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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.04.2000
Aktenzeichen: 15 U 159/99
Rechtsgebiete: BGB, BVG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 528 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 313 S. 1
BGB § 313 S. 2
BVG § 27 g Abs. 1
ZPO § 288
ZPO § 290
ZPO § 296a
ZPO § 283 S. 2
ZPO § 156
ZPO § 287
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 159/99 28 O 210 /99 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 20.04.2000

Verkündet am 20.04.2000

Wendt, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 29. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig und die Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Diederichs und Scheffler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.9.1999 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln- 28 O 210/99- wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(Urteil ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der gemäß den §§ 528 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 27 g Abs. 1 BVG geltend gemachte Anspruch auch unter Berücksichtigung seines Berufungsvorbringens nicht zu.

Gegenüber der wirksamen Überleitung des vermeintlichen Anspruchs bestehen zwar keine Bedenken. Die Klage ist jedoch deshalb unbegründet, weil der Kläger nach wie vor nicht dargetan hat, dass es sich bei der gemäß dem Notarvertrag vom 30.1.1989 erfolgten Grundstücksübertragung ganz oder zumindest teilweise um eine unentgeltliche Zuwendung an die Beklagte handelte.

Bei der Prüfung der Frage, ob eine Zuwendung eine (reine oder auch sog. gemischte) Schenkung darstellt, ist zum einen zu berücksichtigen, dass es den Vertragschließenden kraft ihrer Privatautonomie freisteht, auch eine objektiv wesentlich geringere Gegenleistung subjektiv als gleichwertig anzusehen (Prinzip der subjektiven Äquivalenz). Bei einem auffallend groben Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Parteien dies auch erkannt und teilweise eine unentgeltliche Zuwendung gewollt haben (Münchener Kommentar/Kollhosser, 3. Auflage, § 516 Rdn. 23). Auch muss nicht notwendig zwischen der Zuwendung und der Gegenleistung eine synallagmatische Verknüpfung bestehen; der Schenkungscharakter entfällt bereits dann, wenn die Zuwendung mit dem Ziel vorgenommen wird, den Empfänger mit seinem tatsächlich vereinbarten Einverständnis zu einem nicht erzwingbaren Verhalten zu veranlassen (sog. kausale Verknüpfung), Münchener Kommentar/Kollhosser aaO Rdn. 16. Ein gemäß § 313 S. 1 BGB begründeter Formmangel wird durch die Eintragung geheilt, § 313 S. 2 BGB.

Wie das Landgericht zutreffend gemeint hat, liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es sich bei der Grundstücksübertragung um eine - auch gemischte- Schenkung handelte, bei dem Kläger. Der Umstand, dass in dem Grundstücksübergabevertrag vom 30.1.1989 zum Rechtsgrund der Übereignung nichts gesagt und an "Gegenleistungen" der Beklagten ausschließlich die Einräumung eines Wohnungsrechts zugunsten der Mutter erwähnt ist, führt nicht im Wege einer Vermutung für die Vollständigkeit der Vertragsurkunde zu einer Darlegungs- und Beweislastumkehr zugunsten des Klägers (vgl. dazu BGH NJW 1995, 1349,1350). Allerdings sind die näheren Umstände und Beweggründe der Grundstücksübertragung von der Beklagten substantiiert darzulegen, da sie insoweit gegenüber dem Kläger über einen Wissensvorsprung verfügt (vgl. dazu BGH NJW 1981, 577).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze gilt im Einzelnen folgendes:

1) Auszugehen ist für den Wert der Zuwendung von einem Verkehrswert des Hausgrundstücks per 30.1.1989 in Höhe von 180.000,-DM, wie zwischen den Parteien in beiden Instanzen bislang unstreitig gewesen ist. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.3.2000 nun behauptet, der Verkehrswert des Hauses habe sich zu diesem Stichtag tatsächlich auf 220.000,- DM belaufen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es erscheint bereits im Hinblick auf §§ 288,290 ZPO zweifelhaft, ob der Kläger sich noch wirksam von dieser Wertangabe lösen kann, nachdem er in der Berufungsbegründung selbst vorgetragen hat, dass der Wert des Hauses 180.000,- DM betrage. Jedenfalls aber handelt es sich bei diesem Vorbringen um neuen Sachvortrag, der dem Kläger nicht nachgelassen war, § 296a ZPO. Schriftsatznachlass ist dem Kläger ausschließlich im Hinblick darauf bewilligt worden, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 29.2.2000 ihre angeblichen Gegenleistungen erstmals mit Rechnungen, Quittungen und Überweisungsträgern belegt hat. Gemäß § 283 S. 2 ZPO kann das in dem Schriftsatz des Klägers vom 20.3.2000 enthaltene tatsächliche Vorbringen deshalb nur Berücksichtigung finden, soweit es die diesbezüglich zwischen den Parteien streitigen Fragen betrifft. Der Hinweis des Klägers, dass erst die aus den nunmehr vorliegenden Rechnungen hervorgehenden Wertverbesserungen Aufschluss über den vermeintlich wahren Verkehrswert des übertragenen Hausgrundstücks lieferten, ist nicht geeignet, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO, zu veranlassen. Zur Hinterfragung des in dem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag vom 30.1.1989 angegebenen Verkehrswertes hatte der Kläger von Beginn des Prozesses an Gelegenheit, zumal sich die Beklagte bereits in der Klageerwiderung auf die von ihr getätigten Investitionen berufen hat. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung käme aber nur dann in Betracht, wenn der Kläger verfahrensfehlerhaft an einer rechtzeitigen Änderung seines Sachvortrags gehindert worden wäre.

2) Der Wert des der Mutter der Beklagten in dem Notarvertrag vom 30.1.1989 bewilligten Wohnrechts - dessen Einräumung zwar, wie das Landgericht zutreffend gemeint hat, keine Gegenleistung der Beklagten darstellt, jedoch den Wert des Geschenks von vornherein mindert- ist mit 50.400,- DM in Ansatz zu bringen. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.3.2000 diesen Wert nur unter der Voraussetzung unstreitig gestellt hat, dass im Gegenzug ein höherer Verkehrswert des Hauses veranschlagt wird. Denn jedenfalls kann der Kläger auch mit seinen ursprünglichen Berufungsangriffen gegen die vom Landgericht gemäß § 287 ZPO zutreffend vorgenommene Schätzung nicht durchdringen. Seine Behauptung, das Wohnrecht habe allenfalls einen Wert von 400,- DM monatlich, ist unsubstantiiert; bei dieser Wertangabe handelt es ersichtlich um einen gegriffenen Betrag, den der Kläger nicht mit nachprüfbaren Anknüpfungstatsachen untermauert hat. Demgegenüber erscheint der in dem angefochtenen Urteil für das Wohnrecht veranschlagte Wert von 600,- DM monatlich - der mit dem in dem Notarvertrag vom 30.1.1989 niedergelegten Jahreswert von ca. 7200,- DM übereinstimmt- unter Berücksichtigung der aus den Akten hervorgehenden Schätzungsgrundlagen angemessen. Immerhin bezog sich das Wohnrecht auf ein ganzes Haus einschließlich Garage. Dass ein solches Objekt, welches nahezu fortlaufend modernisiert und instandgesetzt worden war, wie die nun vorliegenden Rechnungen zeigen, auf dem Wohnungsmarkt im Jahre 1989 zu einem Mietpreis unter 600,- DM erhältlich gewesen wäre, hält der Senat auch unter Berücksichtigung der verhältnismäßig kleinen Wohnfläche von insgesamt 75,73 qm (vgl. dazu die Bauzahlenberechnung Bl. 45 d.A.) schlechterdings für ausgeschlossen. Der Umstand, dass die Beklagte das Haus mitbewohnte, ist nicht geeignet, eine Wertminderung für das Wohnrecht in Betracht zu ziehen. Zum Inhalt eines Wohnrechts gehört auch die Möglichkeit, Verwandte oder Hilfspersonen aufzunehmen; lediglich eine Überlassung des Hauses an Dritte war der Mutter nach dem Notarvertrag in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage untersagt. Da der Mutter der Beklagten das Wohnrecht zu alleiniger Nutzung unter Ausschluss des Eigentümers eingeräumt war, hätte die Beklagte - etwa im Falle eines Zerwürfnisses- keine rechtliche Handhabe gehabt, gegen den Willen der Mutter in dem Haus zu verbleiben. Zutreffend hat das Landgericht schließlich auch eine Kapitalisierung des Jahres- Wohnwertes mit dem Faktor 7 vorgenommen; dies entspricht in Anbetracht des Alters der Mutter bei Vertragsschluss (70 Jahre) allgemein angewandten Bewertungsgrundsätzen (vgl. dazu Ross/Brachmann, Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden, 24. Auflage S.358). Auf die tatsächliche Dauer der Inanspruchnahme des Wohnrechts durch die Mutter der Beklagten - rd.5 Jahre- kommt es nicht an, sondern lediglich darauf, welche Nutzungsdauer bei Vertragsschluss üblicherweise zu erwarten war. Dem in NJW-RR 1993,131 abgedruckten Urteil des BGH vermag der Senat nichts Gegenteiliges zu entnehmen. In dieser auf das Pflichtteilsrecht zugeschnittenen Entscheidung ist ausgeführt, dass der Wert eines Grundstücks für die Bemessung des Pflichtteilsanspruchs nach zum Zeitpunkt des Erbfalls feststellbaren objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen ist und nicht im Wege einer abstrakten Schätzung, wobei die tatsächliche Entwicklung Indizien für den bereits bei Anfall des Erbes maßgeblichen Wert liefern kann. Eine verallgemeinernde Forderung dahingehend, dass die zukünftige Entwicklung stets zum Zwecke nachträglicher Korrekturen zu berücksichtigen sei, beinhaltet diese Entscheidung entgegen der Auffassung des Klägers nicht.

3) Die Grundstücksübertragung stellte auch insoweit keine Schenkung dar, als sie zur Abgeltung eines den Eltern gewährten Darlehens in Höhe von 100.000,- DM diente. Mit den in der Berufungsverhandlung umfänglich vorgelegten Originalbelegen hat die Beklagte hinreichend dargetan, dass die nunmehr ebenfalls im Original vorgelegte Schuldurkunde vom 10.6.1986 (in Fotokopie als Anlage 14 im Anlagenband), mit der ihre Eltern darlehensweise erhaltene Modernisierungs- und Renovierungsarbeiten im Wert von 100.000,- DM anerkannten, einen realen Hintergrund hatte. Aus den aus der Zeit zwischen dem 24.11. 1976 und dem 11.6.1986 stammenden Handwerker- und Einkaufsrechnungen geht hervor, dass in diesem Zeitraum umfangreiche Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsarbeiten durchgeführt wurden wie z.B. der Einbau neuer Fenster, Erneuerung von Bad und Küche, Fliesenarbeiten, Elektro- und Sanitärinstallationen, der Einbau einer Gas- Zentralheizung sowie Arbeiten am Grundstück. Wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 20.3.2000 selbst einräumt (Bl.261), ist ein Teil der diesbezüglichen Rechnungen im Gesamtwert von 42.881,36 DM auf die Beklagte ausgestellt. Die Beklagte hat dazu auch durchgängig die dazugehörigen Zahlungsbelege, nahezu ausnahmslos auf das Konto Nr. .... ausgestellte Überweisungsträger, beigebracht. Daran, dass es sich hierbei um das Konto der Beklagten handelt, kann angesichts des Umstandes, dass die Beklagte den jeweiligen Überweisungsauftrag als Kontoinhaber unterzeichnet hat- wie aus den eingereichten Durchschriften erkennbar ist-, kein ernsthafter Zweifel bestehen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, in denen offenbar Barzahlungen erfolgten, sind auch die übrigen von der Beklagten eingereichten, an den Vater oder die Eheleute bzw. Familie V. adressierten Rechnungen von diesem Konto aus beglichen worden, die, wie der Kläger ebenfalls in seinem Schriftsatz vom 20.3.2000 zugesteht (Bl. 258), bis zum Jahre 1986 einen Gesamtwert von 24.624,30 DM erreicht hatten. Zu den damit in einem Gesamtwert von knapp 70.000,- DM belegten Anschaffungen und Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsarbeiten sollen nach der Darstellung der in der Berufungsverhandlung informatorisch angehörten Beklagten noch weitere Arbeiten hinzugekommen sein, für die Belege nicht ausgestellt wurden. Die Erklärung der Beklagten, zu dem Schuldanerkenntnis vom 10.6.1986 sei es gekommen, weil ihr Vater sie dafür habe absichern wollen, dass sie "so erhebliche Summen in das Haus gesteckt" habe, ist von daher plausibel. In dem Umstand, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt ausweislich der Rechnungen der Firma Küchen - C. vom 6.6.1986 und der Firma W. vom 11.6.1986 mit Beträgen in Höhe von 10.380,- DM und 4.506,53 DM gerade wieder erhebliche Zahlungen geleistet hatte bzw. zu leisten unmittelbar im Begriff war, mag hierfür ein Anlass gesehen worden sein. Nachvollziehbar erscheint auch die in der Schuldurkunde genannte Summe, mit der ersichtlich im Wege einer mehr oder weniger groben Schätzung zum Ausdruck gebracht wurde, wieviel die Unterstützungsleistungen der Beklagten ihren Eltern wert waren. Die Ernstlichkeit des von den Eltern der Beklagten erklärten Schuldanerkenntnisses begegnet deshalb ebensowenig Zweifeln wie die Echtheit der Urkunde. Die Behauptung des Klägers, die Schuldurkunde sei lediglich "pro forma" hergestellt, stellt eine bloße Mutmaßung dar und kann keinen Anlass zu der von ihm beantragten Vernehmung der Beklagten als Partei geben. An dieser Sichtweise vermag die Tatsache, dass in dem - möglicherweise mit Hilfe der Beklagten ausgefüllten - Nachlassverzeichnis der Mutter der Beklagten vom 3.3.1989 (im Anlagenhefter BB1) die Darlehensschuld keine Erwähnung gefunden hat, nichts zu ändern; dies mag ohne weiteres auch auf Rechtsunkenntnis beruht haben. Da schließlich in der Schuldurkunde vom 10.6.1986 bereits Überlegungen angeklungen waren, das Grundstück dereinst als Haftungsgrundlage für das Darlehen heranzuziehen, lag es nahe, der am 30.1.1989 vorgenommene Grundstücksübertragung unter anderem auch den Zweck zu unterlegen, dass damit auch das Darlehen abgegolten werden sollte. Auch insoweit hat der Kläger weiterhin keinen substantiierten Sachvortrag entgegenzusetzen gewusst, so dass es bei der in dem angefochtenen Urteil vorgenommenen Anrechnung des Darlehens zu verbleiben hat.

4) Auch die von der Beklagten vorgetragene kausale Verknüpfung zwischen der Hausübertragung und den von der Beklagten für die Zeit davor zugunsten der Eltern behaupteten Pflegeleistungen und den von der Mutter von ihr für die Zukunft erwarteten Pflegeleistungen hat der Kläger nicht wirksam bestritten. Die von der Beklagten eingereichten Unterlagen (Bl. 28ff im Anlagenband) belegen den Hilfebedarf beider Eltern für die Vergangenheit, hinsichtlich der Mutter der Beklagten auch - vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses aus gesehen- für die Zukunft. Beide Eltern, insbesondere aber der Vater der Beklagten, waren gesundheitlich erheblich beeinträchtigt. In dem Bescheid des Versorgungsamts K. vom 23.11.1987 (Bl. 28-29R im Anlagenband), der dem Vater der Beklagten mit Wirkung ab dem 7.8.1987 einen Grad der Behinderung von 100 zuerkannte, findet sich u.a. die anhand eingehender medizinischer Befunde nachvollziehbare Feststellung, dass der Vater der Beklagten außergewöhnlich gehbehindert und hilflos sei. Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter der Beklagten bereits 69 Jahre alt und selbst, wie aus ihrem Schwerbehindertenausweis Bl. 30/31 im Anlagenband hervorgeht, zu 60 bzw. - ab dem 6.11.1987- zu 70 % behindert. Es liegt von daher auf der Hand, dass die Beklagte, soweit es ihre Berufstätigkeit zuließ, im Haushalt half und die Mutter bei der notwendigen Betreuung des Vaters unterstützte. Aus der für die Heimaufnahme der Mutter ausgestellten ärztlichen Bescheinigung vom 21.7.1994 (Bl. 32 im Anlagenband) geht ferner hervor, dass die Mutter an Krankheiten und Dauerbeschwerden litt, die sich über einen längeren Zeitraum eingestellt haben mussten. Dies lässt darauf schließen, dass auch die Mutter bereits seit geraumer Zeit hilfebedürftig- wenn auch nicht bereits hilflos- war. Indem vor diesem Hintergrund die Grundstücksübertragung mit der Einräumung eines Wohnungsrechts zugunsten der Mutter verbunden wurde, deutet dies bei lebensnaher Betrachtung darauf hin, dass die Hausübertragung zumindest auch mit Rücksicht auf bereits geleistete und von der Mutter für die Zukunft erwartete Pflegedienste erfolgte. Mit der einfachen Behauptung, die Grundstücksübertragung sei jedenfalls nicht zur Abgeltung von Pflegeleistungen erfolgt, genügt der Kläger seiner Darlegungslast bei dieser Sachlage nicht.

Den Wert der von ihr erbrachten Pflegeleistungen hat die Beklagte mit 400,- DM monatlich jedenfalls für die Zeit ab 1987 angemessenen veranschlagt. Die Auffassung des Klägers, als entgeltliche Leistung käme lediglich medizinische Pflege in Betracht, kann nicht geteilt werden. Selbstverständlich haben auch Hilfeleistungen im Haushalt einen Marktwert. Ebensowenig unterliegt es einem Zweifel, dass eine etwaige unterhaltsrechtliche Verpflichtung nicht die Wirksamkeit von Entlohnungsvereinbarungen unter nahen Angehörigen in Frage stellt. In etwa der von der Beklagten beanspruchte monatliche Betrag von 400,- DM hätte allein schon dann aufgebracht werden müssen, wenn zweimal wöchentlich je 3 Stunden eine Haushaltshilfe zu einem Stundenlohn von 15,- DM beschäftigt worden wäre. Für die Betreuung der Mutter in der Zeit von 1989 bis zu ihrem Eintritt in das Pflegeheim errechnet sich auf dieser Basis bereits ein Betrag von 26.400,- DM, zu dem noch die zu Lebzeiten des Vaters erbrachten Pflegeleistungen hinzukämen. Die nach Abzug des für das Wohnrecht anzusetzenden 50.400,- DM und des Darlehens in Höhe von 100.000,- DM vom Verkehrswert des Hauses verbleibenden 29.600,- wären auf diese Weise verbraucht, wenn lediglich bis zum August 1987 zurückgerechnet würde. Bei richtiger Betrachtungsweise zehrt bereits die bei Vertragsschluss für die Zukunft versprochene Pflege der Mutter diesen Differenzbetrag auf: Wie beim Wohnrecht muss auch für den Wert der zukünftigen Pflegeleistungen eine Kapitalisierung vorgenommen werden; unter Zugrundelegung des Kapitalisierungsfaktors 7 ergibt sich für die zukünftigen Pflegeleistungen ein zugunsten der Beklagten einzusetzender Betrag von 33.600,- DM.

5) Auf die von der Beklagten als weitere Gegenleistungen geltend gemachten Begräbniskosten, die Zahlung der Prämien für die Gebäudeversicherung wie schließlich auch den angeblichen Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch kommt es nach allem nicht mehr an. Vorsorglich sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Versicherungsprämien ohne Zweifel den Wert der mit dem Notarvertrag vom 30.1.1989 verbundenen Zuwendung mindern, da sich die Beklagte, ohne hierzu nach der Gesetzeslage gehalten zu sein (Palandt/Bassenge, BGB- Kommentar, 59. Auflage § 1093 Rdn.10), in dem Vertrag gegenüber der Mutter zur Versicherung des Grundbesitzes verpflichtet hat. Der Wert dieser Verpflichtung beträgt bei der gebotenen Kapitalisierung in jedem Fall mehr als die von der Beklagten hierfür in Ansatz gebrachten 1.166,90 DM. Die Begräbniskosten und der Pflichtteilsanspruch sind ebenfalls als den Wert der Zuwendung schmälernde Abzugsposten berücksichtigungsfähig, wenngleich nicht vollständig in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe. Dafür, dass die hierauf bezogenen Verträge jeweils ein Datum nach der Beurkundung des Grundstücksübertragungsvertrages aufweisen- der "Darlehensvertrag" bezüglich der Begräbniskosten ist auf den 20.6.1989, der hinsichtlich des Pflichtteils abgeschlossene "Stundungsvertrag" auf "Januar 1990" datiert -, hat die Beklagte bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat eine plausible Begründung gegeben, nämlich ihr nachvollziehbares Bedürfnis, dies alles noch einmal schriftlich abgesichert zu haben. Die Beisetzungs- und Grabmalkosten sind auch- unter Abzug der u.a. von der Knappschaftskasse geleisteten Zahlungen - urkundlich belegt; gleiches gilt für die von der Beklagten über ihr Girokonto erbrachten Zahlungen mit Ausnahme eines Betrages von 344,- DM, den die Beklagte als Skonto von der Rechnung der Firma Grabmale S. GmbH vom 16.6.1989 abgezogen hat. Der Pflichtteilsanspruch der Beklagten nach dem Tod des Vaters konnte sich in Anbetracht des Verkehrswertes des unbelasteten Grundstücks in Höhe von 180.000,- DM und der hälftig anzurechnenden Darlehensverbindlichkeit nicht auf 15.000,- DM, wie in dem Stundungsvertrag angenommen, sondern nur auf 10.000,- DM belaufen, so dass der angebliche Verzicht auch nur insoweit eine Gegenleistung für die Grundstücksübertragung hätte darstellen können.

Die Berufung des Klägers war nach allem mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §3 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Wert des Berufungsverfahrens und Beschwer des Klägers: 19.015,25 DM

Ende der Entscheidung

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