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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.10.2008
Aktenzeichen: 15 U 54/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, WEG


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
BGB § 633 Abs. 3 a.F.
WEG § 10 Abs. 6 Satz 3
WEG § 21 Abs. 1
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die in beiden Instanzen angefallenen Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern auferlegt.

Gründe:

Nachdem die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Hauptsache einvernehmlich zur Erledigung gebracht haben, war gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO nurmehr noch über die Kosten des Rechtstreits unter Berücksichtigung des bis dahin gegebenen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führte zur Kostenbelastung der Kläger, da diese ohne die übereinstimmende Erledigung mit ihrem gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil gerichteten Rechtsmittel unterlegen wären.

1.

Soweit das Landgericht die Klage mangels Prozessführungsbefugnis der Kläger zu 1. bis 17. sowie 19. bis 37. als unzulässig abgewiesen hat, ist dies zu Recht erfolgt und hält das den mit der Berufung vorgebrachten Angriffen der Kläger stand.

Allerdings hat im Falle des Erwerbs von Wohnungseigentum jeder einzelne Erwerber aus dem jeweiligen Vertrag mit dem Bauträger einen individuellen Anspruch auf mangelfreie Werkleistung auch in bezug auf das gesamte Gemeinschaftseigentum. Er kann daher von dem Veräußerer Nachbesserung und unter den Voraussetzungen des § 633 Abs. 3 BGB a.F. (§§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 und 3 BGB n. F.) Ersatz seiner Aufwendungen für die Mängelbeseitigung oder einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen und ist berechtigt, diese Ansprüche selbständig zu verfolgen, so lange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt werden (BGH Z 169, 1 - m. w. Nachw.). Diese Befugnis wird grundsätzlich nicht davon berührt, dass sich der Nachbesserungsanspruch auf das gemeinschaftliche Eigentum bezieht, dessen Instandhaltung nach § 21 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 2 WEG zu der den Wohnungseigentümern obliegenden Verwaltung gehört. Denn die Befugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, mehrheitlich über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums zu entscheiden begründet nicht zugleich die alleinige Befugnis, die auf die mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2007 - VII ZR 236/05, S. 7 f Rdz. 17 f - = NZM 2007, 403). Durch § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG in der seit 01.07.2007 geltenden Fassung ist hierin keine Änderung eingetreten. Die in der genannten Bestimmung getroffene Regelung, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft u.a. die "sonstigen Rechte" der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können, ausübt, lässt die gemeinschaftsbezogenen individualrechtlichen Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer - und ein solcher Anspruch ist hier betroffen - unberührt (vgl. Bärman/Pick, WEG, 18. Auflage, § 10 Rdn. 40). Indessen kann die Wohnungseigentümergemeinschaft die Geltendmachung und Durchsetzung eines solchen, auf die Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Anspruchs durch Mehrheitsbeschluss an sich ziehen mit der Folge, dass sie damit ihre alleinige Zuständigkeit begründet und das selbständige Vorgehen des einzelnen Erwerbers bzw. Wohnungseigentümers ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2007 - VII ZR 236/05, S. 9 f, Rdz. 20, 21). Ein solcher Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde mit der am 30.06.2001 mehrheitlich beschlossenen Regelung gefasst.

Die am Wortlaut orientierte Auslegung dieses Beschlusses ergibt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft damit die klageweise Geltendmachung der Ansprüche auf Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums "an sich gezogen" hat mit der Folge, dass die einzelnen Wohnungseigentümer/Ersterwerber an der individuellen Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche gehindert sind. Darauf, dass mit der beschlossenen Regelung betreffend die Geltendmachung und Durchsetzung der auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Gewährleistung nicht lediglich eine Kostenübernahmeverpflichtung der Gemeinschaft begründet werden sollte, weisen bereits die Formulierungen hin, dass "im Auftrag" und "auf Risiko" der Gemeinschaft vorgegangen werden sollte und zudem Maßgaben für die Art des Vorgehens des Klägers zu 18. ("unnachgiebige Rechtsverfolgung") gemacht wurden. Der Umstand, dass der Kläger zu 18. in eigenem Namen vorgehen sollte, spricht dabei entgegen dem von den Klägern verfochtenen Standpunkt nicht dagegen, dass die Gemeinschaft die Rechtsverfolgung an sich ziehen wollte und an sich gezogen hat. Nach dem Wortlaut des Beschlusses sollte der Kläger zu 18. den ihm zustehenden vertraglichen Anspruch auf Leistung an die WEG bzw. die Verwaltung geltend machen. Ersichtlich sollte auf diese Weise die Vorgehensweise der Wohnungseigentümer/Ersterwerber hinsichtlich des Vorschussanspruchs "gebündelt" bzw. "konzentriert" werden; das umfasst notwendig die Entscheidung, dass die anderen Wohnungseigentümer ihre auf das identische Ziel gerichteten Ansprüche nicht geltend machen und durchsetzen. Ohne eine Disposition über die Ansprüche der anderen Wohnungseigentümer war aber eine solche, auf den Kläger zu 18. konzentrierte Vorgehensweise nicht denkbar. Mit dieser Disposition hat aber die Gemeinschaft die Ansprüche der Wohnungseigentümer "an sich gezogen" bzw. zu ihrer eigenen Angelegenheit gemacht; nur dann konnte sie - wie in dem Mehrheitsbeschluss geschehen - über die Vorschussansprüche der Wohnungseigentümer/Ersterwerber disponieren. Der Vorteil dieser Vorgehensweise lag dabei auch auf der Hand: Namentlich gravierende Mängel des Gemeinschaftseigentums begründen die Erforderlichkeit eines gemeinschaftlichen Vorgehens. Denn die ordnungsgemäße Verwaltung begründet in aller Regel die Notwendigkeit der Herbeiführung eines gemeinschaftlichen Willens, auf welche Weise die ordnungemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu bewirken und ein etwa eingeforderter Vorschuss zu verwenden ist. Zudem profitierten die Wohnungseigentümer/Ersterwerber - wenn sich die Gemeinschaft der Sache annimmt - in jeder Hinsicht von der Klage nur des Klägers zu 18., wurden aber von der kosten- und zeitaufwendigen individuellen Verfolgung des auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Vorschussanspruchs enthoben. Das nach dem Beschluss von der Gemeinschaft übernommene Kostenrisiko entlastete die einzelnen Wohnungseigentümer gleichfalls, weil es den bei individueller Geltendmachung auf sie entfallenden vollen Betrag auf eine ihrem Miteigentumsanteil entsprechende Quote an den nur einmal entstandenen Kosten reduzierte. Soweit der Kläger zu 18. nach dem Beschluss beauftragt wurde, "im eigenen Namen...Vorschussklage mit dem Antrag auf Zahlung an den Verwalter der WEG im Auftrag, auf Kosten und auf das Risiko der WEG zu erheben", liegt darin anders als das Oberlandesgericht Koblenz dies in dem Parallelfall einer Klage gegen die für die Ansprüche gegen die IBB bürgende Westdeutsche Immobilienbank gesehen hat (OLG Koblenz, Urteil vom 29.05.2008 6 U 1042/07 = LG Mainz 6 O 311/05 = Anlage 1 zur Berufungsbegründung, Bl. 1040 ff d.A.) infolgedessen mehr als eine bloße Kostenübernahmeerklärung, sondern eine Regelung, mit der eine Bündelung bzw. Konzentration der Rechtsverfolgung bewirkt werden sollte und wurde. Alles spricht auch dafür, dass der Kläger zu 18. nach dem Beschluss ermächtigt wurde, in gewillkürter Prozessstandschaft für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu klagen. Indessen kommt es letztlich darauf nicht an. Selbst wenn man den Beschluss vom 30.06.2001 dahin interpretieren wollte, dass die Gemeinschaft damit nur die individuellen Vorschussansprüche der übrigen Wohnungseigentümer an sich ziehen und den Kläger zu 18. aus originärem Recht vorgehen lassen wollte, so ändert das nichts daran, dass die Gemeinschaft die Angelegenheit mit der getroffenen Direktive insgesamt an sich gezogen und sie zu einer eigenen gemacht hat, die übrigen Wohnungseigentümer außer dem Kläger zu 18. daher gehindert waren, klageweise vorzugehen und ihnen daher die Prozessführungsbefugnis fehlte.

2.

Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht weiter aber auch die Klage des nach alledem allein prozessführungsbefugten Klägers zu 18. abgewiesen.

Insoweit war die Klage allerdings nicht als derzeit unbegründet, sondern demgegenüber ebenfalls als (zur Zeit) unzulässig einzuordnen. Zwischen u.a. dem Kläger zu 18. und dem Beklagten ist aus den nachfolgend dargestellten Erwägungen auf der Grundlage des Schreibens vom 27.08.2004 ein Stillhalteabkommen zustande gekommen, nach welchem die Klagbarkeit und Verjährung des Anspruchs hinausgeschoben werden sollte und das die prozessuale Geltendmachung des Anspruchs einstweilen ausschloss. Ein solches pactum de non petendo führt dazu, eine während der Dauer des vereinbarten Stillhaltens gleichwohl erhobene Klage als zur Zeit unzulässig, nicht aber als derzeit unbegründet abzuweisen (BGH, NJW-RR 1989, 1048/1049 m. w. Nachw.). Ein solche, sich in dem Stillhalten erschöpfende und nicht etwa die materielle Rechtslage, nämlich die Fälligkeit des Anspruchs, betreffende Regelung ist zwischen den Parteien auch vereinbart worden. Denn der Beklagte sollte nur für eine begrenzte Zeit zur Zahlungsverweigerung, und umgekehrt (u.a.) der Kläger zu 18. daran gehindert sein, die Forderung gerichtlich geltend zu machen; dass der Anspruch den materiellen Voraussetzungen nach im übrigen bestand und durchsetzbar wäre, war dabei Grundlage der Vereinbarung. Denn nach dem Inhalt des Schreibens vom 27.08.2004 ging es darum, eine Klage auf Feststellung der Forderung(en) zur Insolvenztabelle unter der Voraussetzung zu vermeiden, dass der Beklagte auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Auf die materielle Rechtslage, konkret die Fälligkeit der Forderung(en) sollte damit erkennbar nicht Einfluss genommen werden. Dem Zustandekommen des pactum de non petendeo steht es weiter nicht entgegen, dass der Beklagte in seinem auf das Schreiben des Klägers vom 27.08.2004 erwidernden Schriftsatz eine auf die Zahl von lediglich 24, durch den Kläger zu 18. vertretene Gläubiger bezogene Erklärung abgegeben hat. Der Kläger zu 18. hat das mit Schreiben vom 20.09.2004 moniert unter Hinweis darauf, dass er eine größere Anzahl von zwischenzeitlich insgesamt 43 Gläubigern vertrete, für die er Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet habe und den Beklagten zur Abgabe einer Erklärung insoweit aufgefordert. Der Zugang dieses erstmals in der Berufung vorgelegten Schreibens bei dem Beklagten war zwar zunächst streitig, blieb es aber - mit Blick auf das sodann von dem Kläger vorgelegte Erwiderungsschreiben des Beklagten vom 23.09.2004 - sodann nicht mehr. Nach diesem Schreiben hat der Beklagte erklärt, dass sich seine Verzichtserklärung vom 15.09.2004 auf alle ....vertretenen 35 Gläubiger bezieht, die in der Anlage zu Ihrem Schreiben aufgeführt werden..". Das letztgenannte Schreiben ist dahin auslegen, dass der Beklagte seine Erklärung auf alle von dem Kläger zu 18. vertretenen Gläubiger erstrecken wollte und erstreckt hat. Soweit er die Zahl von (nur) 35 Gläubigern nannte, handelte es sich um ein offenkundiges Versehen; denn der Beklagte hat sich auf die in der "Anlage zu Ihrem Schreiben" aufgeführten Gläubiger bezogen. Aus der Sicht des Empfängers war das aber so zu verstehen, dass damit die aus der Anlage zu dem Schreiben vom 20.09.2004 ersichtlichen Gläubiger gemeint waren.

Wäre die Berufung der Kläger nach alledem erfolglos geblieben und hätte das angefochtene landgerichtliche Urteil somit im Ergebnis Bestand gehabt, entspricht es nach dem Maßstäben des § 91 a Abs. 1 ZPO billigem Ermessen, die Kläger mit den Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend erledigten Rechtstreits zu belasten.

Ende der Entscheidung

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