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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 24.03.2004
Aktenzeichen: 13 U 123/03
Rechtsgebiete: BGB, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 276 a.F.
BGB § 607
VerbrKrG § 9 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 123/03

Anlage zum Verkündungsprotokoll vom 24.03.2004

Verkündet am 24.03.2004

In dem Berufungsrechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 04. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Eßer, den Richter am Oberlandesgericht Hentschel sowie den Richter am Landgericht Dr. Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 30.05.2003 (3 O 600/02) wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines zur Finanzierung der Beteiligung an einem Immobilienfonds - der "G.- und N. L. GmbH & Co. KG" - aufgenommenen Darlehens in Anspruch; dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

(Jedenfalls) der Beklagte zu 1.) entschloss sich Ende 1998 zu einer Beteiligung an dem genannten Immobilienfonds mit einem Zeichnungsbetrag von 60.000,-- DM. Die Anlage wurde den Beklagten durch einen Anlagevermittler, Herrn R., vorgestellt. Bei der Klägerin nahmen beide Beklagte - unter Einschaltung einer Fa. "I. Finanz-Konzept GmbH" gemäß "Finanzierungsvermittlungsvertrag" vom 14.10.1998 und ohne direkt mit der Klägerin in Kontakt zu treten - am 14./20.12.1998 ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag iHv 63.000,-- DM und einer monatlichen Rate iHv 564,61 DM auf (Bl. 11 ff. GA). Die Darlehensvaluta wurde gemäß Anweisung beider Beklagter vom 20.12.1998 an die Treuhandkommanditistin - die T. T. S. GmbH - ausgezahlt. Die von den Beklagten geschuldete Rate für Zins und Tilgung wurde zunächst durch eine monatliche, von der Fondsgesellschaft geleistete Ausschüttung iHv 175,-- DM sowie eine unmittelbare Zahlung der Beklagten in Höhe des Differenzbetrags erbracht. Im Februar 2000 stellten die Fondsgesellschaft, unmittelbar darauf auch die Beklagten ihre Zahlungen ein. Mit Schreiben vom 11.10.2000 kündigte die Klägerin das Darlehen, welches noch mit einem Betrag von 35.486,64 € valutierte.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagten haben behauptet, für die Klägerin habe es sich bei der Anlagefinanzierung um ein groß angelegtes "verbundenes Geschäft" gehandelt, das von dem Hauptverantwortlichen hinter der "G.- und N. L. KG" und der "I.-Konzept-GmbH" - Herrn A. H. - gemeinsam mit der Klägerin "ausgeheckt" worden sei. Der Anlagevermittler Herr R. habe erklärt, er arbeite im Außendienst für die Klägerin und die Fondsgesellschaft. Die Klägerin habe aufgrund ihrer Kenntnis des Fondsprospekts - anders als ein Laie - erkennen können, dass Herr H. befugt gewesen sei, über die Verwendung der eingehenden Gelder frei zu entscheiden. Die Klägerin habe insoweit über einen Wissensvorsprung vor den Beklagten verfügt, der sie hätte veranlassen müssen, die Finanzierung der KG-Einlagen einzustellen. Der Klägerin sei bereits bei Auszahlung des Kredits an die Beklagten bekannt gewesen, dass das Fondskonzept gescheitert gewesen sei, da nicht ausreichend Gelder eingeworben worden seien. Es habe sich um ein betrügerisches Anlagegeschäft gehandelt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.11.2001 (Bl. 91 GA) hätten die Beklagten - insoweit unstreitig - ihre Fondsbeteiligung widerrufen und dies der Klägerin mit Schreiben vom 28.11.2001 angezeigt (Bl. 93 f. GA). Die Klägerin habe gegenüber dem Zeugen H. schriftlich mitgeteilt, dass sie die Finanzierung der KG-Einlagen übernehmen werde. Sie habe jedoch, nachdem der Bundesverband der Deutschen Banken als Einlagensicherungsfonds eine Einlageerhöhung bei der Klägerin gefordert habe, ihre globale Zusage im Jahre 1999 widerrufen, woraufhin der Vertrieb der KG-Beteiligungen sofort zusammengebrochen sei. Die Mitverpflichtung der beklagten Ehefrau sei im übrigen sittenwidrig.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt und hierzu im wesentlichen ausgeführt, die Beklagten hätten den Kreditvertrag nicht wirksam nach den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes oder des Haustürwiderrufsgesetzes widerrufen, da die diesbezüglichen Fristen bereits verstrichen seien. Ein Anspruch gegen die Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss bestehe nicht, da die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch die Klägerin nicht ausreichend dargelegt sei. Einwendungen aus dem Beteiligungsvertrag könnten die Beklagten dem Darlehensrückzahlungsanspruch nicht entgegenhalten, da es sich bei ersterem nicht um ein verbundenes Geschäft handele und auch die "Hautürsituation" nicht ausreichend dargelegt sei. Schließlich hafte auch die Beklagte zu 2.). Diese sei zwar nicht als echte Mitdarlehensnehmerin, sondern lediglich als Mithaftende anzusehen, verfüge jedoch unstreitig über eigenes Vermögen, was ihre krasse finanzielle Überforderung ausschließe.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie vertreten die Auffassung, bei dem Fondsbeitritt handele es sich um ein verbundenes Geschäft, welches sie widerrufen und angefochten hätten; dies könnten sie nach der neuesten Rechtsprechung des BGH auch dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin entgegenhalten. Die Klägerin habe sich dadurch "fondszerstörend" verhalten, dass sie ihre einmal erteilte globale Finanzierungszusage in 1999 widerrufen habe, nachdem der Bundesverband der Deutschen Banken eine Einlageerhöhung gefordert habe. Insoweit sei die Klägerin aus vorangegangenem Tun verpflichtet gewesen, aus Rücksicht auf die vorhandenen Kreditnehmer die geforderte Einlageerhöhung - d.h. Kapitalerhöhung - vorzunehmen. Bis heute habe der Fonds nicht geschlossen werden können; eine Handelsregistereintragung sei nicht erfolgt. Infolgedessen belaufe sich das Auseinandersetzungsguthaben der Beklagten auf null. Unzutreffend habe das Landgericht schließlich die Mitverpflichtung der beklagten Ehefrau angenommen. Dass diese - wie unstreitig - mit einem ideellen 1/2-Anteil am Familienheim beteiligt sei, mache sie nicht zu einer vermögenden Frau.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des am 30.05.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Bonn (3 O 600/02) die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bonn zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Es habe keine Zusage gegeben, alle künftigen Anleger oder eine bestimmte Zahl von Anlegern zu finanzieren. Die Klägerin sei lediglich bereit gewesen - entsprechende Bonität vorausgesetzt -, Anlegern Kredite zu gewähren.

Wegen aller Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens beider Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung bleibt in der Sache selbst ohne Erfolg. Zurecht hat das Landgericht die Beklagten aus § 607 BGB a.F. zur Rückzahlung des aufgenommenen Darlehens für verpflichtet erachtet. Die Angriffe der Berufung geben dem Senat keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.

1.

Zutreffend hat das Landgericht einen gegen die Klägerin gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungspflichten verneint: Eine finanzierende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (s. nur BGH, Urt. v. 26.07.2000 - XI ZR 174/99, NJW 2000, 3358, 3359 = WM 2000, 1685 mit zahlr. weit. Nachw.). Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Das kann - u.a. - der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161 = BKR 2003, 112 mwN).

a)

Die erstinstanzliche Behauptung der Beklagten, der Immobilienfonds sei von der Klägerin gemeinsam mit der G.- und N. L. und der I.-Konzept GmbH bzw. dem hinter diesen Firmen stehenden Herrn A. H. "ausgeheckt" worden und die Klägerin sei eine tragende Säule im Gesamtkonzept gewesen, genügt zur Begründung einer Aufklärungspflicht wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle nicht. Eine solche Aufklärungspflicht setzt voraus, dass die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161 = BKR 2003, 112). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall bereits deshalb nicht erfüllt, weil ein etwaiges über die Kreditgeberrolle hinausgehendes Engagement der Klägerin nicht nach außen in Erscheinung getreten ist. Der Beklagte zu 1.) hat im Termin vor dem Landgericht vom 14.03.2003 ausgeführt, im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beteiligungs- bzw. Finanzierungsvermittlungsvertrags sei ihm die Klägerin überhaupt noch nicht bekannt gewesen, deren Unterlagen seien erst später mit der Post gekommen (Bl. 122R GA). Es genügt auch nicht, dass Objekt- und Finanzierungsvermittlung in einer Hand liegen und dass die Klägerin eine Vielzahl von Finanzierungen aus demselben Anlagemodell übernommen hat (Senat, Urt. v. 09.04.2003 - 13 U 138/02).

b)

Auch ein konkreter, erkannter Wissensvorsprung der Beklagten in Bezug auf spezielle Risiken der gewählten Anlageform ist nicht ersichtlich:

aa)

Ein konkreter Wissensvorsprung im Hinblick auf die Mittelverwendung des Immobilienfonds ist nicht dargetan. Zwar dürfte ein spezielles Risiko des Fonds darin bestanden haben, dass die Fondsgesellschaft in der Mittelverwendung frei war und eingehende Gelder zunächst an sogenannte "Privilegierte" ausgeschüttet werden durften. Indessen ergab sich dieser Umstand ausweislich der von den Beklagten erstinstanzlich vorgelegten sog. "G.U.B.-Analyse" (Bl. 87 GA) aus dem Prospekt selbst. Dass ihnen dies nicht, wohl aber der Klägerin bekannt gewesen sei, behaupten die Beklagten selbst nicht konkret. Insoweit ist lediglich die Rede davon, die Klägerin habe diesen Umstand "anders als ein Laie" sofort erkennen können. Dass sie dies nicht erkannt hätten, behaupten die Beklagten nicht. Sie behaupten auch nicht, dass ihnen der Prospekt nicht zur Verfügung gestanden habe.

bb)

Eine Aufklärungspflicht kann sich auch aufgrund eines konkreten Wissensvorsprungs der Bank über (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder bereits eingetretene Konkursreife des Geschäftspartners ergeben (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161). Auch solches tragen die Beklagten indessen nicht vor; im Gegenteil: Mit Schriftsatz vom 31.03.2003 (dort S. 3, Bl. 131 GA) behaupten sie gerade, bis zum Zurückziehen der globalen Finanzierungszusage der Klägerin im Jahre 1999 sei das Einwerben der Anteilseigner planmäßig verlaufen.

c)

Etwaige Täuschungshandlungen des Anlagevermittlers R. muss sich die Klägerin nicht zurechnen lassen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Vermittler als Erfüllungsgehilfe im Pflichtenkreis der in den Vertrieb nicht eingeschalteten Bank nur insoweit tätig, als sein Verhalten den Bereich der Anbahnung des Kreditvertrags betrifft (s. nur BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BKR 2003, 106 mwN). Etwaige Täuschungshandlungen des Anlagevermittlers betreffen aber nicht das Kreditgeschäft, sondern das zu finanzierende Geschäft und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank. Zudem geht aus dem Text des Darlehensvertrags (dort Ziff. 9., Bl. 13 GA) deutlich hervor, dass die Klägerin eine Haftung für die zu finanzierende Anlageform nicht übernehmen wollte.

2.

Den Beklagten stand hinsichtlich des Kreditvertrags auch kein Widerrufsrecht gem. § 1 Abs. 1 HausTWG, das hier - da der Kreditvertrag in der zweiten Jahreshälfte 1998 geschlossen wurde - noch in seiner bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung anzuwenden ist, zur Seite. Die vorausgesetzte Haustürsituation ist nämlich der Klägerin nicht zurechenbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Haustürsituation dem Erklärungsempfänger zuzurechnen ist, auf die zu § 123 BGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen (BGH, Urt. v. 21.01.2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484; Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, ZIP 2003, 22,25 jew. m.w.N.). Nach § 123 Abs. 1 BGB ist das Verhalten des Verhandlungsführers (R.) dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn er dessen Angestellter, Mitarbeiter oder Beauftragter ist oder wenn er wegen seiner engen Beziehung zu diesem als dessen Vertrauensperson erscheint. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin stets bestritten, dass der Anlagevermittler R. ihr Außendienstmitarbeiter gewesen sei oder er sich als solcher vorgestellt habe. Die Beklagten ihrerseits haben ihren diesbezüglichen Vortrag nicht unter Beweis gestellt.

Ist der Verhandlungsführer daher Dritter iSd § 123 Abs. 2 BGB, ist sein Handeln nur zuzurechnen, wenn die Klägerin dieses kannte oder kennen musste. Auch insoweit fehlt jedoch ein tauglicher Beweisantritt der Beklagten. Ein Kennen oder Kennenmüssen der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass diese den Vertriebsweg der fraglichen Anlage kannte. Dies lässt nicht den Schluss zu, dass die Darlehensvertragserklärung der Beklagten auf einer mündlichen Verhandlung ohne vorherige Bestellung in deren Privatwohnung beruhte und verpflichtete die Klägerin auch nicht ohne weiteres zu einer Nachfrage über die Umstände der Vertragsanbahnung (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, ZIP 2003, 22, 25).

3.

Das Landgericht hat ferner im Ergebnis zurecht einen Einwendungsdurchgriff gem. § 9 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 VerbrKrG, das hier gleichfalls noch in seiner bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung anzuwenden ist, verneint.

Voraussetzung für den Einwendungsdurchgriff gem. § 9 Abs. 3, Abs. 4 VerbrKrG (jetzt: § 359 BGB) ist zunächst das Vorliegen eines "verbundenen Geschäfts". Kreditvertrag und finanziertes Geschäft müssen miteinander verknüpft sein und wirtschaftlich aus der Sicht des Verbrauchers gesehen eine Einheit darstellen (allgemein: Heinrichs in: Palandt, BGB, 63. Auflage 2004, § 358 Rz. 11 f.). Im Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs v. 21.07.2003 - II ZR 387/02 (NJW 2003, 2821 = WM 2003, 1762 = BKR 2003, 795) heißt es hierzu, die wirtschaftliche Einheit werde nach § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG unwiderleglich vermutet, wenn sich der Kreditgeber bei der Vorbereitung oder bei dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers bediene, was im Falle des Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds der Mitwirkung der Fondsgesellschaft entspreche. Von einer Mitwirkung der Fondsgesellschaft sei auszugehen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande komme, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsvertreibers dem Interessenten zugleich mit den Beitrittsunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt habe, das sich zuvor dem Fondsvertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt habe. Dieser Rechtsauffassung hat sich zwischenzeitlich auch der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil v. 23.09.2003 (XI ZR 135/02, BKR 2003, 893, 895) angeschlossen.

Ob die insoweit vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien in allen Details erfüllt sind, ob insbesondere von einem "arbeitsteiligen Zusammenwirken" (BKR 2003, 893, 895) zwischen der Klägerin und dem Anlagevermittler R. auszugehen ist, erscheint zweifelhaft, bedarf jedoch letztlich aus den nunmehr zu erörternden Gründen ebenso wenig der Entscheidung wie die Frage, ob den Beklagten auf der Grundlage der im Senatstermin vom 04.02.2004 überreichten Widerrufsbelehrung (Bl. 298 GA) ein Widerrufsrecht gem. §§ 1, 2 HausTWG oder aber ein Recht zur fristlosen Kündigung des Fondsbeitritts deswegen zur Seite stand, weil ihre diesbezüglichen Erklärungen von Willensmängeln beeinflusst waren.

Rechtsfolge der Beendigung der Mitgliedschaft der Beklagten in der Fondsgesellschaft - sei es durch Widerruf ihrer Beitrittserklärungen, sei es durch Kündigung - ist ein Anspruch des Anlegers auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung. Grundsätzlich führt nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlasster Beitritt zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, dass die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tunc - also rückwirkend - beendet wird (BGH, Urt. v. 02.07.2001 - II ZR 304/00, NJW 2001, 2718, 2720). Gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG könnten die Beklagten die Rückzahlung des Kredits allenfalls insoweit verweigern, als ihnen infolge des Widerrufs oder der fristlosen Kündigung ihrer Beteiligung an der Fondsgesellschaft gegen diese ein Abfindungsanspruch (auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens) zusteht. Die Höhe eines solchen Anspruchs bemisst sich nach dem Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt, weil der Anleger, da seiner Kündigung nach den Regeln des Gesellschaftsrechts keine Rückwirkung zukommt, an den bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung teilnimmt (BGH, Urt. v. 21.07.2003 - II ZR 387/02, NJW 2003, 281, 282 f.).

In diesem Zusammenhang tragen die Beklagten indessen selbst vor, ihr Abfindungsanspruch belaufe sich auf null, da - was von der Klägerin nicht bestritten wird - der Fonds mangels Beteiligung nicht geschlossen werden konnte und es zu einer Handelsregistereintragung nicht gekommen ist. Den Beklagten steht daher - mangels Werthaltigkeit der Beteiligung - kein Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens zu, den sie dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin im Wege des Einwendungsdurchgriffs des § 9 Abs. 3 VerbrKrG entgegenhalten könnten.

4.

Das weitere Anliegen der Berufung, eine eigene Schadensersatzpflicht der Klägerin (mit der Rechtsfolge, dass die Beklagten so zu stellen wären, als hätten sie den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen) aus "vorangegangenem Tun" dergestalt zu begründen, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, weitere Anleger zu finanzieren, geht fehl. In diesem Zusammenhang sind die Beklagten der Ansicht, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, auf die Kunden Rücksicht zu nehmen, denen sie bis dato bereits Kredite gewährt hatte, und hätte daher die zuvor gegenüber der Fondsgesellschaft abgegebene globale Finanzierungszusage nicht in 1999 "ohne Not" zurückziehen dürfen. Indessen liefe die Annahme einer Verpflichtung der Klägerin, auch weiteren Anlegern - deren Existenz nicht einmal dargetan ist - Kredite zu gewähren, auf einen "mittelbaren Kontrahierungszwang" hinaus, der der Rechtsordnung fremd ist. Bereits für die Einrichtung eines Girokontos wird ein solcher mittelbarer Kontrahierungszwang abgelehnt (Senat, B. v. 17.11.2000, 13 W 89/00 - ZIP 2000, 2159, 2160; ausführlich LG Stuttgart, Urt. v. 06.09.1996 - 27 O 343/96 - NJW 1996, 3347, 3348 f.). Dies muss um so mehr für die Kreditgewährung gelten, bei welcher die jeweils individuell zu prüfende Bonität des Kunden im Vordergrund steht.

Selbst in Fällen, in welchen der Abschluss eines Vertrags dem potentiellen Vertragspartner gegenüber als sicher dargestellt worden ist, kann der Erklärende die vorvertraglichen Beziehungen ohne Ersatzpflicht abbrechen, wenn ihm hierfür ein triftiger Grund - an den allerdings allzu hohe Anforderungen nicht zu stellen sind - zu Seite steht (ständige Rechtsprechung, s. z.B. BGH, Urt. v. 29.03.1996 - V ZR 332/94, NJW 1996, 1884, 1885; Urt. v. 07.12.2000 - VII ZR 360/98, NJW-RR 2001, 381, 382 jew. mwN). Dies muss um so mehr Geltung beanspruchen, wenn die Erklärung - wie hier - nicht dem "Vertrauenden", sondern einem Dritten - der Fondsgesellschaft - gegenüber abgegeben worden sein soll. Die "Zusage" der Klägerin - die doch auch nach Darstellung der Beklagten keine rechtsgeschäftliche Bindung beinhalten soll - war daher grundsätzlich frei widerruflich. Im übrigen behaupten die Beklagten, das weitere Engagement der Klägerin hätte nach einer Forderung des Bundesverbandes der Deutschen Banken als Einlagensicherungsfonds mit einer Erhöhung der Einlage einhergehen müssen. Hiermit benennen die Beklagten aber doch - wollte man einen solchen verlangen - einen "triftigen Grund" für die Änderung der Geschäftspolitik der Klägerin. Die Klägerin war daher zur Gewährung weiterer Kredite mit Rücksicht auf die bisherigen Kreditnehmer nicht verpflichtet.

Darüber hinaus fehlen durchgreifende Anhaltspunkte für eine Kausalität des der Klägerin angelasteten Verhaltens für das Scheitern des Fondsprojekts: Zum einen ist nicht dargetan, dass es überhaupt noch weitere Interessenten für die Anlageform gab. Zum anderen ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass die Klägerin nicht der einzige Finanzier war. Vielmehr konnte die Einlage auch durch Eigenkapital oder das Engagement einer anderen Bank finanziert werden. Wieso eine Änderung der Geschäftspolitik der Klägerin - wie die Berufung meint - umstandslos zum Zusammenbrechen des Fonds führen musste, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht.

5.

Zustimmung verdient das Landgericht schließlich, soweit es eine Mithaftung der beklagten Ehefrau für den streitigen Kredit bejaht. Deren Mithaftung ist nicht etwa gem. § 138 BGB nach den hierfür höchstrichterlich entwickelten Grundsätzen nichtig.

In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist die Beklagte zu 2.) zunächst als lediglich Mithaftende, nicht aber als echte Mitdarlehensnehmerin anzusehen. Echter Mitdarlehensnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur, wer ein eigenes - sachliches und/oder persönliches - Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im wesentlichen gleichberechtigter Partner über die Auszahlung sowie die Verwendung der Darlehensvaluta entscheiden darf (s. nur BGH, Urt. v. 04.12.2001 - XI ZR 56/01, WM 2002, 223, 224 = BKR 2002, 165). Nach diesen Grundsätzen scheitert im Streitfall die Annahme einer echten Mitdarlehensnehmerschaft der Beklagten zu 2.) bereits daran, dass - soweit ersichtlich - nur der Beklagte zu 1.) Beteiligungen an der Fondsgesellschaft erwarb. Er entschied damit maßgeblich über die Verwendung der Darlehensvaluta, was es ausschließt, die Beklagte zu 2.) als echte Mitdarlehensnehmerin anzusehen.

Hingegen fehlt es - wie das Landgericht gleichfalls zurecht ausgeführt hat - für das Verdikt der Sittenwidrigkeit an der krassen finanziellen Überforderung der Beklagten zu 2.). Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt eine Überforderung des Mithaftenden bei nicht ganz geringen Bankschulden grundsätzlich vor, wenn er voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens und Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalls dauerhaft tragen kann (z.B. BGH, Urt. v. 26.04.2001 - IX ZR 337/98, NJW 2001, 2466, 2467). Die Beklagte zu 2.) ist - wie unstreitig - gemeinsam mit dem Beklagten zu 1.) Miteigentümerin zu 1/2 des gemeinsam bewohnten Wohnhauses M.str. 50 in B., das - worüber gleichfalls zwischen den Parteien kein Streit besteht - einen Verkehrswert von 360.000,-- DM bei noch valutierenden Belastungen iHv 220.000,- DM aufwies. Der Anteil der Zweitbeklagten belief sich mithin auf 70.000,-- DM und überstieg damit - worauf das Landgericht zurecht hinweist - noch den Nettokreditbetrag. Dies schließt eine Überforderung aus: Der Einsatz vorhandenen Vermögens zur Sicherung der Verbindlichkeiten naher Angehöriger ist nicht ohne weiteres sittlich verwerflich. Die Bestimmung des § 138 Abs. 1 BGB hat regelmäßig nicht den Zweck, das Eigenheim eines Mithaftenden auf Dauer zu erhalten. Ebenso wenig schützt die Norm die Möglichkeit eines dauerhaften mietfreien Wohnens, zumal die Eintragung einer Grundschuld zur Besicherung des Darlehens möglich gewesen wäre, ohne dass - ohne das Hinzutreten weiterer, hier nicht vorgetragener oder sonst ersichtlicher Umstände - dieses Geschäft dem Verdikt der Sittenwidrigkeit ausgesetzt wäre (BGH, Urt. v. 26.04.2001 - IX ZR 337/98, NJW 2001 - 2466, 2467; s. auch Urt. v. 19.06.2002 - IV ZR 168/01, WM 2002, 1642). Erhebliches hiergegen vermag auch die Berufung nicht vorzutragen, die lediglich meint, der Umstand, dass die Beklagte zu 2.) Miteigentümerin des Familienheims sei, mache sie nicht zu einer vermögenden Frau. Das mag zutreffen, es schließt aber die krasse finanzielle Überforderung aus.

6.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass eine Aufhebung und Zurückverweisung (§ 538 Abs. 2 ZPO) nicht in Betracht kommt.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 S. 1 ZPO der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

8.

Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die Entscheidung beruht vielmehr auf einer tatsächlichen Würdigung der Besonderheiten des Streitfalls.

Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer durch dieses Urteil: 35.486,64 €

Ende der Entscheidung

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