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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 13 U 188/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 366
BGB § 397
BGB § 607
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

13 U 188/01

In der Berufungssache

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und des Richters am Oberlandesgericht Gundlach

am 20. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars Dr. B.N. in H.-R. vom 18.12.1996 - UR.-Nr. 2186/96 - wird hinsichtlich der von der Beklagten aufgrund der persönlichen Haftungsübernahme (Ziffer 4. jener Urkunde) gegen die Klägerin betriebenen Vollstreckung mit Wirkung ab dem 17.01.2002 (Eingang des Einstellungsantrages) bis zur Entscheidung über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 16. August 2001 - 2 O 691/00 - einstweilen ohne Sicherheitsleistung eingestellt. Der weitergehende Einstellungsantrag der Klägerin vom 17.01.2002 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Dem Antrag der Klägerin vom 17.01.2002 ist in dem vorstehend bezeichneten Umfang gemäß § 769 Abs.1 ZPO stattzugeben. Das Landgericht hat mit dem von der Beklagten mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 16.08.2001, auf das Bezug genommen wird, die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars Dr. N. vom 18.12.1996 (2186/96) für unzulässig erklärt, soweit es die Vollstreckung gegen die Klägerin aufgrund der in Ziffer 4 jener Urkunde enthaltenen Übernahme der persönlichen Haftung mit Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung angeht. Die Beklagte betreibt die vom Landgericht für unzulässig erklärte Zwangsvollstreckung gleichwohl weiter. Die Klägerin hat glaubhaft gemacht, dass sie nicht imstande ist, die im - von der Beklagten - angefochtenen Urteil angeordnete Sicherheitsleistung von 478.000,00 DM zu erbringen. Da die Berufung der Beklagten indessen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keine Aussicht auf Erfolg verspricht, überwiegt das Interesse der Klägerin, die Beklagte an einer Fortsetzung der vom Landgericht für unzulässig erklärten Zwangsvollstreckung während des laufenden Berufungsverfahrens zu hindern.

Die Berufungsbegründung der Beklagten zeigt nichts auf, was die Gründe entkräften könnte, aus denen die Zivilkammer - der Grundsatzentscheidung des BGH vom 05.03.1991 (BGHZ 114, 9 = ZIP 1991, 503 = WM 1991, 758 = NJW 1991, 1677) folgend - die Zwangsvollstreckung aus den genannten Urkunden in dem tenorierten Umfang für unzulässig erklärt hat. Danach stellt es eine unangemessene Benachteiligung dar, einen zur Bestellung einer Grundschuld bereiten Dritten formularmäßig außerdem noch - wenn auch auf den Betrag der dinglichen Sicherheit begrenzt - zum persönlichen Mitschuldner aufgrund abstrakten Schuldversprechens zu machen; darin liegt eine dem Grundgedanken der Grundschuldregelung zuwider laufende unangemessene Haftungserweiterung, die nach § 9 Abs.2 Nr.1 AGBG unwirksam ist. Die Kammer hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Klägerin an den zugrunde liegenden Krediten der Hauptschuldnerin nicht ausreicht, die mit der Grundschuldbestellung verbundene formularmäßige Übernahme der persönlichen Haftung vor einer Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 9 Abs.2 Nr.1 AGBG zu bewahren. Der Sicherung für eigene - auch gemeinsame - Kreditverpflichtungen mag zwar die Sicherung von Krediten für gemeinsame geschäftliche Zwecke (wie bei Gesellschafter-/Geschäftsführerbürgschaften für Kredite "ihrer" GmbH) gleich stehen. Die Klägerin war jedoch an der Hauptschuldnerin nicht geschäftlich beteiligt. Unstreitig war die Klägerin auch nicht (Mit-)Darlehensnehmerin, sondern lediglich Bürgin.

Ob die Unzulässigkeit einer formularmäßigen Übernahme der persönlichen Haftung durch einen am Kreditverhältnis unbeteiligten Dritten, der eine Grundschuld zur Sicherung von Forderungen gegen den Kreditnehmer bestellt, nicht auch für den Fall gilt, dass ein Bürge zur Sicherung seiner Haftung eine Grundschuld bestellt und die persönliche Haftung übernimmt (bejahend: Merkel in: Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 94 Rz. 249), bedarf hier keiner Entscheidung. Aus den die Grundschuldbestellung vom 18.12.1996 betreffenden Sicherungszweckerklärungen vom 17.12.1996 ergibt sich - anders als die Berufung meint - nämlich nicht, dass mit der Grundschuld auch die eigene Verpflichtung der Klägerin als Bürgin besichert werden sollte. Die Formulierung in Teilziffer 1.1. "aus Bürgschaften sowie sonstigen Verpflichtungen für Dritte..." betrifft - wie auch die anderen Beispielsfälle für die zu sichernden Ansprüche aus der Geschäftsverbindung - lediglich Ansprüche der Gläubigerin gegen den/die genannten Kreditnehmer/persönliche Schuldner, nicht aber Ansprüche der Gläubigerin gegen Personen, die sich für den/die Kreditnehmer verbürgt haben. Soweit in einer der drei Sicherungszweckerklärungen vom 17.12.1996 auch die Klägerin als Kreditnehmerin genannt ist (Bl. 14 AnlH), trifft dies unstreitig nicht zu. Da in der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde vom 18.12.1996 aber - wie im Eingang der Urkunde zum Ausdruck kommt - davon ausgegangen wird, die Klägerin (und ihr Ehemann) seien auch "Darlehensnehmer und persönlich haftende Schuldner", dürfte die Klausel über die persönliche Haftungsübernahme unbeschadet einer jedenfalls hinsichtlich der persönlichen Haftung der Klägerin von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgehenden notariellen Belehrung auch schon wegen Verstoßes gegen § 3 AGBG unwirksam sein.

Die in den von der Beklagten verwendeten formularmäßigen Sicherungszweckerklärungen (in Teilziffer 3) enthaltene Klausel über die persönliche Haftungsübernahme (mit dem in einer Fußnote versteckten Hinweis, dass die persönliche Haftung nur von Schuldnern oder Bürgen übernommen werden könne) hält aus den gleichen Gründen wie die entsprechende Klausel in der Grundschuldbestellungsurkunde der AGB-Kontrolle nicht stand. Zwar unterliegt die mit der Grundschuldbestellung verbundene Sicherungsabrede, für die ein gesetzliches Leitbild fehlt, freier Vereinbarung. Die Erweiterung der dinglichen Haftung eines Dritten auf seine persönliche Haftung für den Grundschuldbetrag ist als Klausel in einer formularmäßigen Zweckerklärung für die Grundschuld indessen auch dann überraschend und unangemessen, wenn der Dritte die Bürgschaft für die dinglich besicherte Forderung übernommen hat.

Für die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels kommt es selbstverständlich auch nicht darauf an, ob die Klägerin auf ein entsprechendes Verlangen der Gläubigerin durch gesonderte notarielle Urkunde eine derartige Haftungserweiterung übernommen hätte, wie die Berufung unterstellt (offenbar im Hinblick auf den Hinweis im Grundsatzurteil des BGH, a.a.O., dass es dem Kreditinstitut, wenn ihm die Einräumung der dinglichen Sicherheit nicht ausreichend erscheine, "unbenommen" bleibe, "durch eine gesonderte Vereinbarung die persönliche Haftung des zur Sicherung bereiten Dritten zu begründen").

Da die Beklagte die Vollstreckung lediglich aus der Urkunde vom 18.12.1996 betreibt und der Senat auch keinen Anlass zu der Besorgnis sieht, die Beklagte werde stattdessen die Vollstreckung aus der Urkunde vom 22.01.1998 einleiten, obwohl hierfür dieselben rechtlichen Erwägungen gelten, besteht zu weitergehenden Eilmaßnahmen i.S.d. § 769 ZPO keine Veranlassung. Mit dem auf den Antragseingang abgestellten Wirkungsbeginn der Einstellungsanordnung trägt der Senat dem Umstand Rechnung, dass § 769 ZPO eine Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen nur gegen Sicherheitsleistung erlaubt, die Beklagte indessen keine Vorteile daraus ziehen soll, dass der Senat erst nach Gewährung rechtlichen Gehörs über den Einstellungsantrag entschieden hat, ohne bereits für diese Zeitspanne eine vorläufige Anordnung zu treffen.

Ende der Entscheidung

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