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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 16 Wx 101/03
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, WEG


Vorschriften:

FGG § 12
ZPO § 139
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 319
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 47
WEG § 48 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 101/03

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Sturhahn

am 21.05.2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.02.2003 - 29 T 208/02 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen, die allein Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sein können (§§ 27 FGG, 550 ZPO), nicht zu beanstanden.

1.

Rechtlich zutreffend zweifelt das Landgericht an, ob in der Eigentümerversammlung vom 18.03.2002 überhaupt ein positiver Beschluss über die Bestellung der Beteiligten zu 10. zur Verwalterin gefasst worden ist, weil es möglicherweise an einem konstitutivem Element, nämlich der nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen Feststellung des Beschlussergebnisses fehlt (vgl. BGH NJW 2001, 3343 = NZM 2001, 961 = ZMR 2001, 809). Letzteres ist hier nach Auffassung des Senats der Fall. Eine konkludente Feststellung eines Beschlussergebnisses, die allenfalls daraus hergeleitet werden könnte, dass die Namen der Miteigentümer, die für bzw. gegen die Bestellung der Beteiligten zu 10. zur Verwalterin gestimmt haben, im Protokoll aufgeführt sind, kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Antragsteller seinerzeit und auch noch im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens die - unrichtige - Auffassung vertreten haben, dass die Beteiligte zu 9., die 85.604/100.00 Miteigentumsanteile hält, einem Stimmrechtsausschluss unterlegen habe. Vor allem aber hatte die Versammlungsleiterin zuvor, nämlich bei dem ersten Wahlgang, in dem die Bewerberin Frau C mit den Stimmen der Antragsteller und gegen die Stimme der Beteiligten zu 9. bestellt worden war, ausdrücklich eine positive Beschlussfeststellung, nämlich ihrer Wahl getroffen. Hieraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass eine Feststellung bei dem nachfolgenden weiteren Wahlgang über die Bestellung der Beteiligten zu 9. bewusst unterblieben ist.

Dieses Fehlen eines konstitutiven Beschlusselementes hat indes nicht die Folge, dass der Anfechtungsantrag ins Leere ginge oder - was das Landgericht auch erwogen hat - in einen Feststellungsantrag umzudeuten wäre. Der für jeden Wohnungseigentümer mögliche Antrag auf Feststellung eines bestimmten Beschlussergebnisses unterliegt nicht der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 WEG (BGH a. a. O. zu III. 3. a,). Ein solcher Antrag konnte daher - ggfls. auf einen rechtlichen Hinweis gem. § 12 FGG i. V. m. § 139 ZPO - auch noch in den Tatsacheninstanzen des Beschlussanfechtungsverfahrens gestellt werden, was vorliegend konkludent geschehen ist. Für die Antragstellung gelten im WEG-Verfahren außerhalb des Beschlussanfechtungsverfahrens nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG i. V. m. § 23 Abs. 4 WEG nicht die hohen formellen Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und das Begehren eines Beteiligten ist so auszulegen, dass es nach Möglichkeit zu dem erkennbar erstrebten Ergebnis führt (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Auflage, § 44 Rdn. 34). Von diesem Ansatzpunkt her war aber das Begehren der Antragsgegner, die sich von Anfang an darauf berufen haben, die Beteiligte zu 10. sei wirksam zur Verwalterin bestellt worden, dahin zu verstehen, dass sie auch die formelle Wirksamkeit der Bestellung festgestellt wissen wollten. Dies ist dann letztlich bereits durch das Amtsgericht geschehen, indem es den auf eine Feststellung der Gültigkeit der Wahl der Frau C zur Verwalterin gerichteten Antrag der Antragsteller - insoweit bestandskräftig - zurückgewiesen sowie dem Anfechtungsantrag stattgegeben hat, und zwar mit der Begründung, die Bestellung der Beteiligten zu 10. sei mit der erforderlichen Mehrheit erfolgt, indes aus materiell-rechtlichen Gründen, nämlich seil sie ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, unwirksam.

2.

Die von den Antragsgegnern erhobene Rüge der nicht hinreichenden Sachaufklärung (12 FGG) geht fehl; denn das Landgericht hat seine Entscheidung alleine auf Tatsachen gestützt, die zwischen den Parteien nicht im Streit sind, nämlich dass die Beteiligte zu 10. es unterlassen hat, nach Ablauf der Bestellung des Herrn L einen neuen Verwalter bestellen zu lassen, und sie es auch unterlassen hat, die von der Beteiligten zu 9. geschuldete Instandhaltungsrücklage einzuziehen.

Diese Tatsachen tragen die tatrichterliche Feststellung, dass die Bestellung der Beteiligten zu 10. zur Verwalterin bis zum 31.12.2003 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Zwar kommt dem Umstand, dass die Beteiligte zu 10. über mehrere Jahre ohne Bestellung praktisch das Verwalteramt ausgeübt und nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestellung eines neuen Verwalter auf die Tagesordnung der in dieser Zeit durchgeführten Eigentümerversammlungen gesetzt wurde, kein großes Gewicht zu, da beispielsweise nach dem zu den Akten gereichten Protokoll der Eigentümerversammlung vom 24.10.2000 die entsprechende Verfahrensweise erkennbar einvernehmlich erfolgt ist und auch in der Eigentümerversammlung vom 27.08.2001, in der u. a. der Verwaltungsbeirat mit der Vorbereitung einer Neuwahl beauftragt wurde, keine Einwendungen dagegen erhoben worden sind, dass die Beteiligte zu 10. zunächst weiter als Verwalterin tätig blieb und deren Mitarbeiterin Frau K die Versammlungsleitung übernahm. Eine grobe Pflichtverletzung gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt indes darin, dass die Beteiligte zu 10. es während der Zeit ihrer faktischen Verwaltertätigkeit unterlassen hat, die von der Beteiligten zu 9. ab Januar 2000 geschuldeten Beiträge für die Instandhaltungsrücklage einzuziehen.

Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts hat die Beteiligte zu 10. vor ihrer Bestellung am 18.03.2002 allenfalls einmal, nämlich mit einem in Abschrift vorgelegten Schreiben vom 10.10.2001 zur Zahlung aufgefordert. Schon seinerzeit war ein ganz erheblicher Rückstand von 23.113,08 DM aufgelaufen. Die von den Beteiligten zu 9. und 10. behaupteten "mehrfachen" Zahlungserinnerungen hat das Landgericht mit Recht als unsubstantiiert, mit dem Schreiben vom 10.10.2001 nicht in Einklang stehend und nicht geeignet, den Vorwurf mangelnder Nachdrücklichkeit auszuräumen, angesehen.

Dadurch, dass die Beteiligte zu 10. einen derartigen Rückstand hat auflaufen lassen, der im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Bestellung noch deutlich höher gewesen sein muss, ohne nachdrückliche Maßnahmen gegen die Schuldnerin zu ergreifen, hat sie eindeutig den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft zuwider gehandelt und deutlich ihre Abhängigkeit von Herrn L zum Ausdruck gebracht, der jedenfalls in der Zeit bis kurz vor der Beschlussfassung ihr Alleingesellschafter war und der zugleich Mitgesellschafter der Mehrheitseigentümerin, der Beteiligten zu 9. ist. Auch wegen der Gesellschafterstellung hat das Landgericht den Vortrag der Antragsgegner mit Recht als unsubstantiiert und nicht geeignet, das Bestehen wirtschaftlicher Verflechtungen auszuräumen, angesehen. Selbst aus dem Vortrag in der Rechtsbeschwerde ergäbe sich, wenn er beachtlich wäre, nichts anderes; denn die vorgelegte "Liste der Gesellschafter", die Frau T als Alleingesellschafterin ausweist, stammt vom 21.03.2002, also aus der Zeit nach dem hier streitigen Eigentümerbeschluss. Dazu, wann und aufgrund welcher vertraglichen Abreden sie die Gesellschafterstellung erlangt hat, legen die Antragsgegner auch weiterhin nichts dar.

Infolge der Nichteintreibung der Beiträge für die Instandhaltungsrücklage über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren gegen die säumige Schuldnerin, die zudem etwa 85 % der Miteigentumsanteile hält, hat die Beteiligte zu 10. dazu beigetragen, dass bei der Wohnungseigentümergemeinschaft praktisch keine nennenswerte Instandhaltungsrücklage angesammelt hatte. Zugleich wurde dadurch der Schuldnerin Liquidität verschafft. Infolge dieses Verhaltens hat die Beteiligte zu 10. sich als ungeeignet erwiesen, das Verwalteramt ordnungsgemäß auszuüben; insbesondere konnte infolge der "bevorzugten Behandlung" der Mehrheitsgesellschafterin das Vertrauen in eine an den Interessen aller Wohnungseigentümer orientierten und unparteiischen Verwaltung ernsthaft erschüttert sein. Ihre Bestellung entsprach mithin nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Auf das Verhalten der Beteiligten zu 10. nach ihrer Bestellung kommt es in dem hier gegebenen Fall eines Beschlussanfechtungsverfahrens, in dem auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entschließung der Wohnungseigentümergemeinschaft abzustellen ist, grundsätzlich nicht an. Ihm kann indes indizielle Wirkung zukommen. Vorliegend hat die Beteiligte zu 10. indes bis zu der Eigentümerversammlung vom 17.09.2002, in der die Wohnungseigentümergemeinschaft mit - nicht bestandskräftigen Beschlüssen - die Einziehung des Wohngeldes abgelehnt und den Miteigentümern ein Wahlrecht zur Beibringung einer Bankbürgschaft eingeräumt hat, keine Bemühungen unternommen, die erhebliche Wohngeldschuld einzufordern, sondern sich pflichtwidrig mit einer von der Schuldnerin beigebrachten Bankbürgschaft begnügt, die aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses keine Erfüllung bewirkte und mit der der Wohnungseigentümergemeinschaft zugleich die Möglichkeit genommen wurde, die Rücklage verzinslich anzulegen. Zudem ist bei einer Instandhaltungsrücklage bzw. bei deren Anlage darauf zu achten, dass diese im Bedarfsfall auch zur Verfügung steht (Bärmann/Pick/Merle, a. a. O. § 21 Rdn. 162). Dies war indes nach dem Inhalt der Bürgschaftserklärung vom 03.04.2002 nicht der Fall, da die Bürgin berechtigt war, sich jederzeit durch Hinterlegung der Bürgschaftssumme von 35.739,30 € als Sicherheitsleistung zu befreien.

3.

Auf die in dem Schriftsatz vom 20.06.2002 gestellten Anträge der Antragsteller und der darauf beruhenden Verpflichtung der Beteiligten zu 10. gem. Ziffer 2. des Tenors des Amtsgerichts bezieht sich die sofortige weitere Beschwerde nicht. Der ausdrücklich formulierte Rechtsmittelantrag betrifft nur auf die Anträge der Antragsteller aus den Schriftsätzen vom 11.04.2002 und 17.05.2002. Auch der Begründung des Rechtsmittels befasst sich nur mit der Frage, ob die Verwalterbestellung ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, und lässt nicht erkennen, dass die Beteiligte zu 10. sich auch gegen die (bedingte) Verpflichtung zur Herausgabe von Verwaltungsunterlagen und Rechnungslegung wenden will, zumal damit nach den Gründen der Entscheidung des Amtsgerichts keine Abrechnung "außerhalb des üblichen Abrechnungszeitraums" begründet werden sollte, also wegen des im Tenor genannten und auf dem Antrag vom 20.06.2002 beruhenden Stichtags 30.04.2002 eine - ggfls. entsprechend § 319 ZPO zu berichtigende - offensichtliche Unrichtigkeit vorliegen und auch insoweit eine Schlussrechnung erst mit Bestandskraft der Entscheidung über den Beschlussanfechtungsantrag gewollt gewesen sein dürfte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den unterlegenen Antragsgegnern die Gerichtskosten des Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung, weil der Senat die Antragsteller angesichts der eindeutigen Sach- und Rechtslage am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligt hat.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG

Ende der Entscheidung

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