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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: 15 U 79/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 430
BGB § 2287
BGB § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt.
BGB § 428
BGB § 1006
BGB § 742
BGB § 288
BGB § 814
ZPO § 290
ZPO § 530 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 79/99 28 O 440/97 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 14.12.1999

Verkündet am 14.12.1999

Wendt, J.H.S.'in als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jährig und die Richterinnen am Oberlandesgericht Dr. Diederichs und Scheffler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. März 1999 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln- 28 O 440/97- wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 195.000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, Sicherheit auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die zweite Ehefrau, die Beklagte die Tochter aus der ersten Ehe des am 9.11.1995 verstorbenen Herrn E.G.. Der Erblasser war mit der Klägerin seit 1988 verheiratet gewesen. Die Eheleute hatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt. Am 9.2.1989 hatten die Eheleute G. einen Erbvertrag geschlossen, durch den die Parteien je zur Hälfte zu Erbinnen nach Herrn G. bestimmt wurden. Zugunsten der Klägerin war ein Vorausvermächtnis ausgesetzt, wonach ihr nach dem Tode ihres Ehemannes der gesamte Hausrat und alle persönlichen Gebrauchsgegenstände ohne Anrechnung auf den Erbteil zufallen sollten. Für den Fall des Vorversterbens von Herrn G. war Testamentsvollstreckung angeordnet und die Klägerin zur Testamentsvollstreckerin bestimmt. In dieser Eigenschaft sollte die Klägerin den Nachlass nach ihrem freien Ermessen auseinandersetzen mit Ausnahme des Hausgrundbesitzes M.weg 11; dieser war auf die Lebensdauer der Klägerin von der Auseinandersetzung ausgeschlossen. Hinsichtlich der Bindungswirkung hatten die Eheleute G. in Ziffer V des Erbvertrages folgendes bestimmt:

"1) Wir nehmen die Erklärungen, mit denen wir uns gegenseitig zu Erben eingesetzt haben, mit erbvertraglicher Bindung gegenseitig an. Der Notar hat uns auf die Bedeutung dieser Bindung hingewiesen. ...........

2) Die Regelung der Erbfolge nach dem Längstlebenden von uns ist für Frau M. G. insofern mit erbvertraglicher Bindung vereinbart, als P. G. den Anteil von Frau M. G. am Grundbesitz in K., M.weg 11, K. , bzw. dessen Surrogat erhalten muß und P. G. im übrigen mindestens zur Hälfte des Nachlasses von Frau M. G. auch wertmäßig Erbin bleiben muß. Im übrigen sind alle weiteren Verfügungen einseitig getroffen und sollen nur testamentarisch wirken; sie können als jederzeit von jedem von uns widerrufen oder geändert werden, auch nach dem Tode eines von uns."

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Erbvertrages wird auf Bl. 2-5 des Anlagenhefts (nachfolgend: AH) Bezug genommen.

Zum Zeitpunkt des Erbfalles unterhielten die Eheleute G. bei der D. Bank in K. zwei auf sie lautende Oder- Wertpapierdepotkonten und ein Oder- Girokonto. Auf dem Oder- Girokonto mit der Nr. .... befand sich beim Tod des Erblassers ein Guthaben von 19.851,- DM. Die Oder-Wertpapierdepotkonten wiesen Guthaben von 480.515,47 DM (Konto- Nr. ....) und 152.199,60 DM (Konto- Nr. ....) auf. Diese Depots waren ursprünglich von dem Erblasser und seiner ersten Ehefrau als Oder- Konten angelegt und nach deren Tod im Jahre 1985 von dem Erblasser als Einzelkonten weitergeführt worden. Am 18.3.1993 wurden sie in Gemeinschaftskonten der Eheleute G. umgewandelt.

Im Zuge der Erbauseinandersetzung zahlte die Klägerin im Januar 1996 die Hälfte der sich auf den vorgenannten Konten befindenden Guthaben an die Beklagte aus. Mit Anwaltsschreiben vom 4.2.1997 forderte sie von der Beklagten die Rückzahlung eines Betrages von 162.641,52 DM mit der Begründung, in Unkenntnis der Rechtslage mit der Beklagten die Bankguthaben hälftig geteilt zu haben. Die Beklagte wies die Ansprüche der Klägerin zurück, weshalb die Klägerin Klage erhoben hat.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Hälfte der auf den drei Oderkonten befindlichen Guthaben habe ihr bereits zu Lebzeiten des Erblassers gehört, so dass der Beklagten als Erbin der Hälfte des Nachlasses lediglich ein Viertel dieser Guthaben zustehe. Bei der Umwandlung der auf den Namen des Erblassers lautenden Einzelkonten in Oder- Konten am 18.3.1993 habe zwischen ihr und dem Erblasser, so hat die Klägerin behauptet, Einigkeit darüber bestanden, dass die Guthaben ihnen je zur Hälfte zustehen sollten. Von dem Oder- Girokonto, auf welches auch die Mieteinnahmen aus dem Hausgrundstück geflossen seien, hätten sie und der Erblasser gemeinsam gewirtschaftet. Das private Girokonto des Erblassers sei am 10.9.1990 und ihr eigenes privates Girokonto am 3.5.1989 gekündigt worden. Aus ihrem Privatvermögen habe sie Einzahlungen auf das Oder- Girokonto geleistet. Auch auf die gemeinschaftlichen Wertpapierdepots habe sie Zahlungen erbracht. Bereits vor der Umschreibung der Konten seien von ihr Zahlungen auf das Privatgirokonto des Erblassers vorgenommen worden. Wegen der Einzelheiten der von der Klägerin behaupteten Zahlungen wird auf ihren Schriftsatz vom 22.4.1998 (Bl. 60- 65 d.A.) verwiesen. Soweit der Anteil des Erblassers an dem Gesamtguthaben höher als der von ihr insgesamt gezahlte Anteil gewesen sei, habe ihr der Erblasser, so hat die Klägerin behauptet, die Guthaben bis zur Hälfte des Gesamtbetrages geschenkt.

Unter Berücksichtigung eines hälftigen Anteils der Beklagten am PKW des Erblassers in Höhe von 500,- DM hat sich die Klägerin einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 162.641,52 DM errechnet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

an sie 162.641,52 DM nebst 4% Zinsen seit dem 14.2.1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, bei dem Oder- Girokonto habe es sich um das Miet- bzw. Geschäftskonto des Erblassers gehandelt, auf welches ausschließlich die Einkünfte des Erblassers aus der Vermietung und Verpachtung seines Grundbesitzes M.weg 11 geflossen seien und an welchem ausschließlich der Erblasser Rechte gehabt habe. Die Klägerin habe auch während der Ehe ein separates Konto gehabt. Auch hinsichtlich der beiden Wertpapierdepots sei der Erblasser alleiniger Inhaber der vorhandenen Guthaben gewesen. Die Guthaben auf den beiden Depots stammten nämlich teilweise aus dem Nachlass seiner ersten Ehefrau, der Mutter der Beklagten, sowie aus dem Nachlass der 1987 verstorbenen Mutter des Erblassers. Die Klägerin habe keine Einlagen auf den Wertpapierdepots erbracht. Sie sei zum Zeitpunkt der Heirat mittellos gewesen und habe auch während der Ehe- was unstreitig ist ist- keinen Beruf ausgeübt. Die Beklagte hat ferner die Auffassung vertreten, dass die Klägerin als Testamentsvollstrecker "nach freiem Ermessen" die Auseinandersetzung vorgenommen habe und allein von daher der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen sei. Darüber hinaus hat sie sich auf Entreicherung sowie Verwirkung berufen.

Das Landgericht hat gemäß seinem Beweisbeschluss vom 24.6.1998 (Bl. 80/81) Beweis durch Zeugenvernehmung erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.1.1999 (Bl. 94-99 d.A.) Bezug genommen.

Durch Urteil vom 3.3.1999 hat das Landgericht der Klage antragsgemäß -bis auf einen Teil des Zinsanspruches, den es der Klägerin erst ab Rechtshängigkeit, also ab dem 13.11.1997, zuerkannt hat- stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte um den eingeklagten Geldbetrag rechtsgrundlos bereichert sei, da der Erblasser die Berechtigung an dem Girokonto und das Eigentum an den beiden Depots schon zu Lebzeiten zur Hälfte der Klägerin zugewandt habe, weshalb die beim Tod des Erblassers vorhandenen Guthaben insoweit auch nicht in den Nachlass gefallen seien. Hinsichtlich des Girokontos spreche die Vermutung des § 430 BGB für die Klägerin; hinsichtlich der Wertpapierdepots hat das Landgericht die Einräumung hälftigen Miteigentums aufgrund der Aussage des Zeugen K. für erwiesen gehalten. Bei der Aufteilung der Guthaben habe sich die Klägerin in einem Rechtsirrtum befunden. Den Entreicherungs- wie auch den Verwirkungseinwand der Beklagten hat das Landgericht für nicht begründet erachtet. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 102- 115 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 12.4.1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel in prozessordnungsgemäßer Weise begründet.

Mit ihrer Berufung greift die Beklagte die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Die Umschreibung der bis dahin allein auf den Namen des Erblassers geführten Konten auf den Namen beider Eheleute habe allein den Zweck gehabt, der Klägerin Verfügungsbefugnis einzuräumen und sie für den Fall, dass dem Erblasser etwas zustoßen sollte, in die Lage zu versetzen, den beiderseitigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Sämtliche Umstände sprächen, so meint die Beklagte, gegen eine anderweitige Deutung, zumal die Klägerin vor und während der Ehe unstreitig über kein Arbeitseinkommen verfügt habe. Den Zeugen K. hält die Beklagte für nicht glaubwürdig, da er im Lager der Klägerin stehe. Ein Indiz dafür, dass dessen Bekundungen zum Inhalt des am 18.3.1993 mit den Eheleuten G. geführten Gesprächs nicht zutreffend sein könnten, sei der Umstand, dass die Eheleute G. hiervon der Beklagten und ihrem Lebensgefährten nichts berichtet hätten. Dies hätte der Erblasser aber sicher getan, wenn er davon ausgegangen wäre, mit den am 18.3.1993 getroffenen Anordnungen das Erbe seiner Tochter zugunsten der Klägerin erheblich geschmälert zu haben. Tatsächlich habe sich der Erblasser aber auch in der Folgezeit wiederholt dahingehend geäußert, dass "seine beiden Frauen gleichermaßen versorgt seien und nach seinem Tod jeweils die Hälfte des vorhandenen Vermögens erben würden". So habe er sich etwa am 19.8.1995, dem Geburtstag der Beklagten, gegenüber deren Lebensgefährten und dessen Mutter erklärt. Noch am 16.10.1995 habe er dem Lebensgefährten gesagt, dass "seine beiden Frauen" gleichermaßen versorgt seien und jeweils von seinem Vermögen die Hälfte erben würden. Es sei immer das erklärte Ziel des Erblassers gewesen, die Klägerin und die Beklagte gleichmäßig zu versorgen. Ihr erstinstanzliches Vorbringen unter Anführung zahlreicher Einzelheiten vertiefend und teilweise ergänzend, bestreitet die Beklagte außerdem weiterhin, dass die Klägerin aus eigenem Vermögen Einzahlungen auf die Konten vorgenommen habe.

Für den Fall, dass der Senat ebenso wie das Landgericht von einer am 18.3.1993 erfolgten Schenkung hinsichtlich der Einlagen des Erblassers ausgehen sollte, stehe ihr aber, so meint die Beklagte, wegen dieser Schenkungen ein Anspruch nach § 2287 BGB zu, den sie einem Bereicherungsanspruch der Klägerin in gleicher Höhe entgegenhalten könne. Die Beklagte macht schließlich erneut geltend, dass die Klägerin zumindest in Kenntnis der Nichtschuld die Bankguthaben gleichberechtigt aufgeteilt habe, und wiederholt auch den Verwirkungseinwand.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung gemäß dem Schlußantrag I. Instanz die Klage vollständig abzuweisen,

hilfsweise,

der Beklagten nachzulassen, Sicherheitsleistung auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich- rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin tritt den Berufungsangriffen der Beklagten entgegen und verteidigt, ihrerseits ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholend und vertiefend, das angefochtene Urteil, soweit es ihr günstig ist.

Wegen des weiteren Vorbringens beider Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Beklagte auch unter Berücksichtigung ihres Berufungsvorbringens zu Recht verurteilt, an die Klägerin den Betrag von 162.641,52 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen zurückzuzahlen. Die Klägerin hat in dieser Höhe gegen die Beklagte einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB, weil nur die Hälfte der auf den Oder- Konten der Eheleute G. befindlichen Guthaben zum Nachlass gehörte und die Klägerin deshalb hiervon - was die Klägerin irrtümlich nicht erkannt hatte- auch nur ein Viertel an die Beklagte als Miterbin auszuzahlen brauchte.

Hinsichtlich des auf den Namen beider Eheleute G. lautenden Oder- Girokontos spricht bereits eine Vermutung zugunsten einer hälftigen Beteiligung der Klägerin an dem zum Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Guthaben. Durch die unstreitig am 18.3.1993 erfolgte Umschreibung des bis dahin als Einzelkonto des Erblassers geführten Girokontos auf den Namen beider Eheleute sind beide gegenüber der kontoführenden Bank zu Gesamtgläubigern im Sinne von § 428 BGB geworden. Gemäß § 430 BGB gilt als Regelfall, dass Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt sind. Im Prozess muss deshalb der Gegner der von der Vermutungswirkung begünstigten Partei eine Gestaltung des Innenverhältnisses darlegen und gegebenenfalls beweisen, welches eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung der beiden Inhaber des Oder- Girokontos ergibt (BGH FamRZ 1990, 370, 371). Dem Landgericht hat das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten zu Recht nicht ausgereicht, um abweichend von der gesetzlichen Regelung davon auszugehen, dass die Umwandlung des Einzelkontos des Erblassers in ein Oder- Girokonto lediglich aus formalen Gründen geschah. Die Berufungsangriffe der Beklagten führen zu keiner anderen Betrachtungsweise. Um lediglich der Klägerin einen Zugriff zu dem Konto bei Notfällen zu ermöglichen, hätte es vollkommen genügt, der Klägerin eine Kontovollmacht einzuräumen. Bereits aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin unstreitig während der Ehe mit dem Erblasser über kein eigenes Arbeitseinkommen verfügte (vgl. dazu OLG Köln- 11. Zivilsenat- FamRZ 1987, 1139, 1140). Es entspricht zudem einem verbreiteten Verständnis der ehelichen Lebensgemeinschaft als einer Schicksals- und Risikogemeinschaft, gerade auch bei einer Funktionsteilung beide Ehepartner vermögensrechtlich angemessen an dem während der Ehe Erarbeiteten zu beteiligen (vgl. dazu BGH FamRZ 1990, 370,371).

Im Hinblick auf die Oder- Wertpapier- Depotkonten gilt zwar die Vermutung des § 430 BGB für die Eigentumslage an den verwahrten Wertpapieren nicht. Insoweit spricht nach herrschender Meinung gemäß § 1006 BGB im Falle von Mitbesitz eine Vermutung für gemeinschaftliches Eigentum, zu der sich nach § 742 BGB eine Auslegungsregel für gleiche Anteile der Oder- Depotinhaber hinzugesellt; diese ist jedoch nur schwach ausgeprägt ("im Zweifel") und kommt deshalb bei Oder- Depotkonten grundsätzlich nicht zum Zuge, weil die Errichtung eines Oder- Depots in der Regel keine Aufschlüsse über die Eigentumslage erlaubt (vgl. dazu BGH FamRZ 1997, 607 m.w.N.). Wenn dies auch zur Folge hat, dass die Darlegungs- und Beweislast für das von ihr behauptete hälftige Miteigentum an den beiden Oder- Wertpapier- Depotkonten bei der Klägerin liegt, so ergibt sich im Ergebnis jedoch die gleiche vermögensrechtliche Zuordnung wie bei dem Oder- Girokonto. Der Senat hält es ebenso wie das Landgericht für erwiesen, dass der Erblasser am 18.3.1993 der Klägerin eine gleichberechtigte Mitinhaberschaft sowohl an dem Girokonto als auch Miteigentum an den Wertpapierdepots übertrug. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen K. war sich der Erblasser bei der am 18.3.1993 erfolgten Umschreibung der Konten bewusst, dass er hiermit der Klägerin einen hälftigen Anteil an den Depots einräumte (Bl. 96 d.A.). Hierzu passt auch der aus den sachlichen und in sich stimmigen Schilderungen des Zeugen K. hervorgehende weitere Verlauf: Danach kamen die Eheleute G. zur Regelung ihrer Vermögensangelegenheiten häufig gemeinsam in die Geschäftsstelle (Bl. 96 d.A.), und es wurden in der Regel alle Entscheidungen über Geldanlagen von beiden Eheleuten gemeinsam getroffen (Bl. 98/99 d.A.). Dies macht nach Auffassung des Senats deutlich, dass sich beide Eheleute in gleicher Weise für das von der D. Bank verwaltete Vermögen verantwortlich fühlten, was sich zwanglos mit einer nach ihrem gemeinsamen Verständnis bestehenden gleichberechtigten Teilhabe der Klägerin an den Depotkonten erklärt. Soweit dabei Wertpapierkäufe über das Oder- Girokonto getätigt wurden- wie etwa aufgrund des am 14.8.1995 von ihnen gemeinsam erteilten Auftrags (Bl. 39 AH)- spricht zudem der Umstand, dass die Klägerin an diesem Konto aus den oben dargestellten Gründen einen hälftigen Anteil hatte, bereits dafür, dass sie auch an der entsprechenden Vermögensbildung in gleicher Weise beteiligt war. Die von der Beklagten geäußerten Bedenken gegenüber der Glaubwürdigkeit des Zeugen K. teilt der Senat nicht; der Umstand, dass der Zeuge K. Vermögensberater der Klägerin war - nach der Darstellung der Beklagten soll dies auch weiterhin der Fall sein- ist mangels Hinzutretens weiterer Umstände nicht geeignet, dem Zeugen ein Interesse am Obsiegen der Klägerin in dem vorliegenden Streit mit der Beklagten zu unterstellen. Die schriftliche Gesprächsunterlage vom 18.3.1993 (Bl. 56 AH) stützt die Zweifel der Beklagten an dem Wahrheitsgehalt des von dem Zeugen K. bei seiner Vernehmung durch das Landgericht beschriebenen Gesprächsinhalts nicht. Ein Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen K. geht aus ihr nicht hervor; die in dem Schriftstück niedergelegte Bitte des Erblassers, sein Einzelkonto einschließlich aller dazugehörigen Unter- und Nebenkonten in Gemeinschaftskonten der Eheleute umzuwandeln, steht mit den Bekundungen des Zeugen K. ohne weiteres in Einklang. In Anbetracht des Umstandes, dass das Innenverhältnis für die Umschreibung der Konten aus bankrechtlicher Sicht nicht von Bedeutung ist, können Informationen hierüber in der Gesprächsunterlage nicht erwartet werden. Für die D. Bank war ausschließlich von Interesse, einen Nachweis für den der Kontenumschreibung zugrunde liegenden Auftrag des Erblassers zu haben. Diesen Anforderungen entspricht der Inhalt der Gesprächsunterlage. Dass sich der Zeuge K. außerhalb der Urkunde auch an den von dem Erblasser mit der Kontenumschreibung verfolgten Zweck erinnerte, erscheint angesichts des von ihm geschilderten häufigen Kontaktes mit beiden Eheleuten bei späteren Geldanlagen plausibel.

Es kommt unter diesen Umständen nicht darauf an, von welchen Beweggründen sich der Erblasser und die Klägerin bei der Kontoumschreibung leiten ließen, ob also eine Schenkung der hälftigen Depotanteile an die Klägerin gewollt war oder ob -jedenfalls teilweise- ein Ausgleich für frühere Einzahlungen der Klägerin geschaffen werden sollte. Eines lückenlosen Nachweises der von der Klägerin behaupteten Zahlungen auf die früheren Einzelkonten des Erblassers bedarf es deshalb nicht. Immerhin ist ein Teil der von der Klägerin behaupteten Zahlungen aus eigenem Vermögen, der in der Summe einen nicht unbeträchtlichen Betrag verkörpert, als unstreitig anzusehen, was jedenfalls dazu beiträgt, die am 18.3.1993 erfolgte Umschreibung als Begründung von Miteigentum an den Depots plausibel zu machen: So hat die Beklagte nicht wirksam bestritten, dass die auf das Konto des Erblassers überwiesenen Beträge von 918,94 DM (Überweisungsträger ohne Datum Bl. 32 d.A.), 5.498,83 DM (quittierter Überweisungsträger vom 4. bzw. 5.3.1991, Bl. 33 d.A.), 16.000,- DM (quittierter Überweisungsträger vom 17.5.89, Bl. 28 AH) sowie 316,76 DM (Empfängerabschnitt Bl. 32 AH) aus einer Erbschaft der Klägerin stammten. Hinsichtlich der beiden erstgenannten Beträge ist ihr das in der Berufungsbegründung enthaltene Bestreiten mit Rücksicht darauf verwehrt, dass sie in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 29.1.1998 (Bl. 28 d.A.) deren ursprüngliche Zugehörigkeit zu dem Vermögen der Klägerin zugestanden hat, § 288, 290 ZPO. Hinsichtlich der weiteren urkundlich belegten Einzahlungen in Höhe von 316,76 DM und 16.000,- DM liegt zwar keine entsprechende Bindung der Beklagten durch entgegenstehenden eigenen Sachvortrag vor. Ihr erneutes Bestreiten geht insoweit jedoch deshalb ins Leere, weil es substanzlos und deshalb ungeeignet ist, die aus den Überweisungsträgern Bl. 28 und 32 AH hervorgehende Herkunft aus dem Nachlass des Herrn P. - an welchem die Klägerin unstreitig als Erbin beteiligt war- in Zweifel zu ziehen. Weitere Zuflüsse aus dem Vermögen der Klägerin ergeben sich aus den Überweisungen vom 15.9.1986, 22.4.1987 und 14.10.1988 im Wert von insgesamt 15.000,- DM, welche mit Wertstellungen zum 18.9. 1986, 24.4.1987 und 18.10.1988 auf dem Girokonto des Erblassers gutgeschrieben wurden (Bl. 23 - 26 AH). Der Behauptung der Beklagten, es habe sich hierbei um Mietzinszahlungen der Klägerin gehandelt, fehlt jegliche Substanz. Mit Mietrückständen der Klägerin aus der Zeit vor der Eheschließung sind Überweisungen dieser Größenordnung angesichts des nach dem Mietvertrag vom 28.6.1986 zwischen dem Erblasser und der Klägerin vereinbarten Mietzinses von 165,- DM (Bl. 16 AH) monatlich nicht erklärbar.

Ob sich die Klägerin darüber hinaus mit eigenem Vermögen an den über die Wertpapierdepots getätigten Geldanlagen beteiligt hat, wie es von ihr behauptet wird, bedurfte aus den ausgeführten Gründen keiner Klärung. Offen bleiben kann deshalb, ob das im Juli 1989 für 7000,- DM verkaufte Wohnmobil (Bl. 18 AH) im Eigentum der Klägerin oder des Erblassers gestanden hatte. Ebensowenig kommt es darauf an, aus wessen Vermögen die am 12.6.1991 und 11.11.1992 aus Devisenverkäufen erlösten Beträge von 17.671,84 DM und 48.405,53 DM (Bl. 35- 38 AH) stammten, die den Abrechnungen Bl. 35 und 37 AH zufolge dem damals noch allein auf den Namen des Erblassers geführten Konto Nr. .... gutgebracht wurden, jedoch ausweislich der an die Klägerin gerichteten Abrechnungen Bl. 40 und 41 d.A. zu Lasten des Kontos Nr. 3500 147 00/404 verbucht wurden, welches ersichtlich ein Unter- bzw. Nebenkonto des früheren Girokontos der Klägerin war. Zugunsten der Beklagten lässt sich nichts daraus herleiten, dass die Depotkonten während der ersten Ehe des Erblassers bereits als Oder- Konten der damaligen Eheleute G. geführt worden waren. Dies gilt ungeachtet der Darstellung der Beklagten, zur Anlegung der Depots sei im Jahre 1980 ererbtes Vermögen der ersten Ehefrau des Erblassers verwendet worden. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nicht, dass die Depots bei der Umschreibung am 18.3.1993 wertmäßig noch das Vermögen ihrer leiblichen Mutter repräsentierten. In ihrem Schriftsatz vom 8.12.1997 (Bl. 16 d.A.) hat die Beklagte vorgetragen, dass der Erblasser im Jahre 1987 von seiner Mutter ein Barvermögen von mehr als 500.000 DM geerbt und hierfür Wertpapiere gekauft habe, welche auf dem zu diesem Zeitpunkt allein auf seinen Namen geführten Depot verwahrt worden seien; Ende 1992 soll das Depot nach der Darstellung der Beklagten noch ein Guthaben von 487.864,07 DM (Bl. 174 GA) aufgewiesen haben. Von daher muss sich der Erblasser durchaus nicht aus moralischen Gründen, etwa in dem Bestreben, das Erbe von Seiten seiner ersten Ehefrau zugunsten der Beklagten zusammenzuhalten, an einer Verfügung hieran zugunsten der zweiten Ehefrau gehindert gesehen haben.

Das Argument der Beklagten, dass der Erblasser, wenn er tatsächlich mit der am 18.3.1993 erfolgten Umschreibung über die Hälfte der auf den Konten befindlichen Guthaben hätte verfügen wollen, mit ihr und ihrem Lebensgefährten hierüber gesprochen hätte, erscheint nicht stichhaltig. Hierfür sind verschiedene Gründe ohne jede Indizwirkung denkbar. So mag es dem Erblasser zur Wahrung des Familienfriedens ratsam erschienen sein, die Beklagte und ihren Lebensgefährten von der Verfügung zugunsten der Klägerin in Unkenntnis zu lassen.

Auch die von der Klägerin nicht bestrittenen Äußerungen des Erblassers mit dem Inhalt, er habe für seine "beiden Frauen" gleichermaßen vorgesorgt, sprechen nicht gegen die Annahme, dass er der Klägerin die Hälfte seines Bankvermögens vorab bereits zu Lebzeiten zuwies. Dass nämlich der Erblasser mit diesen Äußerungen mehr als die gleichmäßige Aufteilung seines, also des ihm verbliebenen, Vermögens gemeint habe, gibt das Vorbringen der Beklagten nicht her. Die Intention des Erbvertrages, die Parteien nach dem Tod des Herrn G. gleichmäßig zu begünstigen, hilft der Beklagten nicht weiter, da dieser Vertrag vor der Kontenumschreibung beurkundet worden war und sich durch diese Maßnahme als teilweise überholt erwiesen hat. Es ist im übrigen auch nicht zu verkennen, dass die Parteien nach der durch die hälftige Übertragung der Konten bewirkten Besserstellung der Klägerin aus der Sicht eines vorsorgenden Ehemannes und Vaters sehr wohl gerecht bedacht worden sein mochten: Nicht nur hatte die Klägerin schon mit den oben angeführten unstreitigen Zahlungen für ihre Verhältnisse beträchtliche- möglicherweise alle ihre damals vorhandenen- Vermögenswerte in die Verbindung eingebracht, sondern sie verfügte unstreitig auch über kein Erwerbseinkommen, während die Beklagte am Beginn ihres Berufslebens stand.

Der Rückforderungsanspruch der Klägerin ist nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen dieses rechtsvernichtenden Einwandes ist die Beklagte (Palandt/Thomas, BGB- Kommenatr, 58. Auflage § 814 Rdn. 11). Mit ihrem Vorbringen hat sie jedoch keine Gesichtspunkte aufzeigen können, aus denen der Schluss darauf zu ziehen wäre, dass die Klägerin in Kenntnis ihrer Nichtschuld auch den nicht in den Nachlass fallenden Anteil der Bankguthaben mit ihr teilen wollte. Die Aussage des Zeugen K., er habe die Klägerin darauf angesprochen, dass sie mit der von ihr in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin angeordneten hälftigen Aufteilung der Konten von der Regel abweiche (Bl. 98 d.A.), zwingt nicht zu der Folgerung, dass die Klägerin - nunmehr in Kenntnis der Rechtslage- aus freiem Entschluss heraus der Beklagten die Hälfte der Bankguthaben zuwies. Nach der Lebenserfahrung wäre in diesem Fall zu erwarten gewesen, dass die Klägerin der Beklagten die hälftige Auszahlung auch dementsprechend als eine teilweise freigebige Zuwendung von ihrer Seite vermittelt hätte, was insbesondere auch die Größenordnung des hergegebenen Betrages nahegelegt hätte. Die Tatsache, dass die Klägerin von einer solchen Zweckbestimmung nichts hat verlauten lassen, weshalb die Beklagte bis zu dem Rückforderungsschreiben der Klägerin vom 4.2.1997 davon ausging, dass die Klägerin mit der hälftigen Aufteilung der Bankguthaben den letzten Willen des Erblassers vollzogen habe, erscheint nur verständlich, wenn die Klägerin - wie sie es bei ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat erläutert hat- dem rechtlichen Hinweis des Zeugen K. keinen Glauben geschenkt und weiterhin angenommen hat, nach dem Erbvertrag zur Aufteilung des ganzen Betrages verpflichtet zu sein. Plausibilität kann deshalb auch die Darstellung der Klägerin für sich beanspruchen, erst im Zuge der Vorbereitungen zur Steuererklärung sei ihr aufgrund von Hinweisen des Steuerberaters die Erkenntnis gekommen, dass sie der Beklagten mehr von den Bankguthaben ausgezahlt hatte, als dieser nach der Rechtslage gebührte.

Ihren vom Landgericht zurückgewiesenen Entreicherungseinwand hat die Beklagte ebenso wie den von ihr erneut geltend gemachten Verwirkungseinwand nicht mit neuen Gesichtspunkten unterlegt; insoweit kann daher auf die keiner Ergänzung bedürftigen zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen werden.

Soweit die Beklagte hilfsweise der Klageforderung einen vermeintlichen gleich hohen Bereicherungsanspruch nach § 2287 BGB entgegenhält- was der Sache nach eine Hilfsaufrechnung bedeutet-, kann auch diese vom Senat gemäß § 530 Abs. 2 ZPO als sachdienlich zugelassene Verteidigung gegenüber der Klage ihrer Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Ein solcher Anspruch steht der Beklagten bereits dem Grunde nach nicht zu. Die Bestimmung des § 2287 BGB soll den Vertragserben vor beeinträchtigenden Schenkungen des Erblassers schützen, welche die Vorteile seiner Erbeinsetzung schmälern oder sogar zunichte machen. Eine anspruchsbegründende Beeinträchtigung in diesem Sinne setzt voraus, dass der Erblasser mit der Schenkung der von ihm durch den Erbvertrag eingegangenen Bindung zuwiderhandelt; deshalb greift § 2287 BGB nicht ein, wenn der Erblasser dem Beschenkten den Gegenstand der Schenkung trotz des Erbvertrages auch im Wege der Verfügung von Todes wegen hätte zuwenden können (vgl. dazu BGH NJW 1982, 441, 442; MüKO (Münchner Kommentar)/Musielak, 3. Auflage, § 2287 Rdn. 10 m.w.N.). So liegt es hier. Wie sich aus der oben im Tatbestand zitierten Ziffer V. Abs. 2 des Erbvertrages vom 9.2.1989 ergibt, handelte es sich bei der Erbeinsetzung der Beklagten nach dem Erblasser - anders als hinsichtlich des Nachlasses der Klägerin- nicht um eine Vereinbarung mit erbvertraglicher Bindungswirkung.

Die Höhe der zutreffend berechneten Klageforderung ist zwischen den Parteien nicht im Streit, so dass die Berufung der Beklagten nach allem mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen war.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Wert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: 325.283,04 DM (2x 162.641,52 DM, § 19 Abs. 3 ZPO)

Ende der Entscheidung

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