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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.08.2000
Aktenzeichen: 16 U 28/00
Rechtsgebiete: GVGA, ZPO, BGB, LBO NW


Vorschriften:

GVGA § 21
ZPO § 166 Abs. 2
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 297
ZPO § 926 Abs. 2
ZPO § 936
ZPO § 176
ZPO § 183 Abs. 2
ZPO § 166 Abs. 1
ZPO § 91
BGB § 1004
BGB § 823
LBO NW § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 28/00 3 0 200/00 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 14.8.2000

Verkündet am 14.8.2000

Luckau, JHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 26.6.2000 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten werden das Urteil vom 18.4.2000 sowie der Beschluss vom 5.4.2000 des Landgerichts Köln - 3 0 200/00 - aufgehoben. Es wird festgestellt, dass sich die Hauptsache erledigt hat.

Die Kosten des Verfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.

Tatbestand:

Das Landgericht Köln hat mit Beschluss vom 5. April 2000 der Verfügungsbeklagten im Wege einstweiliger Verfügung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, die Bauarbeiten an der freigelegten Giebelwand fortzusetzen, solange sich die Parteien nicht hinsichtlich des bereits fertiggestellten Kellerbereichs über Vorschläge hinsichtlich der Einhaltung des Schallschutzes und zur Vermeidung von Traglasten geeinigt haben, die dem Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. S. im Beweissicherungsverfahren - Az.: 3 OH 14/99 - Rechnung tragen. Der Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers noch am selben Tag zugestellt worden. Die Verfügungsbeklagte legte am 6.4.2000 gegen die erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch ein verbunden mit einem Antrag auf Akteneinsicht. Letztere gewährte das Landgericht antragsgemäß und bestimmte sodann Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 12.4.2000. Mit Schriftsatz vom 10.4.2000 beantragte der Verfügungskläger wegen eines Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Verfügungsbeklagte. Mit am 18. April 2000 verkündetem Urteil hat das Landgericht nach Vernehmung von präsenten Zeugen in der mündlichen Verhandlung die einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Zugleich wies es im Beschlussweg den Ordnungsmittelantrag mangels Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Verfügungsbeklagte zurück. Mit Beschluss vom 3.5.2000 bestimmte der Rechtspfleger auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Verfügungsbeklagten Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage binnen 4 Wochen ab Zustellung des Beschlusses. Die einstweilige Verfügung wurde den erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten auf den entsprechenden Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Verfügungsklägers unter Vermittlung der GV-Verteilungsstelle des Amtsgerichts Köln über den insoweit beauftragten Gerichtsvollzieher durch die Post ausweislich der Postzustellungsurkunde am 20.4.2000 zugestellt.

Gegen das ihr von Amts wegen am 2.5.2000 zugestellte Urteil wendet sich die Verfügungsbeklagte mit ihrer am 20.4.2000 eingegangenen Berufung und beantragt die Abänderung des Urteils und Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Der Verfügungskläger beantragt, das Verfahren, nachdem die Beklagte die verlangten Vorschläge gemacht habe und sich die Parteien daraufhin geeinigt hätten, in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

Streit zwischen den Parteien besteht insbesondere hinsichtlich der Fragen, ob die einstweilige Verfügung der Verfügungsbeklagten innerhalb der Monatsfrist im Parteibetrieb wirksam zugestellt und vollzogen worden ist, und der Verfügungsantrag bis zur Erledigung zulässig und begründet war.

Entscheidungsgründe:

In der Sache hat das zulässige Rechtsmittel im Ergebnis keinen Erfolg.

1) Das angefochtene Urteil sowie die einstweilige Verfügung sind nicht aus prozessualen Gründen bereits aufzuheben. Insbesondere ist entgegen der Ansicht der Berufung die einstweilige Verfügung wirksam zugestellt und fristgerecht vollzogen worden.

Nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem die Verfügung der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Die Frist begann mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Verfügungskläger am 5.4.2000, die einstweilige Verfügung musste also bis zum Ablauf des 5.5.2000 zugestellt und vollzogen sein. Die vorliegend am 20.4.2000 erfolgte Zustellung und Vollziehung ist wirksam und mithin fristgerecht gewesen.

Die Zustellung ist entgegen der Ansicht der Berufung mit Recht nicht an die Beklagte selbst, sondern an deren Rechtsanwälte Dr. J. I pp. erfolgt. Die Zustellung hat nur dann an den Schuldner persönlich zu erfolgen, wenn sich noch kein Verfahrensbevollmächtigter für ihn bestellt hat. Letzteres schied aus, denn die Rechtsanwälte haben sich bereits in der dem Gericht eingereichten Schutzschrift ausdrücklich als Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten bestellt, ferner hatten sie für die Beklagte Widerspruch eingelegt und diese in der auf den Widerspruch anberaumten mündlichen Verhandlung vom 12.4.2000 auch vertreten, und sind schließlich im Rubrum des Urteils vom 18.4.2000 als solche auch benannt worden. Gemäß § 176 ZPO musste deshalb nach ganz herschender Meinung an sie die Zustellung erfolgen, auch wenn die einstweilige Verfügung sie noch nicht als Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten aufgeführt hatte (vgl. OLG Hamburg WRP 93, 822 = NJW-RR 94, 444 = OLGZ 94, 213 mwN; KG WRP 98, 411 = OLGR 98, 109; Zöller/Vollkommer ZPO § 929 Rdnr. 13; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 929 Rdnr. 29 mwN).

Die erfolgte Ersatzzustellung ist nach § 183 Abs. 2 ZPO wirksam. Ausweislich der Postzustellungsurkunde ist die einstweilige Verfügung, weil der Postbeamte die Rechtsanwälte Dr. J. I pp. in den Geschäftsräumen nicht angetroffen habe, dort deren Angestellter Frau Annette Flechsig am 20.4.2000 übergeben worden. Die etwaige tatsächliche Anwesenheit der Rechtsanwälte und deren Bereitschaft zur Entgegennahme einer zuzustellenden Sendung stehen der Zulässigkeit einer Ersatzzustellung nicht entgegen (vgl. OLG Frankfurt MDR 98, 736). Der in der Berufungsverhandlung erhobene Einwand des beim OLG zugelassenen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, er sei zur Entgegennahme der einstweiligen Verfügung nicht bevollmächtigt gewesen, berührt die Wirksamkeit der Zustellung nicht, denn nichts ist dafür dargetan oder ersichtlich, dass die einstweilige Verfügung ausschließlich dem einzig beim Landgericht nicht zugelassenen Sozietätsanwalt und jetzigen Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten zugestellt werden sollte.

Im übrigen ist eine Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften bei der Parteizustellung weder dargetan noch ersichtlich. Gemäß § 166 Abs. 1 ZPO ist der Gerichtsvollzieher für die von den Parteien zu betreibenden Zustellungen zuständig. Das bedeutet indes nicht, dass der Gerichtsvollzieher die Zustellungen stets persönlich durchführen muss. Er trifft zwischen persönlicher Zustellung und der Zustellung durch die Post (§ 193 ZPO) vielmehr die Wahl nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei er gemäß § 21 GVGA allerdings gehalten ist, in Eilfällen persönlich zuzustellen. Mithin könnte hier allenfalls ein Ermessensfehler vorliegen. Ferner kann zwar gemäß § 166 Abs. 2 ZPO in Anwaltsprozessen vor dem Landgericht der Gläubiger dann nicht unmittelbar sondern auch über die Gerichtsvollzieherverteilungsstelle des Amtsgerichts dem Gerichtsvollzieher den Zustellungsauftrag erteilen, wenn durch die Zustellung eine Notfrist gewahrt werden soll (§ 166 Abs. 2 S. 2 ZPO). Letztere Fallgestaltung lag nicht vor. Bei der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO handelt es sich nämlich nicht um eine Notfrist (§ 224 Abs. 1 S. 2 ZPO), so dass die erfolgte Beauftragung des Gerichtsvollziehers unter Vermittlung der Geschäftsstelle des Prozessgerichts an sich nicht zulässig war. Der Verstoß beinhaltet indes keine Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften, so dass er die Wirksamkeit der Zustellung nicht berührt.

Keiner Prüfung und Entscheidung bedarf schließlich die Frage, ob der Verfügungskläger, was die Verfügungsbeklagte in der Berufungsverhandlung erstmals eingewendet hat, nicht fristgemäß Klage zur Hauptsache erhoben hat. Die Verfügungsbeklagte hat weder in einem vorbereitenden Schriftsatz noch in der Berufungsverhandlung einen Antrag nach § 926 Abs. 2 ZPO gestellt, d.h. beantragt, wegen Nichtbefolgung der Anordnung der Hauptsacheklageerhebung die Aufhebung der einstweiligen Verfügung durch Urteil auszusprechen. Mit dem bloßen Einwand der Verfügungsbeklagten ist der Antrag nicht gestellt. Der Aufhebungsantrag ist ein Sachantrag i.S.v. § 297 ZPO und muss in Anwaltsprozessen schriftlich eingereicht und dem Gläubiger zugestellt werden (vgl. etwa Zöller/Vollkommer ZPO § 926 Rdnr. 22; Walker in Schuschke/Walker aaO § 926 Rdnr. 20; Heinze, in MünchKomm- ZPO § 926 Rdnr. 23). Sonach kann offen bleiben, ob der Senat überhaupt darüber entscheiden könnte, wenn ein zulässig gestellter Antrag vorläge. Es wird die Meinung vertreten, dass nicht unmittelbar das Berufungsgericht, sondern zunächst stets dasjenige Gericht, das die einstweilige Verfügung erlassen und die Frist zur Klageerhebung angeordnet hat, über einen solchen Antrag zu entscheiden habe, weil für das Aufhebungsverfahren nach § 926 Abs. 2 ZPO grundsätzlich zwei Instanzen mit jeweils notwendiger mündlicher Verhandlung zur Verfügung stehen müssen (so Zöller und Walker aaO jeweils mwN; a.A. OLG Koblenz NJW-RR 95, 444 und OLGR 98, 353: der Antrag soll auch direkt beim Berufungsgericht gestellt werden können, wenn das Eilverfahren in der Berufungsinstanz anhängig ist).

2) In der Sache selbst war der Verfügungsantrag bis zur Erledigung zulässig und begründet, so dass die Feststellung zu treffen ist, dass sich die Hauptsache erledigt hat.

a) Der Verfügungsanspruch auf Einstellung der Bauarbeiten folgt aus §§ 1004, 823 BGB i.V.m. § 22 Abs. 1 NachbG NW.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Verfügungskläger mit den im Verfügungsverfahren gebotenen Beweismitteln die Eigentumsbeeinträchtigung in Form der Gefährdung der Stabilität seines Hauses durch die von der Beklagten im Kellerbereich bereits fertiggestellte Giebelwand und die dort massiv betonierte Zufahrtsrampe zur Tiefgarage glaubhaft, d.h. "überwiegend wahrscheinlich" gemacht hat.

Mit dem im vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. S. vom 27.12.99, das das Landgericht mit Recht durch das vom Beklagten eingeholte Privatgutachten des Sachverständigen R. vom 21.2.2000 nicht als widerlegt angesehen hat, ist glaubhaft gemacht, dass die Beklagte den Zwischenraum zwischen den beiden Grenzgiebelwänden nicht so geschlossen hat, dass Schäden im Bereich des Zwischenraums, insbesondere durch Gebäudebewegungen, an der zuerst errichteten baulichen Anlage ausgeschlossen sind:

Die Sachverständige hat festgestellt, dass die Grenzgiebelwand des klägerischen Hauses eine sehr unebene Fläche/ Versprünge aufweist, dass die Gebäudetrennfugen im Stoßbereich der bereits erstellten, tragenden Betontrennwände teilweise nur ca. 10 mm betragen, und dass die eingebrachte Mineralfasermatte zusammengedrückt ist und stellenweise die Fugen auf Null auslaufen. Die in der Berufungsverhandlung von der Verfügungsbeklagten vorgelegten weiteren Privatgutachten des Sachverständigen R. vom 17.5.2000 und vom 17.6.2000 widerlegen die im Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. S. angesprochenen Gefährdungen für das Haus des Verfügungsklägers nicht. Daß die überzeugend dargelegten Gefahren noch nicht zu einem sichtbaren Schaden geführt haben, schließt die Begründetheit des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs nicht aus, da der Verfügungskläger nicht abwarten muß, bis der drohende Schaden sich realisiert hat.

Hatte damit aber die Verfügungsbeklagte durch fehlerhafte Bauweise die Voraussetzungen dafür angelegt, dass die Grenzgiebelwand des Altbaus - was gerade durch eine ausreichend dimensionierte Trennfuge verhindert werden soll - durch Verhaken beeinträchtigt wird, wenn sich der Neubau gegenüber dem Altbau des Verfügungsklägers in einem entsprechend starkem Maße setzt, war es nunmehr deren Sache, zumindest glaubhaft zu machen, dass eine solche Differenzsetzung hier ausgeschlossen ist. Das ist aber der Verfügungsbeklagten nicht gelungen. Richtig ist zwar, dass der Sachverständige R. aufgrund der auf gewachsenem Boden angegebenen Bodenpressungen des Baugrundlabors B. davon ausgeht, dass keine Differenzsetzung, d.h. keine Bodenquetschung und damit verbundenes Ausweichen des Bodens durch den Neubau zu erwarten sei, weil sich im Bereich der Unterkellerung ein setzungsunempfindlicher Boden befinde, und die Belastung aus dem Neubau weit unterhalb der maximalen Bodenpressung liege. Dem aber hat das Landgericht mit Recht die Angabe der Sachverständigen S. entgegengehalten, wonach "selbstverständlich" eine Differenzsetzung des Neubaus eintreten werde. Hinzukommt, dass selbst der sachverständige Zeuge K., der die Statik für den Neubau der Verfügungsbeklagten erarbeitet hat, eine Differenzsetzung nicht ausgeschlossen hat. Er hat bei seiner Vernehmung durch das Landgericht zunächst dargetan, in der Planung ein so ausreichend dimensioniertes Polster zum Altbau des Verfügungsklägers vorgesehen zu haben, dass auf den Versprüngen keine Auflagerungen erfolgen. Demgemäß hat er gerade gegen ein Verhaken durch ein Setzen des Neubaus Vorsorge getroffen, wenn er auch später bekundet hat, dass für den Neubau allenfalls Setzungen von 5 mm zu erwarten seien, bei der eine Verhakung nicht zu befürchten sei. Letzterem steht aber wieder die Feststellung der Sachverständigen S. entgegen, nach der der Neubau wegen der unzureichenden Trennfugendicke bei der Differenzsetzung an den Versprüngen der klägerischen Grenzgiebelwand hängen bleiben soll, so dass Kräfte auf den Altbau übergehen können.

Sonach rechtfertigt der fehlerhafte Bauzustand die Befürchtung des Verfügungsklägers, dass durch ein - von der Verfügungsbeklagten nicht ausgeschlossenes - Verhaken Lasten des Neubaus auf seine Grenzgiebelwand abgetragen werden und diese beeinträchtigen können (Rissbildungen).

Darüber hinaus war - entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts - kein ausreichender Schallschutz sichergestellt. Die Sachverständige hat festgestellt, dass die Gebäudetrennfuge im Stoßbereich der bereits erstellten, tragenden Innenwände teilweise nur knapp 10 mm dick ist und dabei zur Schalldämmung ungeeignete Platten mit einer Dicke von 22/20 mm verwendet worden sind. Die Ausführung widerspricht damit der DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) und den dazugehörigen Ausführungsregeln gemäß Beiblatt 1, wonach die Gebäudetrennfuge durchgehend mindestens 30 mm betragen muss und spezielle Trennfugenplatten mit einer Dicke von 42/40 mm zu verwenden sind. Auch der Sachverständige R. hat in seinem Gutachten eine nicht nach der DIN 4109 ausreichend breite Trennfuge bestätigt - und nur den dementsprechenden Rückbau für nicht erforderlich gehalten.

Ferner hat die Vergügungsbeklagte in der Gebäudetrennfuge beim Anbetonieren an die Giebelwand des Verfügungsklägers eine Kunststofffolie verwendet, die in die Gruppe der organischen Baustoffe gehört, die nach DIN 4102 brennbar sind, und aus Brandschutzgründen nicht zulässig ist: Bei einem Mehrfamilienhaus mittlerer Höhe, wie im vorliegenden Fall, ist gemäß § 29 LBO NW die Gebäudetrennwand als Brandschutzwand auszuführen, d.h. sie darf nur mit nicht brennbaren Baustoffen ausgebildet sein, auch in der Trennfuge.

Schließlich ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten die durch ihre Baumassnahme drohende Eigentumsbeeinträchtigung nicht etwa durch ein am 9./10.3.2000 (Bl. 49, 50, 51 GA) erklärtes Einverständnis des Klägers gedeckt ist. Das Schreiben seines Bevollmächtigten vom 9.3.2000 (Bl. 49 GA) belegt ersichtlich nicht die Bevollmächtigten des für den Kläger tätigen Zeugen M., für diesen bereits verbindlich eine Einigung mit der Beklagten über die Form und den Umfang aller noch ausstehenden Baumaßnahmen an der Giebelwand auszuhandeln. Der Zeuge M. hatte gemäß dem Schreiben nur den Auftrag, mit dem Zeugen K. "definitiv und abschließend zu klären, was wie gemacht werden soll". Auch wenn nach dem Verständnis des Klägers darin die Klärung der erforderlichen Korrekturmaßnahmen im Kellerbereich der Giebelwand eingeschlossen gewesen sein sollte, war - aus welchen Gründen auch immer - eine solche gerade nicht erzielt worden. Nichts ist dafür nachvollziehbar dargetan oder ersichtlich, dass man sich bei der Besprechung am 10.3.2000 darauf geeinigt hätte, die vom Kläger noch im Schreiben vom 17.1.00 angesprochenen Korrektur-/Rückbaumassnahmen im Kellerbereich ersatzlos fallen zu lassen. Selbst nach dem Schreiben des Zeugen K. vom 10.3.2000 hatten sie einverständlich (nur) die für einen Teilbereich der Giebelwand, nämlich die "zur Sicherung des Erdgeschossmauerwerks" notwendigen Maßnahmen ermittelt (Bl. 51 GA).

Sonach hat der Verfügungskläger glaubhaft gemacht, dass ihm gegen die Verfügungsbeklagte ein Anspruch auf Entfernung des regelwidrigen Bauzustands im zwischen den beiden Grenzgiebeln erforderlichen Zwischenraum zusteht. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Verfügungskläger einen Verzicht auf den beanspruchten und erlangten Baustopp von der Einigung der Parteien über infolge der fehlerhaften Bauweise gebotene Korrekturbaumassnahmen abhängig gemacht hat.

b) Mit Recht hat das Landgericht auch den Verfügungsgrund, d.h. die Dringlichkeit eines Baustopps bejaht.

Es ist glaubhaft gemacht, dass bei einer Fortsetzung der Baumassnahme bis zum Hauptverfahren überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Verwirklichung des sicherungsbedürftigen Anspruchs des Verfügungsklägers wesentlich erschwert werden könnte. Es ist nämlich davon auszugehen, dass bis dahin vollendete Tatsachen geschaffen wären, d.h. der Neubau und insbesondere die Grenzgiebelwand im wesentlichen fertiggestellt gewesen wäre, so dass die dem Verfügungskläger zustehenden Korrekturmaßnahmen - wie schon das Landgericht zutreffend anführt - mit einem womöglich nur noch unvertretbar hohen Kostenaufwand durchzuführen wären und deshalb die Verfügungsbeklagte seinem Verlangen auf Rückbau mit Erfolg den Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme hätte entgegensetzen können.

Entgegen der Ansicht der Berufung kann keine Rede davon sein, dass der Verfügungskläger mit der Beantragung der einstweiligen Verfügung so lange zugewartet hat, dass er selbst die Dringlichkeit der verlangten Maßnahme widerlegt hätte. Der Verfügungskläger hatte die Verfügungsbeklagte unter Hinweis auf das Gutachten S. mit Fristsetzung bis zum 4.2.2000 zur Beseitigung der festgestellten Missstände aufgefordert. Wenn er dann, obwohl die eingeräumte Frist ergebnislos abgelaufen war und am folgenden Tag, d.h. am 5.2.2000, an der Giebelwand weitergearbeitet wurde, nicht sogleich die einstweilige Verfügung beantragte, sondern nochmals auch im Hinblick auf das Gegengutachten R. Kooperationsbereitschaft zeigte mit der Aufnahme von Vergleichsgesprächen, entfiel damit noch nicht die - vorstehend dargelegte - Dringlichkeit, wie aber die Berufung meint. Die Vergleichsbemühungen mündeten schließlich in der vorgenannten Besprechung der Statiker der Parteien am 10.3.2000 zur Erarbeitung einer gemeinsamen Lösung. Soweit ersichtlich, hat die Verfügungsbeklagte dann erstmals wieder am 3.4.2000 an der Giebelwand weiterarbeiten lassen, also zwei Tage vor Erlass der einstweiligen Verfügung.

Sonach war, da die Verfügungsbeklagte der Erledigungserklärung nicht zugestimmt hat, der ursprünglich zulässige und begründete Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung aber durch ein erledigendes Ereignis (= Wegfall der Dringlichkeit) unbegründet wurde, auf die Berufung unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der einstweiligen Verfügung durch Urteil die Erledigung der Hauptsache festzustellen (vgl. OLG Köln WRP 85, 660; Zöller/Vollkommer aaO § 91 a Rdnr. 58 "Arrest und einstweilige Verfügung"; Schuschke in Schuschke/Walker aaO § 935 Rdnr. 29 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.



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