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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 09.09.2002
Aktenzeichen: 16 Wx 137/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 137/02

In der Personenstandssache

betreffend Anweisung des Standesbeamten in H. zur Namenseintragung

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr. Schuschke, Jennissen und Appel-Hamm

am 09.09.2002

beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 15.07.2002 - 1 T 205/02 - wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anweisung an den Standesbeamten wie folgt neu gefasst wird:

Der Standesbeamte in H. wird angewiesen,

entweder

die Erklärung des Beteiligten zu 1. zur Namensführung - Ablegung des Vatersnamens und Annahme des Vornamens in der deutschsprachigen Form "E." - entgegenzunehmen, diese Erklärung zu beglaubigen oder zu beurkunden und die geänderte Namensführung in das Familienbuch El./B. einzutragen,

oder

eine in öffentlich beglaubigter oder öffentlich beurkundeter Form abgegebene Erklärung mit dem vorbezeichneten Inhalt entgegenzunehmen und in das Familienbuch El./B. einzutragen,

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben am 1.4.1993 in O./Russische Föderation die Ehe geschlossen. Die Beteiligte zu 2) ist Spätaussiedlerin gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Bundesvertriebenengesetz ( BVFG ) und somit Deutsche nach § 4 Abs. 3 BVFG in Verbindung mit Art. 116 Abs. 1 GG. Sie verließ im Juni 1995 das Aussiedlungsgebiet und fand in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme. Am 09.02.1996 folgte ihr ihr Ehemann, der Beteiligte zu 1., der russischer Staatsangehöriger war, nach Deutschland. Dort sind auch ihre gemeinsamen Kinder geboren worden und die Eheleute führen als Familiennamen den Namen der deutschen Beteiligten zu 2. Mit Wirkung vom 13.4.2000 erlangte der Beteiligte zu 1) durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Am gleichen Tage gab er gegenüber der Standesbeamtin in H. die schriftliche Erklärung ab, dass er gemäß § 94 BVFG seinen Vatersnamen "A." ablegen und anstelle des bisherigen Vornamens "Ev." dessen deutschsprachige Form "E." annehmen wolle.

Die Standesbeamtin der Stadt H. hat Bedenken geäußert und die Sache über die Aufsichtsbehörde, den Beteiligten zu 3., dem Amtsgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat den Standesbeamten angewiesen, die Erklärung des Beteiligten zu 1) zur Namensführung - Ablegung des Vatersnamens und Annahme des Vornamens in der deutschsprachigen Form "E." - entgegenzunehmen und nach öffentlicher Beglaubigung oder Beurkundung der Erklärung die geänderte Namensführung in dem Familienbuch El./B. zu beurkunden.

Eine hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der weiteren sofortigen Beschwerde verfolgt der Beteiligte zu 3. seine Bedenken weiter. Er macht im wesentlichen geltend, dass dem Beteiligten zu 1. ein Erklärungsrecht nach § 94 BVFG nicht zustehe. Da die Ehe der Beteiligten zu 1. und 2. zum Zeitpunkt des Verlassens des Aussiedlungsgebietes noch keine drei Jahre bestanden habe, habe er mit der Aufnahme in das Bundesgebiet als nichtdeutscher Ehegatte einer Spätaussiedlerin nicht gem. § 4 Abs. 3 S. 2 BVFG die Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG erhalten können. Damit sei das BVFG auf ihn nicht anwendbar, woran sich auch durch die spätere Einbürgerung nichts geändert habe.

II.

Die gem. den §§ 48, 49 PStG, § 27 Abs. 1 FGG statthafte und auch im übrigen zulässige weitere sofortige Beschwerde führt nur wegen der Form der Namensführungserklärung zu einer Änderung der dem Standesbeamten vom Amtsgericht erteilten Anweisung. Ansonsten hat sie keinen Erfolg.

1.

Die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern, soweit es den Standesbeamten für verpflichtet ansieht, die Erklärung des Beteiligten zu 1. zur Namensführung entgegenzunehmen.

Der Einzelrichter, dem die Sache wirksam gem. § 48 Abs. 1 PStG, § 30 Abs. 1 FGG n. F. , § 526 ZPO n. F. übertragen worden war, hat zur Begründung ausgeführt, dass Vertriebene und Spätaussiedler, deren Ehegatten und Abkömmlinge, die Deutsche im Sinne des Art 116 Abs. 1 GG sind, gemäß § 94 Abs. 1 Nr. 1, 3 BVFG durch Erklärung u. a. gegenüber dem Standesbeamten Bestandteile ihres Namens ablegen können, die im deutschen Namensrecht nicht vorgesehen sind, oder eine deutschsprachige Form ihres Familiennamens oder ihrer Vornamen annehmen können. Dem Amtsgericht sei darin beizutreten, dass diese Vorschrift keine Einschränkung dahingehend beinhalte, dass eine Namensanpassungsbefugnis nur denjenigen Deutschen zustehe, die ihre Rechtsstellung auf Grund ihres Status als Vertriebene erlangt hätten. Ob ein Ehegatte oder Abkömmling selbst Vertriebener oder Spätaussiedler sei, sei bezüglich des Rechtes aus § 94 BVFG unerheblich ( vgl. Gaaz in Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht ,§ 15 e, Rdn. 20 ). Das Recht zur Herstellung deutscher Namen bestehe, wenn der Erklärende Deutscher sei und damit deutsches Namensstatut habe ( Gaaz, a.a.O.). Dem stehe § 4 Abs. 3 S. 2 BVFG, wonach der nichtdeutsche Ehegatte eines Spätaussiedlers nur dann die Rechtsstellung nach Art. 116 Abs. 1 GG mit der Aufnahme in den Geltungsbereich des BVFG erwerbe, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Verlassens der Aussiedlungsgebiete mindestens drei Jahre bestanden habe, nicht entgegen. Diese Vorschrift sei nicht einschlägig, weil im Zeitpunkt der Antragsteilung nach § 94 BVFG der Beteiligte zu 1) bereits die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt habe, so dass es auf den Zeitpunkt, auf den § 4 Abs. 3 BVFG abstelle, nicht ankomme.

Dies ist rechtsfehlerfrei. Es wird zwar auch die Auffassung vertreten, der Status als Vertriebener sei Voraussetzung für die Abgabe einer Erklärung nach § 94 BVFG zur Namensänderung (Hemberger, StAZ 1994, 306, 307; Fachausschuss-Nr. 3500 StAZ 1998, 293). Diese Meinung trifft in dieser Allgemeinheit indes nicht zu. In § 94 Abs. 1 S. 1 BVFG sind drei Personengruppen aufgeführt, nämlich

1. Vertriebene,

2. Spätaussiedler

3. Ehegatten und Abkömmlinge von Vertriebenen oder Spätaussiedlern,

denen das Erklärungsrecht zustehen kann. Dies bedeutet zugleich, dass die Ehegatten keine Vertriebene bzw. Spätaussiedler sein, sondern nur die weitere Voraussetzung erfüllen müssen, dass sie Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG sind. Letzteres ist aber - worauf bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat - bei einem eingebürgerten Ehegatten eines Spätaussiedlers der Fall; denn dieser erfüllt als deutscher Staatsangehöriger die 1. Alternative des Art. 116 Abs. 1 GG. Eine Beschränkung darauf, dass der Ehegatte eines Vertriebenen die Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG nur unter den Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 BVFG erlangt haben darf, enthält das Gesetz gerade nicht. Eine Verknüpfung erfolgt nur in der Weise, dass das Erklärungsrecht des deutschen Ehegatten kein originäres, sondern ein abgeleitetes ist, das auf der Ehe mit dem Vertriebenen oder Spätaussiedler gegründet ist, d. h. die Ehe muss im Zeitpunkt der Abgabe noch bestehen. Sofern diese Voraussetzung erfüllt ist, hat selbst der deutsche Ehegatte, der die Ehe mit einem Spätaussiedler erst nach dessen Aufnahme in Deutschland geschlossen hat, ein Erklärungsrecht nach § 94 BVFG (vgl. Gaaz a.a.O. Rdn. 32, 38).

Mit Recht hat das Amtsgericht schließlich auch betont, dass das Erklärungsrecht nicht fristgebunden ist mit der Folge, dass es nur auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung ankommt, und dass die Versagung einer Namensanpassungsmöglichkeit dem Zweck des Gesetzes, Spätaussiedlern und ihren Familien eine Integration in Deutschland zu erleichtern, zuwiderlaufen würde. Mit der Regelung in § 4 Abs. 3 BVFG sollen zwar Schranken für den Erwerb der Rechtsstellung von nichtdeutschen Ehegatten von Spätaussiedlern als Deutsche im Sinne des Art. 116 GG geschaffen und ähnlich wie im Ausländerrecht der Scheinehenproblematik vorgebeugt werden (vgl. BT-Drucksache 12/ 3597 S. 52). Diese Schranken können und brauchen aber bei der Ausübung des Erklärungsrechts nach § 94 BVFG dann nicht zu greifen, wenn der Ehegatte im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ohnehin Deutscher ist.

Mit der vorstehenden Rechtsauffassung befindet sich der Senat im übrigen im Einklang mit derjenigen des Oberlandesgerichts Frankfurt, das einem minderjährigen Kind eines Spätaussiedlers und einer Kasachin, bei dem die Voraussetzungen eines Statusdeutschen nicht vorlagen, nach seiner Einbürgerung ebenfalls ein eigenes Erklärungsrecht bezüglich der Ablegung des Vatersnamens und der Annahme der deutschen Form seines Vornamens zugebilligt hat (vgl. OLG Frankfurt OLGReport 2000, 230).

2.

Soweit das Amts- und das Landgericht eine Pflicht des Beteiligten zur Vorlage einer öffentlich beglaubigten oder öffentlich beurkundeten Erklärung angenommen haben, folgt ein entsprechendes Formerfordernis zwar aus § 94 Abs. 2 BVFG. Es wurde indes nicht bedacht, dass nach § 15e Abs. 1 PStG die Namensführungserklärung nach § 94 Abs. 1 BVFG auch von dem Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden kann, die Erklärung also auch vor ihm formwirksam abgegeben werden kann. Beide Alternativen waren daher zu berücksichtigen, und die Anweisung an den Standesbeamten war entsprechend neu zu fassen.

3.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens waren gem. § 48 Abs. 1 PStG i. V. m. § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG dem Beteiligten zu 3, aufzuerlegen, da sein Rechtsmittel im wesentlichen keinen Erfolg gehabt hat.

Ende der Entscheidung

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