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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.01.2002
Aktenzeichen: 13 U 54/01
Rechtsgebiete: AGBG, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 11 Nr. 15
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 54/01

Anlage zum Protokoll vom 9. Januar 2002

Verkündet am 9. Januar 2002

In dem Berufungsrechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und des Richters am Amtsgericht Bröder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17. Januar 2001 - 26 O 56/00 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, mit der der Kläger seine erstinstanzlichen Unterlassungsanträge weiterverfolgt, bleibt erfolglos. Der Senat schließt sich den in jeder Hinsicht zutreffenden Gründen des angefochtenen - in WM 2001, 853 und NJW-RR 2001, 1340 veröffentlichten - Urteils an (§ 543 Abs.1 ZPO). Die Berufung zeigt nichts auf, was Veranlassung zu einer anderen Beurteilung oder zu der von ihr angeregten Revisionszulassung geben könnte. Im Hinblick auf die von Haertlein (WuB I D 5 c. - 3.01) in der Anmerkung zu jener Entscheidung geäußerten, von der Berufung allerdings nicht aufgegriffenen Bedenken gegen die Wirksamkeit der mit Ziffer 3. des Berufungsantrages beanstandeten Klausel ("Sie [die Bank] übernimmt auch die bis zum Eingang der Verlustanzeige entstehenden Schäden, wenn der Karteninhaber die ihm nach diesen Bedingungen obliegenden Pflichten erfüllt hat") sei ergänzend angemerkt:

Die Klausel weist nicht unter Verstoß gegen § 11 Nr. 15 AGBG dem Karteninhaber die Beweislast für vertragsgemäßes Verhalten zu. Ein derartiges lediglich am Satzbau orientiertes Verständnis der Klausel, die der Standardformulierung der Bedingungen für ec-Karten (Banken) 1996 entspricht (abgedruckt z.B. in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 2. Aufl., Anh. 5 zu §§ 60-63), liegt nach dem Erklärungs- und Sinnzusammenhang fern. Im vorhergehenden Satz kommt zum Ausdruck, dass die Bank alle nach der Verlustanzeige durch Verfügungen an Geldautomaten und automatisierten Kassen entstehenden Schäden trägt. Im beanstandeten nachfolgenden Satz wird diese Haftungsübernahme auch auf die bis zum Eingang der Verlustanzeige entstehenden Schäden erstreckt, dies allerdings unter der Voraussetzung, dass der Karteninhaber die ihm nach den Bedingungen obliegenden Pflichten erfüllt hat. Aus den nachfolgenden Bestimmungen (zu den Grundsätzen des Mitverschuldens, wenn der Karteninhaber durch ein schuldhaftes Verhalten zur Entstehung des Schadens beigetragen hat; zur begrenzten Haftung, wenn der Karteninhaber seine Pflichten lediglich leicht fahrlässig verletzt hat; zur Alleinhaftung des Karteninhabers, wenn er seine Pflichten grob fahrlässig verletzt, die Bank hingegen ihre Verpflichtungen erfüllt hat) wird hinreichend deutlich, dass den einschlägigen ec-Bedingungen der Grundgedanke der Verschuldenshaftung zugrunde liegt. Die bei grobem Eigenverschulden eintretende uneingeschränkte Haftung des Karteninhabers stellt sich hiernach erkennbar als Sonderfall der Verschuldenshaftung dar, dessen Voraussetzungen nach allgemeinen Regeln die Bank zu beweisen hat. Dass ihr diese Beweisführung nach einer in der Praxis weit verbreiteten Auffassung häufig nach den Regeln des Anscheinsbeweises erleichtert wird, ändert an der Beweislastverteilung nichts.

Der typischerweise angesprochene Kundenkreis der ec-Kartenbedingungen wird den beanstandeten Satz im Gesamtzusammenhang vernünftigerweise nicht als Versuch der Beklagten verstehen, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern. Das sieht auch der Kläger nicht anders (z.B. Seite 6 des Schriftsatzes vom 21.11.2000, Bl. 157: "Der Verbraucher, dem die Karte abhanden gekommen oder gestohlen worden ist, geht davon aus, dass er dieses Geld erstattet erhält. Er sieht sich in dieser Auffassung durch die Fassung der Klausel bestätigt"). Der Kläger meint lediglich, die Klausel müsse zum Ausdruck bringen, "dass die Beklagte wie auch die Gerichte davon ausgehen, dass aufgrund der unterstellten Systemsicherheit angenommen wird, dass die Geheimzahl nicht geschützt worden ist und es deswegen zur missbräuchlichen Verwendung der Karte gekommen ist". Das könnte jedoch im Gegenteil als gegen § 11 Nr.15 AGBG verstoßender Versuch gewertet werden, die allgemeinen Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins zum Nachteil des Kunden zu verändern. Haertlein (a.a.O.) weist insoweit zu Recht darauf hin, dass ein auf der Unmöglichkeit kurzfristiger Entschlüsselung der PIN begründeter Erfahrungssatz mit fortschreitender Entwicklung auch der Decodierungstechnik seine Grundlage verlieren oder jedenfalls erschüttert werden kann. Im Übrigen hat das Landgericht mit Recht darauf abgestellt, dass es zum einen Fallgestaltungen gibt, in denen der Anscheinsbeweis in der Praxis keine Anwendung findet (so auch in dem Fall, welcher dem Urteil des BGH vom 17.10.2000 - XI ZR 42/00 -, NJW 2001, 286, zugrunde lag), zum anderen die unterschiedliche Handhabung gesetzlicher oder von der Rechtsprechung entwickelter Beweislastregeln und Beweiserleichterungen durch einzelne Gerichte nicht dazu führen kann, den Regelungsgehalt der Klausel selbst als intransparent anzusehen. Die unterschiedliche Einzelfalljudikatur rechtfertigt es daher auch nicht, der vorliegenden Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 546 Abs.1 Nr.1 ZPO beizumessen. Die Anforderungen an die grobe Fahrlässigkeit nach Maßgabe der ec-Bedingungen hat der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung ohnehin bereits klargestellt: Ein in der beispielhaften Aufzählung nicht erfasster Sorgfaltsverstoß des Karteninhabers kann nur dann als grob fahrlässig angesehen werden, wenn er ebenso schwer wiegt wie die Sorgfaltswidrigkeiten in den aufgezählten Fällen.

Es hat daher in vollem Umfang bei dem angefochtenen Urteil zu verbleiben. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 713 ZPO.

Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers durch dieses Urteil: 24.000,00 DM (wie erste Instanz).

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