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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.06.2001
Aktenzeichen: 16 Wx 122/01
Rechtsgebiete: FEVG, AuslG, ZPO, VwGO, FGG


Vorschriften:

FEVG § 14
FEVG § 15
FEVG § 3 Satz 2
FEVG § 7 Abs. 1
AuslG § 103 Abs. 2
AuslG § 57 Abs. 2 Nr. 5
AuslG § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
ZPO § 550
VwGO § 123
FGG § 27
FGG § 13 a Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 122/01

In dem Freiheitsentziehungsverfahren

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

am 20. Juni 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 31.5.2001 - 6 T 211/01 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

Das gem. §§ 3 Satz 2, 7 Abs. 1 FEVG, 103 Abs. 2 AuslG, 27, 29 FGG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für eine Sicherungshaft liegen vor, § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG.

Die landgerichtliche Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung stand, §§ 27 FGG, 550 ZPO. Das Landgericht hat bei der Beurteilung des Vorliegens eines Haftgrundes nach § 57 Abs. 2 Nr. 5 AuslG die wesentlichen Gesichtspunkte gesehen und zutreffend gewürdigt. In Anbetracht des bisherigen Verhaltens der Betroffenen hat es zu Recht die Gefahr bejaht, dass die Betroffene sich der Abschiebung entziehen wird und mithin der Haftgrund des § 57 Abs. 2 S.1 Ziff. 5 AuslG erfüllt ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen der Einzelheiten auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses (dort auf S. 5 und 6) Bezug genommen, die der Senat sich zu eigen macht.

Der Abschiebung der Betroffenen stehen auch keine verfassungsrechtlichen Garantien, insbesondere der Schutz der Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG entgegen. Dem Haftrichter kommt bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Sicherungshaft nur eine eingeschränkte Prüfungskompetenz zu, da die Frage der Ausweisung und Abschiebung Sache der Verwaltungsgerichte ist. Insofern ist der Haftrichter der ordentlichen Gerichtsbarkeit an die Verwaltungsakte der Ausländerbehörde gebunden. Dies gilt auch, wenn sich nachträglich neue Umstände ergeben, wie beispielsweise eine inzwischen vollzogene Eheschließung. Denn für den Ausländer besteht in diesen Fällen die Möglichkeit des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht ( vgl. OLG Karlsruhe, InfAuslR 97,408b ). Gleichwohl sind auch für den Haftrichter derart geltend gemachte veränderte Umstände nicht völlig unbeachtlich. So dürfen durch den Vollzug der Entscheidung der Verwaltungsbehörde keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die sich mit dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie nicht vereinbaren lassen und einen effektiven Rechtsschutz verhindern. Ferner kann durch nachträglich eingetretene Umstände die Anordnung von Abschiebungshaft als Mittel der Sicherung unnötig werden.

Es liegen hier keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Abschiebung die Betroffene in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG verletzen könnte und deshalb ein Antrag nach § 123 VwGO, mit dem die Betroffene ihr vorläufiges Verbleiben in Deutschland erreichen könnte, Erfolg hätte. Der von ihr bereits seit 2 Jahren beabsichtigten Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen stehen noch Hindernisse entgegen. Dies ergab die gerichtliche Nachfrage beim zuständigen Standesamt, wonach bisher nicht sämtliche erforderlichen Unterlagen zu ihrem Familienstand vorliegen. Erst in zeitlichem Zusammenhang mit der weiteren Beschwerde hat ihr Verfahrensbevollmächtigter sich an das Oberlandesgericht gewandt, um das Verfahren weiter zu betreiben, dessen Ausgang derzeit noch völlig offen ist. Zu Recht hat das Landgericht deshalb in Anbetracht der Dauer dieses Verfahrens darauf abgestellt, dass es derzeit nicht absehbar ist, ob es zu einer Eheschließung kommen wird. Im Übrigen kann die Betroffene auch von ihrem Heimatland aus dieses Verfahren weiterverfolgen.

Auch der Umstand, dass die Betroffene ein minderjähriges Kind hat, das sich vermutlich in Deutschland aufhält und durch die Abschiebung zunächst ohne seine Mutter zurückbleibt, führt nicht zu einem im Haftverfahren beachtlichen Eingriff in das Grundrecht des Art. 6 Abs. 2 GG. Zwar überwiegt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, gegenüber einwanderungspolitischen Belangen des Staates, wenn die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden kann, weil dem Kind ein Verlassen der Bundesrepublik nicht zumutbar ist (vgl. BverfG NVWZ 2000, 59, 60; BverfG 2. Senat 1. Kammer, Beschluss vom 20. März 1997 - 2 BvR 260/97). Dies setzt indes das Bestehen einer schützenswerten Beistandsgemeinschaft voraus (vgl. BVerfG aaO.), wie sie hier nicht festgestellt werden konnte. Die Betroffene hat nämlich selbst angegeben, dass die Tochter nur in den ersten Jahren bei ihr gewohnt habe, und zwar bis sie "ihre Probleme bekommen habe", d.h. bis ca. Mitte 1997 oder Anfang 1998. Offensichtlich hat die Betroffene danach keine ernsthaften Anstrengungen mehr unternommen, um ihr minderjähriges Kind ausfindig zu machen und es zu sich zu nehmen. Weder aus ihren Angaben läßt sich ein entsprechendes Bemühen entnehmen, noch aus ihrem Verhalten gegenüber der Ausländerbehörde, wonach sie eine Mitwirkung bei der Suche nach ihrem Kind abgelehnt hat. Demnach besteht bereits seit einigen Jahren keine über Art. 6 GG schützenswerte Mutter-Kind-Beziehung mehr, in deren Rahmen die Betroffene wesentliche elterliche Betreuungsleistungen hätte erbringen können. Somit kann Art. 6 Abs. 1 und 2 GG bei dem derzeitigen Sachstand im Rahmen des Abschiebehaftverfahrens keine Schutzwirkung zugunsten der Betroffenen entfalten (so auch Beschluss des Senats vom 16.3.2001 -16 Wx 39/01).

Schließlich werden durch die beabsichtigte Abschiebung auch keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Wenn auch möglicherweise zunächst Mutter und Kind örtlich getrennt werden, so handelt es sich nur um einen vorübergehenden Zustand, denn das minderjährige Kind hält sich ohne Aufenthaltsgenehmigung auf und wird, sobald sein Aufenthalt bekannt ist, ebenfalls nach N. ausgewiesen werden. Schließlich ist es der Betroffenen auch unbenommen, von N. aus über die ihr bekannte Person, der sie ihr Kind anvertraut hat, dessen Aufenthalt in Erfahrung zu bringen und die Reise zu ihr nach N. zu veranlassen.

Nicht zu beanstanden sind auch die weiteren Erwägungen des Landgerichts zur Frage der rechtzeitigen Beschaffung von Paßersatzpapieren. In iHHin Hinblick auf die Verzögerungen des Eheschließungsverfahrens ist davon auszugehen, dass die n. Botschaft der Betroffenen alsbald die für die Abschiebung erforderlichen Papiere ausstellt. Dem Senat ist im Übrigen aus weiteren Verfahren bekannt, dass die Ausstellung eines Passes oder Passersatzes durch n. Behörden ohne wesentliche zeitliche Verzögerung erfolgen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 14, 15 FEVG, 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Beschwerdewert: 8.000,-DM



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