Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 111/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 111/04 In der Wohnungseigentumssache

pp.

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm am 01.12.2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln vom 16.05.2003 - 202 II 215/02 - und des Landgerichts Köln vom 05.04.2004 - 29 T 132/03 - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, die Kosten für die Sanierung des Treppenaufgangs unterhalb der Kellergeschossdecke alleine zu tragen.

Im Übrigen werden die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Das weitergehende Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die in allen Instanzen entstandenen Gerichtskosten zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert wird unter Abänderung der Wertfestsetzung des Amtsgerichts für die erste Instanz auf einen Wert bis 14.000,00 € und für die beiden Beschwerdeinstanzen auf einen Wert bis 11.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist teilweise begründet. Die Entscheidung des Landgerichts hält in einem Punkt rechtlicher Überprüfung gem. den §§ 27 FGG, 546 ZPO nicht stand. Die von der Antragstellerin erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. In der Sache ist lediglich der Antrag, festzustellen, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, die Kosten für die Sanierung des Treppenaufgangs alleine zu tragen, begründet. Das weitergehende Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

Ein Fehler bei der Beschlussfassung des Landgerichts liegt nicht vor. Eine telefonische Rückfrage bei der Geschäftsstelle des Landgerichts hat ergeben, dass das Original des Beschlusses von den drei Richtern unterschrieben ist, die in den Ausfertigungen am Ende aufgeführt sind. Im Rubrum ist zwar statt des Richters U die Richterin am Landgericht S aufgeführt. Diese hat indes auf Anfrage telefonisch mitgeteilt, dass sie an der Beschlussfassung nicht mitgewirkt habe und die Nennung ihres Namens alleine darauf beruhe, dass ein Vorstück bei dem Absetzen des Beschlusses am PC versehentlich nicht geändert worden sei. Damit handelt es sich bei der Angabe ihres Namens im Rubrum um eine bloße Unrichtigkeit i. S. d. entsprechend anwendbaren § 319 ZPO, die ggfls. bei Gelegenheit korrigiert werden mag, aber die Wirksamkeit des Beschlusses nicht berührt.

II.

Wegen der einzelnen Anträge gilt:

1.

Der Antrag auf Feststellung, dass durch das Abrechnungsschreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 05.12.2001 die Betriebskosten für die Jahre 1994 bis einschließlich 2000 ordnungsgemäß abgerechnet worden sind und dass aufgrund dieser Abrechnung zu Gunsten des Antragsgegners ein Guthaben von 4.746,16 DM und zu Lasten der Antragstellerin ein Soll von 3.394,57 DM bestand, ist nicht begründet.

Wie bereits das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, scheitert eine entsprechende Feststellung bereits daran, dass die Betriebskosten nicht entsprechend dem in der Teilungserklärung vorgesehenen Schlüssel, also nicht nach den Miteigentumsanteilen von jeweils 500/1000, sondern nach Anteilen von 47,52 und 52,48 % abgerechnet worden sind. Dass eine entsprechende Vereinbarung zu dieser Abrechnungsweise auf der Grundlage der Wohnflächen zustande gekommen ist, lässt sich dem Vortrag der Antragstellerin nicht nachvollziehbar entnehmen. Der Antragsgegner hat zwar selbst bei seinen Abrechnungen ebenfalls einen entsprechenden Schlüssel in Ansatz gebracht. Ihm ist indes nicht zu widerlegen, dass dies auf Drängen der Antragstellerin in Verkennung der Rechtslage erfolgt ist. Eine Einigung würde voraussetzen, dass beiden Wohnungseigentümern bewusst war, dass sie mit der Abrechnung entsprechend den Wohnflächen unter Abänderung der Teilungserklärung einen neuen Kostenverteilungsschlüssel anwandten. Hierzu lässt sich dem Vortrag der Antragstellerin nichts entnehmen.

Amts- und Landgericht haben die Abweisung des Antrags mit Recht weiterhin darauf gestützt, dass die Abrechnung - abgesehen von den Jahren 1994 und 1995 - lediglich eine Aufstellung der Gesamtkosten enthält. Unabhängig davon, was die Antragstellerin mit dem Zahlenwerk bezweckt hat und unabhängig davon, ob es überhaupt streitige Rechnungspositionen gibt, scheitert daher eine Feststellung, dass "ordnungsgemäß abgerechnet" ist, schon daran, dass es sich inhaltlich nicht um eine Abrechnung i. S. d. § 28 Abs. 3, 5 WEG handelt. Diese setzt nämlich gem. § 259 BGB eine geordnete Darstellung aller Einnahmen und Ausgaben und nicht lediglich von Endsummen voraus (vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, WEG 9. Auflage, § 28 Rdn. 60). Im Hinblick darauf, dass der in dem Antrag enthaltene positive bzw. negative Saldo sich nur aus allen Abrechnungsjahren herleitet, ist es auch nicht möglich, den Antrag beschränkt auf die Abrechnungsjahre 1994 und 1995 teilweise stattzugeben.

Offen bleiben kann es, ob die Abweisung des Hilfsantrags auf gerichtliche Aufstellung der Jahresabrechnungen 1994 bis 2000 durch das Amtsgericht zu Recht erfolgt ist. Der Antragstellerin hat nämlich ihre Erstbeschwerde wirksam auf die in der Beschwerdeschrift vom 10.06.2003 im Einzelnen aufgeführten Anträge beschränkt. Sofern ihr Vorbringen unter III. in der Beschwerdebegründung vom 05.08.2003 dahin zu verstehen sein sollte, dass sie ihren Hilfsantrag wieder aufgreifen will, ist dies unbeachtlich; denn nach Ablauf der Beschwerdefrist konnte die auf bestimmte Anträge beschränkte sofortige Beschwerde nicht mehr auf einen nunmehr bestandskräftig abgewiesenen Antrag erweitert werden.

2.

a)

Der Antrag auf Feststellung, dass der Antraggegner als Verwalter die Kosten für die Installation des Vordaches zu tragen hat, ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht begründet.

Die Anbringung des Vordaches ist von der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits im Jahre 1993 beschlossen worden mit der Folge, dass die Wohnungseigentümer die entstehenden Kosten nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel jeweils zur Hälfte zu tragen haben.

"Als Verwalter" träfe den Antragsgegner nur dann eine Kostenlast, wenn es ihm möglich gewesen wäre, die entstehenden Kosten in nicht verjährter Zeit auf den für den bündigen und nach Auffassung der Antragstellerin nicht fachgerechten Einbau der Außentür verantwortlichen Bauhandwerker abzuwälzen. Dies ist indes nicht der Fall. Selbst wenn man den Verwalter für verpflichtet hielte, selbst Gewährleistungsansprüche am gemeinschaftlichen Eigentum zu verfolgen (so KG NJW-NJW-RR 1993, 404, ablehnend die ganz h. M. so etwa BayObLG NJW-RR 1992, 1102; Bärmann/Pick/Merle a. a. O. § 27 Rdn. 65; Weitnauer/Lüke, WEG § 27 Rdn. Rdn. 6 jeweils mit weiteren Nachweisen), ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin nicht nachvollziehbar, dass die Kosten für die Errichtung des Vordaches in nicht verjährter Zeit gegen den Bauhandwerker durchsetzbar gewesen wären; denn die Kosten hätten wegen des in erster Linie bestehenden Nachbesserungsanspruchs nur unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 634, 635 BGB a. F. im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs geltend gemacht werden können. Dass diese Voraussetzungen vorgelegen haben, ist nicht dargetan. Im Übrigen war es die Antragstellerin selbst, die sich jahrelang die Errichtung des Vordachs widersetzt hat, es also selbst verhindert hat, dass ein etwaiger Schadensersatzanspruch in nicht verjährter Zeit beziffert werden konnte.

Fehl geht die Antragstellerin mit ihrer Meinung, der Antragsgegner sei "als Verwalter" gehalten gewesen, gegen sich als "Verkäufer" Ansprüche durchzusetzen. Als Verwalter war er nicht gehalten, kaufvertragliche Ansprüche eines Miteigentümers zu verfolgen, sondern hätte - wenn überhaupt (siehe oben) - allenfalls Mängel der Wohnungseigentümergemeinschaft am gemeinschaftlichen Eigentum gegen den für die Errichtung des Treppenhauses verantwortlichen Bauhandwerker oder Architekten geltend machen können. Im Verhältnis zu der Wohnungseigentümergemeinschaft war er nicht "Verkäufer", sondern teilender Eigentümer i. S. d. § 8 WEG. Etwaige Gewährleistungsansprüche aus der von ihm in dem Kaufvertrag mit der Antragstellerin übernommenen Pflicht zur Errichtung des Außentreppenhauses wiederum wären vor dem Prozessgericht geltend zu machen und sind nach ausdrücklicher Erklärung der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

b)

Begründet ist indes das Begehren der Antragstellerin auf Feststellung, dass der Antragsteller verpflichtet ist, die Kosten für die Sanierung des Treppenaufgangs alleine zu tragen.

Der Antrag ist entgegen der Meinung des Landgerichts zulässig. Insbesondere hat die Antragstellerin trotz der nach den Feststellungen des Landgerichts inzwischen feststehenden Kosten ein rechtlich geschütztes Interesse an der begehrten Feststellung. Das Landgericht lässt zum einen außer Acht, dass bei einem ursprünglich zulässigen Feststellungsantrag eine im Verlaufe des 2. Instanz eingetretene Möglichkeit zur Bezifferung eines Anspruchs den Anspruchsinhaber nicht dazu zwingt, nunmehr zum Leistungsantrag überzugehen (vgl. Zöller/Greger, ZPO 24. Auflage, § 256 Rdn. 7c). Vor allem aber geht das Ziel des Begehrens der Antragstellerin überhaupt nicht dahin, von dem Antragsteller eine Leistung zu erhalten. Vielmehr möchte sie geklärt wissen, nach welchem Schlüssel zwischen den Beteiligten die durch die Reparatur des Treppenaufgangs zu verteilen sind. An einer entsprechenden Feststellung hat die Antragstellerin ein rechtlich geschütztes Interesse. Insbesondere ist sie nicht gehalten, vor einer Anrufung des Gerichts einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft herbeizuführen. Dies folgt daraus, dass es sich um eine zweigliedrige Wohnungseigentümergemeinschaft handelt, bei der zudem beide Miteigentümer gleiches Stimmrecht haben und deshalb nicht zu erwarten ist, dass ein Beschluss mit dem von der Antragstellerin gewünschten Inhalt zustande kommen wird, wie die Versammlung vom 28.06.2002 gezeigt hat, bei der die Beteiligten zu 1. und 2. zwar der Reparatur selbst zugestimmt haben, aber über die Kostenverteilung keine Einigung erzielen konnten. In einem solchen Fall besteht ausnahmsweise die Möglichkeit, ohne einen vorherigen (erneuten) Versuch, eine positive Beschlussfassung herbeizuführen, das Gericht anzurufen (vgl. BayObLG WE 1992, 197; BayObLG NZM 2002, 609; OLG Hamburg OLGReport 2001, 448 = ZMR 2001, 724; Bärmann/Pick/Merle a. a. O. § 21 Rdn. 80; Weitnauer/Lüke a. a. O. § 21 Rdn. 239).

Der Antrag hat auch in der Sache im wesentlichen Erfolg.

Soweit die Antragstellerin den Antragsgegner "als Verwalter" mit den Kosten belasten will, kann sie allerdings damit nicht durchdringen. Das vorstehend zum Vordach Ausgeführte gilt entsprechend. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich nicht nachvollziehbar, wann überhaupt die Baumängel von dem Antragsgegner erstmals festgestellt werden konnten. Eine Pflichtverletzung würde aber voraussetzen, dass dies innerhalb der im Verhältnis zu dem für den Bau Verantwortlichen geltenden Verjährungsfrist, also längstens innerhalb von fünf Jahren ab Abnahme (§ 638 BGB a. F.) möglich gewesen wäre und er es zudem unterlassen hätte, rechtzeitig vor Ablauf der Frist zumindest verjährungsunterbrechende Maßnahmen in die Wege zu leiten.

In den Vorinstanzen ist indes nicht beachtet worden, dass die Antragstellerin in der Antragsschrift auch ausgeführt hat, es bestehe darüber hinaus eine Verpflichtung zur Übernahme der gesamten Kosten für die Sanierung des Treppenhauses, weil ihm als Sondereigentümer der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 1 des Aufteilungsplanes nach der Ergänzung der Teilungserklärung vom 28.05.1993 wegen der Außenwände des Kellergeschosses sowie des Hausfundamentes alleine die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für die zum gemeinschaftlichen Eigentum gehörenden Außenwände des Kellergeschosses sowie des Hausfundamentes obliege. Dieses Begehren ist dahin auszulegen, dass sie den Antragsgegner nicht nur "als Verwalter", sondern hilfsweise auch als Miteigentümer mit den entsprechenden Kosten belastet wissen will.

Nachdem die Vorinstanzen sich hiermit nicht befasst haben, kann der Senat, da der Sachverhalt keiner weiteren Aufklärung bedarf, unter Würdigung des Sachvortrags der Beteiligten eine eigene Sachentscheidung ohne die Beschränkungen der §§ 27 FGG, 546 ZPO treffen. Hiernach ist der Antrag begründet; denn Ursache der Mängel an der Außentreppe war auch nach dem Sachvortrag des Antragsgegners eine unzureichende Fundamentierung. Hierfür trifft den Antragsgegner nach der Ergänzung zur Teilungserklärung alleine die Instandsetzungs- und damit auch Kostenlast.

3.

Der Antrag auf Freistellung der Antragstellerin von der Gebührenforderung ihrer Verfahrensbevollmächtigten wegen der Erstellung des unter Ziff. 1. behandelten Zahlenwerks über 2.135,15 € besteht nicht.

Es kann offen bleiben, worauf sich ein entsprechender Anspruch grundsätzlich stützen lässt, ob aus § 326 BGB a. F. (so die vom Landgericht zitierte Entscheidung KG WuM 1993, 142 = NJW-RR 529 sowie die zitierte Literatur für den Fall einer Nichterfüllung) oder aus positiver Forderungsverletzung (so der Senat OLGReport Köln 1998, 354 = NZM 1998, 874 = ZMR 1998, 460 für den Fall einer Schlechterfüllung) oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag, wie die Antragstellerin meint. Auch kann es offen bleiben, ob - im Unterschied zu den vom KG und vom Senat bisher entschiedenen Fällen - ein einzelner Wohnungseigentümer, die Kosten für die Erstellung oder Nachbesserung einer Abrechnung von dem Verwalter verlangen kann und ob ggfls. hier die Besonderheit zu berücksichtigen ist, dass es sich um eine zweigliedrige Wohnungseigentümergemeinschaft handelt, bei der der andere Wohnungseigentümer zugleich der Verwalter war, dem pflichtwidriges Handeln vorgeworfen wurde. Eine Freistellungsverpflichtung scheitert nämlich schon daran, dass - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - die Antragstellerin Kosten für ein Zahlenwerk, das schon aus formellen Gründen nicht geeignet war, eine fehlende oder fehlerhafte Verwalterabrechnung nach § 28 Abs. 3 zu ersetzen, nicht für erforderlich halten durfte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG i. V. m. einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht auch der Senat keine Veranlassung.

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 WEG. Ihr liegen folgende Einzelwerte zugrunde:

Feststellung der Abrechnungen|6.000,00 € Vordach (2.500,00 € : 2)|1.250,00 € Außentreppe (2/5 von 1.600,00 €)|640,00 € Freistellung|2.135,15 € |10.025,15 € Anfechtungsanträge 1. Instanz, soweit nicht wirtschaftlich mit anderen Anträgen identisch|1.000,00 € |11.025,15 €

Ende der Entscheidung

Zurück