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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 10.09.2002
Aktenzeichen: 16 U 80/02
Rechtsgebiete: ZPO, GVG


Vorschriften:

ZPO § 522
GVG § 119
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 U 80/02

In Sachen

Tenor:

wird der Antrag des Arrestklägers zurückgewiesen, die Vollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 05.09.2002 - 127 C 231/02 - gem. §§ 709, 719 ohne Sicherheitsleistung - hilfsweise: gegen eine geringere als die angeordnete Sicherheitsleistung - einzustellen.

Gründe:

Auf eine Beschwerde des Arrestklägers hin hat der Einzelrichter des Senats wegen einer Forderung von 1.589.309,92 € mit Beschluss vom 23.07.2002 den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen des in S. wohnenden Antragsgegners angeordnet. In Vollziehung dieses Arrestes hat der Arrestkläger verschiedene Pfändungsbeschlüsse erwirkt. Das Amtsgericht hat auf den Widerspruch des Antragsgegners hin mit Urteil vom 05.09.2002 den Beschluss des Einzelrichters des Senats aufgehoben und den Arrestantrag zurückgewiesen. Es hat das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und die von dem Arrestkläger zur Abwendung der Vollstreckung zu erbringende Sicherheitsleistung auf 1.630.000,00 € festgesetzt. Gegen dieses noch nicht zugestellte Urteil hat der Arrestkläger mit einem am 06.09.2002 per Fax bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und zugleich die Einstellung der Zwangsvollstreckung, hilfsweise eine Herabsetzung der von ihm zu leistenden Sicherheit beantragt.

Zur Entscheidung über den Einstellungsantrag ist der Senat als Kollegialorgan berufen, da es anders als im vorangegangenen Beschwerdeverfahren im Berufungsverfahren eine originäre Einzelrichterzuständigkeit nicht gibt. Darüber, ob die Sache entsprechend der Anregung des Arrestklägers gem. § 526 ZPO auf den Einzelrichter zu übertragen ist, kann und wird der Senat erst nach Gewährung rechtlichen Gehörs für den Arrestbeklagten befinden.

Die von dem Arrestkläger begehrte Einstellung der Vollstreckung aus dem Urteil vom 05.09.2002 war abzulehnen, weil es hierfür keine gesetzliche Grundlage gibt.

Mit der Verkündung des aufhebenden Urteils sind nach inzwischen ganz herrschender Meinung, der der Senat folgt, die Wirkungen des Arrestbefehles entfallen und es gibt keinen Titel mehr, aus dem für den Arrestkläger eine weitere Vollstreckung möglich wäre (vgl. Schuschke/Walker Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 2. Auflage, § 925 Rdn. 11; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Auflage § 925 Rdn. 10 jeweils mit weiteren Nachweisen auch zu der Gegenmeinung, wonach die Aufhebung erst mit Rechtskraft wirksam wird). Dies bedeutet zugleich, dass der Arrestbeklagte unter Vorlage des vorläufig vollstreckbaren Urteils gem. den §§ 775, 776 ZPO die Aufhebung der von dem Arrestkläger ausgebrachten Pfändungsmaßnahmen erwirken kann.

Zur Vermeidung eines derartigen Ergebnisses wird daher teilweise die Möglichkeit bejaht, in unmittelbarer oder analoger Anwendung der §§ 707, 719 ZPO die Vollstreckbarkeit des aufhebenden Arresturteils einstweilen zu beseitigen mit der Folge, dass bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel die rangwahrende Wirkung der Pfändungen gewahrt bliebe (vgl. KG MDR 1994, 727 = KGReport 1994, 78;OLG Düsseldorf MDR 1962, 660; OLG München OLGZ 1969, 169; LG Bonn NJW 1962, 660; MünchKom/Heinze, ZPO 2. Auflage, § 925 Rdn. 12; Stein-Jonas/Grunsky, ZPO 21. Auflage, § 925 Rdn. 19). Dem vermag der Senat in Einklang mit der inzwischen wohl überwiegenden Meinung, insbesondere der neueren Rechtsprechung nicht zu folgen. Eine unmittelbare Anwendung der §§ 707, 719 ZPO scheidet aus, weil die Entscheidung in der Hauptsache keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Die Aufhebung beruht auf der Gestaltungswirkung des Arresturteils und nicht aufgrund einer von dem Arrestbeklagten betriebenen Zwangsvollstreckung. Für eine etwaige analoge Anwendung der §§ 707, 719 ZPO fehlt es bereits an einer Regelungslücke. Das Arrestverfahren ist vom Gesetzgeber so gestaltet, dass das vorher einseitige Verfahren auf einen Widerspruch des Arrestbeklagten hin in ein kontradiktorisches Verfahren mit notwendiger mündlicher Verhandlung übergeleitet wird. Die Aufhebung einer Arrestanordnung im Widerspruchsverfahren kommt daher die gleiche Wirkung zu, als wäre ein Arrest von vornherein nicht angeordnet worden. Mit einer analogen Anwendung der §§ 707, 719 ZPO würden daher einem nicht mehr existierenden Titel Rechtswirkungen beigemessen, die diesem schon rein begrifflich nicht mehr zukommen können. Auch würde für diesen Fall ein Gläubiger, dessen im Beschlusswege angeordneter Arrest auf einen Widerspruch hin nach mündlicher Verhandlung aufgehoben wird, bessergestellt werden als ein Gläubiger, dessen Arrestantrag nach mündlicher Verhandlung von vornherein abgelehnt wird (KG MDR 1998, 1066; OLG Bremen MDR 1998, 677 = OLGReport 1998, 112; OLG Frankfurt MDR 1997, 1060; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 511;vgl. Schuschke/Walker a.a.O. § 925 Rdn. 13.; Zöller/Vollkommer a.a.O. § 925 Rdn. 11; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Auflage, § 925 Rdn. 2; Musielak/Huber, ZPO, 2. Auflage, § 925 Rdn. 10).

Schließlich gebietet die vorliegende Konstellation, dass der Arrest erst im Beschwerdeverfahren vom Rechtsmittelgericht erlassen wurde, keine abweichende Beurteilung. Die dargestellten Verfahrensgrundsätze sind die gleichen wie bei einem erstinstanzlichen Arrest im Beschlusswege. Auch der Einzelrichter des Senats hat nur in einem einseitigen Verfahren und nur aufgrund des ihm von dem Arrestkläger unterbreiteten Sachverhalts entschieden, und auch hier hat der Widerspruch dazu geführt, dass das Verfahren in ein solches mit mündlicher Verhandlung in der ersten Instanz übergeleitet wird (a. A. zu letzterem: Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts auch zur Entscheidung über den Widerspruch Schuschke/Walker a.a.O. § 924 Rdn. 9 mit Nachweisen zum Meinungsstand).

Mit der weiter vertretenen Meinung, dass im Falle einer Aufhebung des Arrestbefehls durch das erstinstanzliche Gericht angeordnet werden könne bzw. müsse, dass diese Wirkung erst mit Rechtskraft eintrete (so E. Schneider MDR 1998, 1133), hat der Senat sich nicht zu befassen, da ein derartiger Rechtskraftvorbehalt nicht ergangen ist.

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