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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 07.02.2001
Aktenzeichen: 13 U 125/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 125/00 12 O 405/99 LG Aachen

Anlage zum Protokoll vom 07.02.2001

Verkündet am 07.02.2001

Meinecke, JHS'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Berufungsrechtsstreit

pp.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2001 unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Hentschel als Vorsitzender, der Richterin am Oberlandesgericht Wahle und des Richters am Landgericht Dahl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 04.05.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen - 12 O 405/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht weder aus eigenem Recht noch aus abgetretenem Recht ihrer Tochter U. F. ein Zahlungsanspruch in Höhe von 11.000,00 DM gegen den Beklagten zu.

1.)

Ansprüche der Klägerin aus eigenem Recht sind weder aus § 812 Abs. 1 BGB noch aus dem Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben.

a)

Es ist bereits fraglich, ob überhaupt eine Zuwendung der Klägerin über 11.000,00 DM an den Beklagten vorliegt. Fehlt es daran, ist also das Geld von der Klägerin zunächst ihrer Tochter, der Zeugin F., und von dieser erst dem Beklagten zugewandt worden, kommen Rückforderungsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus eigenem Recht von vornherein nicht in Betracht.

Der Beklagte weist in der Berufungserwiderung zu Recht darauf hin, dass die Zeugin M., die ehemalige Schwägerin des Beklagten, gleich zweimal von einem Geldbetrag bekundet hat, der "an meine Schwester gegangen ist". Auch die weiteren Angaben der Zeugin M., dass alle Kinder von den Eltern bzw. der Klägerin unterstützt worden seien und diese anlässlich des Kaufs der Eigentumswohnung durch die Zeugin F. und ihren damaligen Ehemann hinsichtlich ihrer bevorstehenden Zuwendung erklärt habe, "dass jetzt die U. dran sei", lassen auf einen Willen der Klägerin schließen, das Geld allein ihrer Tochter zuzuwenden.

Dafür spricht auch der weitere Umstand, dass der Beklagte unstreitig bei der Abhebung des Geldes von den beiden Sparbüchern der Klägerin nicht zugegen war (die Klägerin wurde vielmehr allein von ihrer Tochter U. F. begleitet) und dass 22.000,00 DM aus den beiden abgehobenen Beträgen auf das allein auf den Namen der Zeugin F. lautende Konto bei der Sparkasse A. eingezahlt wurden.

Es war auch unstreitig die Zeugin F. - nach den Angaben im notariellen Kaufvertrag von Beruf Buchhalterin -, die sämtliche finanziellen Angelegenheiten der damaligen Eheleute F. regelte. Der Beklagte, von Berufung Schlosser, hatte wohl offensichtlich wenig Interesse an solchem "Papierkram". Es ist deshalb nicht einmal gänzlich auszuschließen, dass der Beklagte von der Zuwendung der 22.000,00 DM durch die Klägerin nichts erfahren hat. Immerhin konnte sich auch die Zeugin M. nicht an ein einziges Gespräch in Gegenwart des Beklagten erinnern, bei dem die Zuwendung von Seiten der Klägerin Gesprächsinhalt war.

b)

Auch auf Grund der Aussage der Zeugin F. kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Klägerin beiden Ehegatten gemeinsam das Geld zugewendet hat. Insoweit kann im Ergebnis auf die überzeugende Beweiswürdigung des Landgerichts verwiesen werden, die sich allerdings im wesentlichen nicht mit der Frage der Zuwendung als solcher, sondern der behaupteten Kenntnis des Beklagten von dem Zweck der Zuwendung befasst. In der Tat beschränkt sich die Aussage der Zeugin F. zur Kernfrage auf die Bekundung, dass die Klägerin erklärt habe, dass zum einen die Ehe bestehen bleiben müsse und sie zum anderen erwarte, dass das Geld zurückgezahlt werde, wenn sie selbst es brauche. Angaben zum Randgeschehen, zur Zeitschiene und zum konkreten Anlass des Gespräches fehlen gänzlich. Dies korrespondiert mit dem insoweit auch völlig unzulänglichen Sachvortrag der Klägerin. Bezeichnenderweise findet sich bis zum Erlass des Beweisbeschlusses durch das Landgericht kein Sachvortrag der Klägerin dazu, wo das von der Zeugin F. geschilderte Gespräch stattgefunden haben soll. Die Angabe in der Klageschrift: "Es war bei der Hingabe des Geldes besprochen, dass das Geld nur deshalb gegeben wurde, dass die Ehe zwischen den Eheleuten F. Fortbestand hatte" ist gleich in zweifacher Hinsicht unzutreffend. Denn bei der Hingabe des Geldes, d. h. bei der Abholung des Geldes von den beiden Sparbüchern der Klägerin und der Bareinzahlung auf das Konto der Zeugin F., war der Beklagte unstreitig nicht zugegen. Dass das Geld nur hingegeben worden sei, um den Fortbestand der Ehe zu sichern, wird auch in der Berufung nicht mehr behauptet.

2.

Selbst wenn man aber angesichts des Umstandes, dass das Geld von der Klägerin unstreitig zur Finanzierung des Erwerbes der Eigentumswohnung durch beide Eheleute hingegeben worden ist, von einer Zuwendung an beide Eheleute ausgeht, hat die Berufung gleichwohl keine Aussicht auf Erfolg. a)

Die ältere Rechtsprechung, die auf die Entscheidung des BGH vom 23.09.1983 (in FamRZ 1983, 1214 = NJW 1984, 233) zurückgeht, hat in Fällen der vorliegenden Art (Zuwendungen der Schwiegereltern zu dem Erwerb eines Familienheimes bei Einigkeit der Parteien über den Schenkungszweck) nach Scheitern der Ehe einen Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative BGB in Betracht gezogen (so OLG Hamm in FamRZ 1990, 1232 f.; OLG Köln in OLG Report 1994, 23; OLG Düsseldorf in OLG Report 1995, 202). Zum Teil wurde daneben (so OLG Köln in OLG Report 1995, 17 ff.) oder ausschließlich (so OLG Oldenburg in NJW 1994, 1539) ein Anspruch aus dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geprüft.

Mit Urteil vom 12.04.1995 (BGHZ 129, 263 ff. = NJW 1995, 1889 ff.) hat der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Entscheidung, in der es um die Frage ging, ob Zuwendungen der Schwiegereltern dem Anfangsvermögen des Begünstigten hinzuzurechnen sind, ausgeführt, dass Rechtsgrund derartiger Zuwendungen ein im Gesetz nicht geregeltes familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art sei. In seiner Entscheidung vom 4.02.1998 (FamRZ 1998, 669 ff.) hat der BGH diese Rechtsprechung fortentwickelt und ausgeführt, solche Zuwendungen von nahen Familienangehörigen seien mit den ehebezogenen (unbenannten) Zuwendungen unter Ehegatten vergleichbar. Eine Schenkung scheide aus, weil es an dem erforderlichen subjektiven Tatbestand fehle. Nach dem erkennbaren Willen des Zuwenders solle die Leistung nicht zu einer den Empfänger einseitig begünstigenden und frei disponiblen Bereicherung führen, sondern sie solle auf Dauer der Ehegemeinschaft dienen und damit auch von deren Bestand abhängig sein. Dass an dieser Rechtsprechung festgehalten wird, hat der BGH zuletzt mit Urteil vom 28.10.1998 [in NJW 1999, 353, 354 unter Ziffer 2 a] klargestellt.

b)

Nach der vorgenannten Rechtsprechung kommt ein Rückforderungsanspruch aus Bereicherungsrecht wegen einer angeblichen Zweckschenkung nicht mehr in Betracht. Weil Rechtsgrund der Zuwendung ein im Gesetz nicht geregeltes familienrechtliches Rechtsverhältnis eigener Art ist, und damit eine Schenkung nicht angenommen werden kann, scheidet auch der Unterfall der Zweckschenkung aus (so ausdrücklich Urteil des BGH vom 12.04.1995, a.a.O.).

Bei Auflösung der Ehe kommt ein eventueller Ausgleich nur noch nach dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Betracht. Ein solcher Ausgleich führt - bei einer Übertragung eines Grundstücks - grundsätzlich nur in Ausnahmefällen zu einer dinglichen Rückgewähr; in der Regel kann nur Ausgleich in Geld verlangt werden. Dabei ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass, soweit die Ehe nach der Zuwendung Bestand gehabt hat, der Zweck der Zuwendung (Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens) jedenfalls teilweise erreicht worden ist, so dass, sofern eine Rückforderung überhaupt in Frage kommt, der Anspruch entsprechend zu kürzen ist (vgl. BGH in FamRZ 1998, 669, 670).

Vorliegend haben der Beklagte und die Zeugin F. nach der Zuwendung durch die Klägerin rund 4 Jahre in der erworbenen Eigentumswohnung (bis zur Trennung im Oktober 1997) zusammengelebt. Damit ist der Zweck der Zuwendung, das eheliche Zusammenleben in der gemeinsamen Eigentumswohnung zu fördern, jedenfalls teilweise erreicht worden mit der Folge, dass ein eventueller Rückforderungsanspruch der Klägerin in jedem Falle zu kürzen wäre.

c)

Einer Auseinandersetzung mit der Frage, wie eine solche Kürzung zu bemessen wäre, bedarf es hier jedoch nicht, weil ein Rückforderungsanspruch der Klägerin aus eigenem Recht nicht besteht.

Der BGH führt in der zitierten Entscheidung vom 12.04.1995 (bei der es um eine Zuwendung von 300.000,00 DM an beide Eheleute ging) aus, die Zuwendende habe nur die Ehegemeinschaft ihres Sohnes begünstigen wollen. Bei Vorausschau des späteren Scheiterns der Ehe hätte sie nicht von der Zuwendung abgesehen, sondern sie hätte sie ebenfalls erbracht, allerdings in vollem Umfange allein an ihren Sohn mit dessen uneingeschränkter Dispositionfreiheit (und nicht auch an dessen Ehefrau). In diesem gedachten Fall hätte die teilweise Weitergabe des Geldes durch den Sohn an die Ehefrau eine sogenannte Kettenschenkung dargestellt, bei der ein Ausgleich unter den Ehegatten nur im Rahmen des Zugewinnausgleichs stattgefunden hätte. Unter diesen Umständen könne aber hinsichtlich der (hälftigen)Zuwendung der Mutter an ihre Tochter nicht davon ausgegangen werden, dass das Scheitern der Ehe zu einer für die Mutter unzumutbaren Störung der Geschäftsgrundlage geführt habe. Demgemäss bestehe kein Anlass zu einer Anpassung der Rechtsbeziehungen zwischen der Zuwendenden und der Ehefrau ihres Sohnes.

d)

Diese Überlegungen können auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme spricht alles dafür, dass die Klägerin den Geldbetrag von 22.000,00 DM in jedem Falle ihrer Tochter allein zugewandt hätte, die nach der Aussage der Zeugin M. "jetzt dran gewesen sei". Die Klägerin hatte sowohl die Zeugin M. unterstützt als auch ihren Sohn W., und zwar bei dessen Erwerb einer Immobilie in Holland. Dass ihr Sohn W. diese Immobilie zusammen mit einer weiteren Person erworben habe, wird von der Klägerin weder behauptet noch ist dies von der Zeugin F. bekundet worden. Auch dieser Umstand lässt den Rückschluss zu, dass die Klägerin jedes einzelne ihrer Kinder finanziell unterstützen wollte und deshalb auch der Zeugin F. bei Vorausschau des Scheiterns von deren Ehe den Betrag in jedem Falle ihr alleine zur freien Verfügung zugewandt hätte. Bei Verwendung dieses Geldbetrages für den gemeinsamen Kauf der Eigentumswohnung fände auch dann der Ausgleich unter den Ehegatten im Rahmen des Zugewinnausgleiches statt. Hätte die Klägerin das Geld aber in jedem Fall hingegeben (wenn in dem hypothetisch gebildeten Falle auch allein an ihre Tochter), so hat das Scheitern der Ehe ihrer Tochter für die Klägerin nicht zu einer unzumutbaren Störung der Geschäftsgrundlage geführt. Dies gilt umso mehr, als nach der vorzitierten Rechtsprechung des BGH die Frage der Unangemessenheit und Unzumutbarkeit an den Belangen des mit dem Zuwender verwandten Ehegatten zu messen ist und es sich vorliegend um einen Geldbetrag handelt, bei dem nicht davon auszugehen ist, dass nur die Rückgewähr geeignet erscheint, einen untragbaren, mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbaren Zustand zu vermeiden (vgl. BGH in FamRZ 1998, 669, 670).

3.)

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von 11.000,00 DM aus abgetretenem Recht ihrer Tochter U. F. ist ebenfalls nicht gegeben.

a)

Soweit die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 01.02.2001 einen angeblichen Anspruch aus abgetretenem Recht der Zeugin U. F. geltend macht, handelt es sich um eine Klageänderung (vgl. nur Zöller-Greger, ZPO, 22. Auflage, § 263 Randnummer 7 m.w.N.). Diese Klageänderung, die der Senat als sachdienlich zuläßt, vermag der Berufung jedoch ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.

b)

Unterstellt man, dass die Zuwendung der Klägerin zunächst allein an ihre Tochter U. F. erfolgt ist und sodann der hälftige Betrag von dieser ihrem Ehemann schenkungsweise zugeflossen ist, ist ein Bereichungsanspruch der Tochter, den die Klägerin aus abgetretenem Recht verfolgt, gleichwohl nicht gegeben. Denn sowohl für Schenkungen als auch für unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten gilt, dass eventuelle Ausgleichsansprüche nur im Rahmen des Zugewinnausgleiches geltend gemacht werden können (vgl. nur Palandt-Brudermüller, a.a.O., § 1374 Rdnr. 15 m.w.N.). Die Zeugin F. und der Beklagte lebten bis zur zwischenzeitlich erfolgten Scheidung ihrer Ehe unstreitig im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dass die Parteien den Zugewinnausgleich gegebenenfalls bereits abschließend durchgeführt haben bzw. die Zeugin F. davon ausgegangen ist, es bestehe ein eigener Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Betrages von 11.000,00 DM, ist dabei unerheblich.

Nach alledem hat es bei dem angefochtenen Urteil zu verbleiben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufung und Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil: 22.000,00 DM.

Die Einführung des abgetretenen Anspruchs in den Prozeß stellt eine objektive Klagenhäufung dar mit der Folge der Verdoppelung des Streitwertes. Wirtschaftliche Identität der beiden Ansprüche ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin und ihre Tochter sich nicht als Gesamtgläubiger eines einzigen Anspruches geriert haben, sondern die Klägerin zwei selbständige Ansprüche, von denen der eine nach ihrem Klagevorbringen nur ihr alleine und der andere nur ihrer Tochter zustehen konnte, in den Prozeß eingeführt hat.

Ende der Entscheidung

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