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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 16.08.2006
Aktenzeichen: 13 U 211/05
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 22. November 2005 - 3 O 130/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der auf Anraten der Beklagten im Jahr 2003 einem von der Beklagten vertriebenen Filmfonds beigetreten ist, nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

Mit Urteil vom 22.11.2005, auf das wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der dort gestellten Anträge und der Würdigung des Streitstoffes durch die Zivilkammer Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagten falle keine Verletzung des zwischen den Parteien zustande gekommenen Beratungsvertrages zur Last. Die Anlage sei anlagegerecht gewesen, da der Kläger angesichts der im Jahr 2003 erhaltenen Abfindung Steuern habe sparen wollen; dass diese Steuerersparnis letztlich nicht habe realisiert werden können, könne nicht der Beklagten vorgeworfen werden, vielmehr handele es sich insoweit um das mit jeder Anlage verbundene unternehmerische Risiko. Die Beklagte habe auf die Richtigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben vertrauen dürfen: sie habe ein steuerliches Gutachten eingeholt, welches die prospektierten Steuervorteile bestätigt habe; auch habe eine durch sie veranlasste Prospektprüfung ergeben, dass die Prospektangaben mit der seinerzeit in Rechtsprechung und Verwaltung vertretenen Auffassung übereinstimmten; zudem habe ihr eine positive Stellungnahme des zuständigen Finanzamts vorgelegen. Auf die Unverbindlichkeit dieser Stellungnahme habe sie den Kläger nicht hinweisen müssen, denn das allgemeine Risiko, dass das Finanzamt seine Auffassung später ändere, sei einer steuersparenden Anlage immanent. Auf dieses Risiko werde im Emissionsprospekt auch deutlich hingewiesen. Eine besondere Hinweispflicht ergebe sich auch dann nicht, wenn man mit dem Klägervorbringen davon ausgehe, dass es sich bei der Fondskonstruktion um steuerliches Neuland gehandelt habe, denn das Finanzamt habe gerade dieses Konzept in seiner unverbindlichen Auskunft bestätigt, so dass es zusätzliche Risiken nicht gegeben habe.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch weiter. Er ist der Ansicht, das Landgericht habe den Umfang der aus einem Beratungsvertrag folgenden Hinweis- und Aufklärungspflichten verkannt. So liege eine Beratungspflichtverletzung schon deshalb vor, weil die Beklagte in dem Beratungsgespräch lediglich die steuerlichen Vorteile hervorgehoben, die im Prospekt beschriebenen Risiken aber nicht einmal erwähnt habe. Allein durch die Übergabe des Prospekts aber würden die Hinweis- und Aufklärungspflichten nicht erfüllt. Abgesehen davon sei der Prospekt für einen Laien wie den Kläger in den relevanten Punkten nicht verständlich, zudem würde das seinerzeit durchaus bekannte Risiko, dass die Vermarktungskosten nicht sofort abzugsfähig seien, verharmlost. Das Landgericht sei des weiteren von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen, denn die Beklagte selbst habe entgegen der Annahme der Kammer - unstreitig - weder ein steuerliches Gutachten noch ein Prospektprüfungsgutachten eingeholt.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.644,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung des Klägers an der N. W. G. GmbH & Co. Vermarktungs-KG über 100.000 € gemäß Beitrittserklärung vom 15.09.2003, Zeichnungs-Nr.: 263,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte im Verzug der Annahme befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 1.560,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung im Ergebnis, vertritt aber nach wie vor die Ansicht, mit dem Kläger sei lediglich ein Anlagevermittlungsvertrag, nicht aber ein Beratungsvertrag zustande gekommen.

Wegen aller Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Es kann dahinstehen, ob der Beklagten bei der Beratung des Klägers eine Pflichtverletzung unterlaufen ist, denn der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die - hier unterstellte - falsche oder unvollständige Information über die mit der Fondskonstruktion verbundenen steuerlichen Risiken für seine Anlageentscheidung und den dadurch verursachten Schaden ursächlich geworden ist.

a. Für die Kausalität kann der Kläger sich nicht auf eine tatsächliche Vermutung berufen. Zwar ist richtig, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich eine Vermutung dafür spricht, dass die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Information für die Anlageentscheidung ursächlich war (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 m.w.N.), der Kläger verkennt jedoch, dass diese Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzungen nur eingreift, wenn es lediglich eine bestimmte Möglichkeit "aufklärungsrichtigen" Verhaltens gab. Hingegen ist die Vermutung nicht begründet, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens bestanden haben (vgl. nur BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, NJW 2004, 2967; Urt. v. 23.11.2004, XI ZR 137/03, NJW 2005, 1113). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat angeschlossen (vgl. Senat, Urteil v. 22.12.2004, 13 U 17/04).

Vorliegend wäre es nicht einzig vernünftig gewesen, nach einer ausdrücklichen Aufklärung über das seinerzeit bestehende Risiko, dass der Vermarktungskostenaufwand der Fondsgesellschaft im ersten Jahr nicht oder nicht vollständig anerkannt werden würde, von der Beteiligung abzusehen. Hauptzweck der Anlage war, im Jahr 2003, in dem der Kläger eine Abfindungszahlung von 160.000 € erhalten hatte, durch die Möglichkeit der Verlustzuweisung Steuern zu sparen. Ausgehend von den Zahlen, die sich aus der vom Kläger eingereichten Anlage K 2 (Bl.17 f. GA) ergeben, hätte der Kläger ohne den Fondsbeitritt im Jahr 2003 Einkommensteuer i.H.v. 85.700 € zahlen müssen, durch die Beteiligung mit einem Eigenkapitaleinsatz von nur 63.000 € erhielt er die Chance, seine Steuerlast - bei Fremdfinanzierung eines Betrages von 37.000 € - um immerhin 53.300 € zu reduzieren. In Fällen, in denen wie vorliegend die Erzielung von Steuervorteilen Hauptzweck der Beteiligung ist, spricht keine hohe, geschweige denn überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Entscheidung des Anlegers für die in Rede stehende Beteiligung Folge der unzureichenden Aufklärung und Beratung war (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 09.02.2006, III ZR 20/05, ZIP 2006, 568). Vielmehr spricht vieles dafür, dass der Kläger sich auch beteiligt hätte, wenn die Beklagte ihm mitgeteilt hätte, dass

- es sich um eine neue Fondskonzeption handelt, mittels derer eine Lücke im Medienerlass genutzt werden soll,

- die Fondskonzeption unter Mitwirkung einer renommierten Steuerberaterkanzlei in Abstimmung mit dem zuständigen Finanzamt München III und dem bayrischen Finanzministerium entwickelt worden ist und

- das Finanzamt München III in einer unverbindlichen Auskunft die sofortige Abzugsfähigkeit der Vermarktungskosten bejaht hat.

b. Greift aber die tatsächliche Vermutung zugunsten des Klägers nicht ein, muss der Kläger den vollen Beweis dafür erbringen, dass er eine Beteiligung unterlassen hätte, wenn die Beklagte ihre Aufklärungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004, XI ZR 178/03, NJW 2004, 2967).

Obgleich der Senat den Kläger hierauf in der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2006 hingewiesen hat (Bl.349 GA), hat der Kläger keinen Beweis für seine Behauptung, er wäre bei ordnungsgemäßer Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten, angetreten.

In seinem nachgelassenen Schriftsatz vom 18.07.2006 hat er lediglich behauptet, er hätte sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung über mögliche Risiken bei der Akzeptanz durch die Finanzbehörden insbesondere vor dem Hintergrund weiter geplanter Investitionen, die durch die Steuererstattung hätten finanziert werden sollen, für ein anderes Steuersparmodell entschieden. Abgesehen davon, dass der unter Beweis gestellte Vortrag des Klägers zu den anderen Beteiligungsmöglichkeiten, die seiner Behauptung nach zur Verfügung gestanden hätten und durch die es zu einer - sicheren - Verlustzuweisung gekommen wäre, unsubstantiiert und damit einer Beweisaufnahme durch das vom Kläger angebotene Sachverständigengutachten nicht zugänglich ist, fehlt es - und das ist der entscheidende Gesichtspunkt - an einem geeigneten Beweisantritt dazu, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung von der konkreten Beteiligung abgesehen hätte.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

3. Für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht keine Veranlassung. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

4. Streitwert der Berufung: 33.205,36 €

Ende der Entscheidung

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