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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.08.2007
Aktenzeichen: 16 Wx 106/07
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 18
WEG § 45 Abs. 1
FGG § 22
FGG § 27
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21.3.2007 (29 T 230/06) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 24.07.2006 - 215 II 74/05 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten der Beschwerdeverfahren haben die Antragsgegner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 25.000 €

Gründe:

Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Der Senat ist ebenso wie das Amtsgericht der Auffassung, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 9.6.2005 zu Punkt 8 der Tagesordnung ungültig ist. Der gegen den Antragsteller zustande gekommene Abmahnungsbeschluss ist formell nicht fehlerfrei zustande gekommen. Das Anwesenheitsrecht des Antragstellers ist durch die von der Eigentümerversammlung beschlossene Verfahrensweise - eine Verhandlung des Tagesordnungspunktes ohne die Anwesenheit seiner Verfahrensbevollmächtigten - verletzt worden.

Die Versammlung der Wohnungseigentümer ist nichtöffentlich. Die Nichtöffentlichkeit soll die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, ihre Angelegenheiten in Ruhe und ohne Einflussnahme Dritter zu erörtern und zu regeln (BGHZ 99, 90, 95; BayObLG ZMR 1997, 478 f; NZM 2004, 388; OLG Hamm OLGZ 1990, 57). Die Anwesenheit Dritter muss deshalb grundsätzlich nicht - und auch dann nicht, wenn sie nach der Teilungserklärung zum Kreis der Personen zählen, die die Wohnungseigentümer mit ihrer Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung bevollmächtigen können - geduldet werden. Ein Anspruch auf Zulassung eines Beraters besteht nur, wenn die Teilungserklärung dies zulässt oder das Interesse des eine Begleitung begehrenden Wohnungseigentümers das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer an der Nichtöffentlichkeit überwiegt. Das erfordert eine auf den Einzelfall bezogene Interessenabwägung, bei der z.B. in der Person des jeweiligen Wohnungseigentümers liegende Gründe wie hohes Alter oder Gebrechlichkeit, aber auch in der Schwierigkeit der Beratungsgegenstände liegende Umstände, soweit eine Information, Vorbereitung und Beratung vor der Wohnungseigentümerversammlung nicht ausreicht, Berücksichtigung finden können. Das Interesse an der Teilname eines Beraters wird nicht allein durch die Zerstrittenheit der Wohnungseigentümer untereinander begründet, auch dann nicht, wenn sie - wie hier - mit dem Beratungsgegenstand zusammenhängt. Die erforderliche Interessenabwägung und die Entscheidung über die Teilnahme des Beraters müssen in der Regel in der konkreten Wohnungseigentümerversammlung und in bezug auf den jeweiligen Tagesordnungspunkt erfolgen, da sich Art und Bedeutung der Angelegenheit erst im Einzelfall ergeben (vgl. zum Ganzen BGH NJW 1993, 1329; BayObLG NZM 2002, 616; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1294; Palandt/Bassenge, Kommentar zum BGB, 66. Auflage 2007 § 24 WEG Rdn. 15; Staudinger/Bub, 13. Bearbeitung 2005, § 25 WEG Rdn. 173 ff).

Unter Beachtung dieser Grundsätze kann ein überwiegendes Interesse an der Zuziehung einer anwaltlichen Beraterin vorliegend nicht verneint werden.

Nach dem Inhalt der Einladung vom 18.05.2005 umfasste die Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 09.06.2005 unter TOP 8 den Bericht über das Verhalten des Antragstellers gegenüber einzelnen Miteigentümern und Bewohnern des Hauses, das "krass inakzeptabel" gewesen sein soll und die Diskussion darüber, wie auf die Situation zu reagieren ist: In Rede standen "Maßnahmen über die gemeinschaftliche Abmahnung....bis hin zur Einleitung eines Verfahrens nach § 18 WEG auf Entzug des Wohnungseigentums...". Im Hinblick darauf, dass § 18 WEG massiv in das Eigentum des Störers eingreift und die Entziehung des Wohnungseigentums deshalb nur das äußerste Mittel sein kann, ist dem Interesse des Antragstellers an der Teilnahme seiner anwaltlichen Beraterin Vorrang einzuräumen, zumal ihm ohne Mitteilung der konkreten Pflichtverletzungen eine ausreichende Vorbereitung und Beratung vor der Eigentümerversammlung nicht möglich war. Hinzu kommt, dass nach dem Inhalt des Protokolls (zu TOP 1) Frau B auch als bloße Begleitperson ausgeschlossen worden ist, obwohl anderen Begleitpersonen die Anwesenheit ausdrücklich gestattet worden war. Dies stellt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, auf die die Anfechtung des Beschlusses ebenfalls mit Erfolg gestützt werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den unterlegenen Antragsgegnern die Gerichtskosten der Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Im übrigen besteht keine Veranlassung, von dem in § 47 WEG bestimmten Kostengrundsatz abzuweichen, wonach die Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und entspricht der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung der Vorinstanzen.

Ende der Entscheidung

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