Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.03.2001
Aktenzeichen: 13 W 84/00
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2
BGB § 634 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 3
BGB § 634
BGB § 635
ZPO § 91a
ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 101
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

13 W 84/00 und 85/00 12 O 539/96 LG Aachen

In Sachen

pp.

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die sofortigen Beschwerden der Beklagten vom 2. Oktober 2000 und der Streithelferin vom 28. September 2000 gegen den Kostenbeschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 19. September 2000 - 12 O 539/96 - unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Eßer, des Richters am Oberlandesgericht Hentschel und des Richters am Landgericht Dahl

am 5. März 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Beklagten und der Streithelferin werden zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Kosten der Streithelferin trägt diese selbst.

Gründe

Die sowohl von der Beklagten als auch von deren Streithelferin in zulässiger Weise (§ 91a Abs.2 ZPO) eingelegten sofortigen Beschwerden gegen die vom Landgericht nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Hauptsache getroffene Kostenentscheidung sind unbegründet. Die Zivilkammer hat mit Recht der Beklagten die Kosten des Rechtsstreit auferlegt, weil die Klage zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, nämlich der Mängelbeseitigung durch die Streithelferin nach Maßgabe der von dem gerichtlichen Sachverständigen vermittelten Zwischenvereinbarung, begründet war. Die Vorschussklage hätte - wie im angefochtenen Beschluss näher ausgeführt - Erfolg gehabt, wenn die Streithelferin die von dem Sachverständigen ermittelten Mängelursachen nicht unter dessen Anleitung selbst beseitigt hätte. Folgerichtig hat die Streithelferin ihre Kosten selbst zu tragen (entsprechend § 101 ZPO). Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Beschlusses (§ 543 Abs.1 ZPO entsprechend) nach Maßgabe der folgenden, durch die Rechtsmittelangriffe veranlassten ergänzenden Ausführungen:

1. Zu Unrecht meinen die Beklagte und ihre Streithelferin, den Klägern habe bei Erhebung der Vorschussklage kein Selbsthilferecht gemäß § 633 Abs.3 BGB mehr zugestanden, so dass die Klage von Rechts wegen auf Minderung oder Schadensersatz hätte gerichtet werden müssen.

Hätte die Beklagte nach dem von ihr benutzten Vertragswerk ihrer Gewährleistungsverpflichtung die VOB/B zugrunde gelegt (missverständlich heißt es dazu eingangs des angefochtenen Beschlusses: "Nach dem Vertrag sollten die Regeln der VOB mit einbezogen werden"), so wäre bereits aus § 13 Nr.5 Abs.2 VOB/B zu entnehmen, dass das Selbsthilferecht der Kläger unbeschadet einer Ablehnung weiterer Nachbesserungsversuche der Beklagten bzw. ihrer Streithelferin aufgrund des - nach mehrfachen vergeblichen Nachbesserungsversuchen innerhalb von rd. 6 Jahren begründeten - Vertrauensverlustes erhalten blieb. Das Vertragswerk und das Vorbringen der Parteien geben allerdings für eine Vereinbarung der VOB/B nichts her. So hat das Landgericht den Vorschussanspruch der Kläger denn auch - wie diese selbst - nach § 633 Abs.3 BGB beurteilt.

Auch nach gesetzlichem Werkvertragsrecht kann indessen die Nachbesserungsbefugnis des Unternehmers entfallen und das Selbsthilferecht des Bestellers bestehen bleiben, wenn der Besteller nach erfolglosen Nachbesserungsversuchen weitere Mängelbeseitigungsarbeiten des Unternehmers als unzumutbar ablehnen kann. Bei Entbehrlichkeit eines Vorgehens nach § 634 Abs.1 BGB entfällt das Selbsthilferecht des Bestellers erst mit dem Schadensersatzverlangen. Ob eine Ablehnung weiterer Tätigkeit des Unternehmers in diesem Sinne zu verstehen ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen (vgl. BGH NJW 1987, 889). Erhebt der Besteller nach der mit dem Vertrauensverlust aufgrund bisheriger Erfolglosigkeit begründeten Ablehnung weiterer Mängelbeseitigungsarbeiten durch den Unternehmer eine Vorschussklage, um die Mängel durch einen anderen Unternehmer beseitigen zu lassen, so macht er lediglich von seinem Selbsthilferecht gemäß § 633 Abs.3 BGB Gebrauch. Die in dem vorprozessualen Anwaltsschreiben der Kläger vom 14.10.1996 enthaltene Ankündigung, den entstandenen und von der Beklagten zu vertretenden Schaden umgehend gerichtlich geltend zu machen, deutet zwar auf die Absicht hin, einen Schadensersatzanspruch zu erheben. Das Schreiben stellt sich indessen nicht bereits als Geltendmachung der Rechte aus §§ 634, 635 BGB dar und hinderte die Kläger daher nicht, eine Vorschussklage aufgrund ihres Selbsthilferechts gemäß § 633 Abs.3 BGB zu erheben.

2. Selbst wenn aber das Selbsthilferecht der Kläger verloren gegangen wäre und die als Vorschussklage erhobene Klage auch nicht als Schadensersatzklage ausgelegt werden könnte (sehr weitgehend im Sinne einer solchen Auslegung BGH vom 23.11.2000 - VII ZR 242/99 -, WM 2001, 374 = NJW 2001, 435), hätte sich diese Situation mit der zwischen den Parteien und der Streithelferin zustande gekommenen Zwischenvereinbarung, die Mängelursachen unter Anleitung des gerichtlichen Sachverständigen Schritt für Schritt ausfindig zu machen und zu beheben, grundlegend geändert. Auch nach Verlust der Nachbesserungsberechtigung des Unternehmers und Verlust des Selbsthilferechts des Bestellers bleibt es den Vertragspartnern unbenommen, sich nachträglich auf eine Mängelbeseitigung in bestimmter Art und Weise zu verständigen, wie dies hier unter Einbeziehung der Streithelferin der Beklagten geschehen ist. Für die nach § 91a ZPO zu treffende Kostenentscheidung kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses an. Auch eine zunächst unzulässige oder unbegründete Klage kann sich "erledigen", wenn sie nur später - nämlich im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses - zulässig und begründet war (BGH NJW 1986, 588). Das war hier der Fall. Erst durch die von der Streithelferin nach Maßgabe der Vorgaben des Sachverständigen vorgenommenen Mängelbeseitigungsarbeiten hat sich die - wie im angefochtenen Beschluss näher ausgeführt, auch der Höhe nach bedenkenfreie - Vorschussklage erledigt.

3. Soweit die Beklagte meint, die Kosten des Rechtsstreits hätten jedenfalls nicht ihr, sondern allenfalls der letztendlich einstandspflichtigen Streithelferin auferlegt werden müssen, verkennt sie, dass ein Streithelfer nur in besonderen Ausnahmefällen (z.B. bei alleiniger Rechtsmittelführung ohne Beteiligung der unterstützten Partei, um deren Rechtsmittel es sich handelt) mit Kosten des Rechtsstreits belastet werden kann. Da über die Kosten des Rechtsstreits nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO zwischen den Parteien des Prozessrechtsverhältnisses zu entscheiden ist und der Streithelfer nach Maßgabe des § 101 ZPO nur mit den durch die Nebenintervention verursachten Kosten belastet werden kann, muss es auch im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO hierbei verbleiben.

4. Folgerichtig sind der Beklagten gemäß § 97 Abs.1 ZPO auch die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, während die Streithelferin auch insoweit nur ihre eigenen Kosten trägt (§ 101 ZPO).

Beschwerdewert:

Kosten des Rechtsstreits und der Streithilfe bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung.

Ende der Entscheidung

Zurück