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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.05.2000
Aktenzeichen: 15 U 85/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 291
BGB § 288
ZPO § 91
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 100 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

15 U 85/99 29 O 16/98 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 09.05.2000

Verkündet am 09.05.2000

Karatepe, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Diederichs, die Richterin am Oberlandesgericht Scheffler und den Richter am Landgericht Reinhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 15.04.1999 verkündete Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 29 O 16/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Kläger 71.650,00 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 09.12.1998 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die Beklagte zu 2) zu 38%, im übrigen tragen sie die Kläger.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen die Kläger.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen die Kläger zu je 9 %, im übrigen trägt sie die Beklagte zu 2) selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 2) zu tragen. Dieses gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), diese tragen die Kläger.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 2) kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 86.000 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger, inzwischen getrenntlebende Eheleute, waren Miteigentümer eines Grundstücks. Sie schlossen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2), der R. AG (...) am 26.04.1995 einen Darlehensvertrag über eine Nettokreditsumme von 225.000,00 DM. Später wurde die Forderung der Beklagten zu 2) aus dem Darlehensvertrag an die Beklagte zu 1), ein Tochterunternehmen der Beklagten zu 2), verkauft und abgetreten.

Der Darlehensvertrag kam wie folgt zustande:

Den Klägern war von der Sparkasse H. ein Darlehen gewährt worden. Da sie ihren Kreditverbindlichkeiten für Zins und Tilgung in einer monatlichen Gesamthöhe von 1.500,00 DM nicht mehr nachkommen konnten, ging die Sparkasse H. aus den zu ihren Gunsten bestehenden Grundschulden i.H.v. 187.000,00 DM sowie 40.000,00 DM vor und beantragte die Zwangsversteigerung des Grundstücks der Kläger, das im wesentlichen ihr Privatvermögen darstellte.

Während des laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens trat die Firma H.D. Leasing- und Vermietungsgesellschaft mbH an die Kläger heran und bot ihnen die Vermittlung eines Kredits zur Abwendung der Zwangsvollstreckung an. Am 10.01.1995 erteilten die Kläger dem Vermittler den Auftrag zur Bereitstellung eines Kredites und unterzeichneten am 18.01.1995 eine "Vereinbarung über Aufwendungsersatz", in der sie sich verpflichteten, dem Vermittler einen Betrag i.H.v. "höchstens" 3.600,00 DM zu entrichten, in dem auch die Kosten der Besichtigung des Hauses enthalten waren. Dieser Betrag sollte unter den in Ziffer 6 genannten Voraussetzungen unabhängig davon gezahlt werden, ob der angestrebte Darlehensvertrag zustande kam oder nicht.

In der Folgezeit führte der Geschäftsführer der kreditvermittelnden Gesellschaft den gesamten Schriftverkehr mit den Klägern. In den in Kopie zu den Akten gereichten Schreiben vom 10.01., 17.01. und 27.03.1995 (Bl. 18-21 d.A.), auf die Bezug genommen wird, verwandte die Gesellschaft Formulierungen wie "wir", "unser Darlehen" und ähnliche.

Nach Besichtigung des Hauses wurde am 26.04.1995 der Darlehensvertrag geschlossen.

In dem Vertrag heißt es unter "Verwendungszweck": "Zwischenfinanzierung zur Abwendung der Zwangsversteigerung".

Die Darlehenssumme betrug 225.000,00 DM, wobei das Darlehen mit einem "variablen" Zinssatz i.H.v. 12,75 % verzinst werden sollte. Außerdem war eine einmalige Bearbeitungsgebühr i.H.v. 3 % des Darlehensbetrages, mithin 6.750,00 DM, sofort fällig. Das Darlehen sollte in voller Höhe am 30.12.1997 zurückgezahlt werden. Ausweislich Ziffer 7 des Darlehensvertrages wurde der Effektivzins mit 14,99% angegeben.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den in Kopie zu den Akten gereichten Darlehensvertrag (Bl. 270, 271 GA) Bezug genommen.

Abgesichert wurde das Darlehen durch die bereits im Grundbuch eingetragenen Grundschulden i.H.v. 187.000,00 DM und 40.000,00 DM, welche ursprünglich zugunsten der Sparkasse H. bestellt und von dieser nach Zahlung des rückständigen Darlehensbetrages durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) an diese abgetreten werden sollten. Nach der Grundschuldzweckerklärung sollte die Einräumung der Grundschuld "zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Gläubigerin oder eines die Geschäftsverbindung fortsetzenden Rechtsnachfolgers" gegen die Kläger dienen. Zugleich trat der Kläger zu 1) die Rechte aus einer von ihm noch neu abzuschließenden Lebensversicherung über 84.770,00 DM an die R. ab.

Die monatliche Darlehensrate belief sich auf 2.500,00 DM, wobei dieser Betrag keine Tilgungsleistungen, sondern lediglich Zinszahlungen beinhalten sollte.

Ebenfalls am 26.04.1995 schlossen die Kläger mit der Firma H.D. Leasing- und Vermietungsgesellschaft mbH einen Darlehensvermittlungsvertrag ab, in dem sich die Kläger verpflichteten, an den Vermittler eine Provision i.H.v. 4% des Darlehensbetrages, mithin 9.000,00 DM, zu zahlen.

Aus der aufgenommenen Darlehensumme von 225.000 DM zahlte die R. an die Sparkasse H. einen Betrag i.H.v. 200.384,58 DM zur Ablösung des ursprünglichen Darlehens und der Zwangsvollstreckung, wobei ihr im Gegenzug von der Sparkasse die beiden Grundschulden abgetreten wurden. Im übrigen ging das Geld i.H.v.

* 6.750,00 DM als Bearbeitungsgebühr an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2);

* 47,00 DM als Kosten für die telegrafische Überweisung des Betrages von 200.384,58 DM an die Sparkasse H.;

* 683,00 DM als Beitragsrückstand an eine Brandversicherung für das Haus;

* 16.411,92 DM als Auszahlung an den an die Firma H.D. GmbH;

* 320,00 DM als Gerichtskosten für die Eintragung der Abtretung der Grundschulden und

* 403,50 DM als Notarkosten für die Umschreibung der Grundschulden.

In der Folgezeit leisteten die Kläger im Zeitraum von Mai 1995 bis Mai 1996 Zahlungen i.H.v. insgesamt 25.000,00 DM.

Als die Kläger ihren Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nicht mehr nachkamen, stellte die R. am 03.07.1996 einen Antrag auf Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens.

Mit Beschluss vom 08.07.1996 (Bl. 25 GA) ordnete das Amtsgericht N. die Zwangsversteigerung des Grundstückes an.

Durch weiteren Beschluss vom 31.10.1997 setzte es den Verkehrswert des Grundstückes auf 390.000,00 DM fest.

Unter dem Datum des 21.11.1997 teilte die R.-Bank, die nunmehr als C.-Holding AG firmierte, den Klägern mit, sie habe die bestehende Kreditforderung aus dem Darlehensvertrag vom 26.04.1996 an die Beklagte zu 1) verkauft.

Am 24.03.1998 wurde das Grundstück dann von der Beklagten zu 1) zum Preis von 273.000,00 DM ersteigert, die den Ersteigerungspreis an die Beklagte zu 2) zahlte. Die Beklagte zu 1) wurde am 24.07.1998 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 15.04.1998 forderte die Beklagte zu 1) die Kläger auf, das Grundstück bis zum 30.04.1998 zu räumen und ihr die Schlüssel zu übersenden. Für den Fall der Nichträumung begehrte die Beklagte zu 1) von den Klägern die Zahlung einer Nutzungsentschädigung i.H.v. 1.800,00 DM, welche sie "entgegenkommenderweise" erst ab dem 01.05.1998 berechnen werde. In der Folgezeit trafen die Parteien eine Vereinbarung dahingehend, dass den Klägern eine Räumung erst zum 17.08.1998 gestattet wurde, wofür sich die Kläger im Gegenzug zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung i.H. von insgesamt 6.300,00 DM verpflichteten.

Die Kläger zahlten diese Nutzungsentschädigung jedoch nicht.

Mit ihrer Klage machen die Kläger geltend, das Darlehen sei wegen Wuchers nichtig.

Sie haben gemeint, der Darlehensvertrag sei nichtig, da ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe. Die Vermittlungskosten i.H.v. 4% des Darlehensbetrages (= 9.000,00 DM) sowie die Kosten des Aufwendungsersatzes i.H.v. 3.600,00 DM müssten bei der Berechnung des Vergleichszinses mit einbezogen werden.

Sie haben behauptet, die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) sei nie selbständig in Erscheinung getreten, sondern sie und der Kreditvermittler seien offensichtlich verflochten gewesen. So seien sie am 26.03.1995 von einem Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) und dem Kreditvermittler zum Zwecke der Besichtigung aufgesucht worden.

Die Kläger haben ursprünglich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage mit folgenden Anträgen begehrt:

1. festzustellen, dass der am 26.04.1995 geschlossene Darlehensvertrag zwischen der C.-Holding AG, vertreten durch den Vorstand L.K., H.ring, K. und den Eheleuten H.-E. und M. F., L.straße , N. über eine Summe von 225.000,00 DM nichtig ist;

2. die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars K., N. Am R., vom 19.10.1981 - UR-Nr. ... - für unzulässig zu erklären.

Nach erfolgter Zwangsversteigerung des Grundstücks aber noch vor förmlicher Zustellung der vorgenannten Anträge im Klageverfahren haben die Kläger mit Schriftsätzen vom 7.10.1998 und 17.11.1998 die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 96.932,42 DM begehrt, der sich wie folgt zusammensetzt:

* 23.932,42 DM als Differenz zwischen dem Darlehensbetrag von 225.000,00 DM

abzüglich der gegenüber der Sparkasse H. abgelösten Darlehenssumme in Höhe von 200.384,58 DM

abzüglich einer Versicherungsleistung i.H.v. 683,00 DM;

* 48.000,00 DM als Differenz zwischen dem von der Beklagten zu 2) im Rahmen der Zwangsversteigerung des Hauses erlangten Erlös von 273.000,00 DM und dem Darlehensbetrag i.H.v. 225.000,00 DM

* 25.000,00 DM als geleistete Zinszahlungen.

Sie haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 96.932,42 DM nebst 4% Zinsen von 71.932,42 DM seit dem 13.10.1998 sowie aus weiteren 25.000,00 DM seit dem 09.12.1998 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 2) sei wegen der unstreitigen Abtretung der Darlehensforderung an die Beklagte zu 1) nicht passivlegitimiert. Auch eine gesamtschuldnerische Haftung komme nicht in Betracht.

Sie haben die Ansicht vertreten, das Darlehen sei nicht sittenwidrig.

Dazu haben sie behauptet, der effektive Jahreszins von 14,99% sei zum damaligen Zeitpunkt für Teilzahlungsbanken durchaus verkehrsüblich gewesen. Sie haben gemeint, man könne den von der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Jahreszins nicht mit den von Teilzahlungsbanken angebotenen Zinsen vergleichen, da diese eine ganz andere Kosten- und Risikostruktur hätten und Kredite zu ganz anderen Konditionen anböten. Zudem könne man weder die Vermittlungskosten noch den Aufwendungsersatz in den effektiven Jahreszins mit einrechnen. Dazu haben sie behauptet, diese seien an den Vermittler zu zahlen gewesen, der ein selbständiger Kreditvermittler sei, der mit ihnen nichts zu tun gehabt habe. Er habe den Kredit ohne ihren Auftrag und ohne ihre Veranlassung selbständig an die Kläger vermittelt.

Sie hätten auch nicht die Zwangslage der Kläger ausgebeutet. Die finanzielle Lage der Kläger sei ihnen nicht bekannt gewesen. Entsprechende Kenntnisse habe allenfalls der Vermittler gehabt. Diese könnten ihnen aber nicht zugerechnet werden, da es sich bei der Firma D. Leasing und Vermietungsgesellschaft mbH um eine eigenständige Firma handele.

Hilfsweise haben die Beklagten die Aufrechnung mit dem Nutzungsentschädigungsbetrag i.H.v. 6.300,00 DM sowie mit einem angeblichen Darlehensrest i.H.v. 29.414,00 DM, insgesamt also 35.714,00 DM, erklärt.

Mit Urteil vom 15.04.1999 hat das Landgericht Köln - 29. Zivilkammer - die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt, der Anspruch gegen die Beklagte zu 2) scheitere schon an ihrer fehlenden Passivlegitimation, da mit der erfolgten Abtretung an die Beklagten zu 1) alle Ansprüche aus dem Darlehensvertrag auf diese übergegangen seien, mit der Folge, dass Ansprüche aus dem Vertrag allein gegen die Beklagte zu 1) geltend gemacht werden könnten.

Den Klägern stehe aber auch gegen die Beklagte zu 1) kein Rückzahlungsanspruch zu, da der Darlehensvertrag nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nichtig sei. Ein auffälliges Missverhältnis sei nur dann zu bejahen, wenn der Vertragszins den marktüblichen Effektivzins relativ um 100% oder absolut um 12%-Punkte übersteige. Es könne dahinstehen, ob wegen einer Niedrigzins- Phase, die bei Zinssätzen zwischen 7-9% anzunehmen sei, sogar eine Überschreitung des Marktzinses um 110% erforderlich gewesen wäre.

Denn schon ein Missverhältnis i.H.v. relativ 100% sei nicht erreicht. Der Vertragszins überschreite den Vergleichszins relativ um 87,52%, absolut um 8%-Punkte. Damit seien die für die Sittenwidrigkeit erforderlichen Grenzwerte nicht erreicht.

Der als Marktzins heranzuziehende Schwerpunktzins der Deutschen Bundesbank habe im April 1995, bei Vertragsschluss, 7,75% betragen. Ihm sei eine durchschnittliche Bearbeitungsgebühr i.H.v. 2,5%, entsprechend 5.625,00 DM, hinzuzufügen, was zu einem Vergleichszins von 9,14% führe.

Der Vertragszins habe hingegen 17,14% betragen.

Dieser errechne sich aus dem im Vertrag festgelegten Nominalzinssatz i.H.v. 12,75% per anno, der Bearbeitungsgebühr i.H.v. 3% (6.750,00 DM) sowie der Vermittlungsgebühr des Kreditvermittlers D. i.H.v. 4% des Darlehensbetrages (9.000,00 DM).

Demgegenüber sei der Aufwendungsersatz i.H.v. 3.600,00 DM, welcher der Firma D. GmbH habe gezahlt werden müssen, nicht in die Berechnung mit einzubeziehen gewesen, denn dieser habe auch gezahlt werden müssen, wenn der Kreditvertrag nicht zustande gekommen wäre.

Hieraus ergebe sich ein relativer Unterschied von 87,52%.

Schließlich könne offen bleiben, ob eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu einer übermäßigen Belastung der Kläger geführt habe. Denn unter einer Grenze von 90% könne die Überschreitung des Marktzinses gerade wegen der besonderen Kosten- und Risikostruktur der Teilzahlungsbanken nicht zu einer Sittenwidrigkeit führen.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger zunächst hinsichtlich beider Beklagten Berufung eingelegt, dann die Berufung jedoch gegenüber der Beklagten zu 1) zurückgenommen.

Die Berufung gegen die Beklagte zu 2) haben sie form- und fristgerecht begründet.

Mit ihrer nunmehr allein gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Berufung begehren die Kläger die Zahlung eines Betrages von 71.650,00 DM der sich wie folgt berechnet:

* 25.000,00 DM Darlehenszinsen

* 6.750,00 DM Bearbeitungsgebühr der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2)

* 48.000,00 DM als Differenz zwischen dem Versteigerungserlös i.H.v. 273.000,00 DM und dem Nettodarlehen i.H.v. 225.000,00 DM

Von dem sich hieraus errechnenden Gesamtbetrag in Höhe von 79.750,00 DM bringen sie folgende Beträge in Abzug:

* 6.300,00 DM Nutzungsentschädigung Mai bis Mitte August 1998

* 1.800,00 DM Nutzungsentschädigung April 1998

Dieses ergibt den Gesamtbetrag von 71.650,00 DM.

Sie berufen sich weiter auf die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages.

Zu Unrecht habe das Landgericht als Vergleichszins auf den Schwerpunktzins der Deutschen Bundesbank für Ratenkredite mit Gleitzinsen abgestellt. Richtigerweise sei auf den Zinssatz für Hypothekarkredite mit Festzinsen für die Dauer von zwei Jahre abzustellen. Dieser habe im April 1995 bei 7,27% gelegen (Beweis: Sachverständigengutachten).

Aber selbst wenn man mit dem Landgericht entsprechend dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank von einem Zinssatz von 7,75% als Ausgangswert ausgehe, so dürfe diesem nicht noch eine Bearbeitungsgebühr hinzugerechnet werden.

Der vom Landgericht errechnete Vertragszins von 17,14% übersteige daher in jedem Falle den marktüblichen Zins um das Doppelte.

Hinzu komme eine erhebliche Übersicherung der Beklagten zu 2), die den Darlehensvertrag insgesamt sittenwidrig erscheinen lasse. So habe der Vermittler D. sie neben der Übertragung der Grundschulden auch zum Abschluss einer neuen Lebensversicherung über 84.770,00 DM sowie zu einer Mietabtretung veranlasst.

Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages wegen Wuchers führe gleichzeitig auch zur Nichtigkeit der Grundschuldbestellung. Im übrigen zeige auch die weitere Vorgehensweise der Beklagten zu 2) in Form der Abtretung ihres Anspruchs an die Beklagte zu 1) und die dann erfolgte Ersteigerung des Grundstücks durch diese, dass die Beklagte zu 2) von Anfang an vorgehabt habe, sich das Grundstück zu einem unter dessen wirklichen Wert liegenden Preis zu verschaffen. Tatsächlich habe das Grundstück einen Wert von 390.000,00 DM gehabt, wie er auch vom Versteigerungsgericht festgesetzt worden sei.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu 2) unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 15.04.1999 - 29 O 16/98 - zu verurteilen, an sie 71.650,00 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 09.12.1998 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte tritt dem Vortrag unter Bestreiten der von den Klägern angenommenen Zinssätze entgegen. Sie meint, der von der Bundesbank ausgewiesene Schwerpunktzins für "Hypothekarkredite" dürfe nicht herangezogen werden, weil es sich nach dem Darlehensvertrag nicht um einen Hypothekarkredit handele und die R. als ihre Rechtsvorgängerin gar keine Genehmigung zur Herausgabe von Hypothekarkrediten gehabt habe. Bei dieser habe es sich vielmehr um eine Teilzahlungsbank gehandelt.

Bei der Berechnung des Vertragszinses dürfe auch nicht die an den Vermittler D. gezahlte Vermittlungsgebühr eingerechnet werden, da dieser überwiegend im Interesse der Kläger tätig geworden sei. Im übrigen komme im Hinblick auf die damalige Niedrigzins-Phase eine Sittenwidrigkeit erst bei einer Überschreitung des Marktzinses um mindestens 110% in Betracht.

Was die subjektive Seite angehe, so habe sie bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die R., weder Kenntnis von einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung noch von einer - tatsächlich nicht gegebenen - Ausbeutungssituation gehabt. Die Zwangsversteigerung sei später lediglich zum Zwecke der Schadensminimierung in Angriff genommen worden. Sie sei auch schon deshalb nicht unzulässig gewesen, weil der der Grundschuldbestellung zugrunde liegende Darlehensvertrag wirksam gewesen sei.

Daneben beruft sie sich erneut auf die bereits in erster Instanz erklärten Hilfsaufrechnungen, wobei sie zusätzlich noch mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung für den Monat April 1998 i.H.v. 1.800,00 DM hilfsweise aufrechnet.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg.

Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 71.650,00 DM zu.

1.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) hat im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag vom 26.04.1995 insgesamt einen Betrag i.H.v. 79.750,00 DM erlangt, der sich im einzelnen wie folgt errechnet:

a)

Die Kläger haben in Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag vom 26.04.1995 Zinszahlungen i.H.v. insgesamt 25.000,00 DM erbracht.

Dass die Kläger Zahlungen in entsprechender Höhe geleistet haben, wird auch von der Beklagten zu 2) nicht bestritten, zumal sie diese Zahlungen auch selbst in ihrer Aufstellung vom 7.12.1999 (Bl. 265 ff. GA) berücksichtigt hat.

Dass es sich bei diesen Zahlungen um reine Zins- und nicht auch um Tilgungsleistungen gehandelt hat, ergibt sich aus der zwischen den Parteien getroffenen Darlehensvereinbarung. Der nun vorgelegte - unterschriebene - Darlehensvertrag (Bl. 270 f GA) enthält keine Regelung dahingehend, dass die von den Klägern monatlich zu leistenden Raten i.H.v. 2.500,00 DM auch einen Tilgungsanteil enthalten sollten. Hiergegen spricht auch Ziffer 5.1 des Darlehensvertrages, wonach die Darlehenssumme "in voller Höhe" am 30.12.1997 zurückzuzahlen sein soll. Soweit unter Ziffer 7 des Darlehensvertrages das Recht der Kläger zur außerplanmäßigen Tilgung vereinbart ist, kommt dieser Regelung in Ansehung der der Beklagten zu 2) bekannten angespannten finanziellen Situation der Kläger keine Bedeutung zu, zumal auch von der Beklagten zu 2) nicht vorgetragen worden ist, dass sich die Kläger bei den von ihnen geleisteten Zahlungen auf die Inanspruchnahme dieses Sondertilgungsrechtes berufen hätten.

b)

Ferner hat die Beklagte zu 2) im Rahmen der Darlehensabwicklung entsprechend Ziffer 3.3 des Darlehensvertrages eine Bearbeitungsgebühr i.H.v. 6.750,00 DM erlangt.

c)

Wie von der Beklagten zu 2) nicht bestritten wird, hat sie im Rahmen der von ihr betriebenen Versteigerung des Grundstückes von der Beklagten zu 1) Zahlungen von mehr als 273.000,00 DM (einschließlich der zunächst verauslagten Sicherheitsleistung) erlangt.

Demgegenüber hat sie den Klägern ein Darlehen in Höhe von nur 225.000,00 DM gewährt, sodass insoweit ein übersteigender Differenzbetrag von 48.000,00 DM verbleibt.

2)

Auch hat die Beklagte zu 2) diese Beträge ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB erlangt.

Hinsichtlich der von den Klägern erbrachten Zinszahlung i.H.v. insgesamt 25.000,00 DM bzw. der Bearbeitungsgebühr i.H.v. 6.750,00 DM haben diese Zahlungen insbesondere ihren Rechtsgrund nicht in dem Darlehensvertrag vom 26.04.1995.

Dieser ist vielmehr wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig, zumindest ergibt sich aber die Nichtigkeit des Darlehensvertrages aus § 138 Abs. 1 BGB.

a)

Gemäß § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft wegen Wuchers nichtig, wenn objektiv ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und in subjektiver Hinsicht die bewusste Ausnutzung einer bei dem Vertragspartner bestehenden Schwächesituation vorliegt.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung wird bei einem verzinslichen Darlehen dann angenommen, wenn der Vertragszins den marktüblichen Vergleichszins relativ um 100% übersteigt (BGH NJW-RR 1989, 1068; weitere Nachweise bei Palandt/Heinrichs, BGB-Kommentar, 59. Aufl., § 138 Rdn. 27).

Dieses ist vorliegend der Fall.

aa)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist bei der Feststellung des marktüblichen Vergleichszinses nicht auf den Schwerpunktzins für "Gleitzinsen", sondern auf den Zinssatz für Hypothekarkredite mit festem Zins abzustellen.

Soweit die Beklagte zu 2) auf die Besonderheiten des vorliegenden Vertragsverhältnisses verweist - nämlich den variablen Zinssatz, die Laufzeit von nur 32 Monaten sowie den Umstand, dass es sich bei ihr um eine Teilzahlungsbank handele - rechtfertigt dieses keine andere Entscheidung.

Die von der Bundesbank für den Vergleichszeitraum ermittelten deutlich höheren Zinssätze für Ratenkredite können zum Vergleich nicht herangezogen werden, weil die in dem Monatsbericht vorgenommene Unterscheidung zwischen "Hypothekarkrediten" einerseits und "Ratenkrediten" andererseits deutlich macht, dass mit letzteren nicht Kredite erfasst sind, für die der Kreditnehmer eine im Grundbuch verankerte Sicherheit bereitgestellt hat. Dem weitaus größeren Risiko, dass für die kreditgebende Bank mit der Ausgabe von Ratenkrediten verbunden ist, trägt die im allgemeinen deutlich höhere Verzinsung dieser Kredite Rechnung.

Vorliegend war der von der Beklagten zu 2) gewährte Kredit aber im Sinne eines Hypothekarkredites dinglich gesichert.

Dass die Beklagte zu 2) bei der Gewährung des Darlehens insbesondere auf diese dingliche Absicherung besonderen Wert gelegt hat, wird durch das Schreiben des für sie handelnden - dazu noch unten - Kreditvermittlers D. vom 17.01.1995 (Blatt 281 GA) deutlich, in dem dieser eine dingliche Absicherung der zu finanzierenden Immobilie "an absolut erster Rangstelle" verlangte.

Zudem hat die Beklagte zu 2) selbst mit Schriftsatz vom 27.03.1998 (Bl. 38/39 d.A.) vorgetragen, bei Abschluss des Darlehensvertrages "das Zinsniveau der Hypotheken- und Wechselbanken" zugrunde gelegt zu haben.

Auch war die Absicherung des Kredites durch die abgetretenen Grundschulden i.H.v. 187.000,00 DM und 40.000,00 DM für die Beklagte zu 2) werthaltig, da der Verkehrswert des Grundstückes erheblich über dem Betrag der dinglichen Sicherheiten lag. Dieses wird dadurch belegt, dass das Versteigerungsgericht in dem eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren den Verkehrswert des Grundstückes auf 390.000,00 DM festgesetzt hatte. Auch lag der später von der Beklagten zu 1) gezahlte Ersteigerungsbetrag mit 273.000,00 DM erheblich über dem Betrag der eingeräumten dinglichen Sicherheiten.

Nicht geteilt werden kann der Standpunkt der Beklagten zu 2), ein Vergleich könne allenfalls nur mit solchen (Hypothekar-) Krediten angestellt werden, die zu Gleitzinsen ausgegeben werden, so dass insoweit der von der Deutschen Bundesbank hierfür veröffentlichte - höhere - Durchschnittszinssatz herangezogen werden müsse.

Der an die Kläger ausgereichte Kredit kann trotz des ausbedungenen variablen Zinssatzes mit den hier gemeinten Gleitzinsverträgen nicht gleichgestellt werden, weil sich die Beklagte zu 2) bei richtigem Verständnis der einschlägigen Vertragsbestimmung auf diese Weise lediglich Zinserhöhungen, nicht aber Zinssenkungen vorbehalten hatte.

Die Tatsache, dass bei einem Kredit mit variablen Zinssätzen gegenüber den auf einen bestimmten Zeitraum festverzinslichen Hypothekarkrediten etwas höhere Zinssätze verlangt werden, ist darauf zurückzuführen, dass der zukünftige Ertrag aus einem solchen Kredit mit dem Risiko einer geldmarktbedingten Zinssenkung belastet ist.

Ein solches Risiko ist die Beklagte zu 2) vorliegend indessen nicht eingegangen.

Bei näherer Betrachtung der in Ziffer 3.1 des Kreditvertrages enthaltenen Bestimmung über mögliche zukünftige Anpassungen des Zinssatzes (Bl. 270 GA) zeigt sich, dass die hiernach vorgesehene Herabsetzung des Vertragszinses zur Anpassung an Zinssenkungen auf dem Geldmarkt nicht mehr als eine bloße Absichtserklärung der Beklagten darstellte. Zwar ist dem Kunden für den Fall, dass er mit einer Erhöhung des Vertragszinses durch die Beklagte zu 2) nicht einverstanden ist, ein Recht zur - außerordentlichen - Kündigung eingeräumt. Demgegenüber sieht die Bestimmung für den Fall, dass die Bank trotz einer Verbilligung von Krediten auf dem Geldmarkt keine oder eine aus der Sicht des Kunden nur unzureichende Herabsetzung des Vertragszinses vornimmt, keine Regelung vor, so dass es also in solchen Fällen bei dem ursprünglichen Zinssatz verbleibt.

Die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes verfolgte damit letztlich nur das Ziel, der Beklagten zu 2) eine Handhabe zur Erhöhung des Vertragszinses zu geben, weshalb der Darlehensvertrag zum Vergleich mit Verträgen zu echten Gleitzinsen nicht taugt.

Diese rechtliche Einordnung wird auch in tatsächlicher Hinsicht dadurch bestätigt, dass die Beklagte zu 2) in der von ihr zu den Akten gereichten Forderungsaufstellung vom 7.12.1999 (Bl. 266 ff. GA) trotz entsprechender Geldmarktentwicklung zu keinem Zeitpunkt eine Zinssenkung zugunsten der Kläger vorgenommen hat.

Der Schwerpunktzins für auf 24 Monate festverzinste Hypothekarkredite lag im April 1995 bei 7,27% bei einer Streubreite von 6,61-8,04%.

Geht man zugunsten der Beklagten zu 2) von einer Gesamtlaufzeit des Darlehensvertrages vom 01.05.1995 bis zum Rückzahlungszeitpunkt des 30.12.1997 und damit einer entsprechenden längeren Zinsbindung von 32 Monaten aus, ergäbe sich im Wege der Interpolation zwischen den Festzinsen bei zweijähriger und fünfjähriger Laufzeit - hier lag der durchschnittliche Zinssatz bei 7,82% bei einer Streubreite von 7,49-8,58% - ein Vergleichszins i.H.v. 7,39%.

Entgegen den Ausführungen des Landgerichts ist diesem marktüblichen effektiven Jahreszins von 7,27 % bzw. 7,39 % nicht noch eine durchschnittliche Bearbeitungsgebühr von 2,5% hinzuzurechnen.

Soweit das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung die entsprechende Fundstelle bei Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 138 Rdnr. 26 und die dort aufgeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs NJW 1995, 1019) heranzieht, wird diese Auffassung durch die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht gestützt, da sich dieser in der angeführten Entscheidung allenfalls mit der entsprechenden Anwendung der zu Ratenkreditverträgen ergangenen Rechtsprechung auf Finanzierungsleasingverträge geäußert hat.

Zudem wäre es selbst bei Ratenkreditverträgen sachwidrig, dem von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssatz eine Bearbeitungsgebühr von 2-3% hinzusetzen, da diese Bearbeitungsgebühr ausweislich der Monatsberichte der Deutschen Bundesbank in der Zinsberechnung bereits enthalten ist (vgl. hierzu Bericht der Deutschen Bundesbank, Monatsbericht Dezember 1995, Seite 45, Fußnote 5).

bb)

Demgegenüber hat die Beklagte zu 2) in dem Darlehensvertrag vom 26.04.1995 (Bl. 271 GA) unter Ziffer 7 den Effektivzins mit 14,99% angegeben.

Bereits dieser - von der Beklagten zu 2) selbst angegebene - Effektivzinssatz übersteigt den oben ermittelten vergleichbaren Marktzins von 7,27 % bzw. 7,39% jedoch um mehr als 100%.

Bei richtiger Berechnung beträgt der Effektivzinssatz nach den vertraglichen Bestimmungen sogar mindestens 15,375 %.

Er berechnet sich hierbei wie folgt:

Gesamtkosten:

Nettokredit 225.000,00 DM

12,75% per anno für den Zeitraum Mai 95

bis Dezember 97 (32 Monate) 76.500,00 DM

Bearbeitungsgebühr R. 6.750,00 DM

Vermittlungsgebühr D.,

4% von 225.000,00 DM __9.000,00 DM

gesamt 317.250,00 DM

abzüglich 225.000,00 DM

Kreditkosten 92.250,00 DM

Effektivzins: 92.250,00 DM : 32 Monate =

2.882,81 DM

34.593,75 DM/Jahr x 100 = 15,375%.

225.000,00 DM

Im Rahmen dieser Berechnung war neben den Zinsleistungen und der an die Beklagte zu 2) geflossenen Bearbeitungsgebühr von 6.750 DM auch die an die Firma D. Leasing- und Vermietungsgesellschaft mbH gezahlte Vermittlungsgebühr i.H.v. 9.000,00 DM zu berücksichtigen.

Die Einschaltung eines Vermittlers liegt im allgemeinen im weitaus überwiegenden Interesse der Bank, da ihr die Tätigkeit des Vermittlers eigenen organisatorischen und finanziellen Aufwand für die Anwerbung und Überprüfung der Kunden oder die Unterhaltung weiterer Zweigstellen erspart, während für die Kunden die Dienste des Vermittlers häufig nicht als gesonderte Leistung in Erscheinung treten (BGHZ 80, 153, 167; BGH NJW 1987, 181, 182). Dementsprechend ist es folgerichtig, die Vermittlungsgebühren, seien sie offen oder versteckt in dem von dem Kunden zu zahlenden Entgelt für die Überlassung des Darlehens enthalten, zu den Vertragskosten zu zählen. Eine Ausnahme rechtfertigt sich nur dann, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, dass die Tätigkeit des Vermittlers nicht so sehr im Interesse der Bank, sondern vornehmlich dem des Kreditnehmers lag oder diesem besondere Vorteile gebracht hat (BGH NJW 1981, 181, 182). Hierfür genügt es vorliegend nicht, dass die Firma D. Leasing- und Vermietungsgesellschaft mbH angeblich auch für andere Banken Vermittlungsgeschäfte tätigte. Dass die Vermittlungsfirma auch nur im geringsten die Anliegen der Kläger gegenüber der Beklagten zu 2) vertreten und für die Kläger günstige Konditionen ausgehandelt hätte, wird von der Beklagten zu 2) nicht behauptet. Auch ergibt sich aus dem vorvertraglichen Briefwechsel - hierauf hat bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen - insbesondere durch die dort erfolgte Verwendung der Worte "wir" und "uns", dass der Vermittler gegenüber den Klägern ständig als "verlängerter Arm" der Beklagten zu 2) aufgetreten ist. Dieses konnten die Kläger nur so verstehen, dass der Vermittler in Abstimmung mit der Bank und allein in deren Interesse handelte.

Aufgrund der tatsächlichen Handhabung der Abrechnung des Kredites durch die Beklagte zu 2) lag der Effektivzins sogar noch oberhalb dieses Wertes.

Wie sich aus der von der Beklagten zu 2) zu den Akten gereichten Aufstellung vom 9.12.1999 ergibt, hat sie das Darlehenskonto der Kläger von Anfang an mit den Zinsen aus der Gesamtdarlehenssumme von 225.000 DM belastet, obgleich sie das Darlehen nach eigenem Vortrag nur sukzessive ausgezahlt hat. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass diese Handhabung zu einer weiteren Erhöhung des Effektivzinses führt.

Schließlich greift auch das Argument der Beklagten zu 2) nicht, zu ihren Gunsten müsse berücksichtigt werden, dass der Kredit in einer Niedrigzinsphase ausgereicht wurde. Der in der Rechtsprechung (BGH NJW 1991, 834) hierzu entwickelte Grundsatz, dass in einem solchen Fall ein auffälliges Missverhältnis erst bei einer Überschreitung des Vergleichszinses um 110% als gegeben anzusehen sei, bezieht sich nur auf langfristige Kredite. Hiervon kann bei einer Laufzeit von max. 32 Monaten jedoch keine Rede sein.

cc)

Der Senat hält schließlich auch die subjektiven Voraussetzungen des Tatbestandes für erfüllt.

Dafür bedarf es keiner besonderen Ausbeutungsabsicht. Es genügt, wenn der Wucherer von dem auffälligen Leistungsmissverhältnis und der Ausbeutungssituation Kenntnis hat und sich diese vorsätzlich zu Nutze macht (vgl. dazu statt vieler BGH NJW 1982, 2767, 2768; NJW 1985, 3006, 3007).

Dass die Geldmarktsituation der Beklagten zu 2) bekannt war, kann als selbstverständlich vorausgesetzt werden, so dass es keinem Zweifel unterliegt, dass die Beklagte um die erhebliche Diskrepanz des von ihr verlangten Zinssatzes im Vergleich zu üblichen hypothekarisch gesicherten Krediten wusste.

Es kann nach Auffassung des Senates auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Kläger nur deshalb auf die in auffälligem Missverhältnis zu den am Hypothekenmarkt üblichen Darlehensbedingungen stehenden Vertragsbedingungen der Beklagten zu 2) einließen, weil sie sich in einer wirtschaftlichen Zwangslage befanden. Der Beklagten zu 2) war bei Abschluss des Darlehensvertrages bekannt, dass den Klägern die Zwangsversteigerung ihres Wohnhauses drohte. Dieses folgt bereits daraus, dass als Verwendungszweck des Darlehens ausdrücklich die "Zwischenfinanzierung zur Abwendung der Zwangsversteigerung" vereinbart wurde. Auch war der Beklagten zu 2) bekannt, dass die Kläger in der Vergangenheit nicht in der Lage gewesen waren, ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Sparkasse H. i.H.v. nur 1.500,00 DM, die Zins- und Tilgungsleistung enthielt, nachzukommen. Demgemäß war es für die Beklagte zu 2) offensichtlich, dass die Kläger mit der in dem Vertrag übernommenen Verpflichtung zur Zahlung monatlicher Zinsleistungen i.H.v. 2.500,00 DM überfordert sein würden.

In Anbetracht der übermäßigen Absicherung, die sich die Beklagte zu 2) ungeachtet der kurzen Laufzeit des Vertrages in Form zweier Grundschuldabtretungen, der Abtretung der Ansprüche aus einer eigens zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruches abgeschlossenen Lebensversicherung und einer Mietabtretung verschafft hat, hält es der Senat für ausgeschlossen, dass der Beklagten zu 2) die bedrängte Lage der Kläger unbekannt war, zumal es lebensfremd erscheint, dass die Beklagte zu 2) nicht das von ihr zu übernehmende Risiko vor Vertragsabschluss geprüft haben sollte.

b)

Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages ergibt sich im übrigen auch aus § 138 Abs. 1 BGB.

Nach dieser Bestimmung ist die Sittenwidrigkeit und damit die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts bereits dann anzunehmen, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und weitere Umstände hinzutreten, insbesondere der Begünstigte aus einer verwerflichen Gesinnung heraus gehandelt hat. Dafür ist bei einem Darlehen erforderlich, dass sich der Kreditnehmer nur wegen seiner wirtschaftlich schwächeren Lage, seiner Rechtsunkundigkeit oder seiner Geschäftsungewandtheit auf den ihn übermäßig belastenden Vertrag eingelassen hat; die Bank muss dies bei Vertragsschluss erkannt oder sich wenigstens leichtfertig dieser Einsicht verschlossen haben, wofür bei Verträgen mit Teilzahlungsbanken nach der Rechtsprechung des BGH bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen eine Vermutung spricht (BGH NJW 1984, 2292, 2294; NJW-RR 90, 304).

Für die Bejahung eines auffälligen Missverhältnisses kommt es im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB auf eine Gesamtwürdigung an.

Selbst wenn man entgegen den gemachten Ausführungen ein auffälliges Missverhältnis nicht allein der Diskrepanz zwischen dem effektiven Vertragszins und dem marktüblichen Vergleichszins entnehmen könnte, so wären hier zu Lasten der Beklagten zu 2) weitere Umstände zu berücksichtigen, die in ihrer Gesamtheit die Sittenwidrigkeit des jedenfalls wucherähnlichen Darlehens begründen würden.

Hierbei war zunächst das Ausmaß der Übersicherung der Beklagten zu 2) zu berücksichtigen. Neben der Abtretung von Grundschulden in einer Gesamthöhe von 227.000,00 DM bei einem Verkehrswert des Objektes von 390.000,00 DM ließ sich die Beklagte zu 2) zusätzlich eine Lebensversicherung in einer Größenordnung von rund 90.000,00 DM zur Sicherheit abtreten. Hinzu kommen die Bedenken, die sich gegen die Berechnung des effektiven Jahreszinses mit Blick auf die sukzessiven Auszahlungen ergeben sowie die oben ebenfalls bereits dargestellten Unstimmigkeiten des Vertrages hinsichtlich des variablen Zinssatzes.

3)

Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages hat auch die Nichtigkeit der Grundschuldsicherungsabrede zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2) zur Folge. Hieraus folgt, dass die Beklagte zu 2) auch insoweit den im Wege der Zwangsversteigerung erzielten Mehrerlös in Höhe von 48.000 DM ohne Rechtsgrund erlangt und damit an die Kläger auszukehren hat.

4)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Beklagte zu 2) hinsichtlich dieses Anspruches auch passivlegitimiert.

Soweit sie ihre Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an die Beklagte zu 1) abgetreten hat, hat dieses auf die Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte zu 2) aus dem Darlehensvertrag keine Auswirkungen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der gesamte Darlehensvertrag von der Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 1) übertragen worden wäre, was nur mit Zustimmung der Kläger möglich gewesen wäre. Demgegenüber hat die Beklagte zu 2) - damals noch unter dem Namen C.-Holding AG (Bl. 9 GA) - den Klägern lediglich einen Forderungsverkauf mitgeteilt.

5)

Der Gesamtanspruch der Kläger in Höhe von 79.750,00 DM ist jedoch infolge der Aufrechnung der Beklagten zu 2) mit dem ihr unstreitig abgetretenen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Monate April bis Mitte August 1998 in Höhe eines Betrages von 8.100,00 DM erloschen, wodurch sich der Anspruch der Kläger auf den von ihnen begehrten Betrag von 71.650,00 DM reduziert.

4)

Soweit die Beklagte zu 2) hilfsweise die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Rückzahlung eines angeblich noch offenstehenden Darlehensrestbetrages i.H.v. 29.414,00 DM erklärt hat, steht ihr ein entsprechender Anspruch nicht zu.

Soweit sie diesen Anspruch auf die Forderungsaufstellung vom 9.12.1999 (Bl. 265-268 GA) stützen will, ist diese Forderungsaufstellung bereits inhaltlich nicht nachvollziehbar, zumal diese mit einem Endbetrag von 25.491,61 DM und nicht - wie von der Beklagten zu 2) zur Aufrechnung gestellt - mit einem Betrag von 29.414,00 DM endet.

Unbeschadet dessen sind in die Forderungsaufstellung auch angebliche Zinsansprüche der Beklagten zu 2) eingestellt, die ihr - wie oben dargestellt - wegen Nichtigkeit des Darlehensvertrages jedoch nicht zustehen. Hinzu kommt, dass in der Forderungsaufstellung Positionen wie beispielsweise "unverzinsliche Kosten" enthalten sind, ohne dass die Beklagte zu 2) dargelegt hätte, was Gegenstand dieser Positionen sein soll.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1; 100 Abs. 1, 515 Abs. 3 ZPO

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert:

1. Instanz:

132.646,42 DM (96.932,42 DM +6.300 DM + 29.414 DM gemäß § 18 Abs. 3 GKG)

2. Instanz

101.064 DM (71.650 DM + 29.414 DM gemäß § 18 Abs. 3 GKG

Wert der Beschwer für die Beklagte zu 2.: über 60.000,-- DM

Ende der Entscheidung

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