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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.06.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 118/01
Rechtsgebiete: FGG, BerHG


Vorschriften:

FGG § 5
BerHG § 5
BerHG § 4 Abs. 1 S. 1
BerHG § 4 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 118/01

In der Beratungshilfesache

hat der 16.Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Reinemund

am 13.6.2001

beschlossen:

Tenor:

Das Amtsgericht E. ist zur Entscheidung über den Bewilligungs- und Vergütungsfestsetzungsantrag berufen.

GRÜNDE:

Nachdem die in J. praktizierende Rechtsanwältin die damals in L. wohnende Antragstellerin beraten und in diesem Zusammenhang am 7.2.2001 ein Schreiben an deren in H. wohnhaften Ehemann/Lebensgefährten gerichtet hatte, ging beim Amtsgericht J. am 1.3.2001 ihr Gesuch vom 1.2.2001 um Bewilligung von nachträglicher Beratungshilfe und Festsetzung der Vergütung aus der Landeskasse ein. Das Amtsgericht J. hält sich nach der von der Rechtsanwältin ergänzend eingeholten Mitteilung, dass die Mandantin am 10.2.2001 nach Hü. verzogen sei, für örtlich unzuständig und gab die Sache zur Entscheidung an das Amtsgericht E. ab. Dieses hält sich ebenfalls für örtlich unzuständig und hat deshalb die Sache zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Senat ist für die Entscheidung nach den §§ 5 BerHG, 5 FGG zuständig, weil Streit zwischen den Amtsgerichten J. und E. über die örtliche Zuständigkeit zur Entscheidung über die nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe und Festsetzung der Vergütung besteht, und das AG J., welches zuerst mit der Sache befasst war, zum Bezirk des OLG Köln gehört. In diesem Fall kann der Rechtspfleger die Zuständigkeitsbestimmung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts herbeizuführen, dem die Erledigung des Geschäfts, also die Entscheidung über die Gewährung von Beratungshilfe übertragen ist (§ 24 a RpflG).

Örtlich zuständig ist das AG E., weil im Zeitpunkt des Eingangs des Bewilligungsantrags die Antragstellerin ihren allgemeinen Gerichtsstand in diesem Gerichtsbezirk hatte.

Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BerHG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Beratungshilfegesetzes und anderer Gesetze vom 14.9.1994 (BGBl. I 2323) entscheidet über den Antrag auf Beratungshilfe das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dies war, weil die Antragstellerin ihren Wohnsitz am 10.2.2001 aus dem Amtsgerichtsbezirk J. in den Amtsgerichtsbezirk E. verlegt hatte, das Amtsgericht J., wenn der Zeitpunkt maßgebend ist, als das Bedürfnis für die Beratungshilfe auftrat, hingegen das Amtsgericht E., wenn es auf den Zeitpunkt ankommt, als der Bewilligungsantrag einging. Deshalb stellt sich hier die Frage, welcher Zeitpunkt für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit maßgebend ist. Es wird die Meinung vertreten, dass es bei der Frage, welches Gericht gemäß § 4 Abs. 1 BerHG für die Bewilligung von Beratungshilfe örtlich zuständig ist, stets auf den Wohnsitz des Antragstellers bei Auftreten des Beratungsbedürfnisses und nicht zum Zeitpunkt des Eingangs des Bewilligungsantrags bei Gericht ankommt (OLG Hamm MDR 95, 636 = Rpfleger 95, 365; Greißinger AnwBl. 96, 609). Demgegenüber vertreten das BayObLG (BayObLGR 95, 48 = Rpfleger 96, 33 Ls) sowie das OLG Zweibrücken (OLGR 97, 206) die Meinung, dass bei der (auch nachträglichen) Bewilligung von Beratungshilfe stets das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk der Rechtsuchende zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei Gericht - nicht des Auftretens des Bedürfnisses für Beratungshilfe - seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (ebenso Kalthoener/Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rdnr. 972). Dieser letzteren Auffassung schließt sich der Senat, was er im Beschluss vom 9.12.2000 - 16 Wx 178/00 - offen lassen konnte, an, und zwar aus folgenden Erwägungen: In § 4 Abs. 1 des Beratungshilfegesetzes vom 18.6.1980 (BGBl. I S. 689) war festgelegt, dass über den Antrag auf Beratungshilfe das Amtsgericht entscheidet, "in dessen Bezirk ein Bedürfnis für Beratungshilfe auftritt". Grund für diese Regelung, nämlich die Entscheidung über den Antrag auf Beratungshilfe nicht dem Amtsgericht vorzubehalten, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen Wohnsitz hat, war ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 8/3695 S. 8), um "rasche Hilfe in besonderen Fällen zu gewährleisten". Wenn dementsprechend die Beratungshilfe nicht bei dem für den Wohnsitz zuständigen Amtsgericht beantragt wurde, sollte nach dem ausdrücklichen Hinweis des Gesetzgebers aber das Beratungsbedürfnis genau geprüft werden, um Missbräuche zu unterbinden. Weil sodann die Erfahrung zeigte, dass eine solche Kontrolle mit der Zuständigkeitsregelung kaum möglich ist, hielt es der Gesetzgeber für sinnvoll, "die Zuständigkeit auf das Wohnsitzgericht des Rechtsuchenden zu beschränken" (BT-Drucks. 12/7009 S.6). Demgemäß wurde die Bestimmung durch das vorgenannte Gesetz vom 14.9.94 (BGBl. I 2323) geändert und lautet nunmehr: "Über den Antrag auf Beratungshilfe entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Rechtsuchende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Rechtssuchende im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk ein Bedürfnis für Beratungshilfe auftritt". Der Umstand, wo das Beratungsbedürfnis auftritt bzw. aufgetreten ist, spielt demnach keine entscheidende Rolle mehr, sondern nur noch in dem Ausnahmefall des Fehlens eines inländischen allgemeinen Gerichtsstands. Dann aber ist es nur konsequent, anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung nicht etwa zugleich wieder eine solche Kontrolle zwecks Feststellung des Zeitpunkts des Auftretens des Beratungsbedürfnisses durch das mit dem Bewilligungsantrag befassten Amtsgerichts begründen wollte, d.h. ob der Rechtsuchende auch im Bezirk zu dem Zeitpunkt seinen Wohnsitz hatte, als er zur Erlangung von Beratungshilfe den Rechtsanwalt aufsuchte (anders aber das OLG Hamm aaO, wonach bei der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ein einheitlicher Zeitpunkt, nämlich der des Auftretens des Bedürfnisses für die Beratungshilfe, maßgebend sein müsse). Ist sonach die Zuständigkeit grundsätzlich auf das Wohnsitzgericht des Rechtsuchenden beschränkt, entspricht es allgemeinen Verfahrensgrundsätzen, dass es auf den Wohnsitz zum Zeitpunkt des Eingangs des Antrags ankommt. Im Zivilprozess ist bei der Bestimmung des allgemeinen Gerichtsstandes der Wohnsitz zum Zeitpunkt der Klageerhebung maßgebend. Im vorliegenden Verfahren ist der Klageerhebung insoweit vergleichbar der Eingang des Antrags auf Bewilligung von Beratungshilfe (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O.).



Ende der Entscheidung

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