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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: 15 U 60/01
Rechtsgebiete: BGB, BSchG, HGB


Vorschriften:

BGB § 852
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 196
BGB § 197
BGB § 198
BGB § 201 Satz 2
BSchG § 117
BSchG § 117 Abs. 1 Ziffer 7
BSchG § 117 Abs. 1 Nr. 7
BSchG § 117 Nr. 7
BSchG § 117 Abs. 2
BSchG §§ 7 f.
BSchG § 77
BSchG § 77 Abs. 1
BSchG § 118
HGB § 664 Abs. 1 Satz 1
HGB § 664 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 60/01

Anlage zum Protokoll vom 04.12.2001

Verkündet am 04.12.2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 16.10.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Diederichs und den Richter am Amtsgericht Rau

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 14.2.2001 (28 O 287/99) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 2) auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger zu 2) bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000 DM abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch in Form einer Bankbürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts erbracht werden.

Tatbestand:

Der verstorbene Ehemann der Klägerin zu 1) - i.F. nur noch Klägerin -, Herr K. T., war als Oberstudienrat im Dienste des Klägers zu 2) i.F. nur noch der Kläger beschäftigt. Für den 4./5.7.1996 hatte er sich mit dem Beklagten für ein verlängertes Wochenende zu einem Segeltörn auf dem Bodensee verabredet. Hierzu wollten sie die Segelyacht des Beklagten "R." mit dem Kennzeichen F. ..., einen 30er Schärenkreuzer mit über 30 m2 Segelfläche, nutzen. Der Beklagte, der seit ca. 30 Jahren auf dem Bodensee segelt, ist Inhaber des Schiffspatents für den Bodensee.

Am 4.7.1996 waren die vorgenannten Personen - K. T. und der Beklagte - mit dem Segelschiff in den Hafen von Bregenz eingelaufen. Sie legten am nächsten Tag, dem 5.7.1996 gegen 15.00 Uhr, aus dem Hafen von Bregenz ab, um in Richtung Langenargen auszulaufen. Weder der Beklagte noch Herr T. trugen zu diesem Zeitpunkt Schwimmwesten.

Gegen 17.15 Uhr - das Schiff befand sich im Ostteil des Bodensees, Seemitte, Planquadrat 4468 (ca. 1,5 km Luftlinie von Wasserburg entfernt) - brach ein Sturm mit Böen von orkanartiger Stärke über das Schiff herein, nachdem zuvor Flaute geherrscht hatte. Der Beklagte blieb am Ruder des Schiffes und ließ Vor- und Großsegel durch Herrn T. reffen. Das bereits gereffte Großsegel zerriss sodann in einer starken Böe, das Schiff legte sich in eine Schräglage von 50 bis 60°, und das Heck geriet unter Wasser, nachdem eine Welle es überspült hatte. Dies führte dazu, dass die Kajüte des Schiffes, in welcher sich zu diesem Zeitpunkt die mitgeführten Schwimmwesten befanden, voll Wasser lief. Der Beklagte und Herr T. gingen über Bord, das Schiff versank.

Zunächst schwammen der Beklagte und Herr T. nebeneinander im Wasser, jedoch konnte sich Herr T. nachfolgend nicht aus eigener Kraft über Wasser halten und verschwand. Der Beklagte konnte sich ans Ufer retten; eine sodann eingeleitete Suche führte nicht zum Auffinden des Herrn T..

Mit Beschluss vom 5.2.1999 wurde Herr T. für tot erklärt, wobei als Todestag der 5.7.1996 festgesetzt wurde. Gegen den Beklagten wurde in der Folgezeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet - Aktenzeichen 211 Js 13495/96 (StA beim Landgericht Kempten/Allgäu) -, welches später eingestellt wurde.

Wegen der von der Klägerin in der ersten Instanz geltend gemachten Schadenspositionen und der von ihr gestellten Anträge wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Der Kläger hat seinen Schaden in der ersten Instanz wie folgt beziffert:

Mit dem Klageantrag zu Ziffer 3 hat der Kläger Schadensersatz gegen den Beklagten in Höhe von 75.389,23 DM unter dem Gesichtspunkt geltend gemacht, dass er - der Kläger - Versorgungsleistungen an die Klägerin erbracht habe.

Mit dem Klageantrag zu Ziffer 4 hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zum Schadensersatz hinsichtlich möglicher weiterer Schäden geltend gemacht.

Mit dem Antrag zu Ziffer 5 verfolgt der Kläger die Rückzahlung von Leistungen der Hinterbliebenenversorgung in Höhe von 63.175,06 DM.

Die Höhe des eingetretenen Schadens ist dabei zwischen den Parteien streitig.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, sie hätten einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, da der Tod des Herrn T. schuldhaft vom Beklagten herbeigeführt worden sei.

So habe der Wetterdienst schon vor einem aufziehenden Unwetter gewarnt, was dem Beklagten bekannt gewesen sei; der Segeltörn hätte deshalb gar nicht erst angetreten werden dürfen. Weiter haben die Kläger vorgetragen, dass der Beklagte aufgrund mangelnder Wetterbeobachtung bzw. Kontrolle der am Ufer installierten Vorsichtsmelder nicht frühzeitig genug Sicherungsmaßnahmen ergriffen habe. Insbesondere habe früher für ein Anlegen der Rettungsweste durch Herrn T. gesorgt werden müssen; die Westen hätten auch nicht unter Deck des Bootes aufbewahrt werden dürfen. Weiter haben die Kläger behauptet, der Beklagte sei, als der Sturm schon losgebrochen sei, noch unter voller Besegelung in Seemitte gesegelt.

Der Kläger hat beantragt,

3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger, vertreten durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Behördenleiter, 75.389,23 DM zu zahlen,

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, vertreten durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Behördenleiter, die weiteren Schäden aus dem Unfallereignis vom 5.7.1996 zu ersetzen,

5. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger, vertreten durch die Bezirksregierung Köln, vertreten durch den Behördenleiter, 63.175,06 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, Herr T. sei in den Jahren 1972 und 1973 ein begeisterter Segelflieger gewesen, habe als solcher über fundierte Kenntnisse der Wetterkunde verfügt und für die Ausübung des Segelsports beste Voraussetzungen mitgebracht. Herr T. habe auch gewusst, wie er sich an Bord des Bootes zu verhalten habe.

Zum Unfallgeschehen hat der Beklagte behauptet, dass starke Böen ohne jedes vorherige Anzeichen in die Segel geschlagen seien. Die veranlassten Maßnahmen zur Rettung des Schiffes seien sachlich richtig gewesen. Der verstorbene Herr T. habe der noch rechtzeitig erteilten Anweisung, die Schwimmweste anzulegen, aufgrund eines eingetretenen Schocks nicht mehr Folge geleistet. Außerdem müsse davon ausgegangen werden, dass eine Schwimmweste das Überleben des Herrn T. nicht habe sichern können, da er bereits wenige Minuten nach dem Untergang des Schiffes nicht mehr ansprechbar und kraftlos gewesen sei.

Gegenüber den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dass ein Verschulden des Beklagten am Tod des Herrn T. nicht feststehe. So sei letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit aufklärbar gewesen, ob der Beklagte schon beim Auslaufen des Schiffes von den Sturmwarnungen Kenntnis gehabt habe. Denkbar sei nämlich, dass der Beklagte vor dem Auslaufen einen Wetterdienst angerufen habe, der - wie von ihm behauptet - deutlich niedrigere Windstärken angekündigt habe. Ein Verschulden könne auch nicht darin erblickt werden, dass die Schwimmwesten beim Losbrechen des Sturmes noch nicht angelegt gewesen seien. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten hätten die Westen jederzeit griffbereit beim Kajüteneingang gelegen. Der Beklagte habe auch nicht damit rechnen müssen, dass das Wetter derartig schnell habe umschlagen können, dass sodann das Anlegen der Rettungswesten nicht mehr habe sichergestellt werden können. Schließlich hat es das Landgericht nicht für erwiesen erachtet, dass der Beklagte zur Unzeit noch mit voller Besegelung auf den Bodensee hinausgesegelt sei.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt und diese - ebenfalls fristgerecht - begründet (während die Klägerin kein Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt hat).

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter; dazu hat er seinen erstinstanzlichen Vortrag vertieft und ergänzt.

Er vertritt die Ansicht, dass das Landgericht ohne zureichenden Tatsachenvortrag zugunsten des Beklagten unterstellt habe, dass dieser weniger beunruhigende Auskünfte über die Wetterverhältnisse am Tag des Segeltörns erhalten habe. Die sodann konkret eingetretene Wetterlage sei auch nicht "unvorhersehbar" gewesen; dies um so weniger, als der Bodensee für rasch wechselnde Wetterverhältnisse bekannt sei.

Weiter meint der Kläger, dass der Beklagte frühzeitiger einen Hafen hätte aufsuchen können und müssen, wenn nur die Wetterverhältnisse ab 16.20 Uhr (Einsetzen der "Vorsichtsmeldungen") zureichend beachtet worden wären.

Ein grober Verstoß gegen die Pflichten eines Schiffsführers liege auch darin, dass das Boot (unstreitig) unter voller Besegelung geblieben war, als der Beklagte und Herr T. zur Zubereitung von Kaffee und Abendessen unter Deck gingen.

Auch nach dem Losbrechen des Sturmes habe der Beklagte für ein Anlegen der Schwimmwesten energischer Sorge tragen müssen.

Der Kläger meint, dass die auf ihn übergegangene Schadensersatzforderung nicht verjährt sei. So richte sich die Verjährung nach § 852 BGB; damit sei auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters bei dem Kläger abzustellen. Sollte die Vorschrift des § 117 BSchG einschlägig sein, so müsse ebenfalls auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters abgehoben werden. Entgegen dem Vortrag in der ersten Instanz sei das zuständige Dezernat zwar mit Schreiben vom 12.3.1997 aufgefordert worden, dem Unfall nachzugehen; tatsächlich sei die Bearbeitung dann aber erst Anfang 1998 aufgenommen worden. Die Recherchen hätten sodann dazu geführt, dass erst im Frühjahr 1999 die Informationen vorgelegen hätten, welche mit hinreichender Erfolgsaussicht eine Klage gegen den Beklagten zugelassen hätten.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten gemäß den zuletzt vom klagenden Land in der ersten Instanz gestellten Anträgen zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und wiederholt und vertieft im wesentlichen seinen Vortrag erster Instanz.

Er trägt dazu vor, dass auch nach dem Wetterbericht des Deutschen Wetterdienstes nur vor der Gefahr von Böen bis Stärke 7 (und nicht 8) gewarnt worden sei (was unstreitig ist, vgl. Bl. 178 GA). Selbst wenn ihm eine solche Warnung vorgelegen hätte - was streitig bleibt -, so sei ein Auslaufen mit dem Schärenkreuzer zulässig geblieben.

Der Beklagte habe als Segelflieger und Segler auch selbst über zureichende Wetterkunde verfügt, um sich der Gefahren eines Wetterumschwungs bewusst zu sein; der Kläger versuche dazu, die Kenntnisse des verunglückten Herrn T. "klein zu reden".

Weiter behauptet der Beklagte, dass der Sturm so unvermittelt hereingebrochen sei, dass in der Nähe gelegene Häfen nicht mehr hätten erreicht werden können. Nach dem Losbrechen des Sturms habe Herr T. den Anweisungen des Beklagten, die Schwimmwesten zu holen und eine solche anzulegen, aufgrund eines "Schocks" nicht mehr folgen können. Aber selbst wenn Herr T. noch eine Schwimmwest hätte anlegen können, sei sein Tod (durch Ersticken bzw. aufgrund von Unterkühlung) angesichts seiner im Vergleich zum Beklagten weniger guten körperlichen Verfassung unvermeidbar gewesen.

Im übrigen verteidigt sich der Beklagte damit, dass ein stillschweigender Haftungsausschluss vereinbart gewesen sei.

Er wiederholt die Einrede der Verjährung und trägt dazu ergänzend vor.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen verwiesen.

Die Akten 211 Js 13495/96 (StA beim Landgericht Kempten/Allgäu) wurden zum Zwecke der Information zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt und in prozessordnungsgemäßer Weise begründet worden.

Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts stünde dem Kläger jedoch dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB aus übergegangenem Recht (§ 99 LBG NW in Verbindung mit § 3 Abs. 4 Beihilfe VO) gegenüber dem Beklagten zu. Denn es unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass der Beklagte seine Pflichten als Schiffsführer verletzt hat und dies dazu geführt hat, dass der Ehemann der Klägerin bei dem Bootsunfall auf dem Bodensee tödlich verunglückte.

Dabei kann dahinstehen, ob dem Beklagten bereits daraus ein Schuldvorwurf gemacht werden kann, dass er mit dem Boot "R." zusammen mit dem tödlich verunglückten Herrn T. noch auslief, obwohl dem Beklagten möglicherweise Sturmwarnungen bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Denn ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten ergibt sich zumindest daraus, dass der Beklagte im weiteren Verlauf der Fahrt das Boot nicht über einen längeren Zeitraum unter voller Beseglung hätte belassen dürfen, ohne sich in kürzesten Abständen über die Wetterverhältnisse und etwaige Warnmeldungen zu vergewissern, vielmehr unter Deck mit Herrn T. Essen vorzubereiten.

Zum Verlauf der Segelfahrt zwischen etwa 16.15 Uhr und 17.15 Uhr (am 5.7.1996) ist dazu erstinstanzlich für den Beklagten vorgetragen worden, dass er und Herr T. bei absoluter Windstille den Entschluss gefasst hätten, unter Deck in die Kajüte zu gehen, dort Kaffee zu kochen und das Abendessen vorzubereiten. Zu dieser Zeit habe unter Deck eine "absolut entspannte Situation" geherrscht; man habe klassische Musik gehört und dabei die anfallenden Tätigkeiten verrichtet. In dieser "absoluten Flaute" seien "plötzlich und unerwartet ohne jedes vorherige Anzeichen starke Böen in die Segel (geschlagen)". Dadurch sei das Schiff derart schnell in Bewegung gekommen, dass die Kaffeekanne umgefallen und das Essen "ins Rutschen" geraten sei. Der Beklagte und Herr T. seien sodann an Deck gegangen, um die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Die hinter dem Eingang zur Kajüte liegenden Schwimmwesten seien nicht sofort angezogen worden, vielmehr habe man sich zunächst um die Besegelung des Schiffes gekümmert.

Bereits diese Umstände belegen für den Senat, dass der Beklagte ohne jeden Zweifel seinen Pflichten als Schiffsführer nicht verantwortungsbewusst nachgekommen ist.

So spricht für ein Verschulden des Beklagten schon der Umstand, dass das Schiff bei voller Beseglung sich selbst überlassen blieb, während er sich mit Herr T. unter Deck befand. Entscheidender ist aber noch, dass offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg von dem Beklagten überhaupt nicht - oder nur sehr unzureichend - auf die Entwicklung der Wetterverhältnisse geachtet wurde. Denn unstreitig kam das Boot gegen 17.15 Uhr in den schweren Sturm. Weiter ist unstreitig, dass gegen 16.20 Uhr am Ufer des Bodensees Vorsichtsmeldungen wegen der "sichtbar nahenden schweren Gewitterfront" geschaltet waren (vgl. dazu Bl. 4 der Strafbeiakte mit dem Aktenzeichen 211 Js 13495/96 - StA beim LG Kempten/Allgäu). Wenn der Beklagte diese Vorsichtsmeldungen nicht wahrgenommen haben will, als er sich mit Herr T. unter Deck begab, und er sodann erst durch die ersten starken Böen auf das nahende - bzw. schon eingetretene - Unwetter aufmerksam geworden sein will, so setzt dies zwingend voraus, dass über einen Zeitraum von fast einer Stunde keine zureichende Kontrolle an Deck stattgefunden haben kann. Der Senat hält es in diesem Zusammenhang für unglaubhaft, wenn der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung angab, dass in kurzen Abständen von ihm nach dem Wetter gesehen worden sei. Diese Behauptung fügt sich nämlich in keiner Weise zu dem tatsächlichen Geschehen.

Der Beklagte kann dabei auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass (unstreitig) die Warnleuchte bei Lindau zum Unfallzeitpunkt ausgefallen war. Denn dazu kann wiederum der Beiakte entnommen werden (vgl. a.a.O. Bl. 28), dass die Unglücksstelle wesentlich näher an der - funktionstüchtigen - Warnleuchte bei Wasserburg liegt. Bei einer einigermaßen sorgfältigen Beobachtung der am Ufer angebrachten Vorsichtsmelder hätte der Beklagte daher deutlich vor dem Auftreten der ersten Böen Sicherheitsvorkehrungen ergreifen können.

Der Beklagte kann sich dazu nicht mit dem Hinweis entlasten, dass die Vorsichtswarnungen nicht mehr hätten wahrgenommen werden können (vgl. den Schriftsatz vom 6.8.2001 auf S. 13 = Bl. 302 GA). Denn der Beklagte verkennt dabei, dass in der Zeit vor dem Losbrechen des Sturmes eine sorgfältigere Beobachtung der am Ufer stehenden Vorsichtsmelder angezeigt war.

Aber selbst wenn die Warnleuchten vor dem Hereinbrechen des Sturmes nicht sichtbar gewesen sein sollten - ein Umstand, für den nichts spricht -, so wäre dem Beklagten ein unsorgfältiges Verhalten vorwerfbar. Denn in jedem Fall hätte von ihm das Wettergeschehen so engmaschig kontrolliert werden müssen, dass er nicht unter Deck von einer bereits "zuschlagenden" Gewitterfront hätte überrascht werden können. Dabei kann auch dahinstehen, ob sich derartige Unwetter im Bereich des Bodensees aufgrund der besonderen topographischen Lage des Gewässers möglicherweise schneller aufbauen können, als dies üblicherweise der Fall ist. Sollte dem so sein, so hätte der Beklagte die Kontrollen in noch kürzeren zeitlichen Abständen sicherstellen müssen, als dies üblicherweise nötig wäre. Denn als Bootsführer schuldete er dem mitfahrenden Herrn T. die erforderliche Sorgfalt (vgl. § 276 BGB).

Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann dahinstehen, ob dem Beklagten ein weiterer Schuldvorwurf deshalb zu machen ist, weil er nicht dafür sorgte, dass Herr T. sofort bereits beim Verlassen der Kajüte eine Schwimmweste überzog. Allerdings spricht nach Ansicht des Senats alles dafür, dass ein solches Vorgehen angezeigt gewesen wäre. Denn immerhin war das Boot nach der Darstellung des Beklagten zu diesem Zeitpunkt schon urplötzlich so heftig vom Wind ergriffen worden, dass die Kaffeekanne umgefallen und das Essen "ins Rutschen" geraten war. Diese Darstellung des Beklagten legt die Annahme nahe, dass er schon mit größter Sorge die Kajüte verlassen hatte - oder ihm eine solche Sorge zumindest hätte kommen müssen. Es hätte daher in besonderer Weise nahe gelegen, unverzüglich Schwimmwesten anzulegen, um für den Notfall gegen die Gefahr des Ertrinkens besser gerüstet zu sein. Den Beklagten entschuldigt dabei auch nicht, dass die Schwimmwesten angeblich bei den auf Deck zu verrichtenden Arbeiten (etwa dem Reffen des Segels) "gestört" haben könnten. Diese Auffassung legt vielmehr nahe, dass der Beklagte die Bedeutung einer angelegten Schwimmweste für den Fall einer eintretenden Seenot unterschätzen dürfte. Denn etwaige Lästigkeiten oder Verzögerungen bei den Arbeiten an Deck wären aus Gründen der Sicherheit in jedem Fall hinnehmbarer gewesen, als das Risiko einzugehen, ohne angelegte Schwimmwesten kentern zu können.

Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass der Beklagte bei besserer Beobachtung der Vorsichtsmelder oder auch des Wettergeschehens oder auch bei einer geistesgegenwärtigeren Einschätzung der Gefahrenlage durchaus rechtzeitig dafür hätte Sorge tragen können - und müssen -, dass Herr T. vor dem Sinken des Bootes zumindest eine Rettungsweste getragen hätte.

Der Haftung des Beklagten steht dabei nicht entgegen, dass sich der tragische Tod des Herrn T. möglicherweise auch dann ereignet hätte, wenn dieser eine Schwimmweste getragen hätte. Dieser Einwand des Beklagten nötigt nicht zu einer weiteren Aufklärung.

Dabei erscheint bereits fraglich, ob überhaupt ein zulässiger Beweisantritt vorliegt. Denn die Behauptung ist von dem Beklagten ersichtlich "ins Blaue hinein" aufgestellt worden. Offenbar sollen dann auch erst durch die Beweisaufnahme die Umstände zu Tage gefördert werden, welche den Beklagten unter dem Aspekt des rechtmäßigen Alternativverhaltens entschuldigen sollen. Damit spricht aber viel für die Unzulässigkeit des Beweisantritts (vgl. zur Unzulässigkeit des Ausforschungsbeweises Prütting, in: MünchKomm, ZPO, 2. Aufl., § 284 Rdn. 74).

Außerdem hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, wie sich der Kampf des Herrn T. um sein Leben abgespielt hätte, wenn er mit einer Schwimmweste gesichert gewesen wäre, offenkundig nicht zu einer definitiven Klärung führen könnte. So geht auch der Beklagte davon aus, dass der verstorbene Herr T. durch das Unfallgeschehen geschwächt und unter Schock stehend nicht lange genug bei Kräften blieb. Wie sich aber in einer solchen Situation psychisch und physisch das Tragen einer Rettungsweste auf die körperliche Verfassung und den Überlebenskampf des Herrn T. ausgewirkt hätte, kann nach Überzeugung des Senats nicht mehr zuverlässig geklärt werden. Damit wäre aber eine Beweisaufnahme über diesen Punkt selbst dann nicht mehr durchzuführen, wenn die Forderung nicht verjährt wäre (vgl. zur Entbehrlichkeit einer Beweisaufnahme, falls sachdienliche Ergebnisse ausgeschlossen werden können, Prütting, MünchKomm-ZPO, 2. Aufl., § 284 Rdn. 93 m.w. Nachw.).

Es kann daher auch dahinstehen, ob der Beklagte überhaupt zureichend unter Beweis gestellt hat, dass Herr T. auch bei einer angelegten Rettungsweste ertrunken wäre. So hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung freimütig eingeräumt, dass diese Annahme spekulativen Charakter trägt. Damit beschränkt sich aber die Behauptung des Beklagten im Kern schon darauf, dass der Tod des Herrn T. nur möglicherweise auch bei einer angelegten Rettungsweste eingetreten wäre. Eine solche Behauptung würde aber wiederum nicht ausreichen. Denn unter dem Blickwinkel eines rechtmäßiges Alternativverhaltens müsste der Beklagte vortragen - und nötigenfalls beweisen -, dass der Schaden auch bei einer Beachtung der erforderlichen Sorgfalt eingetreten wäre (vgl. Oetker, in: MünchKomm-BGB, 4. Aufl., § 249 Rdn. 217 m.w. Nachw.). Bleibt daher selbst nach der Einschätzung und dem Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung die Tatsache im Raum stehen, dass das weitere Geschehen nicht aufklärbar sein dürfte, ist der Vortrag überhaupt nicht als substantiiert genug anzusehen.

Weiter führt auch der vom Beklagten angeführte Umstand einer "Gefahrengemeinschaft" nicht zu einer Haftungsbeschränkung.

Das vorliegende Verfahren belegt dabei allerdings, dass einem derartigen "Segeltörn" durchaus Gefahren innewohnen, welche die Teilnehmer einer solchen "Sportveranstaltung" zu einer Gefahrengemeinschaft machen könnten. Gleichwohl führt dies nicht zu einer Haftungsbeschränkung.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass für Unglücksfälle, die sich anlässlich von Bergtouren zugetragen haben, verschiedentlich eine Beschränkung der Haftung erwogen worden ist, falls es aufgrund der Naturgewalten zur Schädigung einer der teilnehmenden Personen gekommen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 1.12.1977 - 4 U 146/76 -, NJW 1978, 705 und OLG Stuttgart, Urteil vom 16.3.1993 - 10 U 77/91 -, VersR 1995, 671; siehe auch Hager, in: Staudinger, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§ 823 ff. Rdn. 51). Ungeachtet der Tatsache, dass letztlich in der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - die Erwägungen zur Haftungsbegrenzung nicht zum Tragen gekommen sind (weil jeweils ein schuldhaftes Verhalten einzelner Teilnehmer der Bergtour nicht festgestellt werden konnte, vgl. jeweils a.a.O.), können die Überlegungen zur Haftungsbegrenzung nach Ansicht des Senats auch nicht auf Fälle der vorliegenden Art übertragen werden. Denn anders als bei kameradschaftlich durchgeführten Bergtouren (ohne Hinzuziehung eines professionellen Führers) liegt die Verantwortung für die Sicherheit eines Schiffes und dessen Besatzung kraft Gesetzes in der besonderen Fürsorge des Schiffsführers. Dies folgt beispielhaft aus §§ 7 f. des Binnenschifffahrtsgesetzes (auf dessen Geltung und Anwendung noch zurückzukommen ist) oder auch aus § 1.04 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung. Während mithin den Schiffsführer eine originäre Verantwortung für die Mitfahrenden trifft, ist dies für Teilnehmer bei Bergtouren untereinander nicht der Fall.

Wäre der Beklagte nach alledem somit an sich im Wege eines Grundurteils zu vollem Schadensersatz zu verurteilen, so ergibt sich anderes hier aufgrund der eingetretenen Verjährung.

Auf den Unfall, der sich unstreitig im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichtes Lindau zugetragen hat (vgl. Bl. 5 der Strafbeiakte) findet das Binnenschifffahrtsgesetz (BSchG) Anwendung.

Bei dem Schiff "R." handelt es sich um ein Schiff im Sinne des BSchG. So hat der BGH bereits mit Urteil vom 29.11.1971 (- II ZR 8/90 -, BGHZ 57, 309 = NJW 1972, 538) entschieden, dass sog. Jollenkreuzer mit einer Länge von etwa 6 bis 8 Metern und einer Segelfläche von ca. 20 m2 als Schiffe im Sinne des BSchG einzustufen sind. Es bestehen daher keine Bedenken, den Schärenkreuzer "R." mit einer Segelfläche von etwa 30 m2 ebenfalls als Schiff im Sinne des BSchG zu verstehen.

Weiter ist unerheblich, dass das Boot nicht im Rahmen einer gewerblichen Nutzung eingesetzt wurde (vgl. auch zu diesem Aspekt BGH, a.a.O., S. 539 a.E.).

Damit erweist sich § 117 BSchG für die Verjährung als einschlägig.

Nach Auffassung des Senats liegt kein Fall des § 77 BSchG in Verbindung mit § 664 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HGB vor. Denn nach § 77 Abs. 1 BSchG bezieht sich die Verweisung auf das Seehandelsrecht (und damit auf die Anlage zu § 664 Abs. 1 Satz 1 HBG [vgl. dort Art. 13, abgedruckt bei Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht, 3. Aufl., 1992, als Anlage zu § 664]) nur auf die Beförderung von "Reisenden". Auch wenn in der Literatur dazu die Ansicht vertreten wird, dass die Beförderung nicht notwendig entgeltlich zu sein habe (vgl. Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht, 3. Aufl. 1992, Vor § 664 II C 2 = S. 757 f.), so macht dies die Teilnehmer eines Segeltörns nicht zu "Reisenden" im Sinne von § 77 Abs. 1 BSchG. Denn insoweit bleibt der Abschluss eines Reisevertrages - und sei es über eine unentgeltliche Beförderung - erforderlich (vgl. dazu auch Prüßmann/Rabe, a.a.O. C II A = S. 756 und Anm. 3 zu Art. 1 der Anlage zu § 664 HGB). Einen solchen Reisevertrag wollten hier aber der Beklagte und der verstorbene Herr T. unstreitig nicht schließen. Vielmehr handelte es sich bei dem Segeltörn ausschließlich um eine auf Freundschaft beruhende Freizeitveranstaltung der beiden Teilnehmer.

Ist mithin die Vorschrift des § 117 BSchG einschlägig, weil kein Reisevertrag geschlossen wurde, so beträgt die Verjährungsfrist nach § 117 Abs. 1 Ziffer 7 BSchG ein Jahr. Die erwähnte Ziffer erweist sich hier als einschlägig, weil - wie dargelegt - ein nautisches Verschulden des Beklagten, der unstreitig Schiffseigner des untergegangen Bootes ist, in Rede steht und kein Fall des § 118 BSchG (Havarie) gegeben ist.

Dem steht nicht entgegen, dass in § 117 Abs. 1 Nr. 7 BSchG von dem Verschulden "einer Person der Schiffsbesatzung" die Rede ist. Denn dazu hat der BGH bereits in einem Urteil vom 2.6.1977 (II ZR 67/75 -, BGHZ 69, 62 ff. = NJW 1977, 1729 L) festgestellt, dass "auch die Forderungen aus einem nautischen Verschulden des Schiffseigner-Schiffers in die Regelung des § 117 Nr. 7 BSchG einzubeziehen (ist)" (vgl. a.a.O. S. 64).

Nach § 117 Abs. 2 BSchG beginnt die Verjährung dabei mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Forderung fällig geworden ist.

Die Fälligkeit einer Forderung bezeichnet dabei den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 271 Rdn. 1). Nach Auffassung des Senats setzt dies nicht voraus, dass die Höhe der Forderung bereits abschließend feststeht und der Geschädigte seinen Anspruch (erschöpfend) im Wege einer Leistungsklage geltend machen könnte.

Demgegenüber hat das HansOLG Hamburg wiederholt entschieden, dass für den Beginn der Verjährung nach § 118 BSchG die Verjährung erst dann anlaufen könne, wenn der Gläubiger in der Lage sei, seinen Schadensersatzanspruch auch der Höhe nach zu beziffern (vgl. HansOLG Hamburg, VersR 1970, 516 [517]; 1979, 816 f.; Gleiches müsste nach Auffassung des HansOLG Hamburg für die Verjährung nach § 117 BSchG gelten).

Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass nach den Vorschriften der §§ 196 bis 198 BGB die Verjährung bereits mit der Entstehung der Forderung beginne, die Vorschrift des § 118 BSchG demgegenüber aber auf die Fälligkeit des Anspruches abstelle. Daraus sei - so das HansOLG Hamburg - zu folgern, dass dem Gläubiger eine Bezifferung seiner Schadensersatzforderung möglich sein müsse (vgl. a.a.O.).

Dem ist entgegenzuhalten, dass auch nach dem BGB stets nur fällige Forderungen verjähren können. Schon die Entstehung eines Anspruches setzt daher regelmäßig voraus, dass er geltend gemacht werden kann (so Johannsen, in: RGRK, 12. Aufl., § 198 Rdn. 2). Fallen aber ausnahmsweise das Entstehen des Anspruches und die Fälligkeit auseinander, so ist für die Verjährung nach §§ 196, 197 BGB in § 201 Satz 2 BGB festgelegt, dass der Beginn der Verjährung sodann erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in welchem die Forderung fällig geworden ist. Es entspricht daher vollkommen der Systematik des BGB, dass die Verjährung nicht nur die Entstehung, sondern gerade auch die Fälligkeit der Forderung voraussetzt. Entgegen der Auffassung des HansOLG Hamburg kann daher nach Ansicht des Senats auch nicht davon ausgegangen werden, dass die nach §§ 117 f. BSchG zu beurteilende Verjährung abweichend von der Regelung im BGB erst dann zu laufen beginnt, wenn dem Gläubiger der Schaden bekannt geworden und ihm eine Bezifferung seines Schadensersatzanspruches möglich wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die vom BSchG vorausgesetzte Fälligkeit der Forderung grundsätzlich dann eintritt, wenn der Schaden entstanden ist.

Ganz in diesem Sinne ist die Verjährungsvorschrift des § 117 BSchG offensichtlich auch vom BGH verstanden worden. Dies kann schon dem Urteil vom 2.6.1977 (- II ZR 67/75 -, BGHZ 69, 62 ff.) entnommen werden. Denn auch in dem dortigen Fall ging es um Ersatzansprüche, welche der Dienstherr (Kläger) von Polizisten, die bei einer Bootsfahrt auf dem Rhein tödlich verunglückt waren, gegenüber dem Eigentümer eines Kajütmotorbootes geltend machte. Dem mitgeteilten Sachverhalt zu den Entscheidungsgründen kann entnommen werden, dass der Kläger des dortigen Verfahrens neben der Zahlung eines Geldbetrages auch die Feststellung begehrte, "dass der Beklagte dem Kläger alle aus dem Schiffsunglück vom 26. Juni 1970 nach dem 31. Oktober 1972 entstehenden Schäden zu ersetzen hat". Dem ist aber zu entnehmen, dass sich der bezifferte Schadensersatzanspruch nur auf die Schadenspositionen bezog, welche bis zum Stichtag des 31.10.1972 errechnet werden konnten; weitere Schadenspositionen waren offenbar der Höhe nach noch nicht feststehend. Wenn der BGH bei dieser Sachlage aber gleichwohl davon ausging, dass der Anspruch verjährt war, so lässt sich dies nicht mit der Auffassung des HansOLG Hamburg in Einklang bringen. Denn auch in dem vom BGH entschiedenen Fall konnte der Dienstherr ersichtlich den Schaden noch nicht vollumfänglich beziffern. Es wäre daher verfehlt anzunehmen, dass erst dann von einer fälligen Forderung im Sinne von § 117 BSchG (oder auch § 118 BSchG) gesprochen werden kann, wenn der Schaden umfassend mit einer Leistungsklage geltend gemacht werden kann.

Als weiteres Zwischenergebnis ist mithin festzuhalten, dass die Verjährung gemäß § 117 BSchG hier mit dem Schluss des Jahres, in welchem sich der Unfall ereignete, zu laufen begann. Die Verjährung lief somit Ende 1996 an und trat mit dem 1.1.1998 ein.

Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass der Kläger Ende 1996 möglicherweise noch nicht hat übersehen können, dass ihm aus dem Unfall Ansprüche gegenüber dem Beklagten erwachsen sein könnten. Denn es ist kein allgemeiner Grundsatz des Verjährungsrechts, dass der Gläubiger von der Existenz der Forderung wissen müsste (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Überblick vor § 194 Rdn. 4 m.w. Nachw.). Es ist daher auch unschädlich, dass der Kläger Ende 1996 möglicherweise noch nicht in der Lage war, eine Leistungs- oder Feststellungsklage gegen den Beklagten zu erheben.

Allerdings wird in der Kommentierung zu § 117 BSchG auch die Ansicht vertreten, dass die Grundsätze des § 852 BGB auf den Beginn der Verjährung anzuwenden seien (vgl. bei Vortisch/Bemm, BSchG, 4. Aufl. 1991, § 117 Rdn. 3).

Ob dem zu folgen ist, kann vorliegend offen bleiben. Denn jedenfalls kann die Verjährung nach § 117 BSchG nicht davon abhängen, dass der Geschädigte - wie bei § 852 BGB - positive Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzverpflichteten haben müsste. Denn dabei würde verkannt, dass der BGH die Anwendung von § 852 BGB für das Binnenschifffahrtsrecht in der bereits erwähnten Entscheidung vom 2.6.1977 gerade verworfen hat. Zur Begründung hat der BGH dabei im wesentlichen darauf hingewiesen, dass die kurze Verjährungsfrist des § 117 Abs. 1 BSchG vor dem Hintergrund zu sehen sei, "dass die tatsächliche Grundlage von Forderungen wegen eines nautischen Verschuldens nach Ablauf eines längeren Zeitraums häufig nicht mehr zuverlässig geprüft werden kann" (vgl. BGHZ 69, 62 [64 f.] und [66]). Erneut hat der BGH in einer Entscheidung vom 17.3.1980 (- II ZR 1/79 -, NJW 1981, 2576 [2577] a.E. deutlich gemacht, dass der Sinn der kurzen Verjährung des § 117 Abs. 1 BSchG gerade darin liegt, eine rasche Aufklärung der Unfallursachen zu fördern. Der Senat schließt sich dem an. Mit Sinn und Zweck der kurzen Verjährung ließe es sich daher aber nicht in Einklang bringen, wenn die Verjährung erst anlaufen sollte, sobald der Geschädigten positive Kenntnis vom Schaden und dem Ersatzverpflichteten hat.

Sollte man daher davon ausgehen, dass sich die Verjährung nicht alleine nach dem Eintritt des Schadens richtet (und am Ende des auf den Schaden folgenden Jahres abläuft), so ist bei § 117 BSchG jedenfalls zu verlangen, dass der Geschädigte ihm zumutbare Handlungen unternimmt, um den Sachverhalt aufzuklären (vgl. im Ergebnis ebenso die Berufungskammer der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, Urteil vom 21.9.1987 - 206 Z 6/87 -, ZfB 1989, 53 - Sammlung S. 1248; Vortisch/Bemm, a.a.O), soll die Verjährung nicht gesetzesgemäß beginnen. Der Geschädigte darf also in keinem Fall darauf verzichten, nennenswerte eigene Anstrengungen zu entfalten und einfach zu warten, bis ihm gleichsam von selbst die erforderlichen Informationen zufallen.

Selbst wenn man in diesem Sinne (abweichend von dem Wortlaut des § 117 Abs. 2 BSchG) nicht nur auf die Fälligkeit der Forderung abstellen wollte, so wäre die Verjährung des Anspruchs eingetreten.

Denn auch nach den neuerlichen Ausführungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers besteht kein Zweifel daran, dass Mitarbeiter des klagenden Landes spätestens seit 1997 über zureichende Anhaltspunkte verfügten, um weitere Recherchen anzustellen. Dies belegt bereits das Schreiben vom 12.3.1997 (Anlage K 35 = Bl. 77 GA), welches vom Dezernat 323 an das Dezernat 014 des Landesamtes für Besoldung und Versorgung gerichtet worden war und dort auch unstreitig (vgl. zuletzt S. 3 des Schriftsatzes vom 8.11.2001 = Bl. 359 GA) eingegangen ist. Am Ende dieses Schreibens wird aber ausdrücklich um Prüfung dazu gebeten, "ob gegen den Schiffsführer, Herrn V. (den Bekl., Anm. d. Gerichts), Schadensersatzansprüche gem. § 99 LBG bestehen". Diesem Hinweis soll nach der Darstellung im Schriftsatz vom 8.11.2001 (dort auf S. 3 = Bl. 359 GA; vgl. zuvor schon den Schriftsatz vom 10.10.2001 auf S. 10 f. = Bl. 332 f. GA) indes nicht nachgegangen worden sein. Dieses interne Versäumnis kann aber aufgrund des dargestellten Zweckes von § 117 BSchG nicht zum Nachteil des Beklagten gereichen. Vielmehr muss sich der Kläger so stellen lassen, als wenn dem Hinweis mit dem erforderlichen Nachdruck nachgegangen worden wäre. Dies um so mehr, als sich die Klägerin ihrerseits wegen der anstehenden Verfolgung von Schadensersatzansprüchen über ihre damaligen Rechtsanwälte unter dem 4.4.1997 an das Landesamt für Besoldung und Versorgung gewandt hatte (vgl. Bl. 377 GA). Im letzten Absatz dieses Schreibens wird ausdrücklich auf die Eilbedürftigkeit der erbetenen Auskünfte hingewiesen, "damit sie (gemeint ist die Klägerin, Anm. d. Gerichts) die ihr eventuell noch zustehenden Schadensersatzansprüche möglichst bald gegenüber dem Schädiger geltend machen kann".

Für die weitere Entwicklung besteht sodann aber kein Zweifel darüber, dass die fragwürdigen Umstände, die zum Tod des Herrn T. geführt haben und die eine Verantwortlichkeit des Beklagten begründen, alsbald in einer Weise hätten aufgeklärt werden können, die dem Kläger die Erhebung einer Feststellungsklage erlaubt hätte.

Dabei mag dahinstehen, welche Unterlagen den einzelnen Dezernaten des Landes bzw. der Bezirksregierung wann genau vorgelegen haben. Denn unzweifelhaft wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, sich an die Klägerin zu wenden, um von dort weitere Aufklärung über die Hintergründe für den Unfalltod des Herrn T. zu erhalten. Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass sich das klagende Land ohne weiteres Zugang zu der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft (beigezogene Akte) hätte verschaffen können. Schon aus der Tatsache, dass bereits um 16.20 Uhr die "Vorsichtsmeldungen" für den Bodensee geschaltet waren, der Beklagte aber um 17.15 Uhr von dem Unwetter überrascht worden sein will (beides ergibt sich aus der Ermittlungsakte, vgl. dort Bl. 4 bzw. Bl. 12), hätte dem zuständigen Landesbediensteten eine ausreichende Basis für eine Feststellungsklage bieten müssen. Weshalb es aber dem für den Kläger tätigen Bediensteten bei dieser Sachlage nicht möglich gewesen sein soll, die tragenden Umstände mit zumutbarem Aufwand zu ermitteln, ist nicht dargetan worden.

Mithin ist davon auszugehen, dass die einjährige Verjährung spätestens Ende 1997 anlief und die Forderung mithin Ende 1998 verjährte.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers erwägen würde, § 852 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden, würde dies den Lauf der Verjährung nicht für einen zureichenden langen Zeitraum gehemmt haben. Dem Schriftsatz vom 8.11.2001 (dort auf S. 4 = Bl. 360 GA) ist dabei zu entnehmen, dass sich das klagende Land unter dem 7.8.1998 an die Versicherung des Beklagten gewandt hat (vgl. die Abschrift des Entwurfs des Schreibens vom 7.8.1998, Bl. 384 GA). Unstreitig reagierte daraufhin aber die Versicherung des Beklagten mit Schreiben vom 2.10.1998 zunächst ablehnend (vgl. Bl. 385 GA) und gab dem Kläger lediglich Gelegenheit, die haftungsbegründenden Umstände, aus denen sich das Verschulden des Beklagten ergeben solle, näher darzulegen und unter Beweis zu stellen. Die Verjährung war daher aber allenfalls für einen Zeitraum von knapp zwei Monaten gehemmt. Sie lief daher spätestens Anfang März 1999 endgültig ab. Es kommt daher auch nicht mehr darauf an, ob die nach dem 26.3.1999 (vgl. Bl. 52 AH) geführte Korrespondenz mit dem Beklagten bzw. seinen Bevollmächtigten noch einmal zu einer Hemmung der Verjährung hätte führen können.

Die erst im Juni 1999 eingereichte Klage konnte daher die bereits abgelaufene Verjährung auch nicht mehr unterbrechen.

Da sich der Beklagte schließlich auch auf die Verjährung berufen hat (vgl. etwa den Schriftsatz vom 12.10.1999 auf S. 2 = Bl. 69 GA), ist die Forderung nicht mehr durchsetzbar (§ 222 Abs. 1 BGB).

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagten vom 19.11.2001 und des Klägers vom 03.12.2001 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die übrigen Nebenentscheidungen fußen auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Wert des Berufungsverfahrens:

für den Antrag zu 3: 75.389,23 DM

für den Antrag zu 4: 10.000,00 DM

für den Antrag zu 5: 63.175,06 DM

insgesamt somit (zugleich Beschwer des Klägers): 148.564,29 DM.

Ende der Entscheidung

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