Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.02.2003
Aktenzeichen: 13 U 206/01
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 320 Abs. 2
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 632 Abs. 2
BGB § 641 Abs. 1 S. 1
BGB § 641 Abs. 3 n.F.
BGB § 648a
VOB/B § 12 Nr. 5 Abs. 2
VOB/B § 12 Nr. 5 Abs. 1
EGBGB § 1 Abs. 2 S. 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 22.11.2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen -10 O 287/99- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin

1. 1.065,57 (entspricht 2.084,08 DM) nebst 4 % Zinsen p.a. seit dem 26.07.2001 zu zahlen;

2. weitere 5.581,22 (entspricht 10.915,92 DM) zu zahlen Zug um Zug gegen Durchführung folgender Mängelbeseitigungsarbeiten an dem Zufahrtsweg zum Betriebshof der Beklagten X-Straße 46, #### T, durch die Klägerin:

a) Abschluss der bituminösen Befestigung mit einer Pflasterzeile aus Betonsteinen 16/24/14 cm herstellen;

b) vorhandenes Mineralgemisch 0/32 mm auf einer Breite von ca. 1,50 m neben der Entwässerungsrinne aus Betonpflastersteinen ausbauen (Tiefe bis ca. 0,30 m) und im Bereich der Zufahrt lagern;

c) anschließend ist die Fläche der Zufahrt mit dem ausgebauten Mineralgemisch 0/32 mm so zu regulieren, dass ein Quergefälle von mindestens 3% erreicht wird;

d) Schotter 40/60 mm liefern und in einer Stärke von ca. 0,20 m auf einer Breite von ca. 1,50 m einbauen und abrütteln; anschließend ist die Schotterschicht mit Brechsand bzw. Splittmaterial abzudecken und so einzuschlämmen, dass eine gute Verzahnung bzw. Verspannung der einzelnen Schottersteine erreicht wird;

e) Schotter 15/22 mm liefern und in einer Stärke von ca. 0,10 m einbauen, mit Splitt 3/5 mm bzw. 3/8 mm abdecken und abrütteln;

f) wassergebundene Zufahrtsbefestigung mit Brechsand 0/3 mm in einer Starke von ca. 1-2 cm abdecken, einschlämmen und abrütteln.

Hierbei sind die unter a) genannten Arbeiten (Abschluss-Pflasterzeile) ihrerseits wiederum nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Zuschusses in Höhe von 81,94 EUR (entspricht 160,27 DM) seitens der Beklagten durchzuführen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 12 % und der Beklagten zu 88 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht nach der Erneuerung des Zufahrtsweges zum Betriebshof der Beklagten, X-Straße 46, #### T, einen Teilbetrag von 13.000,- DM aus ihrer auf insgesamt 18.812,49 DM lautenden Rechnung vom 27.04.1999 (BI. 4 f. GA) geItend, wohingegen sich die Beklagte wegen mangelhafter Ausführung insbesondere auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft.

Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil des Zinsbegehrens insbesondere mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe den klägerseits abgerechneten Auftragsumfang nicht ausreichend bestritten und könne sich zudem schon deswegen nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, weil sie die von der Klägerin unter Androhung der Vertragsbeendigung gemäß § 648a BGB geforderte Sicherheitsleistung nicht erbracht habe.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags den Klageabweisungsantrag weiter. Sie bestreitet unter anderem unverändert, über das Angebot der Klägerin vom 08.02.1999 (BI. 36 GA) hinaus Zusatzaufträge erteilt zu haben. Zudem ist sie der Ansicht, das Landgericht habe ihrem Zurückbehaltungsrecht zu Unrecht § 648a BGB entgegengehalten, da diese Regelung nach Abnahme - die sie allerdings in Abrede stelle - nicht mehr anwendbar sei. Hilfsweise berufe sie sich jedoch jetzt auf - in dieser Reihenfolge -Schadensersatz-; Kostenvorschuss- und Minderungsansprüche.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 22.11.2001 verkündeten Urteils der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 287/99 - die Klage vollständig abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin, deren Restwerklohnklage nach erstinstanzlichem Erfolg inzwischen beim Landgericht Aachen - 44 S 10/02 - rechtshängig ist, verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie behauptet insbesondere weiterhin, in den von der Beklagten geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten seien zumindest ganz überwiegend so genannte Sowieso-Kosten enthalten. Zudem ist sie der Ansicht, die Beklagte könne der vorliegenden bloßen Teilklage , ein Zurückbehaltungsrecht jedenfalls nicht in vollem Umfang entgegenhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die zu Beweiszwecken beigezogenen Akten 5 H 5/99 AG Eschweiler sowie die informationshalber beigezogenen Akten 4 C 191/01 AG Eschweiler = 44 S 10/02 LG Aachen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung beziehungsweise des anschließenden schriftlichen Verfahrens gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur zum Teil Erfolg.

Das Landgericht hat der Klägerin die Klageforderung zutreffend in der geltend gemachten Höhe zuerkannt, der Beklagten jedoch zu Unrecht ein Zurückbehaltungsrecht versagt.

I. Höhe und Fälligkeit der Werklohnforderung

Der Klägerin, deren Aktivlegitimation das Landgericht mit zutreffender Begründung bejaht hat, steht für die geleisteten Wegearbeiten gemäß ihrer Rechnung vom 27.04.1999 (BI. 4 f. GA) der geltend gemachte Teilbetrag von 13.000,- DM aus § 631 Abs. 1 BGB zu.

Die Angriffe der Beklagten gegen den abgerechneten Auftragsumfang hat das Landgericht zu Recht als unbeachtlich angesehen, woran sich durch das weitgehend unveränderte Vorbringen der Berufung nichts geändert hat.

Die Klägerin hat bereits in der ersten Instanz im Einzelnen dargelegt, woraus sich die (durchaus erheblichen) Abweichungen der Rechnung von ihrem schriftlichen Angebot vom 08.02.1999 (BI. 36 GA) ergeben, nämlich insbesondere aus der nachträglichen Einbeziehung der Parkplatzfläche (S. 3 f. der Replik, BI. 43 f. GA). Es fehlen zwar nähere Angaben dazu, wer genau wann ("bei Ausführung") die mündlichen Nachtragsaufträge erteilt haben soll. Diese Einzelheiten wären jedoch auch nur dann erforderlich, wenn die Beklagte die Ergänzungsaufträge als solche zunächst einmal in erheblicher Weise bestreiten würde, woran es unverändert fehlt. Auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 10.02.2000 (BI. 74 GA) bestreitet sie zwar pauschal jegliche Zusatzvereinbarungen, räumt jedoch gleichzeitig widersprüchlicherweise ein, dass die Klägerin in ihre Arbeiten auch die Parkfläche miteinbeziehen sollte. Auffällig ist weiterhin, dass die Beklagte vorgerichtlich zu keiner Zeit die Rüge erhoben hat, die Klägerin habe mehr als beauftragt getan (vgl. ihr Schreiben vom 07.06.1999, BI. 23 GA). Letztlich behauptet sie das ausdrücklich noch nicht einmal im vorliegenden Rechtsstreit, denn trotz ihres Bestreitens von Nachtragsaufträgen findet sich nirgends die Erklärung, sie habe die gegenüber dem schriftlichen Angebot zusätzlich geleisteten Arbeiten der Klägerin gar nicht haben wollen.

Ist damit das Bestreiten der Zusatzvereinbarungen unbeachtlich, geht auch die weitere Rüge der Beklagten, die insoweit angesetzten Preise seien nicht ortsüblich und angemessen ins Leere. Man muss dann nämlich den Vortrag der Klägerin, die Preise seien als Teil der Nachtragsvereinbarungen ebenfalls abgesprochen worden (S. 2 der Berufungserwiderung, BI. 261 GA), konsequenterweise auch als gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zugestanden ansehen, womit die Üblichkeit der Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB keine Rolle mehr spielt.

Weiterhin hat das Landgericht zutreffend die Prüffähigkeit der Rechnung vom 27.04.1999 bejaht. Soweit die Berufung jetzt behauptet, ein Aufmaß läge nicht vor, verkennt sie, dass die Beklagte das Aufmaß mit ihrer Klageerwiderung selbst vorgelegt hat (BI. 20 ff. GA).

Schließlich ist der Werklohnanspruch der Klägerin gemäß § 641 Abs. 1 S. 1 BGB fällig. Unabhängig von dem seitens des Landgerichts herangezogenen § 12 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B (fiktive Abnahme durch Ingebrauchnahme) ist jedenfalls eine fiktive Abnahme nach § 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B gegeben. Danach gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von 12 Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung. Dabei kommt die Wirkung einer Fertigstellungsmitteilung auch einer Rechnung zu, die zwar nicht ausdrücklich als Schlussrechnung bezeichnet ist, aus deren Text aber unmissverständlich die Absicht des Auftragnehmers hervorgeht, seine gesamten Leistungen abschließend in Rechung zu stellen (Oppler in Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl. , B §, 12 Rn. 87). Dies ist in Bezug auf die Rechnung der Klägerin vom 27.04.1999 zweifellos zu bejahen. Die angesprochene 12-Tages-Frist ab Zugang dieser Rechnung, der nach der insoweit unbestritten gebliebenen Berufungserwiderung spätestens am 29.04.1999 erfolgt ist, war bis zur ersten Mängelrüge der Beklagten mit Schreiben vom 07.06.1999 (BI. 23 f. GA) längst abgelaufen. Anzumerken bleibt in diesem Zusammenhang noch, dass die durch das Angebot der Klägerin vom 08.02.1999 erfolgte wirksame Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag der Parteien auch die oben angesprochenen mündlichen Nachtragsaufträge erfasst, weil diese mit dem Ursprungsangebot in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen (vgl. Keldungs in In- genstau/Korbion, a.a.O., vor B Rn. 10 m.w.Nachw. auch zur Gegenmeinung; ähnlich - unter Abänderung der noch bis zur 8. Auflage vertretenen Auffassung - jetzt auch Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl. , Rn. 10 15 ).

II. Zurückbehaltungsrecht der Beklagten

Die Beklagte kann aber gemäß § 641 Abs. 3 BGB n.F., der wegen der bloßen Fort- schreibung der bereits vorher geltenden höchstrichterlichen Grundsätze nach Art. 229 § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB auch für vor dem 01.05.2000 abgeschlossene Verträge gilt, einen Werklohnbetrag in Höhe von 5.581,22 (entspricht 10.915,92 DM) bis zur Mängelbeseitigung durch die Klägerin einbehalten.

1. Unanwendbarkeit des § 648 a BGB nach Abnahme

Das Landgericht hat der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht schon deswegen ver- wehrt, weil sie die klägerseits mit Schreiben vom 11.06.2001 (BI. 174 f. GA) und 11.07.2001 (BI. 176 GA) unter Fristsetzung angeforderte Sicherheit im Sinne des § 648 a BGB nicht erbracht hat. Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

Entgegen der Berufung ist die Problematik des § 648 a BGB allerdings nicht schon dadurch entfallen, dass die Beklagte die streitige Hauptforderung inzwischen zur Ab- wendung der Zwangsvollstreckung an die Klägerin gezahlt hat. Denn damit hat sie aufgrund der vorliegenden Teilklage nur 13.000,- DM von der Gesamtrechnungssumme in Höhe von 18.812,49 DM erbracht, was die Klägerin bei Anwendung des § 648 a BGB entsprechend § 320 Abs. 2 BGB (vgl. Paland/Sprau, BGB, 62. Aufl., § 648 a Rn. 16) unverändert zur Verweigerung der von der Beklagten selbst nur mit einem Kostenaufwand von 5.800,- DM und damit fast exakt dem noch ungesicherten Differenzbetrag veranschlagten Mängelbeseitigungsarbeiten berechtigen würde.

Der Senat lehnt jedoch eine Anwendung des § 648 a BGB auf die nach bereits erfolgter Abnahme zu erledigenden Mängelbeseitigungsarbeiten generell ab. Die höchstrichterlich - soweit ersichtlich - noch nicht entschiedene Frage, ob § 648 a BGB auch nach Abnahme der Werkleistung noch anwendbar ist, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (verneinend etwa OLG Hamm, Beschluss vom 07.03.2001 -25 W 48/00, NJW-RR 2001, 806ff.; OLG Rostock, Urteil vom 08.10.2001 - 5 U 49/00, BI. 244 ff. GA; bejahend dagegen OLG Naumburg, Urteil vom 16.02.2001 - 6 U 54/00, NJW-RR 2001, 1165 ff.). Der Senat schließt sich insoweit den erstgenannten Entscheidungen, auf die Bezug genommen wird, an. Für ihn stehen dabei zwei Argumente im Vordergrund. Zum einen spricht bereits der Wortlaut des § 648 a BGB ("für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen") gegen seine Anwendbarkeit nach bereits erfolgter Abnahme, weil der Unternehmer zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht mehr vorleistungspflichtig ist. Letzteres wird auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betont (Urteil vom 09.11.2000 - VII ZR 82/99, NJW 2001, 822, 824). Zum anderen beruft sich der Senat auf Schutzzwecküberlegungen, die gerade im vorliegenden Fall besonders deutlich werden. Die Klägerin hat die Sicherheitsleistung erstmals mit Schreiben vom 11.06.2001 (BI. 174 f. GA) und damit zu einem Zeitpunkt verlangt, als der Sachverständige I im selbständigen Beweisverfahren 5 H 5/99 AG Eschweiler durch seine Gutachten vom 11.01.2000 (BI. 30 ff. BA) und 11.12.2000 (BI. 106 ff. BA) bereits die Mangelhaftigkeit ihrer Werkleistung festgestellt hatte. Aufgrund dieses zeitlichen Zusammenhangs ist es offensichtlich, dass die Klägerin nicht etwa plötzlich ihr durch § 648 a BGB unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Vorleistungspflicht geschütztes Sicherungsbedürfnis "entdeckt" hatte, das sie die ganze Zeit vorher bis zur - jedenfalls aus ihrer Sicht - vollständigen Erbringung der Werkleistung überhaupt nicht interessiert hatte, sondern dass sie durch das unvermittelte Verlangen einer Sicherheit in Höhe von 18.000,- DM allein das von der Beklagten berechtigterweise geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht zu Fall bringen wollte. Dass ein solches Vorgehen nicht durch eine großzügige Auslegung des § 648 a BGB ermöglicht werden sollte, bedarf nach Auffassung des Senats keiner weiteren Begründung.

2. Umfang des Zurückbehaltungsrechts

Dass die klägerseits erbrachten Wegearbeiten mangelhaft sind, steht nach den bereits erwähnten, überzeugenden Gutachten des Sachverständigen I vom 11.01.2000 und 11.12.2000 (ergänzt durch seine mündliche Anhörung im Hauptsache-Termin vom 11.10.2001, BI. 189 GA) fest. Die Klägerin hat im selbständigen Beweisverfahren zwar versucht, diese Feststellung durch den Hinweis zu entkräften, für die Auswaschungen der von ihr überarbeiteten Fläche sei allein der von ihr nicht zu verantwortende Umstand verantwortlich, dass wegen unzureichender Absicherung der am Grundstück der Beklagten vorbeiführenden öffentlichen Straße (fehlender Straßenablauf) zusätzliches Niederschlagswasser von dort in die Zufahrt laufe. Der Sachverständige hat diesen Einwand jedoch in seinem Ergänzungsgutachten vom 11.12.2000 überzeugend zurückgewiesen und ausdrücklich bekräftigt, dass die Arbeiten der Klägerin unabhängig von zusätzlichem Niederschlagswasser des öffentlichen Verkehrsraumes nicht sach- und fachgerecht sind (BI. 117 f. BA). Danach ist die klägerseits vorgenommene Überarbeitung des Zufahrtsweges deswegen nicht für eine dauerhafte Befestigung geeignet, weil die Klägerin angesichts des starken Gefälles der Zufahrt und der damit verbundenen hohen Fließgeschwindigkeit des Niederschlagswassers eine zu schmale Betonstein-Pflasterrinne und eine wegen falscher Zusammensetzung nicht ausreichend standfeste Mineralgemischschicht eingebaut hat.

Problematischer ist dagegen die Frage, wegen welcher konkreten Mängelbeseitigungskosten die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann. Der Sachverständige hat insoweit verschiedene Lösungsmodelle vorgestellt, die teilweise mit dem Werkvertrag der Parteien nur noch wenig gemein haben. Das gilt zunächst für die von ihm favorisierte vollständige Asphaltierung des Zufahrtsweges. Diese Lösung ist von der Beklagten stets unter Hinweis auf die mit einer Asphaltierung verbundenen Städtischen Entsorgungsgebühren für das dann nicht mehr versickernde Niederschlagswasser ausdrücklich abgelehnt worden (vgl. etwa Schriftsatz vom 29.06.2001, Bl. 167 GA), so dass sie konsequenterweise hierauf auch kein Zurückbehaltungsrecht stützen kann. Die vom Sachverständigen weiterhin vorgeschlagene Erstellung einer "Anrampung" war ebenfalls nicht Gegenstand des Werkvertrags der Parteien und wird von der Beklagten auch jetzt noch nicht gewollt.

Somit hat die Mängelbeseitigung durch eine sach- und fachgerechte Überarbeitung der von der Klägerin entsprechend den vertraglichen Vorgaben ausgeführten Splittbauweise zu erfolgen. Der Sachverständige I hat die dazu notwendigen Arbeitsschritte, die der Senat in den Urteilstenor übernommen hat, auf den Seiten 14 f. seines Ergänzungsgutachtens vom 11.12.2000 (BI. 119 f. BA) im Einzelnen dargelegt und den diesbezüglichen Kostenaufwand mit 3.638,64 DM brutto ermittelt. Seinen nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten (zum gesonderten Problem der Sowieso-Kosten siehe unten). Bis zur Durchführung der vorgenannten Arbeiten kann die Beklagte gemäß § 641 Abs. 3 BGB n.F. Werklohn in Höhe der dreifachen Mängelbeseitigungskosten, also 10.915,92 DM (entspricht 5.581,22 EUR) einbehalten. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist hierbei unabhängig von einer etwaigen Vorsteuerabzugsberechtigung der Beklagten auf die Brutto-Beträge abzustellen, weil es um ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Brutto-Rechnung vom 27.04.1999 geht.

Das Zurückbehaltungsrecht wird nicht durch den Umstand eingeschränkt, dass die Klägerin vorliegend nur eine Teilklage erhoben hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.1961 - V ZR 65/60, NJW 1962, 628, 629; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 253 Rn. 16). Aus dem klägerseits zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.04.1998 (Az.: VIII ZR 228/96, NJW-RR 1998, 948, 949) ergibt sich schon deswegen nichts anderes, weil die dort vorausgesetzte Wertung der Klagebeschränkung als Zugeständnis an das Verteidigungsvorbringen des Gegners vorliegend wegen des bereits anderweitig eingeklagten Restwerklohns offensichtlich ausscheidet.

Zu beachten bleibt jedoch, dass die vom Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten in der ersten Position 4.7.2.1 (Abschluss-Pflasterzeile zum Preis von 138,16 DM netto = 160,27 DM brutto = 81,94 ) so genannte Sowieso-Kosten enthalten, also Kosten, die auch bei von Anfang an sach- und fachgerechter Werkleistung zusätzlich angefallen wären. Folglich ist die Klägerin zur Erbringung dieser bisher nicht abgerechneten zusätzlichen Leistung auch nur gegen eine entsprechende Zuschusszahlung der Beklagten verpflichtet, was zu der tenorierten doppelten Zug um Zug-Verurteilung geführt hat (vgl. hierzu, insbesondere auch zu Einzelheiten der Vollstreckung BGH, Urteil vom 22.03.1984 -VII ZR 286/82, NJW 1984, 1679, 1680 f.). Über den vorgenannten Betrag hinaus enthält die Kostenermittlung des Sachverständigen entgegen der Auffassung der Klägerin aber keine weiteren Sowieso-Kosten. Die übrigen Positionen beruhen vielmehr auf der mangelhaften Werkleistung der Klägerin, insbesondere der Verwendung ungeeigneter Materialien, und der dadurch notwendigen nochmaligen Überarbeitung. Wollte man hier ebenfalls von Sowieso-Kosten ausgehen, würde die Beklagte letztlich doppelt zahlen. Demgegenüber greift der vordergründige Hinweis der Klägerin auf den Wortlaut ihrer Rechnungspositionen ersichtlich zu kurz, weil es hier letzten Endes um eine wertende Betrachtung unter Berücksichtigung der abweichenden Ausführungsart geht. Dass der Sachverständige I auf der vorletzten Seite seines Gutachtens vom 11.12.2000 (BI. 126 BA) kommentarlos alle (!) Sanierungskosten als Sowiesokosten bezeichnet hat (was noch nicht einmal die Klägerin vertritt), beruht offensichtlich auf einem begrifflichen Missverständnis und gibt zu einer ergänzenden Beweisaufnahme keine Veranlassung.

III. Nebenentscheidungen

Die der Klägerin vom Landgericht zuerkannten Prozesszinsen waren auf den nicht vom Zurückbehaltungsrecht der Beklagten erfassten Teilbetrag zu beschränken (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 273 Rn. 20).

Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Bei der Kostenentscheidung hat der Senat neben dem Wert der dem Zurückbehaltungsrecht zugrunde liegenden Gegenforderung der Beklagten auch den Umstand berücksichtigt, dass nur die Klägerin einen Vollstreckungstitel erlangt.

Im Hinblick auf § 543 Abs. 2 ZPO n.F. war gegen das Urteil des Senats die Revision zuzulassen, weil die Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 648 a BGB auch noch nach erfolgter Abnahme der Werkleistung über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung hat und aufgrund der unterschiedlichen obergerichtlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.646,79 (entspricht 13.000,00 DM).

Ende der Entscheidung

Zurück