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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: 12 U 37/05
Rechtsgebiete: BGB, AnfG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 400
BGB § 812 Abs. 1
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 1
AnfG § 8
AnfG § 11
AnfG § 20 n. F.
ZPO § 850 e Nr. 2a
ZPO § 850 c Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. April 2005 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 7 O 501/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Prozesskosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, ein Inkassounternehmen, nimmt in dem vorliegenden Rechtsstreit die Beklagte als Drittschuldnerin auf der Grundlage des von ihr zuvor erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Siegburg vom 25.Oktober 2004 - 35a M 3007/04 - auf Zahlung eines Teilbetrages von 30.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 15.338,76 € seit dem 25.November 2004 in Anspruch.

Mit vorgenanntem Beschluss hat die Klägerin wegen der unter dem 27.August 1998 an sie abgetretenen Zahlungsforderungen gegen I. aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Bonn vom 21.August 1996 - 3 O 58/95 - sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Bonn vom 15.Januar 1997 - 3 O 58/95 - in Höhe von 31.570,28 € zuzüglich Zinsen und Kosten den angeblichen Anspruch des Schuldners gegen die Beklagte auf Rückzahlung der an diese von der Hilfskasse beim Landtag Nordrhein-Westfahlen (im weiteren HK) seit 1.August 1993 aufgrund der Abtretungsurkunde vom 4.Juli 1993 geleisteten Beträge aus dem Rechtsgrunde der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs.1 BGB pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Die Beklagte, die die Abtretung vom 4.Juli 1993 für wirksam und zeitlich vorrangig hält, hat mit ihrer Drittschuldnererklärung die Erfüllung des Zahlungsbegehrens abgelehnt.

Zuvor hatte die Klägerin bereits beim Amtsgericht Siegburg im Verfahren - 35a M 2267/02 - einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, und zwar gegen die HK und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (im weiteren BfA) erwirkt. In ihrer Drittschuldnererklärung hatte die BfA daraufhin mitgeteilt, dass der Zahlbetrag aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 434,82 € unterhalb der Pfändungsfreigrenze liege. Die HK hatte angekündigt, nach Rentenerhöhung ab dem 1.April 2003 auf monatlich 1.350,- € den nach Abzug der an die Beklagte abgeführten 511,29 € verbleibenden pfändbaren Betrag von 6,21 € an die Klägerin auszuzahlen. Die Klägerin hatte sodann gegen die BfA Klage vor den Sozialgerichten erhoben und diesen Prozess durch drei Instanzen hindurch verloren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im vorliegenden Rechtsstreit wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem am 14. April 2005 verkündeten und der Klägerin am 18.April 2005 zugestellten Urteil des Landgerichts Bonn Bezug genommen. Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil ein Anspruch des Schuldners gegen die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegeben sei. Die Zahlungen der HK an die Beklagte seien im Verhältnis zum Schuldner nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Das Klageverlangen sei auch nicht infolge der klägerseits im Verlauf des ersten Rechtszuges erklärten Vorsatzanfechtung nach § 3 Abs.1 Nr.1 Anfechtungsgesetz (AnfG) begründet.

Mit ihrer am 20.April 2005 eingelegten Berufung, die innerhalb der bis 4.Juli 2005 einschließlich verlängerten Begründungsfrist mit dem am 28. Juni 2005 eingegangenen Schriftsatz vom 23. Juni 2005 begründet worden ist, verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Das Landgericht habe auf der Grundlage eines "deformierten" Sachverhaltes und in Verkennung der maßgeblichen Rechtsfragen entschieden. Erneut wendet sie ein, dass die Abtretung vom 4.Juli 1993 aus verschiedenen Gründen nichtig sei. Sie vertritt nach wie vor die Ansicht, im Blick auf § 400 BGB habe kein abtretbarer Anspruch bestanden. Eine Zusammenrechnung der Renteneinkünfte des Schuldners wie auch eine Übergehung seiner Ehefrau als unterhaltsberechtigter Person sei weder möglich noch etwa vereinbart gewesen. Zudem vertieft sie ihre Ausführungen zu einem vermeintlichen Wertersatzanspruch aus § 11 AnfG aufgrund der von ihr erstmals mit Schriftsatz vom 3.März 2005 (Bl.79 GA) erklärten Anfechtung gemäß § 3 Abs.1 Nr.1 AnfG.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil. Gegenüber dem Anfechtungsanspruch beruft sie sich vorrangig auf Fristablauf.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache selbst keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage für unbegründet erachtet.

1.

Der Senat stimmt im Ergebnis sowie in der Begründung mit dem Erstgericht darin überein, dass der gepfändete, angebliche Kondiktionsanspruch des Schuldners gegen die Beklagte in Hinblick auf die an sie seit 1.August 1993 erfolgten Rentenleistungen der HK tatsächlich nicht besteht, weil die Rentenleistungen an die Beklagte mit Rechtsgrund, nämlich auf der Grundlage der zwischen dem Schuldner und der Beklagten geschlossenen Abtretungsvereinbarung vom 4.Juli 1993 erfolgt sind. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die Berufung der Klägerin veranlasst lediglich zu den nachfolgenden Anmerkungen. Die Abtretungsvereinbarung ist entgegen der Argumentation der Berufungsführerin wirksam. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots liegt nicht vor. Die abgetretene Forderung ist in der Vereinbarung hinreichend klar nach Grund und Höhe ("ab 1.8.1993 unwiderruflich" "DM 1.000,- aus meiner mir von der Hilfskasse des Landtages NW zustehenden Rente") bezeichnet und für den Drittschuldner eindeutig identifizierbar. Für eine gegebenenfalls besicherte Forderung besteht ein derartiges Erfordernis nicht.

Dass eine Nichtigkeit der im letzten Absatz der Abtretungsurkunde angesprochenen Todesfallregelung nach dem Willen der Vertragsschließenden die Nichtigkeit des Abtretungsgeschäfts zur Folge haben sollte, ist nicht anzunehmen. Vielmehr spricht die dortige Formulierung "Durch ebenfalls beigefügte Erklärung...ist auch sichergestellt, dass ..." für eine zusätzliche, eigenständige Regelung, von deren Bestehen oder Nichtbestehen die Wirksamkeit der Abtretung nicht abhängen sollte.

Der Hauptangriff der Berufung gilt der Abtretbarkeit des Teilrentenanspruchs überhaupt, weil Unpfändbarkeit vorgelegen habe; die BfA-Rente habe nicht einmal Erwähnung gefunden, für eine unmittelbare oder auch nur analoge Anwendung der §§ 850 e Nr.2a, 850c Abs.4 ZPO sei kein Raum. Das Landgericht habe nicht ausgelegt, sondern Tatsachen unterlegt, die es nicht gebe. Der Klägerin ist in all dem nicht zu folgen. Weder musste eine Teilabtretung von Ansprüchen auf die BfA-Rente in der Abtretungsvereinbarung an- bzw. ausgesprochen werden, noch bedarf es des Rückgriffs auf die erwähnten Bestimmungen des Vollstreckungsrechts, sondern es stellt sich vielmehr die Frage, ob der Schuldner im Rahmen einer Abtretungsvereinbarung in die Zusammenrechnung seiner Renteneinkünfte und in die Nichtberücksichtigung seiner Ehefrau als einer potentiell Unterhaltsberechtigten einwilligen konnte und eingewilligt hat. Beides ist in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7.Dezember 2004 - L 13 RA 3893/04 - (Bl.46 ff., < 54 - 56 > GA) ausführlich behandelt und mit überzeugender, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sowie des Bundessozialgerichts berücksichtigender und auswertender Begründung bejaht worden. Den dortigen Ausführungen, die einer Ergänzung nicht bedürfen, schließt sich der Senat an und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

2.

Das Klageverlangen ist schließlich auch nicht mit Rücksicht auf die erklärte Anfechtung nach § 3 Abs.1 Nr.1 AnfG begründet. Der auf Anfechtung gestützte Anspruch ist zwar nicht aus den Gründen des angefochtenen Urteils zu versagen. Er scheitert aber an Verfristung. Gemäß § 3 Abs.1 Nr.1 AnfG n. F., dessen Anwendbarkeit die Übergangsregelung in § 20 AnfG n. F. nicht entgegensteht, sind nur Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung vorgenommen hat. § 8 AnfG bestimmt, dass eine Rechtshandlung in dem Zeitpunkt als vorgenommen gilt, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Bei Abtretung einer Forderung kommt es auf den Zeitpunkt der Annahmeerklärung des Anfechtungsgegners an (vgl. Huber, Anfechtungsgesetz, 9.Auflage, § 8 Rdnr.10). Diese ist hier spätestens in der Offenlegung der Abtretung gegenüber der HK und der ersten Entgegennahme der monatlichen Rentenleistungen ab dem 1. August 1993 durch die Beklagte zu sehen.

Aus der klägerseits vorgelegten Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 30.Januar 1997 (Bl.161 ff. GA) lassen sich keine der Klägerin günstige Rechtsfolgen herleiten. Die dort behandelte Abtretung künftiger Mietzinsforderungen hat mit den hier streitgegenständlichen Rentenansprüchen, die von keinen noch unbestimmten Voraussetzungen oder dem Anbieten/Erbringen von Gegenleistungen abhängen, wenig gemein. Sind die Rechtswirkungen der Abtretung aber schon mit deren Annahme in 1993 eingetreten, war die 10-Jahresfrist bei erstmaliger Erklärung der Anfechtung verstrichen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Wert der Beschwer: 30.000,00 €

Ende der Entscheidung

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