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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.12.2000
Aktenzeichen: 16 U 13/00
Rechtsgebiete: ABGB, GVG, ZPO


Vorschriften:

ABGB § 914
ABGB § 1480
ABGB § 1497
ABGB § 1497 S. 2
GVG § 17
GVG § 71 I
GVG § 23 Nr. 1
ZPO § 12
ZPO § 278 III
ZPO § 92 I
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 13/00 3 O 353/99 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 4.12.2000

verkündet am 4. Dezember 2000

Luckau, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtstreit

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2000 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. Januar 2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 0 353/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 937,66 Euro zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 87 %, die Beklagte 13 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zu 3/4, der Beklagten zu 1/4 zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nur in geringem Umfang begründet.

Die Klägerin kann noch Zahlung von Vertragszinsen in Höhe von 937,66 Euro verlangen, im Übrigen steht einem Zahlungsanspruch die Einrede der Verjährung entgegen.

1.

Ansprüche aus dem Abtretungsvertrag vom 19.12.1995 (Bl. 75 ff ) beurteilen sich nach österreichischem Recht, da der Vertrag dieser Rechtsordnung unterliegt. Mangels einer vertraglichen Rechtswahlklausel bestimmt sich das anzuwendende Recht nach Art 28 I, II; Art 27 EGBGB. Die Vorschriften des CISG vom 11.4.1980 ( BGBl.II 89,588 ) finden keine Anwendung, da hier nicht der Verkauf von Waren, d.h. beweglichen körperliche Sachen, wie es im CISG verlangt wird, in Frage steht.

Nach Art. 28 I,II EGBGB sind für die Frage der geltenden Rechtsordnung die engsten Verbindungen, die der Vertrag zu einer Rechtsordnung hat, entscheidend. Hier kommt die Vermutung des Art 28 II EGBGB zur Anwendung, die auf die charakteristische Leistung abstellt. Die Klägerin, die die Übertragung der Geschäftsanteile der K. Ges.m.b.H. mit Sitz in W. schuldet, hat die charakteristische Leistung zu erbringen hat. Da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in W. hat, ist das österreichische Recht maßgebend. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Klägerin den Vertrag in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat, Art 28 II 2 EGBGB, da mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die Klägerin auch diesen Tätigkeiten in W. nachgeht.

Diese Vermutung des Art. 28 II EGBGB wird nicht durch die Gesamtheit der Umstände widerlegt, so dass Art. 28 V EGBGB nicht zur Anwendung kommt.

2.

Der Zinsanspruch, den die Klägerin jetzt noch geltend macht, folgt als Vertragszinsanspruch - auf Verzugszinsen hatte sie sich in 1. Instanz berufen - aus Buchst. c) bb) des Abtretungsvertrages ( S. 3, Bl. 76 f ), wonach Vertragszinsen auf die Kaufpreisraten in Höhe von 4,5% über dem Diskontsatz der Österreichischen Nationalbank ab 1.1.1996 vorgesehen sind.

Demnach sind Vertragszinsen auf die 1. Rate über 682.900 öS vom 1.1.1996 - 4.4.1996, auf die 2. Rate über 545.400 öS vom 1.1.1196 - 2.7.1196 und auf die 3. Rate über 409.200 öS vom 1.1.1996 - 19.8.1996 zu zahlen. Diese Ansprüche auf Vertragszins werden jeweils fällig mit Zahlung der zugrundeliegenden, selbst wiederum fälligen Kaufpreisrate. Der Meinung der Klägerin, Fälligkeit trete erst an dem Tag ein, an welchem der vollständige Anspruch insgesamt erstmals hätte geltend gemacht werden können ( gleichbedeutend mit der Fälligkeit der 3.Rate ), kann nicht gefolgt werden. Denn die Auslegung der entscheidenden Vertragsbestimmungen unter Berücksichtigung der Auslegungsregel des § 914 ABGB, wonach Verträge zunächst nach dem erklärten Ausdruck, und zwar dem objektiven Erklärungswert, und ergänzend nach der Parteiabsicht und Verkehrsübung auszulegen sind (vgl. Schwimmann/Binder, AGBG, 2. Aufl., § 914 Rz.17 ff, 35 ), führt zu dem Ergebnis, dass der Vertragszins jeweils auf die einzelne Rate zu beziehen ist. Das unter Buchst. c) cc) iVm. c) aa) festgelegte Vertragsentgelt wird im Vertrag stets als die drei betragsmäßig genau festgelegten Raten verstanden. Auch die unter c) bb) geregelte Verzinsung bezieht sich mithin auf die einzelnen Raten, was im Übrigen auch die Formulierungen des Vertrages, wie " das je ... vereinbarte Abtretungsentgelt" ( vgl. Buchst. c) cc ), " Abtretungsengelt ... je samt Anhang", "Abtretungsentgelt samt allem Anhang" ( vgl. Buchst. c) dd), bbb) und ddd) ) deutlich machen. Schließlich widerspräche eine andere Auslegung dem Sinn dieser Regelung, die die Beklagte zu einer pünktlichen Zahlung veranlassen soll und der Klägerin als Gläubigerin neben dem Hauptsacheanspruch den Zinsanspruch einräumt. Eine herausgeschobene Fälligkeit des mit der ersten und zweiten Rate verbundenen Zinsanspruchs würde die Gläubigerin, die die Zinsen erst nachträglich einfordern könnte, benachteiligen und insbesondere für den Fall einer späteren Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu kaum erträglichen Ergebnissen führen.

Gegen diese seit 4.4.1996, 2.7.1996 und 19.8.1996 fälligen Zinsansprüche hat die Beklagte mit Erfolg die Einrede der Verjährung erhoben, soweit es die auf die beiden ersten Raten zu zahlenden Zinsen ( 13.695,83 öS und 20.907,00 öS. ) betrifft.

Die Verjährungsfrist für Zinsen beträgt nach österreichischem Recht 3 Jahre, § 1480 ABGB. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem das Recht zuerst hätte ausgeübt werden können, mithin bei Leistungsansprüchen mit Eintritt der Fälligkeit (Schwimann/Mader, ABGB, 2.Aufl., § 1478 Rz.3). Fälligkeit ist hier spätestens - wie oben aufgezeigt - mit dem Zeitpunkt der Ratenzahlungen eingetreten. Das bedeutet für die 1. Rate am 4.4.1996, für die 2. Rate am 2.7.1996 und für die 3.Rate am 19.8.1996. Die Verjährungsfrist wird auch nach dem ABGB durch gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs unterbrochen, d.h. mit "Belangen des Schuldners durch den Berechtigten" und gehörige Klagefortsetzung, § 1497 ABGB. "Belangen" bedeutet "Einbringen einer Leistungsklage" durch den Berechtigten ( vgl. Schwimann, aaO., § 1497, Rz. 12 ff ). Zwar wurde hier zunächst am 30.4.1999 eine Klage beim Bezirksgericht für Handelssachen W. eingebracht - zumindest für einen Teil des Zinsanspruchs -. Die Klage ist indes nicht "gehörig fortgesetzt" worden (vgl. auch Schwimann/Mader, aaO., Rz. 20: die "Zurückziehung des Anspruchs" nimmt die Unterbrechungswirkung), da die Klägerin inzwischen diese Klage mit Antrag vom 21.9.1999 zurückgezogen hat (vgl. Bl. 18/19 ). Eine eventuelle Unterbrechungswirkung entfällt damit rückwirkend, § 1497 S. 2 ABGB.

Die mithin für die Verjährungsunterbrechung entscheidende Klageerhebung im vorliegenden Rechtsstreit hat allerdings nur noch verjährungsunterbrechende Wirkung für Zinsansprüche auf die 3. Rate, und zwar lediglich in Höhe von 937,66 Euro. Ausreichend für eine Verjährungsunterbrechung durch Klageerhebung ist auch eine zulässige Klage vor dem zuständigen ausländischen Gericht (Schwimann, aaO., § 1497, Rz. 12 ). Das ist hier der Fall, da die Klage nach den Vorschriften des deutschen Prozeßrechts zulässig, insbesondere bei dem örtlich und sachlich zuständigen Gericht erhoben worden ist, §§ 12, 17 ZPO, 71 I, 23 Nr. 1 GVG. Als entscheidender Zeitpunkt gilt der des "Einlangens der Klage" bei der Einlaufstelle des Gerichts (Schwimann, aaO., Rz. 11). Bei Eingang der Klageschrift beim Landgericht Köln, dem 28.7.1999, waren bereits die Zinsansprüche auf die beiden ersten Ratenzahlungen verjährt. Die 1.Rate wurde am 4.4.96 , die 2. Rate am 2.7.96 gezahlt.

Hinsichtlich der Zinsansprüche, die sich auf die dritte, am 19.8.1996 gezahlte Rate beziehen, erfolgte mit Klageeinreichung eine Unterbrechung nur in Höhe des ausgeurteilten Betrages, da diese Wirkung nur die mit der Klageschrift erhobene Forderung erfaßt und diese sich auf diesen Betrag belief.

Zwar war der gesamte, auf die dritte Ratenzahlung bezogene Anspruch auf Vertragszins bei Klageeinreichung nicht verjährt, da die Dreijahresfrist noch nicht abgelaufen war.

Unschädlich und die Unterbrechungswirkung nicht störend ist die falsche Bezeichnung des Zinsanspruchs in der Klageschrift. Die Klägerin hat diese Zinsen als "Verzugszinsen" bezeichnet, andererseits jedoch unter Verweis auf den notariellen Kaufvertrag den Zeitraum und die Höhe des Zinses genau bezeichnet. Diese Angaben stimmen im wesentlichen mit denen der jetzt verlangten Zinsen überein: v. 1.1.96 bis 31.7.96 zu 7.5% ( Bl. 2 ) und können, da sie sich auf den Zeitraum vor Zahlung der 3. Rate beziehen, nur Vertrags- nicht Verzugszinsen sein. Mithin handelt es sich in der Klageschrift vom 26.7.1999 entgegen der Meinung der Beklagten um dieselbe Forderung, die die Klägerin in der Berufungsbegründung geltend macht und nun zutreffend bezeichnet. Allerdings ist die Unterbrechungswirkung nur hinsichtlich des mit der Klageschrift geltend gemachten Teils eingetreten, nämlich der 12.902,50 öS = 937,66 Euro. Denn eine eingereichte Klage unterbricht auch im österreichischen Recht nur hinsichtlich der Höhe des konkret geltendgemachten Anspruchs, nicht schlechthin dem Grunde nach (vgl. Schwimann, aaO., § 1497 Rz.19). Tatsächlich belief sich die Zinsforderung hinsichtlich der 3. Rate nach der Berechnung der Klägerin unter Berücksichtigung der verschiedenen Diskontsätze auf 1.380,32 Euro.

Soweit die Klägerin Zinsen auf diesen Betrag ab 20.8.1996 verlangt, beurteilt sich diese Forderung ebenfalls nach österreichischem Recht. Fälligkeitszinsen aufgrund der Vorschriften des deutschen HGB oder Verzugszinsen nach deutschem Zivilrecht können nicht zugesprochen werden, da die Klägerin nicht dargelegt hat, woraus sich unter Berücksichtigung der österreichischen Rechtslage ein solcher Anspruch ergibt. Eines gerichtlichen Hinweises bedürfte es nach § 278 III ZPO nicht, da es sich um eine Nebenforderung handelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I , 97 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufung: 7.729,34 DM, ab 7.11.2000: 7.520,97 DM

Beschwer für beide Parteien: unter 7.000 DM

Ende der Entscheidung

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