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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.10.2000
Aktenzeichen: 11 W 51/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 627
BGB § 649
BGB § 695
ZPO § 98
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 91a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Beschluss

11 W 51/00 9 O 443/99 LG

In dem

pp.

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pastor, den Richter am Oberlandesgericht Zoll und

am 05.10.00

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom ohne Datum, der Klägerin zugestellt am 26.06.2000, - 9 O 443/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 15% und der Beklagte 85% zu tragen. Die Kosten des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin zu 30% und der Beklagte zu 70% zu tragen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten, ihren Sohn, mit der im September 1999 anhängig gemachten Klage auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 23.485,50 DM in Anspruch genommen. Sie hat behauptet, der Beklagte habe sich den Betrag, den eine Bank nach einem Urteil des Landgerichts Aachen schuldete, im Juni 1995 ohne ihre Ermächtigung von der Bank bar auszahlen lassen; dazu hat sie den Bruder und die Schwägerin des Beklagten als Zeugen benannt. Der Beklagte hat zunächst die Auszahlung an sich bestritten und behauptet, die Klage beruhe darauf, dass die als Zeugen Benannten seit geraumer Zeit einen Privatkrieg gegen ihn führten. Die Klägerin hat dies bestritten und sodann vorgetragen, tatsächlich habe sich der Beklagte den Betrag nicht von der Bank auszahlen lassen; er habe ihn sich aber ohne Berechtigung von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, der seinerzeit auch sie vertreten habe und an den die Bank das Geld ausgezahlt habe, zur Verfügung stellen lassen.

Daraufhin hat sich der Beklagte darauf berufen, die Klägerin habe ihm und seiner Frau im Februar 1990 Generalvollmacht (Bl. 33 d.A.) erteilt. Außerdem hat er eine angebliche Vereinbarung zwischen den Parteien vom 14.07.1995 (Bl. 33 R d.A.) vorgelegt. Darin bekennt die Klägerin, dem Beklagten 20.000,00 DM mit der unwiderruflichen Zweckbindung zur Verfügung gestellt zu haben, der Betrag sei bestimmt, ihre Beerdigungskosten und die Pflege ihres Grabes über eine Laufzeit von mindestens 25 Jahren zu sichern. In der Urkunde heißt es weiter, der Betrag sei von dem Beklagten bis zu ihrem Tode bei einer Bank zinsbringend anzulegen; er solle nicht unter den Miterben aufgeteilt werden, sondern dem Beklagten zu dem genannten Zweck zur Verfügung stehen, wobei er hinsichtlich der Verwendung des Geldes niemandem rechenschaftspflichtig sein solle. Der Beklagte hat weiter behauptet, den über 20.000,00 DM hinaus gehenden Betrag habe er der Klägerin für eigene Zwecke ausgehändigt (Beweis: Zeugnis der Ehefrau des Beklagten).

Die Klägerin hat bestritten, die genannten Urkunden unterschrieben zu haben. Sie hat behauptet, sie habe lediglich einmal unter Androhung von Gewalt durch den Beklagten eine handschriftliche Erklärung unterzeichnet. Sie hat die Ansicht vertreten, die Vereinbarung vom 14.07.1995 sei sittenwidrig, jedenfalls frei widerruflich. Sie hat bestritten, den über 20.000,00 DM hinausgehenden Betrag von dem Beklagten erhalten zu haben.

Der Beklagte hat darauf erwidert, die Klägerin, die ihm früher vertraut habe, sei undankbar, weil er alleine sich um sie gekümmert habe; er habe nach dem Tod des Vaters 1990 erhebliche Schulden für sie reguliert. Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, dass der Beklagte ihr in der Vergangenheit bei der Regelung finanzieller Angelegenheiten behilflich war; sie hat indes die Ansicht vertreten, dies berechtige ihn nicht, über ihren Kopf hinweg Gelder an sich zu bringen oder zu behalten. Sie hat bestritten, dass der Beklagte den Betrag zu dem vereinbarten Zweck angelegt habe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich erledigt. Darin hat sich der Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 20.000,00 DM zu zahlen. Die Entscheidung über die Kosten haben die Parteien dem Gericht überlassen.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die Kosten gegeneinander aufgehoben mit der Begründung, über die Echtheit der vom Beklagten vorgelegten Urkunden und die Verwendung des 20.000,00 DM übersteigenden Betrages habe Beweis erhoben werden müssen; der Ausgang der Beweiserhebung sei offen. Zudem sei der Vergleich zur Vermeidung weiterer Auseinandersetzungen im Familienkreis geschlossen worden, so dass er nicht als Schuldeingeständnis des Beklagten anzusehen sei.

Mit der dagegen erhobenen sofortigen Beschwerde macht die Klägerin geltend, die Übernahme der Vergleichssumme durch den Beklagten zeige, dass er in der Verhandlung vor dem Landgericht davon habe ausgehen müssen, hinsichtlich des Betrages von 20.000,00 DM zu unterliegen; nur hinsichtlich des überschießenden Betrages sei davon auszugehen, dass er die Aushändigung an die Klägerin beweisen könne.

Die Klägerin beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Beklagte 85,16% der Kosten zu tragen hat.

Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

Es entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 91a Abs. 1 ZPO, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits trägt, soweit die Klägerin Zahlung des - auch vergleichsweise übernommenen - Betrages von 20.000,00 DM verlangt hat. Denn die Klage war in diesem Umfang begründet. Die Entscheidung des Rechtsstreits hing insoweit nicht von einer Beweisaufnahme ab, weil der Vortrag des Beklagten unerheblich war. Selbst wenn die Klägerin die Vereinbarung vom 14.07.1995 unterzeichnet hatte, war sie nicht verpflichtet, dem Beklagten den zur Verfügung gestellten Betrag auf Dauer zu überlassen. Nach dem Inhalt der Urkunde sollte der Betrag ausschließlich Zwecken der Klägerin dienen; der Beklagte sollte das Geld lediglich unentgeltlich verwalten. Ein solcher Vertrag eigener Art ist nach dem Rechtsgedanken der §§ 627, 649, 695 BGB jederzeit kündbar. Die Kündigung erfolgte mit der Rückforderung des Betrages, spätestens mit Klageerhebung. Dass die Kündigung zur Unzeit erfolgt sei, hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Die unwiderrufliche Zweckbindung hindert die Kündigung nicht. Sie kann sinnvoller Weise nur eine Bindung des Beklagten betreffen. Warum sich die Klägerin mit Rechtswirkung hinsichtlich ihrer Zukunftsplanung gegenüber sich selbst unwiderruflich derart hätte binden sollen, dass der Beklagte sich darauf sollte berufen können, ist schlichtweg unbegreiflich. Nach seinem Vortrag kann der Beklagte auf Grund der Vereinbarung allenfalls die Mühe der Verwaltung des Geldes, der Organisation der Beerdigung und der Grabpflege gehabt haben, nicht aber einen Vorteil, der ihm durch die Herausgabe des Geldes wieder entzogen wird.. Da die vom Beklagten aus der Vereinbarung zu seinen Gunsten hergeleitete Rechtsfolge nicht nachvollziehbar ist, kann dahinstehen, ob die geltend gemachte Selbsteinschränkung der Klägerin nicht sittenwidrig gewesen wäre. Es muss auch nicht geprüft werden, ob die Vereinbarung tatsächlich den Zweck hatte, das Geld unter Ausschaltung der Miterben zumindest teilweise dem Beklagten zuzuweisen, und deshalb unwirksam war. Keine Partei beruft sich darauf, eine Vereinbarung mit diesem Ziel sei geschlossen worden; im Zivilprozess ist vom Parteivortrag auszugehen.

Der Beklagte hatte der Klägerin das Geld also auf deren Aufforderung hin herauszugeben. Aus der Generalvollmacht aus dem Jahre 1990 lässt sich ein Recht des Beklagten, der Klägerin gehörende Gelder zu behalten, keinesfalls herleiten.

Hinsichtlich der Kosten des Vergleichs belässt es der Senat unter Berücksichtigung des § 98 ZPO und der vom Landgericht angeführten Gründe, die zu dem Vergleichsabschluss geführt haben, bei der Kostenaufhebung.

Soweit die Kosten der Klägerin zu 14,84% (aufgerundet 15%) auferlegt sind, ist der Beschluss des Landgerichts nicht angegriffen.

Dies führt zu der im Tenor dieses Beschlusses vorgenommenen Quotierung, wobei der Senat die Quoten gegenüber dem gestellten Antrag aufgerundet hat. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: bis 3.000,00 DM



Ende der Entscheidung

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