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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 13 U 168/09
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, VerbrKrG


Vorschriften:

HGB § 128
HGB § 130
HGB § 334
ZPO § 269
VerbrKrG § 4
VerbrKrG § 4 Abs. 1
VerbrKrG § 6 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.8.2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln (5 O 406/03) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Gesellschafter der L-B-I Grundstücksgesellschaft b.R.. Den Beitritt zu dieser Gesellschaft hatte er - mit einem Anteil von 3,850964183 % - am 17.8.1994 erklärt. Die Annahme dieser Erklärung erfolgte am gleichen Tage; eine Beitrittsbestätigung und Vollmacht ließ der Kläger am 23.8.1994 beurkunden. Mit der - in der Berufungsinstanz erweiterten - Klage begehrt er die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung geleisteter Einlagen und die Feststellung, aus den von der Gesellschaft mit der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen nicht - und hilfsweise nicht in dem von der Beklagten behaupteten Umfang - verpflichtet zu sein.

Wegen des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge der Parteien im Rechtsstreit erster Instanz einschließlich der der Gesellschaft und der Beteiligung des Klägers zugrunde liegenden Verträge und Erklärungen wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob der Kläger durch die Darlehensergänzungsvereinbarung vom 1./8.12.1997 verpflichtet, insbesondere ob er bei dem Abschluss dieser Vereinbarung wirksam vertreten worden sei. Jedenfalls ergebe sich die Haftung des Klägers aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 128, 130 HGB. Die beitretenden Gesellschafter hafteten für die im Namen der GbR (auch vor ihrem Eintritt in die Gesellschaft) begründeten Verpflichtungen auch persönlich. Vertrauensschutzgesichtspunkte griffen zugunsten des Klägers nicht ein; bei einem Beitritt zu einer Gesellschaft der vorliegenden Art müsse jedem Beitretenden klar sein, dass das von ihr betriebene Projekt in erheblichem Umfang durch Fremdmittel finanziert werden müsse. Der Kläger habe auch nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte als Darlehensgeberin mit den Fondsinitiatoren zu seinem Nachteil kollusiv zusammengearbeitet habe; deshalb bestehe auch kein Schadensersatzanspruch.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht - wie bereits in erster Instanz - geltend, dass die der Geschäftsbesorgerin sowie den geschäftsführenden Gesellschaftern erteilten Vollmachten wegen eines Verstoßes gegen das RBerG nichtig seien; auch die Ergänzung des Darlehensvertrages sei unwirksam, da auch eine Rechtsscheinvollmacht bei der gegebenen Sachlage ausscheide. Ebenso wenig habe er das vollmachtlose rechtsgeschäftliche Handeln der Geschäftsbesorgerin genehmigt. Vor allem aber macht der Kläger geltend, dass das Landgericht die Frage des Vertrauensschutzes unzutreffend entschieden habe. Bei richtigem Verständnis könne er für die Altverbindlichkeiten der Gesellschaft nicht in Anspruch genommen werden. Aber auch aus dem nach seinem Beitritt geschlossenen Darlehensergänzungsvertrag vom 1./8.12.1997 sei er nicht verpflichtet, weil dieser Vertrag aus verschiedenen Gründen, vor allem im Hinblick auf die Nichtigkeit der von ihm erteilten Vollmachten, unwirksam sei.

Im Verlaufe des Berufungsverfahrens hat der Kläger seine - erstinstanzlich nur auf die Feststellung seiner fehlenden Darlehensverpflichtung gerichtete - Klage erweitert. Er verlangt nunmehr mit der Begründung, dass der Fondsinitiator L und die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) zu seinem Nachteil kollusiv zusammengearbeitet hätten, über die weiterhin begehrte Feststellung hinaus Schadensersatz in Form der Rückzahlung der von ihm geleisteten Einzahlungen (Eigenkapital und Nachschusszahlungen in Höhe von insgesamt 484.113,57 €) nach näherer Maßgabe der Berechnung im Schriftsatz vom 21.12.2006. Der einen Schadensersatzanspruch begründende Vorwurf des kollusiven Zusammenwirkens (der auch Gegenstand einer gesonderten Klage des Klägers auf Schadensersatz gegen den Initiator L vor dem Landgericht Berlin - 19 O 340/06 - war) begründe sich mit der gemeinsamen Täuschung der Anleger über die im Prospekt vorgesehene Verwertungsreihenfolge. Anders als dort - sprachlich unzweideutig - vorgesehen, sollte nach der Planung der Beklagten und des Initiators nicht zunächst das Grundstück verwertet, sondern sogleich die Gesellschafter in Anspruch genommen werden. Deshalb habe die Beklagte den Kläger im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als sei der Beitritt nicht erfolgt. Das umfasse auch die Rückzahlung erbrachter Leistungen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Beteiligung. Demgegenüber berücksichtige die Beklagte - im Rahmen der inzwischen u.a. gegen ihn als Darlehensnehmer erhobenen Zahlungsklage vor dem Landgericht Berlin (38 O 61/08) - weder den zutreffenden Stand der Restschuld noch den Objektwert. Der aufrechterhaltene Feststellungsantrag enthalte als Minus auch das Begehren festzustellen, dass die Beklagte die bereits angesprochene Verwertungsreihenfolge einzuhalten habe und er jedenfalls nur in Höhe der jeweils bestehenden Restschuld quotal hafte.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Beklagte zur Zahlung von 484.113,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 29.12.2006 zu zahlen,

festzustellen, dass der Kläger nicht aus den Darlehensverträgen zwischen der Beklagten und der L-B-Ba 86 GbR vom 18.11.1993 mit den Nummern ..., ... sowie ... (Avalkredit vom 1./8.12.1997) der Beklagten gegenüber persönlich verpflichtet ist,

wobei die Verpflichtung der Beklagten gemäß den vorstehenden Anträgen Zug-um-Zug gegen Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers an der L-B-I Grundstücksgesellschaft Berufung auf die Beklagte bestehe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und vertritt die Auffassung, die Darlehensverträge zwischen der GbR und der Beklagten seien ungeachtet der dagegen erhobenen Einwendungen des Klägers wirksam. Für die Altverbindlichkeiten hafte der Kläger, soweit sein Anteil betroffen sei, ohne sich auf Vertrauensschutz berufen zu können. Auch der Vertrag vom 1./8.12.1997 zur Ergänzung der früheren Darlehensverträge sei wirksam. Die Beklagte bestreitet ferner das Bestehen einer Aufklärungspflicht gegenüber den Anlegern sowie die Behauptung des Klägers zum angeblichen kollusiven Zusammenwirken der Beklagten mit an der Gesellschaft bzw. deren Gründung Beteiligten. Deshalb bestehe auch für die Annahme einer Verpflichtung zum Schadensersatz keinerlei Grundlage. Schließlich tritt die Beklagte dem Vorbringen des Klägers zum Haftungsumfang entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger für die von der Gesellschaft - vor und nach seinem Beitritt - begründeten Verbindlichkeiten jedenfalls nach §§ 128, 130 HGB in entsprechender Anwendung haftet. Schadensersatzansprüche stehen ihm auch unter Berücksichtigung seines zweitinstanzlich ergänzten Sachvortrags nicht zu. Im Einzelnen gilt:

1.

Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen auch im Hinblick auf das Feststellungsbegehren keine Bedenken. Zwar kann das Feststellungsinteresse bei einer negativen Feststellungsklage entfallen, wenn der Beklagte eines solchen Verfahrens wegen desselben Streitgegenstandes eine Leistungs(wider)klage erhebt. Das ursprünglich vorliegende Feststellungsinteresse besteht aber zumindest solange fort, bis über die neue Klage streitig verhandelt worden ist, diese also gemäß § 269 ZPO nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann. In einem solchen Fall entfällt mit diesem Zeitpunkt das Feststellungsinteresse und der Feststellungskläger ist gehalten, seine damit unzulässig gewordene Klage für erledigt zu erklären (BGH NJW 1994, 3107; NJW 1973, 1500; Zöller, Zivilprozessordnung, 26.Auflage 2007, § 256 ZPO Rdn. 7 d). Im vorliegenden Fall ist über die von der Beklagten erhobene Leistungsklage vor dem Landgericht Berlin (38 O 61/08) noch nicht streitig verhandelt worden. Zudem kommt es dann nicht zu einem Wegfall des Feststellungsinteresses, wenn für die Feststellungsklage im Gegensatz zur Leistungsklage bereits Entscheidungsreife besteht (BGH NJW 1999, 1544; NJW 2006, 515), wie es hier der Fall ist.

2.

Es kann - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - offen bleiben, ob der Kläger durch die Darlehensergänzungsvereinbarung vom 1./8.12.1997 wirksam verpflichtet worden ist. Unabhängig von der Wirksamkeit einer solchen rechtsgeschäftlichen Verpflichtung ergibt sich seine Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft aus den im Antrag genannten Darlehensverträgen jedenfalls aus §§ 128, 130 HGB in entsprechender Anwendung. Der BGH hat in einem dem vorliegenden gleichgelagerten Fall (XI ZR 431/04) inzwischen entschieden, dass jedenfalls die mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahr 1993 geschlossenen Darlehensverträge wirksam sind, insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kredit für die gewerbliche Tätigkeit der GbR bestimmt war, nicht gegen §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 VerbrKrG verstößt und durch eine etwaige Nichtigkeit der Darlehensergänzungsvereinbarung vom 1./8.12.1997 nicht berührt wird.

Nach der neuen Rechtsprechung des BundesgerichtsIes (BGHZ 142, 315 ff; BGHZ 146, 341 ff; BGH WM 2006, 187) hat ein Neugesellschafter - anders als noch nach dem unter Anwendung der Doppelverpflichtungstheorie für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts geltenden Haftungsregime - für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten persönlich und über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen hinaus auch dann einzustehen, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht vorliegt. Deshalb haftet der Kläger grundsätzlich aus den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften. Zugleich hat der BGH entschieden, dass die Grundsätze der persönlichen Haftung aus Gründen des Vertrauensschutzes erst auf künftige, dem Urteilserlass nachfolgende Beitrittsfälle Anwendung finden sollten, weil ein Neugesellschafter grundsätzlich von dem Bestehen eines solchen Anspruchs nicht ausgehen musste und sie deshalb weder in seine Beitrittsentscheidung einbeziehen noch entsprechende Vorkehrungen für den Fall der persönlichen Inanspruchnahme treffen konnte. Anders ist allerdings zu entscheiden, wenn der Neugesellschafter die bestehende Altverbindlichkeit der Gesellschaft im Beitrittszeitpunkt kennt oder wenn er sie bei auch nur geringer Aufmerksamkeit hätte erkennen können und erst recht dann, wenn sich dem Beitretenden das Bestehen von Altverbindlichkeiten aufdrängen musste, weil sie aus der Natur der Gesellschaft heraus typischerweise vorhanden sind (BGH WM 2006, 187). So liegt der vorliegende Fall, wie der BGH in der angesprochenen Parallelsache und auch das Landgericht im vorliegenden Fall ausgeführt haben. Bei einer Gesellschaft der vorliegenden Art mussten Beitretende schon mit Rücksicht auf das Geschäftsmodell damit rechnen, dass die Gesellschaft sich schon zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Realisierung des geplanten Projektes die dafür erforderlich werdenden Mittel durch die Aufnahme von Krediten besorgt hatte. Zudem ist der Kläger sowohl durch den Prospekt wie den Gesellschaftsvertrag auf diesen Umstand in ausreichender Weise hingewiesen worden.

Es ist inzwischen auch geklärt (BGH aaO), dass der persönlichen Haftung des Klägers entsprechend §§ 128, 130 HGB die Vorschrift des § 4 VerbrKrG nicht entgegensteht.

3.

Auf der Grundlage der Entscheidung des BGH in dem gleichgelagerten Parallelfall (XI ZR 431/04) ist inzwischen schließlich auch geklärt, dass Schadensersatzansprüche des Klägers wegen eines behaupteten Aufklärungsverschuldens von vornherein nicht in Betracht kommen. Zum einen ist nicht der Kläger, sondern nur die rechts- und parteifähige GbR Vertragspartnerin der Beklagten (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) geworden, so dass für sie in Bezug auf die geworbenen Gesellschafter von vornherein keine Aufklärungspflichten hinsichtlich des Anlageobjektes entstehen konnten. Zum anderen kommt eine Schadensersatzhaftung der Beklagten nach den Grundsätzen über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte ebenfalls nicht in Betracht, weil die beigetretenen Gesellschafter nach der Wertung des § 334 BGB nicht mehr Rechte als die GbR als Vertragspartnerin der Bank geltend machen können.

Soweit der Kläger schließlich aus der von ihm im Schriftsatz vom 15.5.2008 zitierten Passage des Prospektes im Hinblick auf eine dort angesprochene Reihenfolge der Haftung von Grundstück und Gesellschaftern einen Schadensersatzanspruch herleiten will, verkennt er schon den Regelungsgehalt der entsprechenden Prospektangaben. Ihnen ist eine bestimmte Reihenfolge der Inanspruchnahme von Grundstück und Gesellschafter nicht zu entnehmen (so zutreffend auch der 24. Zivilsenat des Kammergerichts in WM 2009, 744; Tz. 66 des juris-Ausdrucks). Zum anderen fehlt es aber auch an jedem Sachvortrag dazu, woraus sich ergeben soll, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. ihre Mitarbeiter sich zur Einhaltung dieser angeblichen Verwertungsreihenfolge dem Kläger oder anderen Gesellschaftern gegenüber verpflichtet haben sollen. Erst recht ist nicht erkennbar, dass der Kläger über eine solche Verpflichtung getäuscht worden sein soll. Der Senat hat zu dieser Frage den Parteien bereits Hinweise erteilt (Verfügung vom 26.10.2007; GA 990 ff), die trotz der vom Kläger dagegen erhobenen Einwendungen in vollem Umfang fortgelten und auf die Bezug genommen wird.

4.

Was den Umfang der quotalen Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft angeht, folgt der Senat der in Rechtsprechung (Kammergericht, 24. ZS, WM 2009, 744; nicht rechtskräftig - vgl. das beim BGH anhängige Verfahren XI ZR 3/09; Kammergericht, 26. ZS Urteil vom 18.4.2007 - 26 U 31/06; OLG Braunschweig, Urteil vom1.3.2007 - 7 U 66/06) und Literatur (Lehleiter/Hoppe, BKR 2008, 323 mit weiteren Nachweisen zur instanzgerichtlichen Rechtsprechung in Fn. 5; anders Barchewitz, MDR 2007, 1176) überwiegend vertretenen Auffassung, wonach Bezugsgröße für die Haftung von Gesellschaftern einer Fonds-GbR für die durch diese begründeten Verbindlichkeiten bei Vereinbarung einer quotalen Haftung grundsätzlich der ursprüngliche Nominalbetrag des Darlehens und nicht die jeweils aktuell bestehende (und unter Umständen durch Zahlungen der Gesellschaft oder die Anrechnung von Erträgen aus einer Zwangsverwaltung reduzierte) Restforderung ist.

Die Gegenauffassung (Kammergericht, 4. Zivilsenat, NZG 2009, 299) geht demgegenüber davon aus, dass die quotale Haftung sich im Sinne einer echten Teilschuld immer nur auf die noch offene Restforderung gegenüber der GbR und nicht auf die anfängliche Schuld beziehe und unverändert bleibe, bis die gesamte Restforderung gegenüber der Gesellschaft diese Summe, die sich aus der Quote an der anfänglichen Darlehensschuld der Gesellschaft ergab, unterschreite. Dieses Ergebnis sei auch unter wertenden Gesichtspunkten angemessen: Es gäbe bei der akzessorischen Haftung grundsätzlich keinen Anteil einer Schuld der Gesellschaft, der nicht durch eine Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB gedeckt sei. Sofern sich der Gläubiger auf eine quotale Haftungsbeschränkung einlasse, habe er es in der Hand, sich gegebenenfalls zusätzliche Sicherheiten zu verschaffen, er sei es nämlich, der das Insolvenzrisiko seines Vertragspartners trage. Zudem werde diese Regelung auch dem Schutz des Gesellschafters gerecht: dieser solle im Außenverhältnis nicht höher in Anspruch genommen werden können, als er Leistungen im Innenverhältnis zu erbringen habe.

Diese Auffassung überzeugt nicht. Ihr ist bereits entgegenzuhalten, dass es gerade Sinn der neben der Gesellschaftsschuld bestehenden persönlichen Haftung der einzelnen Gesellschafter ist, dem Gesellschaftsgläubiger - im Ausgleich zu dem bei der GbR fehlenden gebundenen Haftkapital - die Sicherheit zu geben, wegen seiner Forderung auch aus dem privaten Vermögen der einzelnen Gesellschafter Befriedigung zu erhalten. Würde den aus dem Gesellschaftsvermögen erbrachten Tilgungsleistungen ohne Weiteres Erfüllungswirkung auch für die persönliche Haftung beigemessen, hätte dies zur Folge, dass diese zusätzliche Sicherheit zum Nachteil des Gläubigers abgebaut würde und er das Insolvenzrisiko der teilschuldnerisch haftenden Mitgesellschafter zu tragen hätte. Vor allem aber führt sie zu nicht hinnehmbaren Zufälligkeiten bei der Bestimmung des Haftungsumfangs von Gesellschaftern in Abhängigkeit von der Reihenfolge von Zahlungen auf die Schuld der Gesellschaft, wie dies von Lehleiter/Hoppe an Zahlenbeispielen ausführlich dargestellt worden ist (BKR 2008, 323, 327) und zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung des später (oder nicht) zahlenden Gesellschafters. Darüber hinaus führt die Gegenauffassung auch zwangsläufig zu Deckungslücken bei der kreditgebenden Bank, die mit der ursprünglichen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung (die nämlich eine Einigung dahingehend, dass Zahlungen auf die Gesellschaftsschuld auf die Haftungsbeiträge der Gesellschafter angerechnet werden, in aller Regel nicht enthält) nicht gewollt waren und für die es auch keine sachliche Begründung gibt. Dem kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, dass die kreditgewährende Bank es in der Hand habe, sich - etwa in Form weiterer dinglicher Sicherheiten oder persönlicher Schuldanerkenntnisse der Beteiligten - zusätzliche Sicherheiten zu verschaffen. Dagegen spricht bereits, dass sich die Möglichkeit solcher Sicherheiten nicht in jedem Fall ergeben wird, vor allem aber, dass der Systemwidrigkeit dieser Art der Anrechnung von Zahlungen und die in ihrer Konsequenz liegenden offenbaren Ungereimtheiten nicht mit dem Hinweis auf andere rechtsgeschäftliche Gestaltungsvarianten begegnet werden kann.

Die jeweils bestehende Restforderung ist für den Haftungsumfang des einzelnen Gesellschafters deshalb nur insofern von Bedeutung, als sie die Obergrenze für seine Inanspruchnahme bildet. Zahlungen der Gesellschaft reduzieren demzufolge nur die gegen die Gesellschaft bestehende Restforderung, aber senken nicht zusätzlich die Haftungsgrenze des in Anspruch genommenen Gesellschafters. Der Feststellungsantrag des Klägers ist demzufolge auch insoweit unbegründet, als mit ihm eine gegenüber dem ursprünglichen Haftungsumfang geringere Bemessungsgrundlage für die Quote des Klägers erstrebt wird.

5.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

6.

Der Senat lässt die Revision im Hinblick auf die unter Ziffer 4 behandelte - in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilte - Frage des Umfangs der quotalen Haftung des Gesellschafters zu (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Die übrigen Fragen sind dagegen - nachdem der BGH einen gleichgelagerten Fall inzwischen auf der gleichen Grundlage entschieden hat und sowohl die grundsätzliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Gesellschafter nach §§ 128, 130 HGB als auch das Fehlen von Vertrauensschutz in Fällen der vorliegenden Art höchstrichterlich geklärt sind - nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 1.232.319,57 € (davon 484.113,57 € für den Zahlungsantrag und 748.206 € für den Feststellungsantrag).

Ende der Entscheidung

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