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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 22.03.2004
Aktenzeichen: 16 U 55/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 281
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 U 55/03

Anlage zum Protokoll vom 22.03.2004

Verkündet am 22.03.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 08.03.2004 durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25.02.2003 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 O 265/02 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von sämtlichen Verbindlichkeiten gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft T-Anlage 1 - 26 in C sowie gegenüber der Gerichtskasse Bonn freizustellen, die aus dem WEG-Verfahren 28 II 22/98 WEG AG Bonn = 8 T 47/00 LG Bonn = 16 Wx 105/00 OLG Köln herrühren, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen der Klägerin aus dem Rechtsschutzversicherungs-Vertrag Nr. ###1 gegen die I-Rechtsschutzversicherungs-AG im Zusammenhang mit dem vorgenannten WEG-Verfahren.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache einen kleinen Teilerfolg.

Die Klage ist nicht in vollem Umfang begründet.

Der Beklagte ist nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche der Klägerin gegen ihre Rechtsschutzversicherung zur Freistellung der Klägerin von den Kosten des WEG-Verfahrens verpflichtet.

Wegen der Kosten der 1. Instanz und des Beschwerdeverfahrens vor dem Landgericht erscheint es nach erneuter Überprüfung der Sache im Hinblick auf die Argumente, die der Beklagte gegen die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss vom 01.08.2003 vorgebracht hat, als zweifelhaft, ob die Rechtsschutzversicherung der Klägerin die zunächst erteilten Deckungszusagen zu Recht wegen einer Informationspflichtverletzung widerrufen hat. Die I hat nämlich am 19.04.2001 die Deckungszusage für das Erstbeschwerdeverfahren erteilt, nachdem ihr zuvor, nämlich mit Schreiben des Beklagten vom 12.04.2001 der Beschluss des Amtsgerichts, die Begründung der sofortigen Beschwerde und die Beschwerdeerwiderung übermittelt worden. Der Begründung des Amtsgerichts und der sofortigen Beschwerde wiederum konnte sie das entnehmen, woraus sie später eine Verletzung von Informationsobliegenheiten hergeleitet hat, nämlich die maßgeblichen Tatsachen für eine Verwirkung des Anfechtungsrechts, insbesondere die fehlende Reaktion auf die Verfügung des Amtsgerichts vom 08.11.1999. Wenn die Versicherung aber bei Erteilung der Deckungszusage die für die Beurteilung maßgeblichen Tatsachen kannte, ist die nachträgliche Berufung auf die nicht hinreichende Information möglicherweise treuwidrig (vgl. hierzu z. B. LG Köln R+S 1994, 102). Auf den Einwand der fehlenden Abstimmung mit ihr vor Einlegung der sofortigen Beschwerde hat sie ohnehin durch die Bewilligung in Kenntnis der Tatsache, dass das Rechtsmittel bereits eingelegt worden war, konkludent verzichtet.

Ob und inwieweit tatsächlich noch versicherungsvertragliche Ansprüche der Klägerin bestehen oder nicht, bedarf indes letztlich keiner Entscheidung, sondern ist ggfls. in einem Deckungsprozess zu klären. Der Beklagte hat nämlich durch sein Informationsverhalten gegenüber der Rechtsschutzversicherung fahrlässig die ihm aus dem Anwaltsvertrag obliegende Pflicht verletzt, den Versicherungsschutz der Klägerin nicht zu gefährden, wie bereits in dem Hinweisbeschluss des Senats vom 01.08.2003 ausgeführt worden ist. Die zögerlichen Informationen gegenüber der I haben dazu geführt, dass sie sich - ob zu Recht oder zu Unrecht ist vorliegend ohne Bedeutung - nachträglich auf eine ihrer Meinung nach bestehende Leistungsfreiheit berufen hat und die Klägerin nunmehr Ansprüchen der Gerichtskasse und der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Kostenerstattung und Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt ist. Demgegenüber hätte sie diese Ansprüche dann, wenn das Anwaltsmandat mit der gebotenen Sorgfalt geführt worden wäre, problemlos auf die Rechtsschutzversicherung abwälzen können. Dass deren Eintrittspflicht an sich gegeben war, machen die für die beiden ersten Instanzen gegebenen Deckungszusagen deutlich. Der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden der Klägerin besteht daher darin, dass sie nunmehr in Anspruch genommen wird und ihr die Durchsetzung etwaiger versicherungsvertraglicher Ansprüche nur über eine Deckungsklage möglich ist. Dies wiederum hat die Folge, dass der Beklagte sie zwar freizustellen hat, aber nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger versicherungsvertraglicher Ansprüche.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem Senat hat der Beklagte deshalb zu tragen, weil er die Klägerin nicht über das Kostenrisiko aufgeklärt hat. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Erwägungen des Hinweisbeschlusses vom 01.08.2002, zu deren Entkräftung der Beklagte nichts vorgetragen hat. Auch wegen dieser Kosten ist der Beklagte allerdings wegen der im Deckungsprozess auszutragenden offenen Frage, ob die Rechtsschutzversicherung sich zu Recht auf eine Leistungsfreiheit berufen hat, nur Zug um Zug gegen Abtretung versicherungsvertraglicher Ansprüche zur Freistellung verpflichtet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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