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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: 12 WF 156/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 620 b Abs. 2
ZPO § 620 b Abs. 1
ZPO § 620 c
ZPO § 620 e
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 22.9.2008 - 20 F 248/07 EA/Wohn. - wird als unzulässig verworfen.

Gründe:

Auf Grund mündlicher Verhandlung vom 21.8.2008 hat das Amtsgericht durch Beschluss den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung das während des Zusammenlebens gemeinsam von den Parteien bewohnte, in ihrem Alleineigentum stehende Haus zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. In seiner Begründung hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass es für den Antragsgegner keine unbillige Härte wäre, das Haus an die Antragstellerin kurzfristig herauszugeben. Die Parteien hätten nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners bei der Trennung vereinbart, dass dieser die Immobilie nach der Trennung bewohnen sollte und dies auch über ca. drei Jahre hinweg so gehandhabt. Im Hauptverfahren sei zu klären, ob das Haus der Antragstellerin zu einem späteren Zeitpunkt zuzuweisen sei.

Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss sofortige Beschwerde bei dem Amtsgericht eingelegt und ihren ursprünglichen Antrag auf Zuweisung des Hauses zur alleinigen Nutzung an sie weiterverfolgt; darüber hinaus hat sie in ihrer Beschwerdeschrift beantragt, dem Antragsgegner aufzugeben, an sie für den Zeitraum von Mai bis September 2008 und für den Fall einer weiteren Nutzung ab Oktober 2008 Nutzungsentschädigung zu zahlen. Ihre Beschwerde hat die Antragstellerin darauf gestützt, dass in der angefochtenen Entscheidung Beweislastgrundsätze verkannt seien, und eidesstattlich versichert, sie habe die Nutzung der Immobilie durch den Antragsgegner immer davon abhängig gemacht, dass dieser zu seinen Zusagen stehe, nämlich ihr bzw. ihrem Lebenspartner seine Gerüstbaufirmen zu übertragen, und es ihr ermögliche, durch den mit ihm geschlossenen Dienstvertrag ihren Unterhalt zu verdienen.

Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben und nach Ablauf der Stellungnahmefrist gemäß Beschluss vom 22.9.2008 auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin seinen angefochtenen Beschluss aufgehoben und dem einstweiligen Anordnungsantrag auf Zuweisung des Hauses zur alleinigen Nutzung an sie ab 1.12.2008 stattgeben; den darüber hinausgehenden Antrag hat das Amtsgericht mangels Eilbedürfnis zurückgewiesen.

Seine Änderungsentscheidung hat das Amtsgericht vor allem damit begründet, dass der Antragsgegner nicht glaubhaft gemacht habe, dass es für ihn eine unbillige Härte sei, das Haus verlassen zu müssen. Entgegen den Darlegungen im Beschluss vom 21.8.2008 sei nicht unstreitig, dass die Parteien eine Nutzungsvereinbarung getroffen hätten.

Gegen den Beschluss vom 22.9.2008 hat nunmehr der Antragsgegner sofortige Beschwerde bei dem Oberlandesgericht Köln eingelegt und seinerseits beantragt, ihm die alleinige Nutzung des Hauses zuzuweisen, hilfsweise ihm eine angemessene Räumungsfrist von mindestens einem halben Jahr einzuräumen.

Die sofortige Beschwerde ist nicht statthaft. Nach § 620 c ZPO findet die sofortige Beschwerde im Verfahren der einstweiligen Anordnung auf Zuweisung der Ehewohnung nur statt, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden hat; im Übrigen ist die Entscheidung unanfechtbar.

Lediglich in den sogenannten "gemischt mündlich-schriftlichen Verfahren", in denen das Familiengericht zunächst mündlich verhandelt, dann Ermittlungen anstellt und diese in seinem Anordnungsbeschluss ohne erneute Verhandlung verwertet, ist umstritten, ob der Beschluss auch aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht und deshalb anfechtbar ist (Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 620 c, Rdn. 8; Hanseatisches Oberlandesgericht, FamRZ 1986, 182; a.A. OLG Bamberg, FamRZ 81, 294; OLG Karlsruhe, FamRZ 1989, 521; OLG Zweibrücken, FamRZ 1984, 916). Dies kann hier dahinstehen.

Der Sachverhalt liegt insoweit anders, als es sich bei der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts um einen zweiten Beschluss handelt, der ohne erneute mündliche Verhandlung den auf Grund mündlicher Verhandlung erlassenen ersten Beschluss aufhebt und eine erstmalige Anordnung trifft. Dabei hat das Amtsgericht seiner Entscheidung neuen Vortrag der Antragstellerin und von ihr neu beigebrachte Mittel der Glaubhaftmachung zu Grunde gelegt; es hat zudem neue Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Es fehlt demnach der Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung, die zum Erlass des ersten Beschlusses führte; der zweite, hier angefochtene Beschluss vom 22.9.2008 ist nicht auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21.8.2008 ergangen und deshalb nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

Hinzukommt, dass der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde nicht nur die Aufhebung des Beschlusses vom 22.9.2008 begehrt, sondern darüber hinaus einen eigenen Antrag auf Zuweisung der Wohnung an sich, hilfsweise auf Bewilligung einer Räumungsfrist stellt.

Die Beschränkung der Anfechtbarkeit wird durch die gesetzliche Regelung des § 620 b II ZPO ausgeglichen, nach der das Gericht des ersten Rechtszuges auf Antrag aufgrund mündlicher Verhandlung erneut zu beschließen hat, und auch in Fällen formell rechtskräftiger Entscheidungen aufgrund neuen Tatsachenvortrags auf Antrag nach § 620 b I ZPO seinen Beschluss aufheben oder ändern kann. Zudem kann das Gericht von Amts wegen vor seiner Entscheidung die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung nach § 620 e ZPO aussetzen. Grund der gesetzlichen Regelung ist die Förderung der zügigen Erledigung des Eheverfahrens und die Verhinderung von Verzögerungen, die durch das Hin- und Hersenden der Akten vom Familiengericht zum Beschwerdegericht und zurück entstehen können (Thomas-Putzo, ZPO, 27. Auflage, § 620 c, Rdn.8; Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 620 c, Rdn. 1; OLG Bamberg FamRZ 1993, 1338).

Die Anträge des Antragsgegners in der Beschwerdeschrift sind im Rahmen des Verfahrens vor dem Amtsgericht als Abänderungsanträge nach § 620b I ZPO mit der Anregung auf Aussetzung der Vollziehung zu behandeln.

Gegenstandswert: 2.000 Euro

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