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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.11.2008
Aktenzeichen: 14 UF 219/07
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 3 Ziff. 2
BGB § 1587 b Abs. 1
VAHRG § 3 b Abs. 1 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 28. November 2007 wird das am 9. Oktober 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach zu Ziffer 2 (Versorgungsausgleich) teilweise abgeändert.

Von dem Rentenversicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer XXXX, werden monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 119,80 €, bezogen auf den 30. April 2007, übertragen auf das Rentenversicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer XXXX.

Zusätzlich werden von dem Rentenversicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer XXXX, monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 33,85 €, bezogen auf den 30. April 2007, übertragen auf das vorgenannte Rentenversicherungskonto der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer XXXX.

Die Umrechnung der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte wird angeordnet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den Parteien gegeneinander aufgehoben, jedoch bleiben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens außer Ansatz. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 €.

Gründe:

I.

Durch das nur von der Antragstellerin angefochtene Verbundurteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ist die Ehe der Parteien geschieden und der Versorgungsausgleich geregelt worden.

Mit ihrer allein gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs gerichteten Beschwerde macht die Antragstellerin geltend, dass bei den drei betrieblichen Anwartschaften des Antragsgegners Monats- als Jahresbeträge angesetzt worden sind. Sie ist ferner der Auffassung, dass die Anwartschaft des Antragsgegners bei der I. U & C. AG (im folgenden I.) nur im Anwartschaftsstadium statisch, im Leistungsstadium dagegen dynamisch sei. Hinsichtlich der Dynamik der Anwartschaften des Antragsgegners bei dem DWW Versicherungsverein E. a.G. (im folgenden DWW) verteidigt die Antragstellerin das angefochtene Urteil, welches insoweit Volldynamik angenommen und die mitgeteilten Beträge ohne Umrechnung nach der Barwertverordnung in die Berechnung des Versorgungsausgleichs eingestellt hat.

Der Antragsgegner erkennt wegen der verwechselten Beträge den Abänderungsantrag dem Grunde nach an, ist jedoch hinsichtlich der Höhe der Auffassung, dass die Anwartschaften sowohl beim I. als auch beim DWW sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als statisch anzusehen sind.

Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet. Bei den betrieblichen Anwartschaften des Ehemannes sind Monatsbeträge und Jahresbeträge der erteilten Auskünfte verwechselt worden.

Die Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der I. sind im Leistungsstadium als dynamisch zu bewerten, bei der Berechnung ist die Gesamtzeit dieser Versorgung mit 447 Monaten statt mit 446 Monaten anzusetzen.

Die Anwartschaften des Ehemannes bei dem DWW sind nicht wie im angefochtenen Urteil als volldynamisch, sondern als statisch einzustufen, und zwar sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium.

III.

In der für den Versorgungsausgleich nach § 1587 Absatz 2 BGB maßgeblichen Ehezeit, d.h. im vorliegenden Fall vom 1. Juli 1996 bis zum 30. April 2007, haben die Parteien folgende, dem Versorgungsausgleich unterliegende Anrechte erworben:

a) in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund:

Ehemann 563,01 €,

Ehefrau 323,41 €.

Diese Anwartschaften sind - wie im angefochtenen Urteil vorgenommen - nach § 1587 b Absatz 1 BGB auszugleichen. Es ergeben sich zu übertragende Anwartschaften in Höhe von (563,01 € - 323,41 €) / 2 = 119,80 €.

b) Der Ehemann hat darüber hinaus Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgungen erworben.

1. Die unverfallbare Anwartschaft des Ehemannes bei der I. war in der erstinstanzlich erteilten Auskunft zwar in Höhe von 687,43 € als Jahreswert angegeben. Tatsächlich handelte es sich jedoch um den Monatswert, wie sich aus der im beigefügten Anschreiben mitgeteilten Berechnungsweise ergab. Dieser Sachverhalt ist darüber hinaus auch durch die im Beschwerdeverfahren eingeholte Auskunft vom 14. Februar 2008 (Bl. 131 f d.A.) bestätigt worden.

Diese Versorgung ist - wie auch im angefochtenen Urteil zutreffend angenommen - im Anwartschaftsstadium entgegen der erstinstanzlichen Auskunft als statisch anzusehen. Für die Annahme einer Dynamik im Anwartschaftsstadium reicht es nicht aus, dass sich die Beiträge nach dem jeweiligen Einkommen des Mitglieds richten und deshalb Einkommenssteigerungen unmittelbar auch eine Erhöhung der Versorgung bewirken; erforderlich ist vielmehr eine Erhöhung der Versorgung, welche auf einer allgemeinen, d.h. überindividuellen Einkommensentwicklung beruht (vgl. BGH FamRZ 1987, 361 und 1241). Nach der Regelung unter Ziffer VI im Pensionsplan der I. hängt die Höhe der Rentenzahlung jedoch allein von der Einkommenshöhe ab. Dass eine Unterteilung der Prozentsätze an die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpft, ändert daran nichts (vgl. BGH FamRZ 1988, 488).

Im Leistungsstadium ist die Anwartschaft jedoch als dynamisch anzusehen. Im Beschwerdeverfahren hat die I. die in den letzten Jahren vorgenommenen Anpassungen mitgeteilt (Auskunft vom 14. Februar 2008, Bl. 131 f d.A.). Für jeden Rentenjahrgang werden die Erhöhungen nur alle drei Jahre vorgenommen, die für die Zeit von 2004 bis 2007 mitgeteilten Steigerungen von 4,95 %, 4,21 %, 4,74 % und 5,36 % übersteigen - auch unter Berücksichtigung der Drei-Jahres-Abstände - die Rentenerhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich. Es besteht auch keine Veranlassung für die Annahme, dass die Steigerungen in der Zukunft diejenigen der gesetzlichen Rentenversicherung deutlich unterschreiten würden.

Die Umrechnung der Anwartschaft in ein dynamisches Anrecht nach § 1587 a Absatz 3 Ziffer 2 BGB in Verbindung mit der Barwertverordnung führt zu einem Monatsbetrag von 60,89 €.

Es ergibt sich dazu folgende Berechnung:

Jahresbetrag der Rente 687,43 € * 12 = 8.249,16 €.

Bei der Ermittlung des Ehezeitanteils ist die Gesamtzeit mit 447 Monaten anzusetzen. Denn diese Rente wird - wie der I. mit Schreiben vom 22. April 2008 klargestellt hat - nicht beginnend mit dem 5. Dezember 2031, wie im angefochtenen Urteil angenommen -, sondern beginnend mit dem 1. Januar 2032 geleistet.

Auf die Ehezeit entfallen von der Gesamtzeit von 447 Monaten 130 Monate. Das ergibt einen Ehezeitanteil von 8.249,16 € / 447 * 130 = 2.399,08 €.

Der Barwertfaktor von 3,8 ist wegen der Dynamik im Leistungsstadium gemäß der Anmerkung 2 zur Tabelle 1 der Barwertverordnung um 50 % zu erhöhen auf 5,7. Damit multipliziert ergibt sich ein Barwert in Höhe von 13.674,76 €.

Dieser ist zu multiplizieren mit dem amtlichen Umrechnungsfaktor und ergibt an Entgeltpunkten 13.674,76 € * 0,0001704126 = 2,3304.

Diese entsprechen, multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert zum Ende der Ehezeit, einem dynamisierten Monatsbetrag von 2,3304 * 26,13 € = 60,89 €.

2. Die Anwartschaften des Antragsgegners bei dem DWW sind im Hinblick auf die in der Auskunft vom 27. August 2008 (Bl. 144 f d.A.) mitgeteilten Steigerungszahlen als statisch zu bewerten.

Die im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH FamRZ 1992, 1051) und des OLG Saarbrücken (NJW 2006, 3073) stehen dem nicht entgegen. Diesen Entscheidungen lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Nach den mitgeteilten Zahlen war dort von jährlichen, nicht unerheblichen Leistungsanpassungen auszugehen, jedenfalls für die Zeit bis einschließlich 2003. Die im Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Saarbrücken berücksichtigten Jahre 2004 und 2005, in denen keine Erhöhung stattgefunden hatte, konnten damals als eine nur vorübergehende Aussetzung der jährlichen Steigerungen angesehen werden. Die jetzt aufgezeigte Entwicklung der Folgejahre spricht dagegen mehr für die Erwartung, dass der Durchschnitt der jährlichen Steigerungen auch in Zukunft erheblich unter denen der gesetzlichen Rentenversicherung liegen wird. So ist in den Jahren 2004 bis 2007 keine Anpassung der bis 2004 erworbenen Anrechte vorgenommen worden, im Jahr 2008 nur eine solche um 0,1 % und für das Jahr 2009 ist eine Erhöhung um 0,2 % festgesetzt worden. Soweit für die ab 2005 erworbenen Anrechte in den Jahren 2006 bis 2009 jährliche Erhöhungen um 0,5 % beschlossen worden sind, rechtfertigt dies angesichts des relativ geringen zeitlichen Anteils dieser Anrechte im Ehezeitanteil des Antragsgegners ebenfalls nicht, seine in der Ehezeit bei dem DWW erworbenen Anrechte als dynamisch zu bewerten.

Die Umrechnung mit Hilfe der Barwertverordnung führt zu einem dynamisierten Betrag von 6,20 € für das Stammrente und von 0,60 € für die Überschussrente.

Stammrente Jahresbetrag statisch 1.256,62 €

Ehezeitanteil 1.256,62 € * 130 / 446 = 366,28 €

(nach der erteilten Auskunft des DWW setzt die Versorgung am 30.11.2031 ein)

multipliziert mit dem Barwertfaktor 3,8 (ohne Erhöhung) 1.391,86 €

1.391,86 € * 0,0001704126 = 0,2372

0,2372 * 26,13 € = 6,20 €.

Überschussrente Jahresbetrag statisch 41,09 €

Ehezeitanteil 41,09 € * 130 / 151 = 35,38 €

multipliziert mit dem Barwertfaktor 3,8 (ohne Erhöhung) 134,44 €

134,44 € * 0,0001704126 = 0,0229

0,0229 * 26,13 € = 0,60 €.

Aus den betrieblichen Anwartschaften des Antragsgegners errechnet sich ein Ausgleichsbetrag von insgesamt (60,89 € + 6,20 € + 0,60 €) / 2 = 33,85 €.

Dieser Ausgleich kann - wie im angefochtenen Urteil - durch erweitertes Splitting nach § 3 b Absatz 1 Ziffer 1 VAHRG durch Begründung von Anwartschaften zugunsten der Antragstellerin vorgenommen werden. Das in Beschwerdeverfahren geltende Verschlechterungsverbot, wenn nur einer der Ehegatten Beschwerde eingelegt hat (Verbot der reformatio in peius, vgl. BGH FamRZ 1983, 44; Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss vom 14.09.2004, 9 UF 116/04), ist nicht verletzt. Die Umrechnung statischer Anwartschaften mit Hilfe der Barwertverordnung in ein dynamisches Anrecht führt zwar zu geringeren Beträgen. Das wirkt sich vorliegend aber nicht zu Lasten der beschwerdeführenden Antragstellerin aus. Im angefochtenen Urteil war zu ihren Gunsten ein Betrag von nur 18,42 € im erweiterten Splitting begründet worden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 1587 b Absatz 6 BGB, 93 a ZPO und §§ 21, 49 GKG.

Ende der Entscheidung

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