § 3 Rdn. 16 Stichwort "Nebenintervention"; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. § 3 Rdn. 108 Stichwort "Nebenintervention"; Schwerdtfeger in: Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 3 Rdn. 98; Roth in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rdn. 47, Stichwort "Nebenintervention"; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, 8. Aufl., S. 299; Madert, Der Gegenstandswert in bürgerlichen Rechtsangelegenheiten, 4. Aufl., Rdn. 354 jew. m.w.N.).

Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, für diesen Fall von den allgemeinen Grundsätzen des Streitwertrechts abzuweichen und den Streitwert nicht nach § 3 ZPO, sondern nach dem bloßen Wortlaut des Antrages zu bestimmen. Der Antrag ist für die Streitwertbemessung insoweit von maßgebender Bedeutung, als die jeweilige Partei durch ihn ihr Interesse am Rechtstreit konkretisiert und zum Ausdruck bringt. Er ist jedoch gegebenenfalls auszulegen (vgl. statt aller Zöller/Herget § 3 Rdn. 2). Das gilt in besonderem Maße für den Antrag eines Streithelfers oder Nebenintervenienten, mit dem dieser sich dem Antrag der Hauptpartei anschließt. Bei der gebotenen sach- und interessengemäßen Auslegung ist ein solcher Antrag selbst ohne ausdrückliche Beschränkung dahin zu verstehen, dass der Streithelfer bzw. Nebenintervenient die Partei nur soweit unterstützt, als sein eigenes Interesse betroffen ist. Dies gilt um so mehr, als die Antragstellung des Streithelfers oder Nebenintervenienten ohne eigenständige Bedeutung ist; sie wirkt sich nicht auf den Streitgegenstand aus, sondern verdeutlicht allein die Unterstützung für die Hauptpartei (OLG Stuttgart a.a.O.). Die gegenteilige Ansicht führt überdies zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn der Streithelfer oder Nebenintervenient beim Unterliegen der unterstützten Partei nur einen im Verhältnis zum Hauptsachestreitwert geringfügigen Regress zu befürchten hat (Schneider/Herget a.a.O.). Etwaige Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Streitfestsetzung sind kein überzeugender Grund für die Übernahme des Wertes der Hauptsache. Diese stellen sich in gleicher Weise, wenn der Streithelfer bzw. Nebenintervenient keinen oder keinen ausdrücklichen Antrag stellt. Ebenfalls unerheblich ist es, dass es für die Zulässigkeit des vom Streithelfer bzw. Nebenintervenienten eingelegten Rechtsmittels auf die Beschwer der unterstützten Partei ankommt (vgl. BGH NJW 1997, 2385, 2386; Zöller-Vollkommer § 67 Rdn. 5 m.w.N.); die Beschwer kann vom Kostenstreitwert abweichen.

Die Angemessenheit einer einschränkenden Auslegung des Antrages der Streithelferin wird im vorliegenden Fall besonders deutlich: Die Parteien hatten sich im Termin zur Hauptverhandlung am 16.9.2003 hinsichtlich des nicht die Streithelferin betreffenden Teiles des Streitgegenstandes darauf geeinigt, dass ein Betrag von 11.000 € angesetzt werden soll (Bl. 234 d.A.). Auch wenn insoweit weder ein Vergleich abgeschlossen noch der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war dieser Teil des Streitgegenstandes der Sache nach außer Streit. An dieser Erklärung haben die Parteien im dem nachfolgenden Verhandlungstermin vom 21.10.2003 festgehalten. Der Antrag der Streithelferin auf Abweisung der Klage, den sie erst in diesem Termin gestellt hat (Bl. 247 f. d.A.), kann sich deshalb bei sachgerechter Auslegung nur auf den restlichen Streitgegenstand beziehen.

Der Beitritt der Streithelferin betraf ausschließlich den Schadenkomplex Fliesen im Erdgeschoss. Dieser Schaden belief sich - wie die Kläger im Schriftsatz vom 25.7.2003 beziffert haben - auf 9.324,37 € (Bl. 224 d.A.). Auf diesen Betrag ist der Streitwert für die Streitverkündung festzusetzen. Mit der Beschwerde begehren die Kläger eine Herabsetzung des Streitwertes um weitere 3.147,31 € mit der Begründung, dieser Teilbetrag entfalle auf die nicht in den Verantwortungsbereich der Streithelferin fallenden Fliesen in der Küche (gemeint ist offensichtlich das Wohnzimmer), der bei der Verurteilung durch das Landgericht daher keine Berücksichtigung gefunden habe. Dies verfängt nicht. Das Interesse des Streithelfers der beklagten Partei richtet sich danach, in welchem Umfang er nach dem Klagevorbringen einer Haftung gegenüber der Hauptpartei ausgesetzt sein könnte. Da die Kläger die Beklagte bis zuletzt auf den vollen Betrag von 9.324,37 € in Anspruch genommen haben, ist dieser Betrag für das auf den Ausschluss eines Regresses gerichtete Interesse der Streithelferin am Ausgang des Rechtsstreits maßgebend.

Eine Kostenentscheidung ist nach § 25 Abs. 4 GKG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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