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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 27.09.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 121/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 22 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 121/02

In der Wohnungseigentumssache

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Dr. Ahn-Roth

am 27.09.2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden der Teilbeschuss des Amtsgerichts Leverkusen vom 12.03.2001 - 16 UR II 82/00 a WEG - und der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23.11.2001 teilweise abgeändert.

Der in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2000 zu TOP 4 gefasste Beschluss, dass der mit der Einladung zu dieser Versammlung zugestellte Vergleich von der Eigentümergemeinschaft angenommen wird, wird für unwirksam erklärt.

Die Gerichtskosten des Verfahrens der Erstbeschwerde haben der Antragsteller zu 40 % und die Antragsgegner zu 60 % zu tragen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zu 16 % und den Antragsgegnern zu 84 % zur Last.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Erst- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird für die Zeit bis zum 30.07.2002 auf 40.250,00 € und für die Zeit danach auf 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde, die der Antragsteller aufgrund der erteilten Hinweise unter Rücknahme des Rechtsmittels im übrigen, auf die Anfechtung des zu TOP 4 der Eigentümerversammlung vom 28.06.2000 gefassten Beschlusses beschränkt hat, ist zulässig (§§ 27, 29 FGG, § 45 Abs. 1) und begründet.

Die Entscheidung des Landgerichts ist in diesem Punkt nicht frei von Rechtsfehlern. Der Beschluss, den Vergleich mit der Fa. B. GmbH zu genehmigen, entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und war daher auf den rechtzeitig gestellten Anfechtungsantrag hin aufzuheben.

Ohne Erfolg ist allerdings die Rüge der nicht hinreichenden Bezeichnung des Beschlussgegenstandes i. S. d. § 23 Abs. 2 WEG, das sich nach dem berechtigten Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer zu richten hat. Das Informationsbedürfnis kann es in Fällen, in denen eine Beschlussfassung weitreichende Bedeutung hat, zwar auch erforderlich machen, dass die rechtlichen und tatsächlichen Folgen der Entschließung darzustellen sind (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Auflage, § 23 Rdn. 69). Dem ist der Beteiligte zu 3. aber dadurch in jeder Hinsicht nachgekommen, dass er der Einladung einen 5-seitigen Bericht beigefügt hat, der in einem Vorspann zunächst die Darstellung der Verfahrenssituation zu den Streitigkeiten mit der Fa. B. GmbH enthielt und in dem sodann die einzelnen Beschlussvorschläge aufgeführt wurden, die Gegenstand des abzuschließenden Vergleichs sein sollten und in denen nicht nur klare und aus sich heraus verständliche detaillierte Regelungen enthalten waren, sondern auch Gründe hierfür aufgezeigt wurden (etwa: nicht mehr nachvollziehbare Buchungen des früheren Verwalters), der Regelungsgegenstand in seiner historischen Entwicklung erläutert wurde (z. B.: Neuanpflanzung von Bäumen) und rechtliche Erläuterungen gegeben wurden (Hinweis darauf dass die Teilungserklärung eine Änderung mit 3/4 Mehrheit zulässt und mit diesem Quorum auch bauliche Veränderungen genehmigt werden können). Umfassender hätte trotz der für einen juristischen Laien komplizierten Regelungen dem Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer kaum noch Rechnung getragen werden können.

Inhaltlich ist die Annahme des Vergleichs indes zu beanstanden, und zwar wegen der Jahresabrechnungen 1989 bis 1993, soweit es hierin heißt, dass die Bildung von Abgrenzungspositionen in den Jahren 1989 bis 1993 nochmals bestätigt werde. Gerade wegen dieser Abgrenzungspositionen hatte - wie in der Erläuterung zu dem Vergleich dargestellt wird - bereits vorher das Amtsgericht Leverkusen einen in der Eigentümerversammlung vom 29-06.1998 gefassten Beschluss auf eine Anfechtung der B. GmbH bestandskräftig für unwirksam erklärt. Weitere in der Eigentümerversammlung vom 27.07.1998 gefasste Beschlüsse sind inzwischen auf Anfechtungsanträge hin -bestandskräftig - für ungültig erklärt worden, weil das Landgericht die Bildung von Abgrenzungspositionen für unwirksam hielt. Damit befindet sich das Landgericht in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung, insbesondere einheitlicher obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. nur BayObLG NZM 2002, 455 = ZMR 2002, 684; OLG Hamm ZMR 2001, 1001; OLG Zweibrücken NZM 1999, 276 jeweils mit Nachweisen zum Meinungsstand). Die Billigung einer entsprechenden Abrechnung entspricht daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

Der auf der Argumentation der Antragsgegner beruhenden Erwägung des Landgerichts, der Beschluss sei gleichwohl nicht zu beanstanden, weil er keine Billigung von Abrechnungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur die Billigung dieser Abrechnungen durch den Vergleichspartner M. (B. GmbH) beinhalte, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Nicht von M., sondern von der Eigentümergemeinschaft wurde die Bildung von Abrechnungspositionen in den Jahren 1989 bis 1993 "nochmals bestätigt" und nicht M., sondern die Eigentümergemeinschaft hat - um einen der beiden weiteren Punkte herauszugreifen - die Fortführung des Negativsaldos bis 1994 "beschlossen". M. war eine andere Verpflichtung eingegangen, nämlich "nach Bestandskraft des vorstehenden Beschlusses" die anhängigen Beschlussanfechtungsverfahren zurückzunehmen. Es bestand daher in diesen beiden Vergleichspunkten ein typisches Leistungs - Gegenleistungs - Verhältnis, das nur damit erklärbar ist, dass aus welchen Gründen auch immer und von wem auch immer mit der Regelung das Ziel verfolgt wurde, eine bindende Entschließung der Eigentümergemeinschaft über die Hinnahme der nicht ordnungsgemäßen Abrechnungen herbeizuführen. Ansonsten ergäbe die Passage auch keinen Sinn. Eine bloße Hinnahme und Billigung der Abrechnungen nur durch die B. GmbH hätte schlicht und einfach durch eine Rücknahme ihrer Anfechtungsanträge herbeigeführt werden können.

Da gerade wegen des angesprochenen typisches Leistungs - Gegenleistungs - Verhältnisses und wegen des auch im übrigen detaillierten Regelungsgefüges nicht anzunehmen ist, dass der Vergleich auch ohne Billigung der Jahresabrechnungen 1989 bis 1993 geschlossen worden wäre, ist in entsprechender Anwendung des § 139 BGB (vgl. hierzu BGH NJW 1998, 3713; Senat NZM 2000, 191 = ZMR 2000, 564) der gesamte Beschluss zu TOP 4 für unwirksam zu erklären. Es kann daher offen bleiben, ob es für die Wirksamkeit der Genehmigung etwaiger baulicher Veränderungen zunächst einer Änderung der Teilungserklärung aufgrund der hierin enthaltenen Öffnungsklausel bedurfte oder ob - wozu der Senat inzwischen mehr neigt - hierfür bereits das durch die Erläuterungen in der Beschlussvorlage geweckte Bewusstsein reichte, mit der Genehmigung zugleich von der Öffnungsklausel Gebrauch zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten zu 1. und 2. im Umfang ihres Unterliegens bzw. der Rechtsmittelrücknahme und unter Berücksichtigung der Gebührentatbestände des § 48 Abs. 1, 4 WEG bei der Bildung der Kostenquote die Gerichtskosten der Beschwerdeinstanzen zu tragen haben. Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand keine Veranlassung. Insbesondere rechtfertigt die - hier zudem auf Anraten des Gerichts erfolgte - teilweise Rücknahme der Rechtsbeschwerde nach der st. Rspr. des Senats noch keine Erstattungsanordnung (vgl. hierzu näher Senat NZM 1999, 855 = ZMR 1999, 788).

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt auf der Grundlage der unbeanstandet gebliebenen Wertfestsetzung des Landgerichts aus § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

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