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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 16 Wx 119/04
Rechtsgebiete: FGG, LBtG, BTBG, KO


Vorschriften:

FGG § 33 Abs. 2
FGG § 33 Abs. 2 Satz 3
FGG § 33 Abs. 2 Satz 4
FGG § 56 g
FGG § 68 Abs. 3
FGG § 68 b Abs. 3
FGG § 69 e
LBtG § 1 Abs. 1 Satz 1
LBtG § 1 Abs. 3
BTBG § 8 Satz 1
BTBG § 9 Abs. 2
KO § 1
KO § 12 b
KO § 137 Nr. 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 4) gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 1.6.2004 - 1 T 139/04 - wird zurückgewiesen.

Gründe: I. Im vorliegenden Betreuungsverfahren hatte das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - angeordnet, dass die Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu diesem Zwecke vorgeführt wird. Des weiteren ließ das Gericht die Betroffene durch die zuständige Behörde zur gerichtlichen Anhörung vorführen. Der Beteiligte zu 3) - zuständige Betreuungsbehörde - war jeweils ermächtigt worden, auch gegen den Willen der Betroffenen deren Wohnung zu öffnen und zu betreten. Durch die zwangsweise Öffnung der Wohnung unter Zuhilfenahme eines Schlüsseldienstes entstanden dem Beteiligten zu 3) Kosten in Höhe von 3.181,71 EUR, die er als Auslagenersatz von der Staatskasse erstattet haben will. Seinen Antrag hat das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 18.3.2004 zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3) hat das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend abgeändert, dass der begehrte Aufwendungsersatz Antrags gemäss festgesetzt wird. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 4) - Bezirksrevisor bei dem Amtsgericht Köln - mit der weiteren sofortigen Beschwerde, die das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zugelassen hat. II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG,546 ZPO). Das Landgericht, auf dessen Ausführungen insoweit verwiesen wird, hat zutreffend die Zulässigkeit der Erstbeschwerde entsprechend der §§ 69 e, 56 g FGG bejaht. Auch in der Sache ist die Beschwerdeentscheidung ohne Rechtsfehler. Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Durchführung der gerichtlich angeordneten Vorführung der Betroffenen dem Beteiligten zu 3) als zuständiger Betreuungsbehörde nicht als ureigene Aufgabe oblag, sondern er insoweit nur in Vollziehung der gerichtlichen Anordnung tätig wurde. In Wahrnehmung eigener Aufgaben wäre der Beteiligte zu 3) dann tätig geworden, wenn es sich bei der Durchführung der Vorführungen nach den §§ 68 Abs. 3 und 68 b Abs. 3 FGG um Aufgaben handeln würde, die den zuständigen Betreuungsbehörden nach dem Betreuungsbehördengesetz (BtBG) obliegen und die sie nach § 1 Abs. 3 Landesbetreuungsgesetz (LBtG) als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrnehmen. In diesem Fall käme eine Kostenerstattung nicht in Betracht, da den Gemeinden im Falle einer Mehrbelastung vom Landesgesetzgeber ein entsprechender Finanzausgleich zu verschaffen ist (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 2 GO, Artikel 78 Abs. 3 LV NRW). Um solche Aufgaben handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Soweit § 8 Satz 1 BTBG eine allgemeine Unterstützungspflicht der Betreuungsbehörde festlegt, folgt zwar aus der Konkretisierung in Satz 2 der Vorschrift, dass das Vormundschaftsgericht im Gesamtbild des ihm zugewiesenen Betreuungswesens Unterstützung erbitten darf. Die gerichtliche Gestattung, die Wohnung der Betroffenen auch gegen deren Willen zu öffnen, zielt aber nicht auf eine solche der Betreuungsbehörde obliegende Unterstützungshandlung ab, sondern findet ihre Grundlage in den Vorschriften der §§ 68 Abs. 3 und 68 b Absatz 3 FGG, nach deren Zweck das Gericht nicht nur zur Vorführung der Betroffenen ermächtigt wird, sondern auch die Anordnungen treffen darf, die erforderlich sind, um die Durchführung der Vorführung zu ermöglichen. Es handelt sich hierbei um eine nach Artikel 13 Abs. 2 GG zulässige richterliche Durchsuchungsanordnung, die alleine dem Ziel dient, die Person der Betroffenen aufzufinden, um sie der sachverständigen Untersuchung bzw. richterlichen Anhörung zuzuführen (vgl. KG NJW 1997, 400 ff., 401). Die Durchführung der gerichtlich angeordneten Vorführung stellt deshalb eine Aufgabe dar, die den Betreuungsbehörden ausserhalb des Betreuungsbehördengesetzes gem. der §§ 68 Abs. 3 und 68 b Abs. 3 FGG obliegt, wobei § 9 Abs. 2 BtBG lediglich klarstellt, dass auch für die Erledigung solcher Aufgaben die örtliche Betreuungsbehörde zuständig ist. Die Zuständigkeit der Betreuungsbehörde zur Durchführung der zwangsweisen Vorführung des Betroffenen gem. der §§ 68 Abs. 3, 68 b Abs. 3 FGG wurde begründet, "weil ein sachgerechter Umgang mit dem Betroffenen in so schwierigen Situationen eine Ausbildung im Umgang mit psychisch kranken oder behinderten Menschen voraussetzt" (vgl. RegE BT - Drucks 11/4528 S. 172,173 zu § 68 Abs. 3). Zur Schonung des Betroffenen sollte "diese Vorführung von einer Fachbehörde vorgenommen werden, weil sie über hierfür ausgebildetes Personal verfügt" und die üblicherweise im FGG-Verfahren vorgesehenen Vollstreckungsorgane (Gerichtsvollzieher) mit diesen Aufgaben vielfach überfordert waren (vgl. BT-Drucks 11/4528 S. 175 zu § 68 Abs. 3). Diese Gesetzesbegründung zeigt, dass die Betreuungsbehörden die bisher nach § 33 Abs. 2 FGG für die Durchführung der Vorführung zuständigen Gerichtsvollzieher ablösen sollten, wobei nicht ersichtlich ist, dass sie insoweit nicht auch als Vollziehungsorgane des Gerichts tätig werden sollten. Der Senat ist deshalb mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Betreuungsbehörde - ebenso wie bisher der Vollstreckungsbeamte nach § 33 Abs. 2 Satz 3 FGG - mit der Durchführung der Vorführung eine gerichtliche Aufgabe wahrnimmt und sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LBtG zuständigen Betreuungsbehörden zusätzliche Kosten in Entlastung des Justizfiskus entstehen sollten. Dies hat zur Folge, dass die durch die gerichtliche Anordnung im Vorfeld der Betreuungsanordnung entstandenen Auslagen zu den Gerichtskosten zählen, die der Betreuungsbehörde aus der Staatskasse zu erstatten sind und die ggfls. nach der Kostenordnung und im Kostenansatzverfahren an den Verpflichteten weiter gegeben werden können, § 33 Abs. 2 Satz 4 FGG, §§ 1, 137 Nr. 14, 12 b KO ( so auch die vom Beschwerdegericht zitierte überwiegende Literaturmeinung: HK-BUR-Bauer, 2001, FGG, § 68 Rdz. 162, § 70 g FGG Rdz. 37; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3.Aufl., FGG § 68 Rdz. 58/51 a.E., § 68 b Rdz.26; Knittel: Betreuungsgesetz, FGG § 70 g, Bemerkung 19; a.A: Bassenge/Herbst FGG, 9. Aufl., § 70 g Rdz. 14; LG Limburg BtPrax 1998, 116). Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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