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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.04.2003
Aktenzeichen: 13 U 74/02
Rechtsgebiete: AnfG, ZPO


Vorschriften:

AnfG § 1 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 n.F.
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 n.F.
ZPO § 543 Abs. 2 S. 1 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.05.2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 200/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die einen vollstreckbaren Unterhaltstitel gegen ihren geschiedenen Ehemann J.-P. H. hat, macht bezüglich dessen mit Notarvertrag vom 31.10.2000 zum Preis von 1,- DM erfolgter Veräußerung seiner sämtlichen Geschäfts- und Kommanditanteile an der C.-H. & Sch. GmbH & Co. KG sowie deren Komplementärin, der C. Textilgesellschaft mbH, an den Beklagten (damaliger Vertriebsleiter des Unternehmens) und die gesondert in Anspruch genommenen Herren Dr. K. W. und Dr. C. W. J. einen Anfechtungsanspruch gemäß dem Anfechtungsgesetz geltend.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz einschließlich der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe eine objektive Gläubigerbenachteiligung durch die vorgenannte Anteilsveräußerung nicht ausreichend dargelegt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Wiederholung und Ergänzung des erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie behauptet unverändert, die oben erwähnten - inzwischen unstreitig insolventen - Gesellschaften seien zum Veräußerungszeitpunkt unter Berücksichtigung der in Grundstücken und Maschinenpark steckenden stillen Reserven sowie immaterieller Werte deutlich mehr als den gezahlten Kaufpreis wert gewesen. Unter Vorlage des im Verfahren H. ./. H. - 21 UF 193/00 OLG Köln - vom Sachverständigen Dr. L. erstatteten Gutachtens vom 30.10.2002 (Bl. 294 ff. GA) behauptet die Klägerin den Wert der C. Textilgesellschaft mbH mit mindestens 3.000,- DM. Dagegen sei der vom Sachverständigen für die C.-H. & Sch. GmbH & Co. KG ermittelte Nullwert schon im Hinblick auf das Betriebsgrundstück um mindestens 3,2 Mio. EUR zu erhöhen. Wegen der diesbezüglichen, im Berufungsverfahren erstmals behaupteten Einzelheiten wird auf die Seiten 5 - 8 des klägerischen Schriftsatzes vom 10.02.2003 (Bl. 288 - 291 GA) Bezug genommen. Die Klägerin ist unabhängig von diesem neuen Sachvortrag der Ansicht, das Landgericht habe die Anforderungen an ihre Darlegungslast überspannt und zudem auch wegen unzureichender eigener Sachkunde Sachverständigenbeweis über den tatsächlichen Wert der veräußerten Gesellschaftsanteile erheben müssen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 21.05.2002 - 10 O 200/01 - nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Der Beklagte behauptet weiterhin, die streitgegenständlichen Gesellschaften hätten wegen Überschuldung und Sanierungsbedürftigkeit schon zum Veräußerungszeitpunkt tatsächlich keinen Wert mehr gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die vom Senat zu Informationszwecken beigezogenen Akten 17 O 98/01 LG Köln und 21 UF 193/00 OLG Köln (= 308 F 23/00 AG Köln) sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage - was der Senat bereits in seinem die klägerseits beantragte Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss vom 04.02.2003 (Bl. 265 ff. GA) ausgeführt hat - zu Recht ohne Beweisaufnahme abgewiesen. Auch die landgerichtliche Begründung, die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt, dass die durch ihren geschiedenen Ehemann, Herrn J.-P. H., mit Notarvertrag vom 31.10.2000 zu einem Preis von 1,- DM vorgenommene Veräußerung seiner sämtlichen Geschäfts- und Kommanditanteile an der C.-H. & Sch. GmbH & Co. KG sowie deren Komplementärin, der C. Textilgesellschaft mbH, an den Beklagten und die Herren Dr. K. W. und Dr. C. W. J. eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AnfG darstelle, ist zutreffend.

Der dagegen erhobene Einwand der Klägerin, das Landgericht habe die Anforderungen an ihre Darlegungslast (vgl. dazu allgemein BGH, Urteil vom 17.12.1998 - IX ZR 196/97, NJW 1999, 1395 ff. = ZIP 1999, 196 ff.) überspannt, da ihr die Interna der vorgenannten Gesellschaften unmöglich bekannt sein könnten, greift nicht durch. Er wird bereits widerlegt durch ihren eigenen Vortrag, mit dem sie sich in den von ihr selbst angeführten Verfahren H. ./. Dr. Weskamp - 17 O 98/01 LG Köln - (Schriftsatz vom 17.12.2002, Bl. 347 ff. BA) und H. ./. H. - 21 UF 193/00 OLG Köln - (Schriftsatz vom 15.12.2002, Bl. 811 ff. BA) gegen das Ergebnis der dort zur Frage des Werts der streitgegenständlichen Gesellschaftsanteile (Stichtag: 31.10.2000) eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. L. gewehrt hat und den sie mit dem schon unter Ziff. I. erwähnten Schriftsatz vom 10.02.2003 (S. 5 - 8 = Bl. 288 - 291 GA) nunmehr auch im vorliegenden Berufungsverfahren nachgeschoben hat. Damit nimmt die Klägerin detailliert zu Größe und Lage des Betriebsgrundstücks der C.-H. & Sch. GmbH & Co. KG, seinem Verkaufs- und Ertragswert, seinen valutierenden Belastungen, seiner gemessen an den Produktionszwecken vorhandenen Übergröße sowie seiner gegenwärtigen Vermietung Stellung. Das zeigt, dass die Klägerin durchaus zu substantiiertem Sachvortrag hinsichtlich des Werts der veräußerten Geschäftsanteile in der Lage ist. Dass ein detaillierter Vortrag auch unabdingbar notwendig ist, um überhaupt erst eine ausreichende Begutachtungsgrundlage zu schaffen, wird durch die erwähnten Gutachten des Sachverständigen Dr. L. eindrucksvoll bestätigt. Der Sachverständige konnte in den genannten Verfahren mangels Mitwirkung des geschiedenen Ehemannes der Klägerin, Herrn J.-P. H., lediglich Gutachten nach Aktenlage unter Hervorhebung der damit verbundenen großen Unsicherheiten erstellen und wäre umso mehr auf einen substantiierten Sachvortrag zumindest der Klägerin angewiesen gewesen. Von überspannten Substantiierungsanforderungen kann mithin keine Rede sein.

Der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 10.02.2003 erst im Laufe des Berufungsverfahrens substantiierte Sachvortrag war nach der Regelung des § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. nicht mehr zuzulassen. Die Klägerin hat die von ihr zur Rechtfertigung des späten Vorbringens angeführte fehlende Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO n.F. nicht ausreichend dargetan. Es ist nicht nachvollziehbar, warum erst die im Dezember 2002 in Anspruch genommene Hilfe des Bruders der Klägerin, eines Volljuristen, und seiner Kollegen von der "S. C. G." die nachgeschobenen Konkretisierungen zum Wert des Betriebsgrundstücks der C.-H. & Sch. GmbH & Co. KG ermöglicht haben soll. Es geht hier nicht um komplexe, nur von Spezialisten zu beantwortende Fragen der Unternehmensbewertung, die selbstverständlich von der Klägerin nicht als Sachvortrag erwartet werden konnten. So hat der Bruder der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen Einzelheiten des Betriebsgrundstücks durch bloße Grundbucheinsicht und Ortsbesichtigung in Erfahrung gebracht. Warum dies von der Klägerin oder zumindest ihren Prozessbevollmächtigten (ebenfalls Volljuristen) nach Ansicht der Berufung nicht bereits erstinstanzlich erwartet werden durfte, bleibt unverständlich. Es entspricht den bereits im Prozesskostenhilfe versagenden Senatsbeschluss angesprochenen Grundsätzen des Zivilprozesses, dass zumutbare Anstrengungen für einen substantiierten Sachvortrag vor der gewünschten Einholung eines Sachverständigengutachtens und nicht erst dann zu unternehmen sind, wenn dessen Ergebnis - so in den Parallelverfahren - nicht gefällt oder wenn - wie vorliegend - das erstinstanzliche Gericht die Erhebung eines Ausforschungsbeweises auf der Grundlage pauschaler Vermutungen und Schätzungen abgelehnt hat.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte ihren nachgeschobenen Vortrag zum Wert des Betriebsgrundstücks zugestanden hat. In seinem Schriftsatz vom 20.03.2003 (Bl. 353 ff. GA) hat er vielmehr ihre Wertangaben ausdrücklich angegriffen und Einzelheiten zum Grundstück wie dessen Lage und Nutzbarkeit qualifiziert bestritten.

Ebenfalls fehl geht schließlich der Einwand der Klägerin, ihre Klage müsse zumindest insoweit Erfolg haben, als der Sachverständige Dr. L. in seinen Gutachten jedenfalls für die C. Textilgesellschaft mbH (Komplementärin der C.-H. & Sch. GmbH & Co. KG) einen den Kaufpreis übersteigenden Mindestwert von 3.000,- DM ermittelt habe. Hierbei verkennt die Klägerin, dass auch diese Wertangabe vom Beklagten keineswegs unstreitig gestellt worden ist (vgl. S. 6 seines Schriftsatzes vom 20.03.2003, Bl. 358: "Soweit daher ein Wert der Geschäftsanteile von 3.000,00 DM im Raum steht, ..."). Zudem würde sich selbst bei Zugrundelegung des Werts von 3.000,- DM deswegen keine auszugleichende Benachteiligung der Klägerin ergeben, weil sie von dem Beklagten und seinen Mitgesellschaftern sogleich nach deren Erwerb der streitgegenständlichen Gesellschaftsanteile, nämlich am 14.11.2000, bereits einen deutlich höheren Betrag von 33.000,- DM auf ihre Pfändung hin erhalten hat. Dass diese Zahlung im Übrigen nicht gegen die Wertlosigkeit der Gesellschaftsanteile spricht, ist schon im Senatsbeschluss vom 04.02.2003 unter Hinweis auf die Seite 8 des erstinstanzlichen Schriftsatzes des Beklagten vom 05.06.2001 (Bl. 41 GA) betont worden. Danach ist unstreitig, dass die genannte Summe aus einem Gesamtbetrag in Höhe von 400.000,- DM, den der Beklagte und seine Mitgesellschafter im Zusammenhang mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile zur Abwendung der Insolvenz in das Unternehmen eingebracht haben, gezahlt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10., 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. nicht erfüllt sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt eine gegen die höC.trichterliche Rechtsprechung verstoßende Überspannung der Darlegungs- und Beweislast aus den bereits dargelegten Gründen nicht vor.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Klägerin durch dieses Urteil: bis 19.000,- EUR (entspricht 37.160,77 DM).

Ende der Entscheidung

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